problem kritischer als Hofmann, der in den allermeisten Fällen den Nymphenburger Au- liczek als Modelleur annimmt. Erschwert wird die Zuschreibung ungemarktcr Gruppen an bestimmte Manufakturen noch durch die Tat- sache, daß dieselben Stichvorlagen überall zur selben Zeit zur Verfügung gestanden haben konnten und die ikonographische Überein- stimmung daher kein absolut gültiges Kri- terium sein kann. Dies trifft besonders für die oben erwähnte Bäreniagd in Wiener Schwarz- lot und die bei Hofmann als Nymphenburger Modell bezeichnete Gruppe zu (Abb. 16, 17). Die eigentliche Parfarre-Jqqd oder Hatz zeigt die Jagdticre im vollen Lauf. Im Besitz der Potzellanmanufaktur war das Kupferstichwerk „Vollkommene und gründliche Vorstellungen der vortrefliehen Fürsten Lust oder: der Edlen Jagdbarkeit, inventirt, in Kupfer ge- bracht und verlegt von Johann Elias Ridinger, Mahler in Augsburg, An. 1729". Das Erschei- nungsjahr ist ein eindeutiger Terminus post quem für folgende Darstellungen auf Porzellan, die von einzelnen der darin enthaltenen Stiche abhängig sind: Der Thier-Garten 7 Schüssel, ehem. Slg. Mayer3l Die Par-Force Jagd (Abb. 25) 4 Schüssel, ÖMAK (Abb. 26) Wie die Rehe von Hunden... (Abb. 31) - Schüssel, ÖMAK (Abb. 32) Das umstellte Jagen Das Brunft Schiessen (Abb. 27) 7 Schüssel, Brünn, Bloravska Gal. (Abb. 28) Die Schweins Hatz (Abb. 29) 7 Schüssel, ÖMAK (Abb. 30). Die Kupferstiche der „Vortrefliehen Fürsten Lust. . ." werden durch einen Text ergänzt, der eine genaue Beschreibung des Jagdge- schchens gibt: „Die Par-Force Jagd (Abb. 25, 26) Solche geschiehet mit par force Hunden, zu Pferd, ohne Umstellung einigen Zeugs oder Plaben, sondern es wird der Hirsch nach belieben des Principals von der Jagd lange, und zwar nach der Fahrt getrieben, biß er sich endlich gantz ermüdet dem Jäger und Hunden ergeben muß; man sagt erstlich, der Hirsch verfacht, u. dan wird gejagt, dahero an denen Gräntzen des Jagd-Platzes in ge- wisser distance Hinterhalte oder Wachten mit frischen Pferden, guten Jagdhunden, und Wol erfahrnen Jägern gestellet, und also durch solche Abwechslung, nicht allein die errnüdete könen abgelöset, als vornehmlich, durch blasen u. loßlassen der Hunde, das Wild auf rechter Fahrt erhalten werden möge. S0 es nun von den Hunden gefangen, oder dem Jäger erlegt worden, trachtet er ihme, und Zwar zur Seiten den Fang, gegen dem Hertzen, hinter dem forderen Lauf zu geben, so dan sagt man: es schweisst, es hat den Fang, es ist erlegt; da den die Hunde von dem Edlen Hirschen abgerüssen oder weggethan, der Hirsch so dan zerwirkt, und die Hunde ihr Recht davon bekomen, und also gepfneisst werden." In der Übertragung des Stichs auf Porzellan wird die Darstellung stark reduziert. Von der Jagd mit Reitern, Jägern und Tieren in reichem lanclschaftlichem Ambiente bleibt eine Gruppe 10 von 5 bis 6 Tieren auf einer kleinen Land- schaftsinsel übrig. Auch die herausgenom- mene Hauptgruppe wird oft reduziert. Bei den Hirschiagden kopiert der Porzellanmaler den Hirschen und drei Hunde (Abb. 25, 26) bzw. Hirsch und Hund (Abb. 31, 32) und fügt in letztem Fall noch zwei Hunde hinzu. Bei der Sehweinshatz (Abb. 29, 30) kopiert der Schwarzlotmaler das Wildschwein und vier Hunde genau, fügt die anderen Jagd- hunde hinzu. J. Ridinger bearbeitete dasselbe Thema oft in mehreren Stichen; aus dem Besitz der Porzellanmanufaktur stammen noch folgende Blätter: Wie die Sauen im freyen auf den ball gehäzt und mit einer ganzen hatz Hunde forcirt werden. Bez. E. Ridinger inv. del. sc. et ex. Aug. Vind. Wie das Wild-Schwein gchaezt und Ihm der Fang gegeben wird (Porz. Man. Kat. B 169[61). Die Par Force Jagd Eines Hirschen und Wie Er Erlcgt wird (Pnrz. Man. Kat. B 169,'62). Von der Sirlmleins-Ilatg, die neben den Parforce- jagden auf Rotwild am häuhgsten dargestellt wurde, berichten die „Vorstellungen der