Im Jahre 1965 fanden die Bestrebungen zur Sanierung und Verwendung niederösterreichi- scher Schlösser als Außenstellen der Museen ihre erste Realisierung. Das Österreichische Museum für angewandte Kunst richtete im Schloß Petronell eine Dependance mit Kunst und Kunstgewerbe von der Gotik bis zum Barock ein. 1966 erfolgte die Adaptierung eines Flügels im Schlosse Riegersburg mit Einrich- tungsgegenständen aus dem Besitz des Mu- seums zu einem adeligen Landsitz des 18. Jahr- hunderts. lm Jahre 1968 wurde vom gleichen Institut das vom Bund erworbene Geymüller- Schlüssel in Wien-Pötzleinsdorf als ein Bieder- meier- und Uhrenmuseum in seine Obhut ge- nommen. Die Aktivität der Kunstsektion des Bundes- ministeriums für Unterricht erstreckte sich je- doch nicht nur auf den Ausstellungssektor, son- dern auch auf die Ankaufstätigkeit. In der Be- richtszeit wurden Tausende von Kunstwerken angekauft. Nicht immer war die Qualität der Anlaß zum Erwerb, allzuoft spielten karitative Gründe eine entscheidende Rolle. Eine Aus- stellung im Jahre 1967 zum Gedächtnis an die plötzlich verstorbene Referentin der Kunst- sektion, Dr. Adele Kaindl. gab mit einer Aus- wahl der bedeutendsten Ankäufe einen Rechen- schaftsbericht über diese Sparte der kunst- fördernden Tätigkeit des Unterrichtsressorts. Neben der staatlichen Kunstförderung war es die Stadt Wien, welche die Hauptlast aller För- derungsmaßnahmen für die bildenden und an- gewandten Künste trug. Mit dem 1945 einge- richteten Kulturamt der Stadt Wien war eine Zentralstelle geschaffen worden, deren Bedeu- tung und Aktivität im Laufe der Jahre immer mehr zunahm. Das in der Zweiten Republik in großem Stil durchgeführte Wohnbauprogramm - es wurden im Durchschnitt acht- bis zehn- tausend Wohnungen im Jahr gebaut - wirkte sich auch für alle Künstler aus. Tausende Auf- träge für Fresken, Sgraffiti, Plastiken und orna- mentalen Bauschmuck wurden vergeben. Glei- cherweise wurden auch Tausende von Ankäufen getätigt. Schon 1947 richtete man den Preis der Stadt Wien ein, dem 1950 der Ehrenpreis der Stadt Wien und der Preis des Theodor-Körner- Stiftungsfonds zur Förderung von Wissenschaft und Kunst folgten. Für besondere Verdienste vergab man erstmals 1960 die Goldene Ehren- medaille der Stadt Wien. Um gute Kunst einem breiten Publikum nahezubringen, veranstaltete man seit 1950 jedes Jahr zur Vorweihnachtszeit die Ausstellung "Das gute Bild für jeden". Diese Aktion verlief bisher ungemein erfolgreich, wie die steigenden Zahlen der Besucher und der Ankäufe beweisen. Aus der Erwägung, vor allem die Jugend für zeitnahe Kunst zu inter- essieren, wurde im Jahre 1954 die Aktion der Schulgalerien gestartet. Ähnliche Motive waren schließlich 1958 für die Gründung der .,Galerie im Grünen" maßgeblich, die, im Stadtpark situ- iert, die plastischen Schüpfungen junger öster- reichischer Künstler zeigt. Mit den seit 1958 jährlich stattfindenden Großaussteilungen wäh- rend der Wiener Festwochen wollte man in erster Linie die Kenntnis der Begründer und großen Meister der Moderne für die Wiener Be- völkerung nachholen. Wie die ieweils um die Hunderttausendgrenze schwankenden Besucher- zahlen dieser Ausstellungen verraten, erwies sich dieses Bildungswerk ungemein erfolgreich. Man begann im Jahre 1958 mit .Van Gogh" und spannte den Bogen bis zur Picasso-Ausstellung des Jahres 1968. Schließlich betätigte sich die Stadt Wien auch noch als Bauherr für ihre historischen Samm- lungen. In den Jahren 1954 bis 1958 wurde am Karlsplatz das Historische Museum der Stadt Wien errichtet. Dieser Neubau konnte jedoch nur eine strenge Auswahl der historischen Be- stände aufnehmen; für alle übrigen Ausstellungs- vorhaben ist kein Platz. So entschloß man sich, im Jahre 1963164 der Wiener Künstlervereini- 42 gung "Secession" die Mittel zur Renovierung und Adaptierung