WIENER SECESSION Action Tusch präsentiert: Otto Eder und Adolf Frohner Personalschau von Heinz Stangl Bereits im Vorjahr hat der Wiener Druckerei- besitzer Anton Tusch durch die Finanzierung von Ausstellungen der Maler Hans Stau- dacher. Ernst lnsam und Gunnor Johnson in der Wiener Secession seine kunstfreundtiche Haltung unter Beweis gestellt. Mit zwei im großen Parterreraum derselben Künstler- Vereinigung eindrucksvoll vereinten Kollek- tiven von Adolf Frohtier und Otto Eder setzte ietzt Anton Tusch sein rnazenaiisches Engage- ment für die Moderne denkbar kompakt fort. Zwei von Kristian Sotriffer redigierte Kata- loge halten diese beispielgebende Schau über ihre Laufzeit hinaus dokumentarisch fest. Adolf Frahner. Jahrgang 1934. zählt zu den ekperimentierireudigsien und - wenigstens zeitweise m radikalsten Wiener Künstlern. Er zeigte insgesamt 93 Werke und darnit seine bisher größte Kollektive. Die geschickt gehangte Schau hinterließ den Eindruck großer Geschlossenheit. galten doch fast alle werke einem einzigen zusammenfassenden Thema: der weiblichen Figur und dem Portrat der Frau. Frohner. ein Vertreter des ..Neuen Realis- mus" und als solcher zuletzt wiederholt bei internationalen Graphikausstellungen er- folgreich. hat durch die in den letzten zwei bis drei Jahren erfolgte Konzentration auf ein beherrschendes Thema unzweifelhaft an Profil gewonnen. Sein Werk 7 in beinahe allen Formaten und den bevorzugten Tech- niken der zeichnung. Olmalerel und der meisterhaft gehandhabten Radierung 7 ist ein realistischer Spiegel menschlicher Er- fahrungen. im Ausdruck legitim ubersteigert. verzerrt, hart und direkt. Was Frohner darstellt. sind Sangerinnen. Tanzerinnen. die Christine Keeler beim Nachdenken. die Mitzi O.. einen W" hter, den Gerleralintendanten und unzdhlige imaginare Köpfe. Sein markanter strich ist vehement. rhythmisch expressiv. Et- sprengt - ohne deswegen auf subtile Nuancierungen zu verzichten r das vorgegebene Bildformat. indem er oft und oft dessen extremste formale Mdglichkellen nutzt. Neben einigen monumentalen Malereien (darunter solchen. die grundsätzliche Paral- lelen zur Auffassung eines Dubuffet und zu Tendenzen bei Hockney aufweisen) beein- druckte in erster Linie Frohners rapid an- gewachsene Graphik. über die im nächsten Jahr ein CEuVre-Katalog erscheinen soll. Der aus Seeboden in Kärnten gebürtige Bildhauer Otto Eder. ein Schüler Walter Ritters und Fritz Wotrubas. nimmt innerhalb der österreichischen Nachkriegskunst die Stellung eines Außenseiters ein. Eder veran- staltete bisher nur zwei Kollektiven. so daß sein Gesamtwerk nur wenigen bekannt war, Es war daher ein besonderes Verdienst der gut aufeinander abgestimmten. wenn auch zu den Arbeiten Frohners nur ln thematischer Beziehung stehenden Auswahl des 1924 geborenen Karntners. dal} hier im Verein mit einer berechtigten Aufwertung des Werkes eine lnformationsliicke geschlossen wurde. Otto Eder ist ein Bildhauer der Stille, des genauen Abwagens von Formen. einer behut- samen. sich standig Rechenschaft gebenden. nichts überellenden Arbeitsweise. Seine "Liegenden" und ..Stehenden". vor allem jedoch seine malartigen. aufrechten. rhyth- misch gegliederten. glattpolierten "Figuren" aus weißem Marmarslnd in ihrer abstraktiven Tendenz Zeugnisse gegluckten Bemühens. fraullche Symbole zu schaffen. die Vitalität und Kraft besitzen. anderseits aber auch eine geistige Haltung bekunden, die in ihrer Schlichtheit glaubwürdig ist (Abb. 1). In der Galerie der Wiener Secession stellte r- nach langerer Pause - der Maler und