r Berichts lnformati onen Aus der Kunstwelt Aktuelles Die große Zahl an interessanten Aus- stellungen in Wiener Museen und Galerien zu Beginn der Saison 1969170 bringt es diesmal leider mit sich, daß in unserer dafur vorge- sehenen Rubrik nur ein kleiner Teil von ihnen behandelt werden kann. Wir bitten unsere Leser um Verständ- nis, wenn aus Gründen des Platz- mangels einige weitere dieser Ex- posrtionen erst im kommenden Heft als Nachtrag besprochen werden, be- ziehungsweise i und auch das nur stellvertretend fur viele andere a in dieser Nummer von ..Alte und moderne Kunst" nur durch die kurz kommentierte Wiedergabe ei r Abbil- dung in den „Streiflichtern oder im „Internationalen Kunstspiegel" doku- mentiert werden. Albertina - Herbert Boeckl - Rembrandt - 64 Zeichnungen „Boeckl ist das bezeichnendste Beispiel dafür. wie Publizistik einen Künstler im Stiche zu lassen vermag", klagte Walter Koschatzky im Katalog der repräsentativen Albertina-Ausstellung, die dem anhand von 222 Zeichnungen und Aquarellen retrospektiv vorge- stellten Lebenswerk Herbert Boeckls galt (8. Oktober bis 30. November 1969). Die späte, doch verdiente und verpflichtende Ehrung für den bis heute international kaum zur Kenntnis genommenen Maler war dem Direktor der Albertina Anlaß für eine uner- wartete Polemik, deren Fazit in der Forderung einer „großen Boeckl- Monographie" bestand. Diese könnte für die längst fällige internationale Aufwertung des Boeckl'schen Guvres sorgen, wie sie etwa auch aus nachstehendem Satz Werner Hofmanns hervorgeht: .Boeckl war ein großer Zeichner, dem europäische Maßstäbe gebühren." So recht beide Kunsthistoriker auch haben, so wenig wird freilich die herbeigewünschte Monographie (sie sollte in ihren Wirkungsmöglichkeiten nicht überschätzt werden) den postu- lierten internationalen Rang des Malers heute noch herbeiführen können. Ver- säumtes - und die Versäumnisse liegen nun einmal nicht nur bei der eingangs zitierten Publizistik, sondern ebensosehr bei Sammlern, Museums- leitern und anderen lnstitutionen, die sich zu Lebzeiten zu wenig um Boeckl kümmerten - nachzuholen, ist nämlich gerade in diesem Fall nur sehr be- dingt möglich. So sind 2. B. viel zu wenige wesentliche Werke des Künst- lers frei, um den internationalen Kunsthandel heute noch entsprechend dafür zu interessieren. Abgesehen davon hat man Boeckl bei seiner letzten großen Auslandsausstellung (Venedig 1964) nicht gerade optimal vorgestellt,was ebenfalls ein nichtwett- zumachendes Manko bedeutet. Nicht zuletzt ist Boeckls (Iuvre - wie auch die Albertina-Ausstellung deutlich ge- nug zeigte a enormen Qualitäts- schwankungen unterworfen, was die Summe eines Lebenswerkes zwar ehrlicher, doch nicht bedeutender macht. So wenig sich leugnen läßt, daß viele Arbeiten des Künstlersjenen führender deutscher Expressionisten qualitativ durchaus gleichzusetzen sind, ja ihnen in ihrer überzeugenden Einfachheit sogar vielfach den Rang ablaufen, so realistisch sollte man anderseits in dem verständlichen Bestreben nach Aufwertung und größerer Geltung dieses Werkes die erwähnten Fakten einschätzen. Der Fall Herbert Boeckl ist in seinen Negativa zweifellos symptomatisch für Osterreichs kultu- relle Landschaft, das heute ange- stimmte Lamento müßte jedoch über verspätete Wiedergutmachungsver- suche hinaus den Blick vorn Retro- spektiven entschiedener auf Zukünf- tigeres lenken. 46 Es ist ungemein schwierig, das (Euvre des 1894 geborenen Klagen- furters pauschal zu beurteilen. Es fällt allerdings leicht, in Blickrichtung auf das Ganze dessen Echtheit und im Wesen des Künstlers verwurzelte Ehrlichkeit mit Uberzeugung festzu- stellen. Boeckl fiel nichts umsonst in den Schoß. Er war nicht das große Talent, hinter dem man auf Anhieb das Genie vermuten konnte. Das beweist schon die abgelehnte Berufung um Auf- nahme an die Wiener Akademie der bildenden Künste 1912, die der somit zum Autodidakten verurteilte Boeckl erst wieder 1935, dafürjedoch als Professor betrat, als Lehrer- persönlichkeit, die für die Zeit nach 1945 aus der Wiener Kunstszene nicht wegzudenken ist. Boeckl war ein Künstler, der den Widerstand im weitesten Sinne des Begriffes