Buchbesprechungen Eugan von Ph povich, Kuriositiitenl Antiquitäten, khardt 8c Biermann Verlag, Braunschweig 1968, 559 Seiten, 355 Abb.. 12 Farbtafeln. L" eraturver- zeichnis und Register. Ln. Bibliothek für Kunst- und Antiquitatenfreunde Bd, XLVl), DM 18,- Ein Buch über die Stiefkinder des Kunst- gcwerbes, die kuriosen Antiquitäten, hat lange auf dem deutschen Buchmarkt gefehlt, Gerade zur Zeit der Pop-Art ist sein Erscheinen zu begrüßen, da es einmal viele Verrücktheiten der Gegenwart als wenig originelle Machwerke entlarven hilft, zum anderen auf Künstler anregend wirken konnte. Obwohl von grund- sätzlich anderer Anlage und Aufmachung, geht das Buch letzten Endes zurück auf J. G. Theodore Graesse, Guide de l'amateur dobiects d'art et de curiosite ou Cotlection des monogrammes, Dresde 1871 Dieses 40 Seilen umfassende Markenverz chnis er- schien dann in völliger Umarbeitung mit Meisterlisten und Erläuterungen durch Jaen- nicke in 3. Auflage 1905 als .Führer für Sammler und Liebhaber". Von Feldhaus fort- geführt, kam es zuletzt in s. Auflage 1920 in der ..Bibliothek für Kunst- und Antiquitäten- sammler" als ..Kunstgewerbiiche Altertümer und Kuriositäten" heraus. - Eugen von Philippovich hat in dem vorliegenden Buch nicht nur auf die Markenverzeichnissa und Meisterlisten verzichtet, er hat im Gegensatz zu den Vorgängern auch die reinen Antiqui- täten weggelassen und ausschließlich den seltsamen Dingen des Kunstgewerbes einzelne Aufsätze gewidmet. Schon das Inhaltsver- zeichnis weckt den Lesehunger; da findet man in bunter Folge 91 Einzeldarstellungen der unterschiedlichsten Bereiche, nämlich 1. der unedlen und seltsamen Materialien wie Blei, Gagat und Wachs, Z. der besonderen Tech- niken wie Scagliola und Pietra dura. 3. der besonderen Naturprodukte wie Straußeneier, Bernstein und Korallen, 4. der seltsamen Gegenstände wie Trinkschiffe und Püsteriche. 5. schließlich effektbesiimmter Randgebiete der Malerei wie Riefelbilder, Anamorphosen und Konturgemaldc. Einen thematischen und zeitlichen Rahmen deutet das erste Stichwort .Kunst- und Wunderkammern" an; ein be- sondarer Akzent wird mit dem Kurzkapitel ..Arcimboldo" gesetzt. - Seitdem Julius von Schlosser 1909 sein berühmtes Buch „Die Kunst- und Wunderkammern der Spät- renaissance" geschrieben hatte, war das Thema mehrfach aufgegriffen, aber immer entweder kulturgeschichtlich oder sammlungsgeschicht- lich abgehandelt worden. Fhilippovich hat dagegen von einem Realienstandpunkt her die Kunstkammarn in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt und lührt diese nacheinander vor, zur Anregung und Belehrung der Liebhaber und Sammler. Die Kapitel sind sehr unterschiedlich in Aufbau und Darstellungsweise; h ulig grailt der Autor über den selbstgewahlten Rahmen hinaus, so bei den umfangreichen Kapiteln über Blei und Wachs, deren gesonderte Bearbeitung in der .Bibliothek für Kunst- und Antiquitatenfreunde' sehr wünschenswert wäre. Als Bode 1903 für das Kaiser-Friedrich- Museum eine Wachsbüste erwarb. die er als Arbeit Leonardos bezeichnete, sc diese Büste den Ausgangspunkt trachtung der Wachskunst bilden könnte, Das große Interesse weitestar Kreise erlahmte aber wieder, als man die Büste als Arbeit eines englischen Fälschers aus der Biedermeierzeit bezeichnete, in der die