Schiff, das Ferdinand Bonaventura am 3. De- zember 1673 vom spanischen König als Ge- schenk für seinen Sohn Aloys Thomas er- hielt, und anderes Kunstgewcrbc. Die spanischen Erwerbungen finden wir im ersten Raum auf hellgrauen Wänden: die Immaculata von Ribera, die Porträts Karls II. von Spanien und seiner Mutter Königin Maria Anna, der Jakobssegen, ein Frühwerk Luca Giordanos, die seltenen Stilleben des Velaz- quezschülers Palacios usw. Einige spanische Möbel in Boulletechnik, ein spanisches Kruzi- fix, reich mit Perlmutter eingelegt und mit einem prachtvollen Elfenbeinkorpus, erinnern an die Ausstattung der Räume in der spani- schen Botschaft in Madrid zur Zeit Ferdinand Bonaventuras. Im nächsten Raum sind erstmalig als einheit- liches Ensemble die acht Werke Solimenas, bevorzugter Maler des Vizekönigs, vereint. Nach der strengen Einfachheit der spanischen 14 Schloß Rohrau. Parkansirh! Meister herrscht hier die Eleganz spätbarocken Pathos mit ausgedachten Kompositionssche- men und raffiniert ausgewogener Farbigkeit, zu der der Terrakottaton der Wände besonders harmoniert. In einem kleinen Kabinett Finden wir die be- kannten frühen Meister, die Ferdinand Bona- ventura auf seinen Streifzügen durch den Madrider Kunsthandel und auf Auktionen er- warb: das Konzert des Meisters der weiblichen Halbtiguren, das wohl bekannteste Werk der Sammlung; P. Brueghels d. Sieben Werke der Barmherzigkeit und, typisch für die vonVisi- onen des Todes und der Höllenstrafen bestimm- te spanische Frömmigkeit, die beiden Hüllen- darstellungen der spanischen Boschnachfolge. Eine völlig andere Welt höhscher Repräsen- tation und Prachtentfaltung empfängt den Besucher in der 34 Meter langen Galerie. Erst- malig kann man jetzt aus der Nähe die drei zusammen 20 Meter langen Kolossalbilder mit Darstellungen aus dem Auftreten des Vize- königs in der Öffentlichkeit betrachten. Nicolo Maria Rossi (1699-1755), Schwager und Schüler Solimenas, überliefert uns historische Begebenheiten in porträtgetreuer Wiedergabe. Hohe künstlerische Qualität verbindet sich mit größter kulturhistorischer Bedeutung, und sinnfällig wird uns der Glanz der vizekönig- 16 lichen Hofhaltung vor Augen geführt. Alles ist bis ins kleinste Detail wiedergegeben, die Uniformen der Läufer, Heiducken, Offiziere und Minister. Musikfreunde begegnen den Kapellmeistern Francesco Mancini und Do- menico Sarro und dem durch sein virtuoses Spiel in Wien geschätzten Cellisten Francesco Alborei. Die anderen großformatigen Bilder, Pretis Königin von Saba, die Tierstücke Do- menico Brandis, die zahlreichen Bilder Luca Giordanos zeigen die Tendenz der vizekönig- lichen Erwerbungen, seine Freude am Monu- mentalen. Girandolen aus böhmischem Kri- stall, reich geschnitzte vergoldete Tische mit prachtvollen, aus verschiedenfarbigem Marmor und Lapislazuli eingelegten Pietraduraplatten, chinesische Vasen, prunkvolle vergoldete Fau- teuils spiegeln die Einrichtung des ehemaligen Sommerpalais in der Ungargasse zu Wien, wo sich, wie hier in einem eigenen Saalc, die Sammlung im 18. Jahrhundert befunden hat. Die zurückhaltend strenge klassizistische Stuk- kierung der Kapelle, der schwarze, in der Art eines Sarkophags gestaltete Altar und das nach dieser Kapelle benannte Altarbild, ein Antwerpener Flügelaltar der Niassysnachfolge, sind Beispiele für die Fähigkeit des 18. Jahr- hunderts, den Zeitstil und das ZOO Jahre frühere Altarbild zu einer harmonischen Ganz- heit zu verbinden. Unter dem Gesichtspunkt religiöser Thematik vereinigen sich im anschließenden Raum ita- lienische und niederländische Werke des 17. Jahrhunderts mit einigen im 19. Jahr- hundert erworbenen Italienern des 16. Jahr- hunderts. Religiöses