dieses von Anbeginn nur der Zeitkunst gewidmeten Hauses zur Verfügung zu stellen. Im Zusammenhang mit den Förderungsbestre- bungen der Stadt Wien steht auch der von der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien im Jahre 1955 anläßlich des SOjährigen Jubiläums ge- stiftete ..Wiener Kunstfonds". Alljährlich werden an Vertreter der freien und angewandten Künste zahlreiche Förderungspreise und Stipendien ver- geben, Ausstellungen veranstaltet und die vom Verlag für Jugend und Volk seit 1966 heraus- gegebenen „Protokolle" subventioniert. Die be- gehrten Preise und diese Ausstellungs- und Publikationstätigkeit ergänzen in unkonventio- neller Art die offiziellen Aktivitäten der Stadt Wien. Auch die ,Erste österreichische Spar-Casse" be- tätigt sich in mäzenatischer Weise. Sie richtete eine kleine Galerie ein, wo laufend Ausstellungen junger Künstler stattfinden. In diesem Zusam- menhang muß auch noch die Ausstellungs- tätigkeit der Österreichischen Staatsdruckerei erwähnt werden. In den Verkaufsräumen der Wollzeile wurden bisher zahlreiche Ausstellun- gen veranstaltet. Von den Großorganisationen unterhält der Öster- reichische Gewerkschaftsbund die Galerie ,.Auto- didakt" und fördert zusammen mit dem Bundes- ministerium für Unterricht die vom Berufs- verband bildender Künstler in Österreich einge- richtete "Galerie auf der Stubenbastei". Die Ar- beitsgemeinschaft junger Sammler wird eben- falls vom Österreichischen Gewerkschaftsbund unterstützt. Um auch die angewandten Künste zu fördern, richtete das Wirtschaftsförderungsinstitut der Kammer der gewerblichen Wirtschaft in den Jahren 19641965 und 1966 je eine große Aus- stellung ein, die dem Wiener Geschmack und der Wiener Form gewidmet waren. Das Unter- nehmen wurde aus verschiedenen Gründen nicht fortgeführt, soll aber zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen werden. Seit 1956 verfügen die bildenden und ange- wandten Künste auch über ein Publikations- organ, dessen Gründung privater Initiative zu verdanken war. Die von wissenschaftlichen Beamten des Österreichischen Museums für angewandte Kunst redigierte Zeitschrift „Alte und moderne Kunst" ging im Jahre 1962 in den Besitz des Österreichischen Bundesverlages über. Sie berichtet und informiert mit Betonung der österreichischen Kunst über Leistungen der Vergangenheit und solche der Gegenwart. Sie ist bestrebt, die Kontinuität der künstlerischen Schaffenskräfte aufzuzeigen und die Aktivitäten in Österreich durch wissenschaftliche Beiträge und Berichte festzuhalten. Wenn auch das Bundesministerium für Unter- richt und das Kulturamt der Stadt Wien die Hauptlast aller kultur- und kunstpolitischen Maß- nahmen in Österreich zu tragen haben, so ent- faltete sich doch auch in den Bundesländern und Landeshauptstädten während der letzten zwanzig Jahre ein reges Kunstleben. Neben anderem entdeckte man auch die anziehende und werbende Funktion künstlerischer Ver- anstaltungen für den Fremdenverkehr. Fest- wochen und Festspiele ohne begleitende Kunst- ausstellungen, Kunstseminare und künstlerische Kurse sind kaum mehr zu denken. Je nach poli- tischer und wirtschaftlicher Lage der einzelnen Bundesländer trug man früher oder später die- sem Umstand Rechnung. Von den westlichen Bundesländern regten sich in Stadt und Land Salzburg schon unmittelbar nach Kriegsende die Tätigkeiten auf allen künst- lerischen Gebieten. Die Wiederaufnahme der 1920 gegründeten Salzburger Festspiele und die erstmals 1930 veranstalteten Hochschulwochen brachten auch das Ausstellungswesen in Schwung. Unter den bemerkenswerten Aktivi- täten sei die Einrichtung einer Biennale der christlichen Kunst genannt, die zum ersten Male im Jahre 1958 stattfand. Voraus gingen die Kurse der internationalen Sommerakademie für bildende Künste, die seit 1953 in jedem Jahre zahlreiche