Wachskunst besonders beliebt war. - Es ist zu hoffen, daß Fhilippo- vich, der in dem Buch viele Sammelgebiete erstmals behandelt, in einem Zusatzband die Merkenverzaichnisse und Meisterlisten nach- liefert, da er selbst im Vorwort schreibt, daß in seiner Kartothek z. B. zur Wechskunst viele hundert Künstlernamen verzeichnet seien. Wünschenswert wäre auch eine generelle Ausweitung des Bandes auf Kuriositaten des 19. Jahrhunderts und die Aufnahme solcher Gebiete wie: Schützenketten, Zinkguß,.Muste_r- und Meistarstücke, Galvanoplastik und Da- guerreotypien. - Auf jeden Fall ist das Buch ein wichtiger Meilenstein zu einem dringend benötigten Antiquitätenlexikon. Seit des Bruno BucherReal-LexikonderKunstgewerbe(1883). welches vor allem Begriffserklärungen gab. und seiner Geschichte der technischen Künste (3 Bde, 1875-1893) hat es zwar viele hervor- ragende Einzeldarstellungen gegeben, es fehlt aber an fundierten Kunstgewerbegeschichten und entsprechenden Lexika, die nicht nur die stilistische Seite behandeln, sondern neben den gängigen auch die ausgefallenen Techni- ken erortern und somit die den Sammler inter- essierende Zuständlichkeit der Objekte in den Vordergrund stellen. Horst-Herbert Kossatz Ronald F. Michaelis, ..A short history of Tha Worahiptul Compony of Pewterers of London und e cetelogue of pewterware in its posseuion". Im Selbstverlag der Londoner Zinngießergilde. Pewterers Hall. Oat Lane. London E.C.2. S:2l-l- franco Mr. Michaelis, selbst Ehrenmitglied der ehr- saman Gilde und u, a. Verfasser des Standard- Werkes uber das englische Zinn, .,Antique Pewrer of the British lsles', we t uns kurz in die Geschichte einer der ältesten, noch beste- henden anglischen Zünfte ein, die seit dem 14. Jahrhundert bis heute ununterbrochen amtiert. Aus einer mönchischen Gemeinschaft. die neben ihrer fachlichen Tätigkeit auch 56 religiöse Ziele verfolgt, wird im Laufe der Jahrhunderte eine rein weltliche Organisation, was, rein äußerlich dadurch zum Ausdruck kam, daß man während der Reformation reli- giösa Symbole aus dem Gildenwappen ent- fernte, Der historische Teil des Buches wird besonders für jene Leser von Interesse sein. die im altehrwürdigen Zunftwesen mehr als eine zwar nicht unsympathische. aber längst überholte Form genossenschalllicher Zu- sammenarbeit sehen, deren wunderliche Ge- brauche ein wenig drollig anmutan und die fachunkundigen Romantikern Stoff zu senti- mentalen Darstellungen boten, Eine gewisse Übereinstimmung in organisa- torischer und funktioneller Hinsicht mit dem kontinentalen Gildewesen ist weder zufällig noch beruht sie auf Imitation. Die Grundlagen wirkungsvollerZusammenarbeit auffachlichem. rechtlichem und auch sozialem Gebiet sowie die Notwendigkeit der Selbstbehauptung gegenüber rivalisierenden oder feindlichen Gruppen waren hier und dort eben ähnlich. Der Liebhaber alter Zinngaräte wird sich, sollte er bisjetzt noch keinen Einblick in die nüchtern- sachliche Formenwelt des englischen Zinn- ßers gehabt haben, von deren sympathischer enart angesprochen fühlen. Die zahlreichen Abbildungen im Buche zeugen vom prak- tischen Sinn der Hersteller und Käufer, Nirgends ist das Material überfordert, deko- rative Zutaten sind sparsam verwendet, und Verwandtschaft mit kontinentalen, insbeson- dere deutsche Typen. ist