Graphiker Heinz Stangl aus. ein begabter jüngerer Kunstler. der früher den Wiener Phantasten nahesiand. Stangls Bilder. ein Mitieiding zwischen Güterslohkchem Biedermeiersurrealismus und dem spülen Matstil Boeckls. sind - ohne ihnen ein gehariges Man an Ausdauer und Eigenwilligkeit absprechen zu wollen r von kaum ertrciglicher Unklarheit und barocker Uberfulle. Alles. was auf ihnen zu sehen ist. ist in Be- wegung. Buntes Neabarock triumphiert unter der Attitüde BF8IChCll"SCh6l'"Wlfklltlt- keiten" zuungunsten formaler oder farbiger Läuterung. zuungunsten etnä sich klar abzeichnenden bildnerlschen Bestrebens und Gehaltes. Bestimmtere Ergebnisse erzielt Stangl in seinen Zeichnungen. die eine sichere Hand verraten. doch ebenfalls Partien besitzen. in denen Dickicht mit Dichte verwechselt wird. GALERIE NÄCHST ST. STEPHAN Joannis Avramidis Das Figurative - wie immer es sich auch darbietel. ob mit dem Anspruch des tatsach- lich Neuen oder nur geschickt Erneuerten bestimmte zuletzt einen Großteil derHAus- stellungen in wiener Galerien. Das uber- angebal an gegenslandlicher Malerei. Gra- phik und Plastik konfrontlerte allerdings nur selten mit iiberzeugenden Leistungen, so daß bei dem Gezeigten oft der Eindruck bloßer modischer Spekulationen entstand. 50 AUS DEM KUNSTLEBEN Uber iede Spekulation erhaben ist allerdings das Werk des 1921 in Batum geborenen Bildhauers Joannis Avramidis. eines zur ersten Garnitur österreichischer Plastiker zählenden Künstlers. der seit 1943 in Wien lebt und - nach längerer Pause und einer vielbeachteten Schau in der Kestner-Gesell- schaft Hannover 7 in der Galerie nächst St. Stephan kollektiv zu sehen war. Die Exposition hinterließ in ihrer Gesamtheit den Eindruck großer Geschlossenheit. Sie zeigte aber auch. wie wichtig und ziel- tuiirend Konzentration für den schapieri- schen Prozel} ist, ein Sichbesinnen auf be- stimmte. selbst erarbeitete Gesetzmaßigkelten und das damit verknüpfte standige Sich- Rechenschaft-Geben. Man kann es kaum umgehen. im Zusammen- hang mildem (Euvre dicses Bildhauers von Klassik und klassischem Maß zu sprechen. seine Figuren und Figurengruppen. seine Kopfe aus Aluminium und Messing. aber auch die sparlanisch-herben Zeichnungen ver- anschaulichen alle das Bemühen um formale Konzentration, um rhythmisches Maß und harmonische, gleichsam selbstverständliche Proportionen. Die Werke von Avramidis vermeiden Bo- rockes. hektisch Bewegtes oder gar unge- fahres. Slesind vielmehr asketische Zeugnisse. die - in einer gewissen geistigen verwand- schaft zu Schlemmcr und Belling sehr wenig von dem an sich haben. was man mit lokalen Besonderheiten oder Vorbildern in Verbindung bringen könnte. Ein Quer. schnitt. der zweifellos imponierte. aber ebenso die Frage nach Möglichkeiten einer Weiterentwicklung aufwarf. GALERIE WÜ RTH LE Jürgen Messensee Figurative Malerei. wie man sie unter dem Sammelbegriff der Neuen Figuration kennt. zeigte Jürgen Messensee bei wurtiile. Messen- see. dessen haurig übermalte Bilder in der Regel von einem einzigen. dominierenden Farbton getragen werden. ialit - ahnlich wie der Englander Francis Bacon - die menschliche Figur. den menschlichen Körper. als Spiegelbild existentieller zustande auf. Den iungen Maler interessiert die seelische Verfassung des einzelnen. seine Verstrickun- gen. seine steliung in einem starren gesell- schaftlichen System. das ohne Tabus nicht auskommt. Seine sehr malerischen. nie ins Literarische oder plump Engagierte abgleitenden. ernsten Bilder verfügen auch uber zeitkritische Be- ziige, allerdings in