Ludwig I. von Bayern war der Initiator und Bauherr des ersten monumentalen Museums 2. In seiner Glyptothek (Abb. 1) verschmolzen die Sammlung antiker Kunstwerke, das dafür neu geschaffene Bauwerk und die Bildpro- gramme der plastischen und malerischen Ausstattung zum ersten Monument einer neuen Kunstverehrung. Die Glyptothek war die künstlerische Verkörperung der von Wink- kelmann begründeten kunstgeschichtlichen Bestrebungen, die Aufstellungsordnung der Sammlung in geschichtlicher Reihenfolge war die erste künstlerisch geformte Verwirklichung der neuen Vorstellung vom Ablauf der antiken Kunstgeschichte. - Seit 1808 hatte Ludwig die Sammlung zusammentragen lassen. Von ihm stammte die Idee, ein Bauwerk dafür zu errichten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Er bestimmte 1815, nach einem ergebnislosen Wettbewerb, den fähigsten Architekten, Leo von Klenze, dessen Intelligenz Form, Aufstellungsordnung und Bildpro- gramm des einzigartigen Werkes zu danken sind. Er finanzierte Sammlung und Bau selbst aus den kronprinzlichen Privatmitteln 3. Doch die Glyptothek war nur der erste Bau eines größeren Museumsprogramms, das Ludwig in seiner Regierungszeit für München entwickelte. Noch als Kronprinz unterstützte er den von Leo von Klenze und Galerie- direktor Georg von Dillis eingebrachten Plan zu einem großen Gemäldemuseum, der Pina- kothek (Abb. 2), in der etwa 1400 Bilder des ungefähr 9000 Nummern zählenden könig- lichen Gemäldebesitzes ebenfalls öffentlich zu- gänglich gemacht werden konnten. Sie sollte das Antikenmuseum ergänzen. Bevor dieses 1830 vollendet war, ließ Ludwig, nachdem er König geworden war, am Geburtstage Raffaels 1826 den Grundstein zu dem neuen Bau legen. Das neue Werk Klenzes war die erste reine Gemäldegalerie, vorbildlich für den weiteren Bau von Galerien im 19. Jahrhundert, der erste Bau, der konsequent und bewußt von der inneren Organisation ausgehend geformt wurde, die erste bedeutende Architektur des 19. Jahrhunderts, die Hochrenaissanceformen aufnahm 4. Der Bauherr schuf sich in beiden Werken ein Denkmal, das in seiner Bedeutung neben das große Berliner MuseumS trat, das sich die Hohenzollern dem Schloß gegenüber hatten errichten lassen. Seine besondere Eigenart bildete die Trennung von Antikengebäude und Gemäldegalerie, die in Berlin von vorn- herein vereint geplant waren. Nach 1840 begann der Schwager Ludwigs, Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, seine umfangreichen, zum Teil selbst entworfenen Pläne für ein „Zentrum der Kunst und Wis- senschaft" auf der Spree-Insel hinter dem Schinkel-Museum ausführen zu lassen. Seit 1841 baute sein Baurat August Stüler an einem ersten Teilprojekt, dem Neuen Museum 6. 16 gutigcii, a iutguus v van zum Bau des neuen Museums. Er versprach, den Wünschen des Bauherrn gefügiger zu sein als Klenze, der es verstanden hatte, dem König gegenüber seine eigenen Vorstellungen durchzusetzen. Nachdem Voits Entwurf „in allen Theilen von dem königlichen Bauheirn geprüft und gutgeheißen war", wurde der Bau im Oktober 1846 begonnen. Auch dieses Vorhaben war wie seine beiden Vorgänger von ungewöhnlicher Bedeutung. Vor ihm gab es kein Museum, das allein für zeitgenössische und zukünftige Kunstwerke bestimmt, kein Museum, das nicht auf einen konstanten, nicht mehr zu ergänzenden Bestand zugeschnitten war. Es wurde wie die Glyptothek aus Ludwigs Privatmitteln finanziert. Nach seiner Ab- dankung 1848 konnte Ludwig es daher unge- stört zu Ende führen lassen7. s w. .,......... _.-.. ..... "g Friedrich Wilhelms IV. großartige Pläne für Berlin scheiterten nach der Revolution 1848. Nur ein Fragment, das Neue Museum, konnte fertiggestellt werden. Das einzige, der Münchener Museumskonzeption vergleich- bare, sie vielleicht übertreffende Vorhaben der Zeit kam nicht zustande. Ludwig dagegen setzte seine Museumsvor- haben vollständig in die Tat um. Seine Kon- zeption von drei Bauten, in denen dem Volke die Kunstwerke, die die Wittelsbacher und Ludwig selbst gesammelt hatten, in einer nahezu universalen Vielfalt dargeboten werden sollten, war in ihrer Zeit einmalig. Erst zwei Jahrzehnte später führte Sempers Plan der Wiener Hofmuseen zu einer organisatorisch noch umfangreicheren und architektonisch ein- heitlichen Museumsanlage. Die Bedeutung der Münchner Museums- konzeption und das Verdienst ihres Schöpfers wurde bisher kaum empfunden und klar aus- gesprochen. Die Bedeutung der Museen als eigene Kunstwerke blieb verborgen. Daher fanden die Zusammenhänge ihrer umfang- reichen Bildprogramme bisher auch kein Interesse. Für die Erhaltung der Museen und ihrer Programme nach den