möglich zu gestalten. Exponate, die nicht er- reicht werden konnten, wurden durch Foto- grafien ersetzt. Bei den Kupferstichen und Holzschnitten wurde die Auswahl laut Bericht so getroffen, daß einerseits alle Hauptwerke, andererseits alle eigentümlidien Richtungen, „selbst die wissensdiaftlidie", vertreten sind. Die dargebotene Druckgraphik stammte aus dem Besitz der Herren Artaria, von Heintl, Hauslab und der Ornamentstichsammlung des Museums. Zum Abschluß des Berichtes wird noch „einer dritten Art gedacht, durch welche das Museum das Andenken des großen Meisters ehrt", näm- lich der Festschrift. Eingeleitet durch einen kurzen Text von Moritz Thausing, sind die Kostümzeichnungen Dürers „mit unvergleich- licher Treue von Josef Schönbrunner auf den Holzstock gezeichnet und in der Xylographi- schen Anstalt von F. W. Bader entsprechend ausgeführt worden. Abgesehen von Veranlas- sung und Inhalt wird diese Publikation auch als xylographischer Farbendruck seine Bedeu- tung bewähren". Die Ausstellung wurde ein Erfolg. In den Juni- Mitteilungen" wird vermerkt, daß wegen der lebhaften Teilnahme des Publikums an der Ausstellung der Schluß derselben auf den 18. Juni verschoben wird. In seinem Dankschrei- ben an alle Leihgeber anläßlich des Abschlusses der Dürer-Ausstellunglä nennt Eitelberger den Erfolg der auf vielseitigen Wunsch über den ursprünglich festgesetzten Termin hinaus ver- längerten Dürer-Ausstellung als befriedigend. Die Teilnahme des Publikums hätte sich fort- während gesteigert, und von allen Seiten wä- ren Äußerungen des Dankes gekommen, daß es einmal möglich war, den verehrten Meister in all seiner Vielseitigkeit zu bewundern. Auch in der Festschrift des Österreichischen Museums anläßlich der Weltausstellung von 1873m wird noch einmal der Dürer-Ausstellung gedacht. Weniger befriedigend scheint der Erfolg der Festpublikation von Dürers Trachtenbildern gewesen zu sein, obwohl gerade ihr so viel Aufmerksamkeit während der Vorbereitung ge- schenkt wurde. Anfang Mai 1871 verfaßt Di- rektor Eitelberger ein Rundsd-ireiben", das Kunstfreunde und Kunstinstitute auf die Publi- kation aufmerksam machen sollte. Die Ant- worten sind enttäuschend: Architekt Horki aus Graz w schreibt, daß „die Teilnahme für solche Kunsterscheinungen im hiesigen Publikum er- bärmlich klein wäre", und nennt sieben Sub- skribenten. Prof. Wilhelm Lübke schreibt aus Berlin", daß er die Publikation interessant findet, weiß aber nur einen Abnehmer. A. Cornill d'Orville z" bestellt für Frankfurt fünf Exemplare, Dr. Römer" läßt in Budapest in seinem Blatt die Ankündigung abdrucken und nennt drei Leute, die sich daraufhin gemeldet haben. Nebst zehn Freiexemplaren sind dies die einzigen verzeichneten Hefte, die außerhalb von Wien abgesetzt werden konnten. Schon in der Kuratoriumssitzung vom 10. Mai 187122 fürchtet man, daß die Herstellungskosten der Festpublikation von immerhin 1075 Gulden" durch den Absatz entgegen der früher ausge- sprochenen Hoffnung nicht gededtt werden können. Trotz dieser Enttäuschung in finanzieller Hin- sicht und trotz der zögernden Abnahmebereit- 10 Schaft von seiten des Publikums war eines aber im Sinne der Herausgeber gelungen: der Tech- nik des Holzschnittes die Basis zu einem neuen Aufschwung zu geben. In Buchers Bericht über die bei der Ausstellung Usterreidiisches Kunst- gewerbe 24, der Eröffnungsausstellung des neuen Hauses am Stubenring, vertretenen Arbeiten auf dem Gebiet der Druckgraphik heißt es un- ter anderem: „Noch hat die Mode auch auf die- sem Gebiet (nämlich dem der Druckgraphik) zuviel zu sagen. Die unschöitsten Verzerrungen, die geschmacklosesten Verschnörkelungen wer- den akzeptiert, wenn sie nur neu oder wieder neu sind . . .25", „einen höchst erfreulichen Auf- sdawung hat indes in den letzten Jahren der Holzschnitt genommen . . ." wobei „die für das Österreichische Museum in F. W. Baders 110d] junger Anstalt für Holzschneidekunst ausge- führten Nachbildungen Dürerscher Trachten- bilder wohl als bahnbrechend für den Farben- holzschnitt angesehen werden dürfen 9"". Liest man nun die Einleitung Moritz von Thausings zu der Festpublikation, so drängt sich der Gedanke auf, daß es den Herausgebern des Heftes viel weniger um die Feier und Würdi- gung des großen Meisters ging, als um die Aus- nützung der Möglichkeit, aus gebotenem Anlaß in einen Zweig der Entwicklung der Kunst- industrie einzugreifen. Daß also ein populärer Anlaß verwendet wurde, um eigenen Inten- tionen den Weg in die breite Öffentlichkeit zu verschaffen. Um die ganze Schärfe der Situa- tion erkennen zu lassen, sei darum jene Einlei- tung wiedergegeben": „Die Publikation ver- folgt nicht bloß den ideellen Zweck, dem An- denken Dürers eine Huldigung darzubringen, wie den praktischen, für Kunst und Industrie einige brauchbare