kaum feststellbar. (Eine Ausnahme sind die Formen der Teller.) Dies ist nicht verwunderlich, wenn man weiß, daß kontinentale Wanderburschan bei der Londoner Gilde weder als Gäste oder Mit- arbeiter willkommen waren. Eine Ausnahme machte man wohl mit den aus ihrem Vater- lande vertriebenen Hugenotten, worin sich ein karitativer Charakter der Gilde manifestiert. der bis zum heutigen Tage besonders wirksam blieb, denn die Gilde verfügt über bedeutende finanzielle Mittel, die aber nicht für politische Zwecke zur Verfügung stehen. Während die Einfuhr ausländischer Zinnwaren wirksam unterbunden wurde, exportierte London sein Zinn in alle Welt. Klugerweise sandte man nur erstklassige Ware ins Ausland und sicherte damit den legendär guten Ruf des ..englischen" Zinns. Bald wurde die gute. bleifreie Legierung, die man in London ver- wendete auch für des kontinentale Gewerbe vorbildlich, Die unter dem Druck der eng- lischen Konkurrenz u,a, auch von deutschen Meistern angenommene Bezeichnung ..Eng- lisch Zinn" bezieht sich nicht auf den Fundort des Metalls (Cornwall) sondern auf die ver- gossene, bleifreie oder mindestens bleiarme Legierung. Die meisten Zinnsammler und darunter, be- sonders die britischen schwören auf die Uber- legenheit des heimischen Produkts. in ge- legentlicher Blick über den Zaun empfiehlt sich. denn auch in Nachbars Garten wachsen schone Blumen. Mr. Michaelis Buch ermöglicht solche Blicke. Robert M. Vetter Plakate l Poster Affiches. Art Doco. Mappe mit B farbi an Plakaten l Polder with B pesters in colourc I Mappe avei: 8 affiches an couleurs. 31x46 cni. efrl 24,95. DM 24,-, USS 5.30. Bntiliul Presse. Basel 1967. Llzenznusgabe für Deutlchlend: Heinz Mooa Verlag. Mün- chen Als Fortsetzung zur Jugendstilmappe: acht hervorragend fiiksimilierte Plakate im Innen- format, auf dem Mappenumschlag (drei- sprachig) eine Art Waschzetteleinführung von 40 Zeilen Länge. Nino Weinstock versteht hier unter Art Deco eine von der ..Ecole des Ans decoratifs" beeinflußte Formensprache. die dem Kunstgewerbe dar zwanziger Jahre ihren Namen gegeben habe. Die bezeichnend- sten Elemente seien die stark farbigen, aus regelmäßigen kleinen Formen aufgebauten Ornamente. Da denke ich an Czeschka und Moser; der Autor aber wäre für einige seiner Plakate mit einem Hinweis auf den von Peche geprägten Spätstil der WW, für den Rast mit einem Hinweis auf die Plakatkünstlar Deutsch, Heine und Klinger weitergekommen. - Eine Wiederentdeckung ist Etoile du Nord von Cassandre (1927), Im Kurzkatalog muß es statt .Junge Muhle" Jung Mühle heißen. Erdts Plakat ist nicht zirka, sondern tatsächlich (Signatur) 1911 entstanden. Und: Auch bei Plakaten miß Höhe vor Breit Die für den Wechselrahman geeigneten Blätter sind ein hübsches Geschenk - besonders für Teen- ager. Der Autor kündigt eine dritte Mappe über konstruktivistische Plakate an. Wie war's mit dem Titel: Plak Konst? Horst-Herbert Kossatz Anton Sailer. Das private Kunstltabinett. Klassik und Moderne - Kontraste und Vergleiche. Verlag Karl Thiemig KG, München (1967). 200 Seiten, 117 mono- chrome, B7 mehrfarbige. z, T. gunzieitige Bildtafeln. Ln., DM 33.