Kunstgewerbe, ein Gebet der hl. Theresa von Avila in einem reichen Wiener Silberrahmen des frühen 18. Jahr- hunderts, eine Reliquienmonstranz aus dem Besitz des Vizekönigs, sehen wir in einer der reich geschnitzten Barockvitrinen. Eine große Seltenheit hierzulande sind die beiden spani- schen Prozessionsfiguren des Jesukindes mit Segensgestus bzw. mit Leidenswerkzeugen. Mit Glasaugen, echtem Haar und bekleidet mit hellgrauen, reichen, goldapplizierten schwarzen Spitzenbordüren umsäumten Klei- dern sind es typische Beispiele für die aus- geprägte Realistik spanischer Plastik des späten 17. Jahrhunderts. mit Das römische Milieu zur Zeit Winckelmanns präsentiert sich im nächsten Raum. Religiöse Thematik tritt jetzt weitgehend in den Hinter- grund. Die Bilder Panninis dokumentieren das erwachte Interesse an römischen Ruinen, Concas Sibylle Tuccia, als Beweis ihrer Un- schuld Wasser in einem Sieb tragend, zeigt die Hinwendung zur heroischen Vergangenheit Roms. Die Serie der Ansichten von Neapel von Vernet, Manglard und Bonaria gibt Aus- kunft über die Landschaftsmalerei der Mitte des 18. Jahrhunderts. Diese Bilder, zusammen mit dem Mobilar, einem französischen Bureau plat, auf dem Grassis berühmte Haydnbüste steht, die Vitrine mit einer Auswahl von Er- zeugnissen vorwiegend der Harrachischen Glashütte und als besonderer Effekt der rote klassizistische Kachelofen gestalten diesen Raum, der schon mehr die Atmosphäre eines privaten Salons ausstrahlt. Ganz das Kabinett einer Sammlung ist hin- gegen der rote Eckraum, in dem in dichter Reihung auf roten Wänden - diese Farbe wurde den dort stehenden Niöbeln in Boulle- technik des ausgehenden 17. Jahrhunderts an- gepaßt 7 die holländischen und flämischen Kleinmeister hängen. Vorbild für diese Hän- gung war Tenicrs Ansicht der Galerie Erz- herzogs Leopold Wilhelm, die sich zusammen rnit den Bildern van Dycks, Jan Brueghels, Fabritius, Sweerts, dc Vos' u. a. hier be- findet. Im Anschluß an die eigentliche Sammlung werden auf besonderen Wunsch noch einige Räume gezeigt. Im grünen Salon empfängt uns jetzt die Atmosphäre eines bewohnten Raumes, wie er aus Elementen verschiedener Zeit gewachsen und sich weniger durch sti- listische Reinheit auszeichnet als durch die von verschiedenen Generationen erworbenen Dinge, die alle ihre Geschichte und Bedeutung für die Familie haben. Ein böhmischer Kristall- luster des 18. Jahrhunderts, chinesische Lack- rnöbel, riesige chinesische Vasen, im 19. Jahr- hundert durch reiche Bronzemontierungen zu Trägern von Girlandolen geworden, vergol- dete Sitzmöbel mit Aubussonbezügen, beste Beispiele für die hohe Qualität des zweiten Rokokos, eine französische Boulle-Uhr von 1745, die zahlreichen Familienporträts und schließlich Ansichten von Neapel versinnbild- lichen das historisch Gewachsene einer leben- digen Tradition. Im sogenannten Bischofs- zimmer finden wir beste Beispiele österreichi- scher Möbel der Zeit urn 1750, das reich ein- gelegte uncl mit Brandmalerei verzierte Bett und der prachtvolle Kleiderkasten rnit Bronze- beschlägen und geschnitzter Verzierung. S0 ist im Schloß Rohrau die Sammlung wieder mit zahlreichen Kunstgewerbe- und Erinne- rungsstücken vereinigt. Aus der Gemälde- galerie entstand durch die Erweiterung das, was heute als Graf Harrach'sche Familien- sammlung gezeigt wird. Das Bestreben bei der Einrichtung und Aufstellung war: Der Be- sucher soll sich als Gast wohlfühlen, er soll sich von der Atmosphäre einfangen lassen, sich nach Belieben einem Kunstwerk beson- ders zuwenden können, und als Gesamt- eindruck eine Erinnerung an Kunst und Kultur mitnehmen, wie sie sich in dieser Form letztlich nur im Bereich des Privaten vermitteln läßt.