Muster zu schaffen; es galt vor allem auch, durch die Art der Reproduktion selbst den popularisierenden Kunstbestrebungen des k. k. Österreichischen Museums Vorschub zu leisten. Bei der heutigen Vervollkommnung der Holzschneidekunst erschien das Prinzip der al- ten Helldunkel- oder Clairobscurtechnik, der Drudt mit zwei oder mehreren Holzstödten in verschiedenen Farben, einer viel weiteren künst- lerischen Entwicklung fähig, als sie durch die marktgängigen bunten Heiligenbilder bisher er- reicht wurde. Gelungene Versuche ließen über die mannigfadne Stufenleiter der hier zu er- zielenden Wirkungen keinen Zweifel. Die Fein- heit und Präzision der Ausführung, die Ge- fügigkeit und Unverwüstlidikeit des Stirnhol- zes, das trockene Druckverfahren und der kon- stante Farbauftrag verleihen der Chromo- xylographie beachtenswerte Vorzüge vor der Chromolithographie. Der Farbenholzschnitt lei- det weit weniger unter der Eintönigkeit und den Zufälligkeiten des Materials, und die Frei- heit der Künstlerhand reicht viel weiter in sein Verfahren hinein. Auf diesem Wege am ehe- sten könnten wir zu einer höheren, künstleri- sche Ansprüdie befriedigenden, farbigen Ver- vielfältigung gelangen, nach welcher unsere wieder mehr farbenfrohe Zeit entschieden Ver- langen trägt. Mit den vorliegenden Trachten- bildern soll nun ein Schritt vorwärts nach die- ser Richtung gemadit werden. Die völlige Über- einstimmung der Abdrüdte mit den Originalen Dürers und den darnadi gefertigten Drudtvor- lagen des Kustos Josef Schönbrunner gestattet die Wiedergabe des Aquarells im Farbenholz- schnitt als vollkommen erreicht anzusehen und läßt hoffen, die Schwierigkeiten einer farbigen Reproduktion des Ulgemäldes durch eine ge- schickte Handhabung des Farbenholzschnittes zu überwinden. Möge der vervielfältigenden Kunst, deren Blüte ja vornehmlich Albrecht Dürer begründet hat, im Farbenholzschnitt eine neue Stütze erwachsen! Was in diesem Sinne hier etwa angebahnt wurde, gesdiah dann auch im Geiste Dürers." Hätte man jedoch tatsächlich im Sinne Albrecht Dürers arbeiten wollen, wäre es nicht viel ver- ständlicher gewesen, einen von seinen druck- graphischen Zyklen neu aufzulegen? Einem Beispiel zu folgen, das rund 100 Jahre zuvor in Wien durch den Vorstand der Kupferstich- sammlung der Hofbibliothek, Kunstgelehrten und ausübenden Künstler Adam Bartsch bereits gegeben wurde, etwa im Sinne der von ihm 1781 herausgegebenen „Sammlung verschiede- ner alter Holzschnitte größtenteils nach Al- brecht Dürers Zeichnungen, wovon sich die Originalplatten auf der k. k. Hofbibliothek be- finden". So aber wurde weit weniger der Meister ge- würdigt als vielmehr ein Dokument der Zeit publiziert. Gerade in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts war ganz Europa um die Wiedererweckung der sogenannten altdeut- schen Kunst, der deutschen Renaissance, be- müht, und es bot wohl das Dürer-Jubiläum einen willkommenen ersten Anlaß, in ganz be- sonderer Weise propagandistisch vorbildhaft zu wirken. Das erklärt auch, warum die Aus- wahl der Reproduktionen gerade auf die Trach- tenbilder fiel, deren Originale im Besitze der Albertinischen Sammlung und nicht des Mu- seums waren, obwohl das Museum zu dieser Zeit bereits über eine stattliche eigene Samm- lung von durchaus reproduzierungswürdigen Holzschnitten Dürers verfügte wie auch über einen lange als verschollen geglaubten Holz- stock aus der Ehrenpforte. Man sah in den Trachtenbildern wohl verwertbare Vorlagen zur Beeinflussung und Bildung des Geschmackes wie auch durch die uns heute geradezu wider- sinnig anmutende Umsetzung des Aquarells zum Holzschnitt eine Möglichkeit, der Kunst- industrie den Weg zum Experiment in Hin- blick auf technische und handwerkliche Verfei- nerung auf Grund eines gegebenen Vorbildes zu weisen. Interessant aber bleibt immerhin, daß ein zu seiner Zeit bedeutender und heute noch beaditenswerter Kunsthistoriker derartige Überlegungen gegenüber einer objektiven Wür- digung des Künstlers in den Vordergrund stellt. Eine ganz andere Einstellung und Denkart liegt bei der Jubiläumsausstellung vor. Wohl im Be- wußtsein der Bedeutung des Österreichischen Museums, das „älteste" Museum im organisa- torisdien Sinne auf dem Kontinent zu sein, fühlt sich Eitelberger zur Durchführung einer umfassenden Ausstellung des graphischen CEuvres Dürers berufen, wobei für die Be- schränkung auf die Graphik einerseits der knappe im Ballhaus zur Verfügung stehende Platz, andererseits wohl auch das Statut des Museums ausschlaggebend gewesen sein mögen. Albrecht Dürer, Das Marir-nlcbcn, Heimsuchung. 1503104 Albrecht Dürer, Die Groll: Passion, Auferstehung, 1510 Albred-ir Dürer, Die Große Passion. Beweinung, 1498199 Albredu Dürer, Simson, den Löwen bezwingend, 1496197 wmvm fAhi-nerkiirgen 14-21 s. s. n)