Otto Beckmann COMPUTERPLASTIK, CINEMATRISCHE MODELLE UND__ CHOREOGRAPHISCHE ABLAUFE l-.x,...-.;gr.l([ AI. 1 Ono BeckmannlGrassl, Eleklmnische Compuler- graphik, gearbeitet am Institut hlr N. F. Technik dar Technischen Hochschule Wien Z Abbildung aus ..musica ex machina" nach Gravesaner Blätter NL 5, 1956. A15 Viva Verlag, Mainz ANMERKUNGEN 1-3 ' Robert Gerwln, Intelligente Automaten. Chr. Heiser- Verlag, 1964. Stuttgart 1 1F326d0 K. Frleberg, musica ex machrna. Verlag Ullstein. ' H. Zemanek, Geschichte der Automaten: Das Com- pOmum von WinkeL ln' Elektronische Rechanarrlagen, 8. Jahrgang, 1966 Heft 2 S. S! -52. NQNUÜT M? G_ um Cag0 4-a w zinl QQso vialyman WÜIQÜ vnrmitulst zweier Würfel oiu nuru m in lull olu Cupumu u unlchl Yluön T- ln der vorhergegangenen Erstveröffentlichung "Computergraphik - Computerfilm" (Alte und moderne Kunst, Heft 93, September 1967) wurde die zeitliche Transformierung der Com- putergraphik zu Choreogrammen nur ange- deutet. Inzwischen entwickelten sich die choreo- graphischen Abläufe zu eigenen, selbständigen Disziplinen. Unter Choreographie kann man im allgemeinen die Festlegung des Bewegungs- ablaufes durch eine Notation verstehen, im speziellen Fall aber auch die Weg-Zeit-Bilder der Abläufe mit den dazugehörigen Takt- zeiten. Heinrich von Kleist regte in seinem vor mehr als 150 Jahren erschienenen Artikel „Über das Marionettentheater" (Berliner Abendblätter, 12. Dez. 1810) an, den „letzten Bruch des Geistes" aus den Marionetten zu entfernen und ihren Tanz gänzlich in das „Reich der me- chanischen Kräfte" hinüberzuspielen. Die kon- sequente Verfolgung dieser Forderung führt aber zu Ergebnissen, die weit über das Mario- nettentheater hinausgehen. lm Gegensatz zum Tänzer bedarf die Marionette des Mechanikers, der ihre Bewegungen lenkt. Verlegt man nun diese Bewegungen in das "Reich der mechanischen Kräfte", so entfällt der Mensch als manuell lenkender Maschinist. Seine Aufgabe ist dann die der geistigen Konzeption des Spielablaufes, die Program- mierung. Man kann als fast gesichert annehmen, daß diese Folgerung den Gedankengängen Kleists entspricht. Zu seiner Zeit war die Idee der Programmierung und der Steuerung nicht mehr neu. Es gab programmgesteuene, auto- matische Musikmaschinen, Mozart komponierte sogar einige Musikstücke eigens für solche Spielwerke. Androiden, automatische Menschen, wurden gebaut, und was für uns wichtiger ist: bereits 1728, also fast 50 Jahre vor der Geburt Kleists, baute Falcon eine Steuerung für einen Webstuhl, die im Keim bereits die Elemente der lnformations- und Programmspeicherung mittels Lochkarten enthielt. Entscheidend zum Durchbruch kam diese Technik 1808, als Jacquard in Lyon den ersten nach ihm be- nannten .Webstuhl baute. Die Pappkarten wur- den nicht mehr einzeln in die Abtastvorrichtung eingelegt, sondern durchliefen diese konti- nuierlich'. Diese Art der lnformationsspeicherung erhielt sich bis in unsere Gegenwart in der Form des Lochstreifens. Zum Beispiel: die im Heft 93 unserer Zeitschrift abgebildete Computergraphik wurde auf einer durch Lochstreifen gesteuerten Zeiuhenmaschine hergestellt. Auch die Ein- Würfel. Je nach den erwürfelten Zahlen wurde anhandeinerTabelledie Kompositionzusammen- gestellt. Es handelt sich hier um den gesteuerten Zufall, da der freie Zufall kaum einen musi- kalischen Sinn ergeben würde. Kirnberger schrieb bereits im Jahre 1757 ein Manuskript, eine Anleitung zum Komponieren von Polo- naisen und Menuetten. Ein weiteres Manuskript Kirnbergers in zwei Heften,.Der neue Menuetten-, Trio und Polonäsen-Compositor", besitzt die Österreichische Nationalbibliothek in Wien. Außer Kirnberger schrieb noch eine ganze Anzahl anderer Musiker ähnliche Anweisungen. Noch nach dem Tode Mozarts erschien ein Heftlein "Anleitung zum Komponieren von Walzern vermittels zweier Würfel von W. A. Mozart" (Abb. 2). Selbst in unsere Gegenwart wirft diese Methode noch ihre Schatten, obwohl heute die Rechenanlage, die Markoffgeneratoren und weitere Mittel dem Komponisten ganz andere Möglichkeiten bieten. Ein traditionsbewußter, avantgardistischer Mu- siker hat die alte mechanische Würfelkomposi- tion in metaphysische Bereiche entführt. An Stelle von Würfeln tritt die ehrwürdige Methode des Orakels durch sechsmaligen Münzenwurf aus dem alten chinesischen Weisheitsbuch ..J - Ching". Dabei wurde bereits 1821 ein Gerät mit einem Zufallsgenerator gebaut, das jetzt noch betriebsfähig ist - das Componium von Winkel 1. Interessant sind die Parallelen zur Computer- graphik. Auch diese erst seit einigen Jahren bestehende Disziplin erhielt bereits ihren langen Schatten - Computergraphik von Hand, ohne Rechenanlage, produziert unter Zuhilfenahme von Zufallszahlen - Tabellen. Diese Art von Graphik wäre schon zur Zeit Kleists möglich gewesen, da es sich um eine Methode handelt, die fast analog dem musika- lischen Würfeiverfahren ist. Da uns aber solche Graphiken aus dem 18. Jahrhundert nicht bekannt sind, handelt es sich hier um einen Nachholbedarf. Die Würfel sind nicht die einzige manuelle Methode. Die ersten Vorläufer der Computer- graphik am Rechenzentrum der T. H. Stuttgart waren sogenannte "Irrfahrten". Diese lassen sich manuell sehr leicht herstellen. Bei unserer "lrrfahrt" (Abb. 3) genügt, da alle Teilstrecken gleich lang angenommen wurden, die Be- stimmung der jeweiligen Richtung mit Hilfe eines primitiven Kreisels, einem rund zuge- schnittenen Stück Karton, durch das im Zentrum ein Zündholz durchgesteckt wird. Eine Marke am Karton gibt, wenn der Kreisel zum Stillstand kommt, die jeweilige Richtung an. Richtung