brauchte. Man spürt dies bei der Betrachtung seiner gelungen- sten, mit wenigen markanten Strichen und Farbflecken souverän gestalteten. in ihrer Art unerreichten Blättern. Man merkt es aber auch bei schwächeren Arbeiten, die die Mühen verdeutlichen, die Boeckl formale Probleme, das Erreichen adäquater Formulierungen bereiteten. Der 1966 verstorbene Künstler de- monstrierte die Fülle des Lebens, die differente Spannweite menschlichen Empfindens und Seins an einfachen Beispielen: an zeitlos gültigen Land- schalten aus Kärnten und dem Stei- rischen, an signifikanten Porträts und Aktstudien, aber auch an Skizzen und Stilleben mit Obst und Fischen, die in ihrem Symbolgehalt dem Vergäng- lichen Tribut zollen. Zweifellos war die Zeit von 1919 bis 1922 Boeckls stärkste, vitalste, kompakteste Periode. Sein (Euvre konfrontiert jedoch auch im Alterswerk nach 1945 mit Arbeiten von großer Wesentlichkeit, mit Zeich- nungen und Aquarellen, die in ihrer spartanischen Konzentration die Di- mensionen des Großen anklingen lassen (Abb. 1. 2). Die heuer in aller Welt mit repräsen- tativen Ausstellungen und deren wis- senschaftlicher Auswertung began- gene dreihundertste Wiederkehr des Todesjahres von Rembrandt Harmensz van Rijn (14. Oktober 1669) ver- anlaßt nun auch die Graphische Sammlung Albertina in Wien zu einer Würdigung, wie man sie sich - nicht nur in bezug auf die zur Gänze gezeigten eigenen Bestände an Rem- brandt-Handzeichnungen - kaum ad- äquater und aufschlußreicher vor- stellen kann. Die von Dr. Erwin Mitsch bearbeitete und von einem vorbild- lichen Katalog begleitete Ausstellung (sie dauert bis 1.März 1970), bein- haltet vierundsechzig Blätter des Meisters aus allen Schaffensperioden seiner Amsterdamer Zeit. Die Bestim- mung und Datierung der Arbeiten erfolgte nach dem grundlegenden sechsbändigen Werk von Otto Be- nesch (,.The Drawings of Rembrandt"), das 1954-1957 in London erschienen ist. Ohne freilich in jedem Fall sämt- liche Zweifel an der Authentizität der Blätter ausschließen zu können, ist die Wahrscheinlichkeit, daß es sich bei dieser streng reduzierten Auswahl tat- sächlich nur noch um Rembrandt- Originale handelt (darunter mitge- rechnet drei von ihm verbesserte Schülerzeichnungen), fast hundert- prozentig. Wenn man bedenkt, daß 1822 noch 141 „echte Rembrandts" in der Albertina gezählt wurden und von den 21 als echt publizierten Zeichnungen bei Knackfuss 1907 nur sechs auch heute noch mit diesem Prädikat bedacht werden, so lassen sich die diesbezüglichen Fortschritte einer kritischer gewordenen und besser informierten Kunstwissenschaft mit Genugtuung registrieren. Die seit 1956 erstmals wieder ge- zeigte Kollektion an Rembrandt- Zeichnungen zahlt zu den wesent- lichsten, wertvollsten und geschlos- sensten Beständen des Instituts. Sie fächert die grandiose Könnerschaft des Niederländers in voller Breite und Signifikanz auf und berücksichtigt ebenso kleine unsignierte Skizzen wie ausgeführte und abgeschlossene Dar- Stellungen. Die Aktualität und Zeit- losigkeit dieser wohl persönlichsten und unmittelbarsten Zeugnisse des Künstlers erweist sich dabei gerade im Hinblick auf die Moderne in vielseitiger Weise als aufschlußreich. Was die figuralen Studien und Rem- brandts Landschaftsskizzen, die zu- meist nur mit wenigen markanten Strichen und Verstärkungen fest- gehalten sind, auszeichnet, ist neben dem Spannungsreichtum und der Sicherheit im Setzen graphischer Ge- füge und Valeurs vor allem das er- staunliche Abstraktionsvermögen, das Rembrandts singuläre Position in der Kunstgeschichte entscheidend mit- bestimmt. Die Ausstellung der Albertina, der noch heuer als sechste Schau im großen Graphikzyklus eine Ausstel- lung des druckgraphischen CEuvres von Rembrandt folgen wird, enthält auch alle jene berühmten Blätter, die, wie die Titel „Junge Frau bei der Toilette", .,Bildnis des Baldassare Castiglione", die „Bauernhäuser vor gewittrigem Himmel" oder der viel- publizierte „Elefant" (1637) die Einzig- artigkeit dieser größten graphischen Sammlung in aller Welt dokumentie- ren (Abb. 3, 4). Museum des 20. Jahrhunderts a „Merks on a canvas" w "Neue Figuration USA" ,Marks on a