An dieser Stelle bat der Verfasser 19671 den Fund eines ovalen Tonreliefs als Werk Gian Lo- renzo Berninis vorgestellt und in einer Rekon- struktion als Modell des Hauptbildes der Längs- acbse des Petersdornes in das ovale Fenster der Engelsglorie eingesetzt. Dieses Relief der Trans- figuration wird im folgenden - nach erfolgter Klärung der Provenienzz - „das Cbigirelief" genannt (Abb. 1). Aus der Fülle des seit 1967 gesammelten neuen Materials wird hier ein Teil publiziert? Er dient der ikonologischen Beweisführung und verankert die Metamorphose (Transfiguration) fest als zentrales Bildtherna in der Tradition von Sankt Peter. ANMERKUNGEN 1-9 ' Kurt Rossadier, Das fehlende Zielbild des Petersdomes, Ber- ninis Gesamtprojekt für die Kathedra Petri, in: Alte und Moderne Kunst 95, Wien, NovJDez. 1967, S. 1-21. 'Die Provenienzkette des Reliefs ist inzwisdien gesdilossen worden. Die Herkunft aus dem Besitz des Fürsten Chigi in Siena ist gesidiert. Aus demselben Besitz stammt auch das in der genau gleidien Größenproportion gefertigte Modell der Custodia des Stuhles Petri, heute in Detroit (laut S. Fras- dietti. II Eemini, [a sua vita, la sua opem, iI ruo rempo. man... 1900. s. m). und. gehören 1.. einem m. PH... Alexander VII. in der Familie vererbten Altarmodell. ' Der Verfasser dankt an dieser Stelle dem während der Druide- legung verstorbenen Prof. Rudolf Vlittkower, New York, für seine bricflidie Anerkennung und Hilfe ebenso wie für seine Ermunterung, da. n.r.........ku... 4.. x.t1..d..n....... durdi weitere Fotsdiun en zu untermauern. ' Literatur zur Da. matika: 1841: Didron, Über die Kaiserdalmatika in der SL-Pelers- Kirche in Rom, Mündaen. 1859: Fr. Bodt, Gesdricivte der liturgisdren Gewänder des Mittelalters, Bonn, 1. Bd., S. 201. 1864: derselbe. Die Kleinodien des Heil. Röm. Reidres Deut- rdrer Nation, Wien 1864, S. 95-110. 1833: E. Müntz, II tesora della Basiliea di San Pietro in Vaeirana da! XIII" a1 XV" secolo, eon rma seelta d'inven- tari inediti, Rom. 1894: A. De Waal, Gli antichi tesori della Basiliea Vaticanl, Diss. Rom. 1912: G. Cascioli, Il tesoro di S. Pietro in Vaticano, in: Riuisla di Studi orienlali. Rom. 1945: G. Miller, La Daimatique du Vatiean, Paris. rsso. Lipinslty, im. rno Capitolo Vaticanu, n zesoro d." San Pietm, Guida-inventario, Cittä del Vaticano. 1958: F. Orlando, II tesaro di San Pietro, Milano, S. 60-61. f Die Untersdieidung, welche Hälfte Brust- und Rüokeuteil ist, bleibt für unsere eigentliche Argumentation unwesentlich. Die Vorstellung des Papstes am Altar läßt jedoda die große Meta- morphose des Aufrufs der Seliger-i am Rüdten vermuten. ' Am ausführlichsten G. Millet. a. a. O. Er besdsäitigt sida "e- dod-i fast ausschließlich mit der Darstellung des Aufrufs er Seligcn. Die Taborszeue übergeht er, da sie seiner Meinung "au. w... a... byzantinisdien Typus wiedergibt. Gerade a... werden j odt die vatikanischen Bezüge besonders deutlidi. Damit er rigen sidi auds Meinun en, weldie die Dalmatika als importiertet byrantiniscbes Wer bezeichnen wollen. ' Unsere Ansichten über die Funktion der Dalmatilta und ibre mögliche Datierun werden hier nidxt näher begründet, da diese Fragen fü ie weitere Ar umentation zum Werke von Lorenzo Bernini unwesentlich beiben. Es sei nur vermerkt. daß Ornamentik und Landsd-iaft des Taborbildes m. E. noch manche sehr frühe ,.eurasitehe' Züge aufweisen. ' G. Schäfer, Das Handbud: der Malereivom Berge Athas, von Dyonisiut, Möndr von