Alois Vogel
WILHELM SAUER
ZUM GEDENKEN
Am 27. September vorigen Jahres wäre Wilhelm
Sauer 75 Jahre alt geworden. Sein Werk. ein
Fragment. hat manches versprochen, und wenn
wir auch nicht sagen können, wohin sich der Weg
dieses Künstlers gewandt hätte. so können wir
doch festhalten, daß einiges die Zeiten überdauert
hat und auch noch heute zu uns spricht. Dosist
sicher A besonders in einer so schnellebenden
Zeit wie der unseren - sehr viel. Der Blickwinkel
hat sich allerdings wesentlich verschoben. und
was noch vor zwanzig oder gar vor vierzig Jahren
an Sauers Werk besonders geschützt wurde. wird
heute vielleicht mehr in den Hintergrund treten
müssen und anderes wird uns reizvoll und einer
Würdigung wert erscheinen, So mag in den fol-
genden Zeilen den alten Freunden Sauers und
seiner Kunst manches vergessen und manches ver-
zeichnet erscheinen: es ist trotzdem der Versuch.
dem Werk dieses Künstlers gerecht zu werden.
der Versuch aus unserer Zeit (wie jeder nur aus
seiner Zeit zu sehen imstande ist). dißes jäh ab-
gebrochene Bemühen zu verstehen.
Wilhelm Sauer wurde 1892 in Wien geboren,
studierte an der Graphischen Lehr- und Versuchs-
anstalt bei Professor Ferdinand Gold und Rudolf
Larisch. auch bei Otto Prutscher bildete er sich
noch weiter. Auf verschiedenen Reisen durch
Europa sammelte er neue Eindrücke. Dabei
wurde er besonders durch das Brauchtum der
durchwanderten Länder sehr beeindruckt, was
sich in vielen Arbeiten des Künstlers bemerkbar
machte. die jener Richtung angehörten. die unter
dem Namen Heimatkunst in die Kunstgeschichte
eingegangen ist. Besonders Sauers Gebrauchs-
graphik, Exlibris, Glückwunschkarten und ühn-
liches zeigen eine Tendenz dahin, wie ja überhaupt
der ganze Sektor der Kleingraphik eher in die
Bereiche der Idylle zieht. Die Bemühungen der
Expressionisten wurden und werden - man sollte
es nicht für möglich halten 7 noch heute von
gewissen Kreisen schließlich als dekadent abgetan,
obwohl anderseits gerade auch die Jugend-
bewegung in vielen ihrer frühen Erscheinungen
(und hier im besonderen Maße ihr linker Flügel)
sich dieser Kunstrichtung öffnete beziehungsweise
verband.
Wilhelm Sauers Werk zeigt. und das auch auf
dem Gebiete der kleinen Druckgraphik, eine
gewisse Streuung. Neben dem starken Einfluß der
Sezessionisten finden wir auch expressionistische
Züge (Einladungskarten). Zeitströmungen. aber
vor allem die künstlerische Entwicklung Wilhelm
Sauers. hängen damit zusammen.
Wo dieser Weg beginnt. können wir deutlich an
den Arbeiten aus den Jahren 1916117 erkennen.
Es sind einige schöne Exlibris beziehungsweise
kleine Farbholzschnitte, die in ausgewogenen Auf-
teilungen die für den Jugendstil so charakterischen
Merkmale der Flüchenstrukturen zeigen. Die große
Anzahl der folgenden Kleingraphiken. außer-
ordentlich sauber und präzise ausgeführte Schnitte,
Stiche und Radierungen, präsentieren entweder
jene mit Dagobert Peche besonders gekennzeich-
nete Spötform dieser Richtung oder die bereits
oben genannten. von der Romantik, von Kratik,
von der Wandervogelbewegung stark beeinfluß-
ten Formgebungen; eine Hinwendung zum ldealen
und Schönen wird bemerkbar.
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