canvas", „Zeichen auf einer Leinwand", lautete der nicht ganz adäquat übersetzbare Titel der 44. Sonderausstellung des Museums des 20. Jahrhunderts. Die Schau konfrontierte anhand großformatiger Bilder (sie waren nicht nur psychische. sondern auch physische Herausfor- derung) mit dem Werk von 11 zumeist jüngeren englischen Malern. Die Aus- wahl der Bilder besorgte Miss Anne Seymour, eine junge Kunsthistorikerin, die auch für den umfassenden Katalog und die wertvollen, darin abgedruckten Interviews verantwortlich zeichnete. Zur Ausstellung englischer Druck- graphik in der Galerie des Wiener Künstlerhauses bildete die Kollektion im Schweizergartenmuseum eine will- kommene Ergänzung. Op-Art, Varianten geometrischer Ab- straktion und Tendenzen des Neuen Realismus waren die stilistischen Dominanten und Richtlinien der Aus- wahl. In der rückblickenden Würdi- gung britischer Maler, die sich inner- halb des letzten Jahrzehnts als be- deutend hervorgetan haben, sah Anne Seymour die Hauptaufgabe der Aus- stellung, die vor Wien bereits im Museum am Ostwall in Dortmund und im Kunstverein Hannover ge- zeigt worden war. Verglichen mit dem, was gegenwärtig in den verschieden- sten neuen Materialien und Dimen- sionen von englischen Umweltge- staltarn inklusive Malern und Plastikern geschaffen wird, mutete die Auswahl strukturell gesehen allerdings bei- nahe schon konventionell an. Ihre Beschränkung auf Leinwandbilder war anderseits zugleich aber auch ein dis- kutierenswertes Plus, das die Mög keiten traditioneller Malarten ke wegs als feststehend ansieht, SOl vorn individuellen Ergebnis abh. macht. .Marks on a canvas" war eine stellung ohne Höhepunkte. Die: von einzelnen Bildern ebenso vr Hinblick auf einzelne Künstler man zum Teil durch wesentlich kere Arbeiten als die in Wier zeigten kennt. Die Nüchternheii Distanziertheit, die britischer G: wartsmalerei grob verallgemeir gerne zugeschrieben wird, e zumindest ihre graduelle Ben gung. Wo sie sich mit epigor Leerlauf verbindet (John Hoy Katalog 21; Bernard Cohen: Shape), bleibt freilich von der t des Formates nur noch die N anzahl, wodurch die allerorts stellbare Uberschätzung kleiner i großer Namen einmal mehr ex wird. In der Summe hielt die Ausste in der man neben Arrivierten Bridget Riley, Allen Jones, i Hockney und Richard Smith interessanten Außenseitern wie Walker begegnete, jedoch ung das, wasnman von einem exer rischen Uberblick mit dieser Setzung erwarten konnte. Sie 1 eine aufschlußreiche Vergleichs dar, die in einem Land am Rand internationalen Kunsthandels mationslücken füllen half (Abb.5; Knapp nach 1940 trat die a kanische Malerei schlagartig ins penlicht der Offentlichkeit. War anfangs vor allem nach den emigrierte Europäer wie Mon Leger, Masson, Breton und Ducl die einer im Aufbruch befindl Kunst die wichtigsten Impulse liehen, so ging in den Jahren 1950 dieser Einfluß merklich zr da die Amerikaner nun selbs immer schneller informierte k welt mit neuen Tendenzen Formproblemen konfrontierten. son Pollock, der Vater des r Tachismus, Frank Kline, Marc Rt Sam Francis, Barnett Newman andere große Abstrakte zogen i wichtigsten Museen ein und err: bald Weltruhm. Sie markierter erste große Welle amerikan Kunst und trugen auch wese dazu bei, den Kunsthandel der soweit er sich der damaligen A garde annahm, international zu ankern. Mit dem Aufkommen der Pop-AI ihr verwandter Richtungen vor sechs Jahren lieferten die USA zweiten, heute bereits als histi zu wertenden Beitrag zur blldt Kunst dieses Jahrhunderts. Ein friedenstellend, wenn auch optimal informative Ausstellun Museum des 20. Jahrhunder Wien gab bis 28. Dezember Gelegenheit, diese Strömungen nenzulernen. Die als Wanderau lung konzipierte Schau mit prägnanten Titel „Neue Figu USA" umfaßte fünfzig Exponat die breite Skala an Materialier Ausdrucksmöglichkeiten andeu welche von amerikanischen Kür in zumeist unkonventioneller un perimentierfreudiger Art genützt den. Wenn auch von Stars wie Wesselmann und Robert Raus berg nicht gerade das Beste Größte gezeigt wurde und leider so interessante Leute wie Kit und Lichtenstein völlig fehlten, s der zustande gekommene Ube dennoch für die amerikanische