Tatsächlich ist die Dreieckstruktur des Kunst- werks, von der wir eingangs gcsproc ien haben, kein isoliertes Phänomen, sie ist raher auch nicht nur auf das Kunstwerk allein beschränkt. Sie läßt sich auch in anderen Bereichen des Geistigen nachweisen. So entspricht dem Aus- schließen des Beschauers aus der Welt der Kunst in den altorientalischen Ku turen und Griechenland in seiner klassischen Phase - wodurch das Kunstwerk auf eine bipolare Struktur reduziert Wird das Ausschließen des Gläubigen im religiösen Bereic i, im Ver- kehr mit seiner Gottheit. Mit anderen Worten: die bipolare Struktur des Kunstwerkcs findet ihr Äquivalent im Religiösen. Den Tempel- dienst versah ein Priester, den Bicken der Gläubigen entzogen, im Dunkel des Aller- heiligsten. Außer an großen, po itisch-reli- giÖsen Feierlichkeiten und Prozessionen nahm der gewöhnlich Stetbliche an keiner Kult- handlung teil, er sah seine (iötterbi der nicht, er richtete sich daher in keinem direkten Gebet an sie. „Le culte dans tous les temples de Pligypte etait un acte secret qui {aecomplis- sait sans la moindre participation du public dans Pobscurite du saint des saints", heißt es bei P. Montet 19. Ein Zwiegespräch des Gläubigen mit seinem Gott, einen Dialog, mit anderen Worten: eine unmittelbare Beziehung zur Gottheit brachten erst die hlysterienkulte und mit ihnen das Christentum. Es ist hier nicht der Ort, über hlysterienkulte, die Gründe ihres Ncuauflebens in der Krisen- zeit des römischen Imperiums oder auch um die Bedeutung ihres Grundmythos in extenso einzugehen. liines aber ist im Zusammenhang mit dem Problem der Frontalität hervorzu- heben: Ob es sich um die eleusischen Mysterien Griechenlands oder um die nach Rom im- portierten ägyptischen Isis-Mysterien oder schließlich um die unter den römischen Sol- daten so verbreiteten Mjzthras-Mysterien han- delte, der Zentralakt jeder Mysterienzeremtmie 7 in engstem Zusammenhang mit dem Grundrnythos von Tod und Auferstehung der Gottheit - besteht aus der Weihe. Der Kulminationspunkt der Weihe aber ist immer die „Schau", die „Visio dei". Es liegt im Wesen der Mysterienkulte be- gründet, daß nur ein spärliches Material vor- liegt, aber aus dem wenigen lassen sich die wichtigsten Stufen der Weihe rekonstruieren, sie sind in allen Mysterienkulten die gleichen. Zentraler Akt ist immer die Epiphanie. Für die eleusischen Mysterien haben wir einen Zeugen: Theon von Smirnall. Von ihm er- fahren wir: Nach der Reinigung - die einer Taufe gleichkommt -- folgt die Belehrung und Einweihung in den Zentralmythos, an ihrem Ende erfolgt das lirscheinen der Gott- heit. Philon von Alexandria 31 beschreibt die Zeremonie eine: Mythrasliturgie. Auch hier erfolgt „nach einem Wandern durch das Todesdunkel" als Abschluß „die Schau des großen göttlichen Lichtes". Die ausführlichste Beschreibung einer Nlysterienweihe stammt von Apuleiusll. Den Vorgang der Weihe beschreibt der hlyste: „Deos inferior et deos superior acccssi et atloravi de proximo." Er befindet sich also direkt vor seiner Gottheit: „ante deam ipsam vestigia", und als ihm die abschließende Vision zuteil wird, als nach langen Initiationsriten der Myste schließlich vor dem Götterbild steht, von dem unter Läuten und anderen Geräuschen schließlich der Vorhang gezogen wird und es im Lichte vor ihm erstrahlt - wobei mit ncrvencr- regenden Eiliekten sicher nicht gespari den ist m. ruft er aus: „lncxplicabile vo aspcctu divini simulacri perfruebarlf allen diesen Berichten geht eines d! hervor: der Höhepunkt der Initiatioi monie war immer die Gegenübcrstellui Geweihten und des Götterbildes. Für das Christentum gelten mutatis nu die gleichen Voraussetzungen. Da i: allem die direkte Beziehung des Beten: seinem Gott, die in der persönliche sprache, im "Du" des Vaterunsers d wird. Auch das Christentum bringt al Gegensatz zu den Priesterreligionen (l mischen Staatskultes, ein persönliches eine direkte Kommunion. Zu diesei änderten Verhältnis des Gläubigen und Gottes, wie es sich um diese Zeit mehr und ganz allgemein abzeichnel noch ein weiteres Moment, im Glaube: zelnd und sich wechselseitig bedingen das Aufkommen der Frnntalität begünsti; französische ßyzantinologe A. Grabar über den Umweg der Architektur n wiesen, daß in den zahlreichen Gedä und Martyrienkirchen, die Kaiser Kon an allen jenen Orten errichten ließ, d Gedenkens würdig waren - ob es Sil die Leidensstationen Christi oder um S wo ein Blutzeuge den Uartertod r hatte w, dieses Geschehen durch eine hafte Wiedergabe festgehalten wurde. wurde dieses nicht als ein bestimmt storisches Ereignis, also szenisch und tisch dargestellt, sondern als zeitloses, gültiges Sein, ein von Zeit und Rau freites Symbol. Die Hauptgestalt wurd: jeden Naturalismus, nicht im Augenbli- Marter, dargestellt, sondern in jenen