- Seit einer Reihe von Jahren gibt der Verlag Karl Thiamig KG Monographien zu Problemen der Kunst heraus, die ein Maximum an All- gemeinverständlichkeit mit einem Maximum an drucktechnischer und ausstattungsmäßiger Qualität vereinen. Sailers Buch berichtet über Bilder, Maler und den Kunstbetrieb, den Akt als klassischen Karton. das Porträt, das Ver- hältnis von Welt und Mensch, über Spazier- gänge in der Landschaft, über Stilleben, über .die große Unruhe", die mit Expressionismus und Surrealismus in die Welt kommt, und in einer Art von Sonderkapitel über die Schicksale von James Ensor, Toulousa-Lautrec. Lesser Ury und Jules Pascin. Kurzbiographien, Regi- ster und ein Literaturverzeichnis ergänzen das in Planung und Aufbau unkonventionelle Werk. Die Hauptbetonung liegt auf den klug in den Text eingestreuten Bildern und die zugehörigen Kommentare. Der Text selbst beschrankt sich - von den vier intelligenten Schlußessays ab- gesehen - auf das Ziehen von Verbindungs- linien und das Aufzeigen von crundrrsscmwre die Sache vor sich geht, sei an einem einzigen Beispiel demonstriert: Der Autor konfrontiert im Kapitel .Der Akt" einen giosenen Muskel- mann mit dem berühmten Dürer'schen Holz- schnitt eines mit Hilfe eines Quadretnetzes aktzeichnenden Künstlers, einem Photo aus einem Aktsaal akademischer Observanz, einer ..prakubistischen'Aktstudie von Durei(.Wurlel- weib"), aber auch eine fast völlig abstrahierte Aktzeichnung von Arno Schiffers mit einer Aktzeichnung von Schiele. einem Gemalde von Beckmann, der Jtuckenvenus" von Valazguez und einem kauernden Rückanakt von Otto Mueller. Die Schlußakzente dieses Kapitels werden durch einschlägige Arbeiten von lngres, Renoir, Manguin und Marquet gesetzt. Welche Fülle von Interpretatione- möglichkeiten werden hier in der Gegenüber- stellung einiger weniger Grundtypen aufge- zeigtl Der Autor ist kein unbedingter Freund dessen, was sich in unserer allerunmittelbarsten Gegen- wart gelegentlich noch Kunst nennt. Er ver- meidet aber jegliche Polemik, beweist jedoch durch die Berücksichtigung zahlreicher Werke ,.gegenständlicher", bei uns kaum bekannter Zeitgenossen, daß _, es auch anders geht. Schade nur, daß Osterreichs Kunst wieder einmal zu kurz kommt! Ernst Koller Heinz Weder. Walter Kurt Wiemken- Mlnifest das Untergangs. 52 Seiten. Benteli Verlag, Bern 1968 In der Reihe ..Offene Folge" erscheint dieser Band als siebenter, nachdem schon ein Schweizer Beitrag zur zeitgenössischen Lyrik, eine Erzählung von Jörg Steiner. ein Beitrag über das Theater von Engen Keller, Gedicht- bändchen mit Werken von Gerhard Meier und weiters von Heinz Weder sowie eine Betrach- tung über die Arena-Kapelle zu Padua von Werner Y, Müller dieser Veröffentlichung voran- gegangen sind. wie ersichtlich ein weitge- stecktes Programm! Dieses Büchlein belaßt sich nun mit dem Maler Kurt Wiemken, der 1907 in Basel geboren wurde und 1940 bei Castel San Plelro im Tessin in eine Schlucht stürzte, aus der man drei Wochen später seinen Leichnam barg. _'l5 Abbildungen lassen uns einen gewissen Uberblick uber das Schaffen des Schweizer Künstlers gewinnen. Der Autor zeichnet Wiemkens Leben nach, interpretiert die abgebildeten Arbeiten und stellt ihnen, beziehungsweise der jeweiligen Schaffens- periode passende Ausschnitte aus Werken von Picasso (als Dichter), Lautreanront, Henri Michaux, Andre Breton und Rene Ghar an die Saite. Kommt Wiemken offenbar aus einer Richtung, die mit George Grosz viel gemeinsam hat, so schien er ganz in surreale Bereiche tendiert zu haben; zumindest ist das hinter- lassene Werk dahin orientiert. Es ist durchaus dieser und mehr Beachtung wert. Text und Bild des Bändchens ist gut zusammengestellt, und zu der einfachen, aber außerordentlich sauberen Aufmachung ist dem Verlag zu gratulieren. Alois Vogel Figurinen nach alten Schnittbüchern. Katalog zur Ausstellung des Sta t- museums Linz, 1968. 