Fonrna-Agrapha, Trier isss, s. 1x9 n. -z. Petrusbrief, 1, 16-18: ,. .. wi. hab... m... Herrlidilteit selbst gesehen . . .". Prof. Thomas Mid-iels verdanke im den wid-itigen Hinweis auf Leo den Großen, Sermo 51, 1-2 ff: ,.. . . als der heilige Petrus hier vom himmlisdxen Glanze erleuditet im glühenden Bekenntnis des Glaubens an Gott entbrannte . . .". Damit wird das Tahorbild mit der Con-I fessio verbunden. Der theologisdaen Fakultät Salzburg sei für die Übersetzung des Sermo 51 gedankt. Diese widitigen Bezüge bedürfen einer gesonderten Studie. I. „DIE DALMATIKA KARLS DES GROSSEN", DEUTUNG DES KONZEPTES Seit der Antike ist der Gestaltwandel, die Meta- morphose, der allumfassende Begriff für die Religion und Philosophie ebenso wie für Wissen- schaften und Künste. Die christliche Kunst hat seit ihren Anfängen die Metamorphose des Ta- bor, die Linzhtetsdieinung des verklärten Erlö- sers, zum zentralen Bildthema der Vision von Passion und Erlösung ausgestaltet. Die deutsche Ikonologie nennt das Taborbild Transfiguration, während der griechische Osten und Italien den Terminus der Metamorphosis vorziehen. Der Autor gebraucht im folgenden meist den offerieren griechischen Begriff, der dem ovidischen Geist der Spätrenaissance entspricht und die Fülle der Assoziationen bewußthält. Die sogenannte „Dalmatika Karls des Großen", das hervorragendste, aber auch geheimnisvollste Kunstwerk des Schatzes der Basilika des hl. Pe- trus, führt uns im Gesamtkonzept ihres Bilder- schmudtes die umfassende Bedeutung der Meta- morphose und ihre besonderen vatikanischen Be- züge vor Augen (Abb. 2, 3). Schon die äußere Form, der Schnitt, weicht von der üblichen Gestalt einer Dalmatika ab. Sie gleicht einem byzantinischen Staatskleid. Ihre in Gold- und Silberfäden auf blauer Seide gestickte Bildgestaltung ist von außerordentlicher Quali- tät. Ein monumental denkender Künstler hat damit - einem umfassenden Programm unter- worfen und neu schöpfend aus der byzantini- schen Bildtradition - ein Amtskleid geschaffen, dessen Bildsymbole den Träger als Nachfolger Petri und Stellvertreter Gottes auf Erden aus- weisen sollten. Der Brustreili trägt in griechischen Lettern die Inschrift „METAMORPHOSIS" und zeigt die Verklärung Christi am Tabor (Abb. 2). Christus steht vor einem lanzettförmigen Nimbus, zu seinen Seiten als Zeugen Moses und Elias, dar- unter, vom Licht geblendet, die Apostel Petrus, jakobus und Johannes. Auf den beiden Sdiulterteilen wird die Meta- morphose von Brot und Wein bei der Kommu- nion der Apostel dargestellt (Abb. 4). Der Rüdten der Dalmatika zeigt im großen Kreis der Schöpfung den Aufruf der Seligen (Abb. 3). Im Zentrum thront Emmanuel, der jugendliche Christus der Griechen, auf der Scheibe des Erdkreises, die vom Kreuze über- höht und von den Evangelistensymbolen umfaßt wird. Die griechisd1e Inschrift sagt: „Jesus Chri- stus, die Auferstehung und das Leben". Zu Christi Seiten stehen Maria und der Täufer mit den Chören der Engel. Darunter harrt im Kreis- rund der Chor der Heiligen. Außerhalb des Kreises stellen Abraham und der gute Schächer Dismas den Schoß und Schutz der Kirche dar. Hier ist nicht der Ort, den schon in größeren Publikationen" behandelten Inhalt der Dalma- tika ausführlicher zu replizieren. Die meisten Datierungen schwanken zwischen 800 und 1200, der Anlaß der Verwendung ist umstritten, un- entschieden die Frage, ob Kaiser oder Papst sie bei der Krönungszeremonie tragen sollten. Daß sie