Kriegszerstörungen war die bisherige Verständnislosigkeit vernichtend. w Die Glyptothek stand lange ohne Dach und mit beschädigten Gewölben, so daß die Stuck- dekoration und die Fresken des Peter Cornelius von der Witterung angegriffen wurden. Die Restauratoren konservierten das ungefähre äußere Erscheinungsbild des Bauwerkes, die Fresken konnten sie anscheinend nicht mehr retten, die Stuckausstattung rissen sie gänzlich heraus. Das alte Innere der Glyptothek scheint dadurch unwiederbringlich zerstört, ohne daß man sich über den Verlust recht im klaren ist. - Die Pinakothek wurde ähnlich schwer be- schädigt. Hier hat man den Außenbau nicht wiederhergestellt, sondern die mit rohem Backsteinmauerwerk ausgeliickten Kriegsnar- ben sichtbar gelassen. Im Innern wurde das alte östliche Treppenhaus durch eine doppel- __- .... _........__g ständnislos beeinträchtigt. Von der alten . stattung blieb nichts erhalten. 4 Am schli sten waren die Beschädigungen der Nl Pinakothek. Sie wurde nach dem Kriege gerissen. f Eine Würdigung der Bauten ihrer Programme muß sich heute bereits Rekonstruktionen stützen. „ . . .Die Gebäude, welche der hohe Ludwigs I. für die Aufbewahrung äl Kunstwerke und als Träger neuer Schöpful der Plastik und Malerei . . . aufführen lic waren mit ihren heute zum größten Teil störten Bildprogrammen einzigartige Qu zur Erkenntnis der Gedanken, die LLN und die mitwirkenden Künstler leiteten, Erhellung der Geschichte der Kunst und Kunstanschauung des 19. Jahrhunderts. Programme können darüber hinaus als wichtiges Selbstzeugnis Ludwigs I. ge Ihre Interpretation gäbe Auskunft über Rolle, die die Zeit dem bayrischen Ki letztlich er sich selbst, als Kunstfört beimaß. Erst jetzt wurden Versuche gemacht, Programme zu rekonstruieren und ihre halte im Zusammenhang darzustelleng. würfe, Reste der Bildprogramme oder haltene Wiedergaben, alte Ansichten, Baup Aktenstücke und die Beschreibungen in ersten Katalogen und alten Kunstführerl lauberl, das vorher Versäumte nachzuholer ANMERKUNGEN i-is I llll Volker Plagemann, Das Deutsche Kunstmuseum 1'. isvo, Lage. Baukörper, ltauinntganisatipn, Bildprog Müllrhen, 1961, sind die Bildprogralaame der Mii Museen ' den entsprechenden Abschnitten getrennt v andcr knapp umrissen. D2 hier wie dort ikonogrä Tathcsun aufgezeichnet werden sollten, licßt-n sich holungen nicht vermeiden. soweit es um dic gleiche! bestände ging. vctcs Böttger hin ich fur Einblicke in sein nisscttatinns skri t und erhellende Gespräche dankbar. Christine lial lnir bei ilct Abfassung des Manuskriptes (Stand 1 Zum Begriff des Muscunis als Monument siehe Plag 1967. s. 10 und 1967192; zum ßcgtitr dcs Muscu Gesalntkunstwcrk siehe Peter Böttger, Die Alt: Pina in Mullchen 7 ein Museumsgcbäude des w. Jahrhu Phil. niss. uunn 196a. Schlußkapitel. ß Zur Gly rolhek siehe Plagemann 1967, s. 41-64. - zut Pinzl oihck siehe Plagemann 1967, s. 82-92, und r 1968. 52H!!! Berliner Museum siclic Plagematul 1961, s. ta ß zinn Nciicn Muscuni in Berlin siehe Plagemann 1967, bis 126. 1 zut Neuen Pinakothek siehe Plagemann 1957. s. 127 Wßmer Mittlmcier bereitet eine oisscttstipu über die Pinakothek vor. ß Lco von Klenze, Sammlung architektonischer lantwiitr. v Für alle drei ht-handcltcu Museen: Plagemann 1961; I Altc Pinakothek: Börtger 196a; tut dic Neue Pinak ilit- angekündigte Dissertation von Werner Minlmcic Mit dctn Programm der Ncucn Pinakothek beschtiftig jedoch schtin 1921 cin lokalhistorischcr Aufsatz von o. sc herg. Die ehemaligen Fresken an der neuen Pinakot Miinclicn. zutn vs. Gedenktag der Grundsteinlegul 12, Oktober 1:146, Das Bayerland, Jg. 2a, 1921, s. l- w Ludwig war stcts über die Beratungen informiert und tlulltt: "c wesentlich. Nachweislich sprach Klenze init lin über die Giebelsklllpturen (München, Geheimes nrc 11V! Briefwechsel Klenzes mit Kronprinz Ludwig, 1. l Nr. a9. Brief VOln 2a. u. um). Mattin von Wagner tt Entwurf der Giebelskulpturen bei. Von Comelius stain Programm der Freskomalereien. Er soll sich vor allc Niehuhr, Schelling, dcni Münchner Leibarzt Ringseii Philologen Friedrich Tlaimcb und dctn Kunsthistoriki Rumohr beraten haben (vgl. Herbert von Einem, Comelius. Wallxaf-Richartz-Jahrbuch 16. 1954, c . 113 "Zeichnungen zum Gicbelrelicf befinden sich im Mü Sladlmuscum, Maillinger-Sammlung. l? Zitate nach Rudolf und Hermann MarggralT. Müuch KHXlSlSChäIZCD und Merkwürdigkeiten. NlünCbül u Vgl. Heinrich Schwarz und Volker Plagcinasiu, Eule, im Reallexikon zur ocutschcn Kunstgeschichte ud. s H zitatc nach Matggtatr. 1346. s. 392. u Leo von Klenze und Ludwig Schom, Beschreibung der c älgälö s. Majestät des Königs Ludwig l. von Bayern, M.