132 Seiten. 10 Bild- tafeln, Textillustrationen Im Linzer Stadtmuseum und in anderen Sammlungen wird eine Reihe von Muster- büchern des Schneiderhandwerks verschie- dener österreichischer Städte aus der Zeit vorn 16. bis zum 1B. Jahrhundert aufbewahrt. Diese Handwerksbücher weisen nicht nur lllustrationen, sondern auch Schnittzeichnun- gen auf. Der Gedanke war daher naheliagand, maßstabgerechte Holzfigürchen her-zustellen und diese dann mit Kleidungsstücken nach den alten Vorlagen anzuziehen. Die auf diese Art zustande gekommene Ausstellung zählt wohl zu den reizvollsten ihrer Art, der Katalog selbst ist ein wissenschaftliches Dokument ersten Ranges: jedes Exponat ist m't den zeit- genössischen Originallexlen beschri et, und ein ausfuhrliches Glossar klärt uns uber die Terminologie von damals auf. Eine umfassende Einleitung bringt eine Zusammenschau der Teilphänomene. Ernst Koller Die Kunst Vietnams. lmro Patkö -Mikl6s Räv. 54 Textseiten mit 1B Abb 180 z. T. farbige Bildtafeln, Ln. Corv Verlag. Budapest 1967 Dieses Buch, verfaßt von zwei Journalisten, die Nordvietnam noch vor Ausbruch das gegenwärtig tobenden Krieges bereistan und sich bei ihrem Versuch einer Bestandsaufnahme der Kunstdenkmäler von einheimischen und ungarischen Fachwissenschaftlern beraten lie- ßen, ist von höchstem Aktualltatswert, denn wer vermag haute schon zu sagen, was vom künstlerischen Erbe des unglücklichen, zwei- geteilten und sich in mörderischen Kämpfen zerfleischenden Land die Schrecken dieses schmutzigen Krieges" berleben wird? Schon die Kämpfe von 1954 brachten Verluste von großen Mengen Kunstgutes mit sich, und während der französischen Kolonialherrschaft wurde das Wertvollste. Schönste nach Paris abgezogen, wo es im Musee Guimet ein wohl- beireuies Dasein fuhrt. Aus den Ausführungen der Autoren geht hervor. daß das Gebiet von Vietnam seit eh und je eine Art von Schlachtfeld in Permanenz war. Nicht nur die Kulturen Indiens und Chinas stießen in diesem geradezu klassischen Puffer- gebiet aufeinander. sondern ein rascher Wechsel von Dynastien und Jieichen", die in standiger Fehde miteinander und gegen Dritte lagen, trug auch nicht gerade zur Mehrung des Kunstgutes bei. Schließlich durfen die immensen Fährnisse des Klimas nicht ver- gessen werden, das bei einem Luftfeuchtig- keitsgrad von 90h nur Objekten aus robuste- slen Materialien ein Uberleben gestattet. Hingewiesen muß auch auf die Tatsache werden, daß die ethnischen Verhältnisse in Vietnam äußerst verworren sind; an die 50 (fünfzigl) Sprachen werden hier gesprochen, viele in relativer Primitivitat lebende Einge- borenenslamme sind noch kaum erforscht. Die Verdienste der beiden Autoren liegen in textlicher Hinsicht vor allem in einem unge- wöhnlichen Maß von Selbstbescheidung, sie kennen ihre Grenzen und versäumen es nicht. immer wiederdaraul hinzuweisen. Von