schon bei der Krönung Karls des Großen gedient habe, wird meist ausgeschlossen. Es erscheint uns jedoch angebracht, aus den Bil- dern zu argumentieren, claß die Dalmatilta als Amtskleid des Nachfolgers Petri gestaltet wurde, um bei der Kaiserkrönung den Anspruch des Trägers für das Krönungsamt auszuweisen. Eine stilkritische Neuuntersuchung könnte u. E. eine sehr frühe Datierung ergeben, die jedenfalls nicht nach den ottonischen Kaisern liegen wird 7. Aus hochpolitisdien Gründen läßt der Papst ein Amtskleid fertigen (mit dem sdnon Karl der Große gekrönt worden sei), um seine Stellung als Statthalter Gottes in der Ausstattung der Krönungszerernonie eindrucksvoll zu manife- stieren. Die Debatte um Datierung und Anlaß berührt jedoch unsere eigentliche Argumentation nicht. Uns interessieren vor allem Inhalt und Sinn des Werkes und die Frage, welche Bedeutung die Dalmatika zur Zeit Berninis hatte. Dreifach trägt das Kleid des hödisten Priesters das Bild des Gestaltwandels, der Metamorphose: als Liditerscheinung Christi am Tabor die Er- lösung verheißend, als Wandlung von Brot und Wein von Sünden reinigend und im Aufruf der Seligen das Erlösbngswetk vollendend. Die Taborszene der Vorderseite bedeutet jedoch ebenso - und. für die Basilika des hl. Petrus ganz besonders - die persönliche Metamor- phose Petri selbst, seine Weihe zum Nadifolger und Stellvertreter Christi auf Erden. Wesent- liche Hinweise darauf finden wir in den beiden zu Füßen Christi eingeblendeten kleinen Bild- szenen. Sie zeigen Christus mit den Aposteln. Das Malerbuch des Dyonisius vom Berge Athos, das lehrburhhaft die alten Kompositionsgesetze der Ikonenmalerei beschreibt, sagt dazu: „Im I-Iintergrunde ist auf der einen Seite des Berges Christus, wie er mit den Aposteln hinaufgeht und zur Spitze des Berges weist; auf der ande- ren Seite gehen die Apostel wieder hinab, in- dem sie rriit Furcht hinter sich schauen. Ihnen folgt Christus und segnet sie." 5 (Abb. 5.) Hier weicht die Dalmatika entsdreidend und bedeutsam vom Bildtypus ab. Dem Betrachter der beiden Bildszenen fällt bei den Kleidern Christi und Petri auf der in den Jahrhunderten verblaßten Dalmatika das wohlerhaltene Pur- purrot leuchtend in die Augen. In der rechten Szene, dem Abstieg, haben Christus und der ihm nachfolgende Petrus den Mantel von der rechten Schulter sinken lassen und weisen das rote kaiserliche Purpurgewaud. Christus folgt hier nicht den jüngern segnend - wie bei Dyo- nisius -, er schreitet voran, hinter ihm sein Nachfolger, der am Tabor zum Purpurträger wurde. (Die purpurnen Gewandteile treten in der Abbildung schwarz hervor.) Auchiiim unteren Teil des Taborbildes ist der Petrusbezug im Vergleich zum sonst üblichen Bildtypus verstärkt worden. Während Johannes und jakobus vom Lidnte geblendet ihr Antlitz verbergen, weist Petrus mit leidenschaftlicher Gebärde hinauf zur Lid-iterscheinung Christi, der feierlich zwischen den Zeugen Moses und Elias erscheint, wodurch er, Petrus, zum Nadafolger geweiht wurde' (Abb. 6). Hier sei Engelbert Kirschbaum von der Gregorianisthen Universität zitiert, dem der Verfasser diese bisher unbeadi- tete und besonders petrinisdrx-vatikanisdie Ver- sion der Metamorphose auf der Dalrnatika noch vorlegen konnte: „Hier ist die Transfiguratio als die große Weihezeremonie Petri zum Papst ausgestaltet. Moses und Elias verkörpern das Gesetz und die Verheißung als Zeugen der Zere- monie. Damit wäre die Transfiguration als gro- 3