weniger satirischem Ausrnati. als es bei der in Paris lebenden Karntnerin Maria Lassntg der Fall ist. an deren Bilder Messensee mitunter ebenialis erinnert, Die beiden "Liegenden" aus 196a und der ebenfalls heuer entstandene ..Kopf". ein kleines. doch formal und farbig überaus gelautertes. beachtenswertes Bild. zahlten Zum sidrksten der Ausstellung. ATELIER SOUS TERRAIN Graphik von Rudolf Hoflehner 35 Lithographien und Radierungen des Bildhauers Rudolf Hoflehner - durchwegs Arbeiten. die in den beiden letzten Jahren entstanden sind e zeigte in seiner bisher dritten Ausstellung das Graphlkatelier ..sous terraln" in der Lerchenfelder StraBe73 in Wien. Die als beträchtlicher Prestigegcwlnn für den Veranstalter zu wertende Schau wurde in Anwesenheit des in Stuttgart als Leiter einer Melsterschule fur Plastik tatlgen Künstlers eroftrtet. Innerhalb des Gesamt- werkes van t-Ioflehner kommt der Druck- graphik bereits seil einiger Zeit erhohte Aufmerksamkeit zu. Hoftehner hatsich sowohl mit der Technik der - ihm besonders ge- legenen e Radierung und Aauaiirita. aber auch mit dem Veriahren der Lithographie ausgiebig beschattigt, was rnan nicht zuletzt auch der technischen Qualltdt der meisten seiner Blcilter anrnerkt. Praktisch alles. was der aus Llnl gebürtige Bildhauer in dieser sympathischen Keller- Schau zeigte. besitzt Parallelen zum bild- hauerischen CEuvre. Manches Blatt wirkt dabei gleichsam als Studie oder Skizze (..Sisyphos". "Hommage a Albert Camus"; ..Sturz"). anderes wiederum gewinnt starker an Eigenleben und erweist sich als ursprüng- ticher. in den subtilen Radierungen mit Aaualinia erzielt Hoflehner die reifsten. Iebendigslen und dichtesten Resultate. Die Sprödigkeit dieser edlen Drucktechnik. die vielen Nuan- cierungen. die hier in den Abstufungen des Hell-Dunkel rndglich sind. werden von ihm reichlich genutzt und dem schooferischen Vorgang des Zeichnens adaquat unterge- ordnet. Die primür dekorative. kaum moti- vierte Verwendung der Farbe lft den Lithas. fällt hier weg und macht dadurch den Blick frei tiir die eigentliche Auseinandersetzung mit dem zeichnerischen Vorgang. den Ideen und Varianten zur plastischen Gestaltung. GALERIE STUBENBASTEI Zechyr und Fred Nowak Nach langerer Pause stellte der 193a in Linz gebürtige Graphiker Zechyr (Othmar Zecher) wieder in wien aus. Der vor kurzem rriit einem Preis des Wiener Kunstfonds ausgezeichnete Kiinstier zeigte in der Galerie auf der Stubenbastei 30 Zeichnungen und Radierungen. die insgesamt eine interessante Weiterentwicklung veranschaulichen. Zechyr bekennt sich zum reinen Schwarz- weiß und der ahnlich zu wertenden sepia- Zeichnung nnii Konstanz und überzeugt davon. in dieser herben. zumeist nur von einem kleinen Kreis von Sammlern und Kennern geschützten Technik die seiner Begabung förderlichsten und adaauatesten Entwicklungsmoglichkeiten gefunden zu ha- ben. Seine anfangs durch den Expressionis- mus beelnfluflten. inzwischen ledoch zu sehr autonomem Duktus und eigenständiger Aus- sage gelangte Graphik meidet vorder- grundige Eiiakte und die Vorspiegelung falscher - fur die Denk- und Sehweise des Klinstlers nicht existenter - Tatsachen. wie ihre dynamischen Strichgetuge. Ver- dichtungen und Uberlageruiigen beweisen. besitzt sie anstatt dessen jedoch zeichnerische lntensitat. die den Einsatz veranschaulicht. mit dem Zechyr am Werk ist. Für den Zeichner gibt es vvedcr Kompromisse noch opportunistische uberlegungen mit Rücksicht auf ein Publikum. das von Proble- men aller Art. also auch von künstlerischen. verschont bleiben