Interessenten und namhafte Künstler zu gemeinsamer Tätigkeit vereinten. Das Aus- stellungswesen wird vorwiegend vom Dom- kapitel, von der Salzburger Residenzgalerie und der Galerie Welz bestritten. Der im Jahre 1986 eröffnete Neubau des Salzburger Museums Carolino Augusteum mit seinen reichen Kunst- schätzen aus der Vergangenheit des Landes re- präsentiert in würdiger Weise die kultur- und kunstpolitische Bedeutung von Stadt und Land. Das Land Tirol und die Stadt Innsbruck gehören zu den aktivsten Organen einer Kunstpolitik, die der Tradition und der Moderne gleicherweise zu entsprechen versucht. Mit zahlreichen Ausstel- lungen hat sich das Landesmuseum Ferdinan- deum, der Tiroler Kunstpavillon und die Galerie im Taxispalais hervorgetan. Mit Großveranstal- tungen wie „Die lnnsbrucker Plattnerkunst" (1954), „Gotik in Tirol" (1959), "Edelzinn" (1960), .. Paul Troger" (1964) und ..Josef Anton Koch - Zeichnungen" (1968), um nur einige zu nennen, lenkte Innsbruck die Aufmerksam- keit der künstlerischen Öffentlichkeit auf sich. Mit den Einrichtungen einer Jugenkulturwoche, die heuer zum 19. Male stattfand, und des Österreichischen Graphikwettbewerbes fördert man vor allem die zeitgenössischen Bestrebun- gen auf allen Gebieten der Künste, für die seit 1950 auch der Preis der Stadt Innsbruck ver- geben wird. In den Kulturberichten aus Tirol und „Das Fenster" verfügt das Land über Publi- kationsorgane, die dem Kontakt und der In- formation breiter Kreise dienen. Das Land Steiermark mit seinem großen und bedeutenden Landesmuseum Joanneum sowie die Stadt Graz entfalten seit den fünfziger Jahren eine Aktivität, die vor allem der Moderne zugute kommt. 1958 schloß sich die künstlerische Jugend der Stadt Graz zum „Forum Stadtpark" zusammen, das im Jahre 1960 in einem im Stadtpark gelegenen Pavillon ein Zentrum fand. Dieses widmet sich allein den Bestrebungen der künstlerischen Avantgarde. Um diesen Aspekt des Grazer Kunstlebens zu unterstützen, stiftete man 1959 den Joanneum-Preis, der al 'hrlich von der "Neuen Galerie" für zeitgenössische Malerei vergeben wird. Im Jahre 1963 richtete man zum ersten Male die Ausstellung ..Trigon" ein, bei der Arbeiten von österreichischen, italie- nischen und jugoslawischen Künstlern zur Dis- kussion gestellt wurden. Diese Gemeinschafts- ausstellung findet in einem zweijährigen Rhyth- mus statt und hat bisher durch ihren experimen- tellen Charakter die Aufmerksamkeit der in- und ausländischen Kunstwelt erregt'. Auch in Oberösterreich waren die Kulturabtei- lung des Landes und die Stadt Linz sowie der Kulturring der Wirtschaft Oberösterreichs in den letzten Jahren nicht untätig. Die Gründung einer Kunstschule im Jahre 1947, die inzwischen Akademiestatus erhielt, einer Neuen Galerie (1948), der Bau des Egon-Hoffmann-Hauses als Atelierhaus und die Eröffnung des Schloß- museums (1967), alle in Linz, sowie die große Ausstellung .Die Kunst der Donauschule" im Stift St. Florian (1965) sind bemerkenswerte Stationen einer auch sonst sehr aktiven Kultur- und Kunstpolitik. Das durch die Kriegsereignisse am meisten de- vastierte Bundesland Niederösterreich ist noch während der Besatzungszeit mit Kunstausstel- lungen hervorgetreten. Von 1951 bis 1956 fan- den in Krems, Gutenstein und Stift Altenburg kleinere Ausstellungen statt, die als Vorspiel für die großen Landesausstellungen der sechziger Jahre anzusehen sind. Diese setzten im Jahre 1959 mit „Gotik in Niederösterreich" in Krems- Stein ein. 1960 folgte im Stift Melk „Jakob Prandtauer und sein Kreis", 1962 in Gutenstein "Biedermeier, Friedrich Gauermann und sein Kreis", 1963 „Paul Troger und die österreichische Barockkunst" in Stift Altenburg, 1964 wieder in Krems-Stein „Romanik in Osterreich", 1965 in der Höldrichsmühle die Ausstellung „F. G. Wald- müller", 1966 eFriedrich III." in Wiener Neustadt,