Diese Ausstellung wollte aber weniger diese Er- eignisse in Erinnerung bringen als vielmehr einen Überblick über das geben, was durch sie in der Folge auf den kulturellen und künstlerischen Ge- bieten bewirkt wurde und möglich geworden war. In der Form von Akzenten aus den Bereichen der angewandten Kunst (Glas, Gobelins, Keramik, Metallarbeiten, Schmuck, Plakate), der Architektur (Modelle, Plane, Photos, Zeitschriften), der bil- denden Kunst (Originale der Graphik, Malerei und Plastik, Bücher, Kataloge, Karikaturen, Kunstzeit- schriften, Manifeste), der Literatur (Autographen, Bücher, Photos, Porträtzeichnungen, Sammel- werke, Schallplatten, Zeitschriften), der Musik (Originale und gedruckte Partituren, Schallplatten) und des lndustrial Design (Industrieprodukte) wurde so ein Spektrum von Werken und Persön- lichkeiten formiert, das stellvertretend für die Ganz- heit und Vielfalt der künstlerischen Entfaltung seit 1945 stand. Dieser fragmentarische Überblick vermochte jedoch selbst bei nüchternster Betrachtung die Gewißheit zu vermitteln, daß trotz der Bedrängnisse und Nöte der Nachkriegszeit die künstlerische Potenz in unserem Lande keine Beschränkung erfuhr. Die wiedergewonnene Freiheit war ein Nährboden, der allem Lebendigen zugute kam, der förderte, was kraftvoll genug war, sich zu behaupten. Solche Leistungen waren die Akzente, die gezeigt wurden. Mehr als sorgfältig gewählte Spitzenobjekte mach- ten diese spontan aus der Fülle herausgegriffenen Exponate deutlich, daß in den abgelaufenen 25 Jah- ren auf allen Gebieten der Künste sich Leben regte und schöpferische Leistungen zustande kamen, die auch über die Grenzen unseres Landes hinaus wirk- sam und von Bedeutung sind. Die Ausstellung hat in der Öffentlichkeit starken Anklang gefunden, was auch in der Presse einen entsprechenden Nieder- schlag fand. Wir zitieren im folgenden Auszüge aus einigen Berichten. Margarethener Sandstein. Dieser erste Dreiklang will sagen: Mit dem Wiederaufbau des National- heiligtums Stephanskirche beginnt in Osterreich das kulturelle Erwachen nach dem Zweiten Weltkrieg. Und dann folgen erste Kreationen von Fritz Riedl (ein Gobelin), von Alfred Wickenburg (eine Kreide- Zeichnung), eine Federzeichnung von Ernst Fuchs, ein Plakat von Oskar Kokoschka, ein Aquarell von Kurt Stenvert und eine Tuschezeichnung von Kurt Moldovan aus dem Jahre 1948. Unmöglich, sämt- liche 120 Ausstellungsobjekte anzuführen . . (DIE PRESSE, 15. Mai 1970) . . Man sieht Glas, Keramik, Schmuck; man sieht Plakate: etwa jenes von Oskar Kokoschka, 1946 entstanden, mit dem Text ,.Rettet die Kinder von Wien". Man sieht Bücher und, ein Kuriosum, das Arbeitszimmer Stalins, ein Geschenk Osterreichs an den Politiker, als vergessenen Aspekt. Ausstellungs- plakate, etwa das von van Gogh, erinnern an diese Tat der Gemeinde Wien; berühmte Namen von Malern, Kolig, Boeckl, von Bildhauern, Wotruba und seine Schule, tauchen auf, Die großen oster- reichischen Architekten Neutra, Rainer, Plischke sind mit Büchern dokumentiert, jüngere mit Mo- dellen. Einen weithin unbekannten Akzent setzt die Universal Edition mit der Herausgabe der ersten Elektronenmusikpartitur der Welt . . (ARBElTER-ZEITUNG, 16. Mai 1970) . .Am Anfang steht ein erschütterndes Zeichen der Zeit: die Eingabe von Rudolf Kassner um die Ver- leihung der dsterreichischen Staatsbürgerschaft (1945), ein Dokument von der Heimatlosigkeit