will. Zechyrs Schaffen erfullt somit ahne zeigeringerengagement die moralische verpilichtung von Kunst: einer Kunst treilich. die sich m was letztlich ausschlaggebend ist durch ihren bild- nerischen Gehalt manifestiert. Alles. was Zechyr zeichnet oder rriit spitzem Stiche! der Kupferplatle einrtlzi, ist Archi- Iektur oder zumindest von architektonischen Aspekten begleitet. War es anfangs die Außenwelt. etwa eine Stadtbahnstatian oder die Gleise eines Rangierbatinhafes. die Motive und Thematik seiner Blätter bestimm- tcn. so sind es heute mehr und mehr archi- tektonische ulopien. die Zechyr mit dem Anspruch auf Selbstverstandllchkeit entdeckt und prasentlert. Was Zechyr - oft nur sehr skizzenhaft. doch nichtsdestoweniger wesent- lich. inspiriert und einer auch formal klar ablesbaren Zelchenwelse verpflichtet - zu Papier bringt, sind allerdings nicht fertige Plane oder rnit technischen Details aus- gestattete Programmierungen. sondern groß- zügige Visionen. die auf Veranderung und Erweiterung architektonischer Praktiken und Vorstellungen hinauslauten. Das in Wien schon wiederholt vorgestellte graphische CEuvre von Fred Nawak (es ist inzwischen auf rund eintausend Arbeiten angewachsen) hat innerhalb des letzten Jahres abermals an aufschlußrelchen Ak- zenten hinzugewonnen. Die Galerie auf der Stubenbastel nahm dies zum Anlclß einer dfülßdj Exponate umfassenden Einzel- ausstellung. Zu den technisch brillanten. farbigen Mono- typlen und Materialdrucken. die in ihrer Vielzahl an Stimmungen eine breite Skala von Empfindungen. aber auch von tormalen. in gleicher weise graphisch wie malerisch bestimmten Möglichkeiten belegen. kam 1968 ein vor kurzem rertiggesleliler bandartlger Zyklus von fünf Federzelchnungen hinzu. der als markantes Teitresultat einer von Nowak immer starker vorangetrlebenen Ausein- andersetzung rnit dem reinen Schwarzweiß zu werten ist. Die - der menschlichen Figur als existen- tiellem Symbol geltenden Blatter beein- drucken durch die Ktarheitdes zeichnerischen Duktus, durch den zu Steigerungen führenden Rhythmus in der zyklischen Abfolge. nicht zuletzt aber auch durch die lhnen__ inne- wohnenden Sponnungsgegensotze. Ahnlich einzustufen sind auch die Arbeiten des ebenfalls in diesem Jahr entstandenen Porträt- Zyklus. Die aus insgesamt zwdlt imaginaren Bildnissen in einer erweiterten Technik der Monotypie bestehende Abfolge veranschau- licht - abgesehen von drucktechnischen Besonder- und Feinheiten 7 vor allerh Nowaks im Expressionismus wurzelndes Bemühen im sinne einer Konzentration des Ausdrucks. Die graphischen Verdichtungen und Uberlagerungen verleihen dabei diesen farbig uberaus differenzierten Blattern zu- satzllche Wertigkeiten. Erganzend dazu werden auch noch kleintormalige Radierun- gen rnilausgestellt. die in ihren heraus- ragendsten Beispielen ebenfalls mit zum Besten und Elgenstündigsten zahlen. was dieser stets dem Ekperirnent offene. sein ziel jedoch mit großer Beharrlichkeit und Kon- stanz anslrebende Künstler in den letzten Jahren geschaffen hat (Abb. 2. 3). Peter Baum BILDTEXTE l-a 1 Otto Eder, "Große Figur". 1966. weilier Marmor. H. 91 cm (aus der Ausstellung des Künstlers in der Wiener Secession) 2 Detallzeichnung von Zechyr 3 Partrdi von Fred Nowak aus einem i2 Monotypien umfassenden Zyklus (Abb. z, 3 aus der Ausstellung der Künstler in der Galerie Stubenbastei) DIE WIENER UND IHRE MUSEEN Das Bundesministerium für Unterrlc bekannt. daß in den ihm unterste Staatlichen Kunstsammlungen und in den Monaten August 1965 135.7 September wurden. 1968 94.598 Besucher