größerer Bedeutung als Text und Katalog ist das reichlich dargebreitete Photomaterial, das in sehr erheb- Iichem Maß nach Originalen angefertigt wurde, die bisher als kaum bekannt zu gelten hatten. Nordvielnam ist und war die ärmere Hallta des gesamten Staatsgabietes: Hanoi kann sich hinsichtlich der Uberfulla an Gaben dar Natur mit Saigon in keiner Weise messen. Deshalb ist auch die Kunst Nordvietnams, von der allein hier die Rede ist, der kleinere, beschei- denera Bruder des Schaffens im Süden, Der indische Einschlag ist besonders in älterer Zeit unverkennbar. der Grund hiefür ist nicht nur in den geographischen Voraussetzungen, sondern auch in religiosen Gegebenheiten zu suchen, Im großen und ganzen muß jedoch gesagt werden, daß die Kunst Nordvietnams ein mehr oder minder provinzieller Ableger der Kurisl Chinas ist, wobei das Wort .provinziell" jedoch nicht im abschatzigen Wortsinn ge- meint ist. Der Begriff „provinziell' umfaßt auch hier eine Reihe von originellen und bedeut- samen Sonderleistungen, wie sie eben nur abseits der großen Straßen entstehen können. Und es laßt sich nicht bezweifeln, daß Vietnam der kulturellen Großmacht Chinas einiges ge- schenkt hat. das heute als typisch chinesisch gilt, So sollen etwa die großen Bronze- trommeln, die noch in der Pra-Han-Epoche geschaffen wurden. eine Erfindung Vietname- sischen Ursprungs sein. Waiters sei darauf verwiesen, daß die Kunst Nordvietnams gerade ob ihrer Volkstlimlichkeit länger am Leben geblieben ist als die Kunst Chinas; noch im sparen 19. Jahrhundert entstehen Arbeiten, denen spontane Frische und unmittelbare Aussagekraft zu eigen ist, Was allerdings in den allerletzten Jahren in Nordvietnam geschaffen wurde, ist provienziell im schlechtesten Sinne das Wortes - miß- verstanderies. banalrsiertes Europa furs trauta Heim. Ernst Köller S" gward Sprotte. Aquarelle auf Sylt. Einleitung von Herbert Retid, Geleitwort von Carl Zuckmayer, Rembrandt Verlag Berlin (1967). 23 Textseiten mit Schwarz- weißebb, 32 Farbtafeln, Ln. Siegward Sprotte - Ihr Rezensent bekennt, seinen Namen bislang noch nie gehört zu haben - muß schon dem äußeren Schein nach .wer sein", denn die Namen Herbert Read und Carl Zuckmayer allein bürgen für Qualität. Sprotte ist ein Meister der Verknappung, der Reduktion auf ein paar Zeichen. Er bewegt sich hart am Rande des Noch-Anschaulichen. ohne die beinahe imaginäre Grenze zur rainan Abstraktion je zu überschreiten. Er hat viel von den Ostasietan gelernt und kann sich nicht gut genug arn Wenigen tun. Liebmanns Wort, die Kunst bestünde i Forilassen, findet hier neuerlich seine Bes ätigung. Nach Durchsicht des vorliegenden Albums bekäme man Lust, mit den Origineiarbeiten Sprcttes konfrontiert zu werden. Vielleicht wird Sprotte von einem herben Dünenwind auch einmal in unsere Breiten entführt. Ernst Koller gelangte Bücher Wiener Jahrbuch fur Kunstgeschichte, heraus- gegeben vom Institut für Kunstforschung des Bundeskanzleramtes, 231 Seiten, B4 Bildtafeln, Leinen, Hermann Bohlau Verlag, Wien. 19GB. S 296,7 Ursula Pfistcrmeister. Verborgene Kostbarkei- ten, Rund um Würzburg, 104 Seiten, 48 Abb. Hln., Verlag Hans Carl, Nürnberg, 1969. DM 9,80 Marianne Haraszti-Tacecs, Die Manieristen, 29 Seiten Text, 4B Farbtafeln, Leinen, Corvina Verlag, Budapest, 1959.