vor- u, treflichcn Fürsten Lust . . . . „Die Schweins Hatz (Abb. 29, 30): Es ist dieses eine der lustigsten aber auch gefährlichsten Jagden indem ein wild Schwein ein so gar ein wehrhafftes Thier ist, das es weder Menschen Pferde noch Hunde schonet, wan es nun gekreyset u. im bezirct ist, werden zur Seiten Tücher Lappen aufgezogen, damit es in den besten Lauf platz forciert werden köne, dan wird der Sau linder oder Saurüde darauf los gelassen, so es nun heraus fahret u. ausreissen will, schreyet der Jäger so den Hand angebracht, hab geht, ahab acht, und so es die anderen ersehen, hetz zu, hetz zu, darauf werden die leichten Hunde los ge- lassen, welche es herum rücken und müde machen so dann werden die schweren oder Englische grosse Hunde daran gehetzt, welche es bey den Losern halten das ihme der Jäger den Fang mit dem Hirschfänger geben kan, von dem Schwein sagt mann es wird gehetzt: das Schwein schlägt mit dem gewähr oder gewerff, streitet mit den Hunden, wird von ihnen gestelt, das Schwein lauft, reist aus, es wird ihme der Fang gegeben, ein angehendes Schwein ist Sjährig ein hauend Schwein ist eine alte Sau und so ferner . . ." Während in Wien die Darstellungen der Hatzen in Schwarzlotmalerei vorherrschen, sind in den Manufakturen von Meißen und Nymphenburg 32 Hirsch- und Sehweinshatzen in plastischen mehrhgurigen Kompositionen vertreten. Auch diese Harzen scheinen auf Vorbilder zurückzugeben, wie sie in Wien verwendet wurden. Das Erscheinungsjahr der „Vorstellungen der vortreflichen Fürsten Lust . . .", 1729, ist ein wichtiger Fixpunkt der Daticrung. Ein weiterer Anhaltspunkt ist die Porzellanmarke. Manche der Wiener Malereien mit Hatzdarstellungen tragen bereits einen Bindenschild als Marke, der nach Übernahme der Privatmanufaktur Du Paquiers durch den Staat (1744) von 1744 bis 1749 in Rot und Schwarz über der Glasur oder eingepreßt auf der Rückseite der Objekte erschien. Ab 1749 wird der unterglasurblaue Bindenschildldie Regel. Natürlich änderte sich das Dekorations- system durch den Wechsel in der Leitung der Manufaktur nicht sofort; die erste große Zeit der Jagddarstellungen war jedoch vorbei. Ergänzungsstücke wurden zwar in alter Ma- nier nach den bekannten Vorlagen bemalt, doch sinkt hier die Qualität merklich ab. In die Zeit um 1744-1755 gehören nun Schwarzlotmalereien nach dem Kupferstich- werk „Darstellung verschiedener Thiere" von Ridinger. Diese Teller und Schüsseln tragen fast ausnahmslos den eingepreßten oder be- reits den blauen Bindenschild und sind daher zeitlich leicht einzuordnen bzw. nach Wien als Entstehungsort zu lokalisieren. Die „Dar- stellung verschiedener Thiere" ist als Vor- lagenwerk der Porzellanmanufaktur einwand- frei gesichert, da es aus deren Bibliothek stammt. Die „Naturgeschichten" des 18. Jahr- hunderts mit Tierdarstellungcn in Form von Kupferstichen wurden von den Porzellan- malern der Zeit als Vorlagenwetke sehr ge- schätzt. Das bekannteste Werk unter ihnen ist wohl die Naturgeschichte Butfons, die in sechs Bänden ebenfalls der Bibliothek der Purzellanmanufaktur angehörte. In späterer Zeit lieferten die „Thierzeichnungcn" Ridin- gers (Porz. Man. Kat. (3,156, ÖMAK C16) und Buffons Naturgeschichte (Porz. Man. Kat. Cfl, ÖMAK Nat. G l 37) die Vorlagen zu einer Folge von etwa 60 Blättern mit je 6 Einzeldarstellungen von Tieren (insgesamt an die 360), die noch gesondert publiziert werden sollen. Unter ihnen nimmt die „Natur- geschichte der Vögel" einen besonderen Raum ein. Seit den naturwissenschaftlichen V0geldar- stellungen der Antike-W wurde die Tier- darstellung in späteren Zeiten immer wieder aufgegriffen und drang über die Stiche der barocken Blumen-, Insekten- und Vogel- bücher, der sogenannten „Insektenbelusti- gungen", vor allem aber über die Natur- geschichte Buffons und die Kupferstichserien Ridingers in den Porzellandekor ein. 35