des Geistes in einer Welt, die nicht müde wird, dem Ungeist fürsorglich Heimstätten zu bereiten. ln die Nachbarschaft dieser beschämenden Bittschrift ge- hdren die Kreuzrose vom zerstörten Stephansdom und das Kokoschkaplakat, auf dem der Gekreuzigte sich zu den hungernden Kindern von Wien neigt. Die vielfältigen Wege, auf denen die bildende Kunst Anschluß an die Entwicklung im Westen zu finden Direktor Prol. Dr. Wilhelm Mrazek mit Frau Bundes- minister Dr. Herta Firnberg bei der Eroffnung der Aus- stellung „25 X Osterreich". Links Sektionsrat Dr. Carl Blaha", rechts Frau Sraarssekretar Gerirude Wondrack. Burgermeister Bruno Marek und Sektiorischel Dr. Karl Haertl Rudolf Hollehner, Schreitender, 1957. Eisenplastik Frau Bundesminister Dr. Herta Firnberg mit Dir. Prof. Dr. Wilhelm Mrazek vor der Vitrine rrtil einem Autograph von Heimito von Dodeier aus dem Jahr 1954 sowie einem Koristruktionsplan und Manuskript des Flomanes ,.Die Dämonen" Blick aul die Plastik von Cornelius Kolig, 19GB V . . Nichts an dieser Ausstellung, hinter dem nicht eine originelle Idee steckt. So machte der Architekt Walter Prankl aus der Gegebenheit, auf dem Fuß- boden der Säulenhalle des Museums 25 quadra- tische Felder vorgezeichnet zu finden, das Grund- konzept für seine Ausstellungsgestaltung. Immer wieder scheint die Zahl 25 auf, sei es bei der Anzahl der Vitrinen, sei es bei den Größenverhältnissen der Kojen. In dieses Zahlensystem der 25 wurden dann die Schaustücke aus den Bereichen der Architektur, der Malerei, Graphik und Plastik, der Musik, der Literatur, des Kunsthandwerks und des lndustrial Designs so placiert, daß aus der Gesamtheit der ausgestellten Objekte tatsächlich ein Spektrum Österreichs wurde . . . Schon am Startplatz des vor- gezeichneten Ausstellungsrundganges wird der erste Akkord angeschlagen: da sieht man Dach- ziegel, wie sie für den Wiederaufbau von Sankt Stephan verwendet wurden, eine Zeichnung des Stephansturms von Herbert Boeckl aus dem Jahre 1946 und eine Kreuzrose von Sankt Stephan aus 4') suchte, werden durch so gegensätzliche Werke illustriert wie einen frühen Mädchenkopf von Ernst Fuchs (1948) und den "Violinspieler in vier Bewegungen" von Curt Stenvert. Die "Gans von Stainz" von Alfred Wickenburg zeigt, wieviel die Frühphase des phantastischen Realismus diesem oftmals unterschätzten Maler verdankt Daß in dieser ereignisreichen Zeit auch manche Möglich- keit verschlafen wurde, kann man schmunzelnd auf einer lronimus-Karikatur aus dem Jahre 1962, .End- lich aufgewacht, zur Eröffnung des Museums des XX. Jahrhunderts", ablesen." (SALZBURGER NACHRICHTEN, 20. Mai 1970) . . Alles in allem eine Ausstellung, die ohne über- triebenen Patriotismus und nicht ohne gelegent- liche Selbstironie kulturelle Visitenkarten abgibt, die in ihren daraus ablesbaren Folgerungen sehr viel von dem repräsentieren, was als kulturelles Bewußt- sein eines Landes zitiert werden könnte." (OBERÖSTERREICHISCHE NACHRICHTEN. 21. Mai 1970) -ow ms: b Kreulrose von St. Stephan. Margarethener Sandstein Plakat zur 8. Ausstellung des Europarates Jäuropaische Kunst um 140D". Entwurf: Leopold Nslopil Heinz Lßlniellrier, Porträt Joseph Matthias Hauer. Holz Linda Hddl, Silberschrnuck1968-1970 Stevr-Puch Hallinger, Hersteller Sleyr-DaimlerrPuch AG. - Rechts im Vordergrund Keramiken von Kurt Ohnsorg, links davon Keramiken von Kurt und Gerda Spurey aus dem Jahr 1969