. Österreichisches Museum für angewandte Kunst mobilia phantastica Brauer - Florian - Fuchs - Hutter - Mikula - Proksch Neues Haus, Ausstellungshalle I, Weiskirchner Straße 3 17. Dezember 1971 bis 30. Jönner 1972 Es ist kein Wiener Mäbelstil, der mit dieser Ausstellung propagiert werden soll. Was hier entstand, ist in einer anderen Kategorie angesiedelt und übersteigt alles, was mit Attributen wie wienerische Note oder Lokalkolorit versehen werden könnte. Diese Möbel sind in ihrer Art heute einzig dastehende Leistungen. Weil ihr Zustandekommen aber auf einer im Bereidn der Kunst seit eh und ie geübten und fest verankerten Praxis basiert, sind sie im Prinzip doch auch wieder wohl geeignete Vorbilder und Beispiele von allgemeiner Gültigkeit. Ihre Entstehung beruht auf dem uralten Prinzip der Zusammenarbeit von entwerfendem Künstler und ausführendem Hand- werker und schließlich der nochmaligen Beteiligung des Künstlers, der dem Werk das Signum seiner Kunst aufprägte. Man könnte diese Anregung überall aufgreifen, und das Beispiel ließe sich überall wiederholen. Aber die Art der Durchführung ist unwiederholbar. Sie wird also notwendig unter dem Einfluß, unter der Anleitung eines oder mehrerer anderer Künstler auch völlig anders sein. Denn diese Möbel sind durch und durch individuelle Lösungen und Formulierungen, wie es bei Werken von Künstlern, die sie für sich selbst geschaffen haben, nicht anders sein kann. Nicht nur was für ieden Künstler formal unverwechselbar kennzeichnend ist, kommt hier zu Wort, sondern auch mitunter was für ihn lebensprägende Bedeutung hat. Bei Brauer ist es die Bibel, die Heilige Schrift des Alten Testaments, deren Berichten er den Stoff für die Bilder auf seinen Möbeln entnommen hat. Wer malt sich heute noch religiöse Bilder so unmittelbar in den Alltag hinein, daß sie im wahren Sinne des Wortes greifbar nahe auf Tisch und Schrank zur Realität der Umwelt gehören? Wem ist das Religiöse, wenn audi, wie in diesem Falle, keine konfessionelle Bindung, so dennoch ein so fester Bestandteil eines in Besitz genommenen kulturellen Erbes? Henriette Florian hinwiederum ist zutiefst berührt von fernöstlicher Welt- und Lebensschau. Für Wolfgang Hutter spielt immer das Märchenhafte und Komödiantische, die Welt der Masken und Verkleidungen, der phantastischen Gewächse und Fabelwesen eine große Rolle, so auch hier. Die Möbel von Ernst Fuchs sind zum Teil gekenn- zeichnet durch eine für heutige Begriffe ungewöhnliche Kostbarkeit des Materials und des Dekors - die Furniere und lntarsien bestehen aus fremdländischen Edelhölzern -, weshalb man sidi bewogen fühlt, ihnen Attribute wie festlich, repräsentativ, ia sogar prätentiös zu geben, was gleichfalls in unserer Zeit recht ungewöhnlich ist. Dazu die Bemalung, wobei die Kalligraphie der Linien und Formen dem sinnlich Schönen adäquat ist und ebenso beeindruckt wie technische Perfektion. Anders wieder Kurt Mikula mit seinen ansprechenden Möbelformen und der spielerisch grazilen Dekoration. Und schließlich Peter Praksch, dessen Möbel auf ältere Formen zurüdqehen, diese vereinfacht variieren. Die Bemalung ist virtuos, sie kann bei einem Künstler wie Praksch, der sich der Antike verbunden fühlt, nur aus diesem Formensdwatz schöpfen und ihn über eine individuelle Inter- pretation zu einer hier und heute verwirklichten Renaissance führen. Jede Möbelgruppe, nach dem gleichen Prinzip entstanden wie die andere, ist im Ergebnis dodi unverwechselbar von der anderen versdiieden, weil von dem Künstler gekennzeichnet, der sie schuf und sie auf sich selbst bezog. Formal und geschmacklich so vielgestaltig wie das ganze Ensemble nun ist, erhebt es keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, sondern ist relativ, seine Formen und die Durchführung fordern ohne Zweifel 38 zur Diskussion, zur Anerkennung und Ablehnung, zur Kritik heraus. Das Prinzip aber bleibt davon unberührt. Es ist zeitlos gültig, durch iahrhunderte- alte Überlieferung bewährt und muß daher erhalten bleiben. Denn die Frage, die diese Ausstellung aufwirft, kann heute nidnt mehr lauten: gehört die Zukunft der industriellen Produktion oder der handwerklichen Anfertigung? So stellte man diese Frage vor rund 120 Jahren, und noch weit bis in unser Jahrhundert. Aber diese Fragestellung war falsch. Denn schon bald stand es außer Zweifel, daß die massenhaft ansteigende Nachfrage nach Konsumgütern aller Art nur mit Hilfe der industriellen Produktion befriedigt werden konnte. Und es wäre ein grenzenloser, ia lächer- licher Romantizismus, heute noch industriefeindlich zu sein. Vielmehr wenden wir uns hier nur gegen die Ausschließlichkeit, die Einseitigkeit, die immer einen Verlust bedeutet, dessen Folge eine Verarmung unseres kulturellen Besitzstandes ist. Die Unrichtigkeit der Fragestellung hat das Dilemma bewirkt, indem sich heute das Handwerk befindet. Die Frage muß richtig heißen: wie können wir die handwerkliche Arbeit neben der industriellen Fertigung erhalten. Und die Antwort müßte heißen: indem wir Möglichkeiten finden, in unserer Umwelt wieder da und dort einem Gegenstand den Platz einzuräumen, der mit den soliden und altbewährten Methoden des Handwerks angefertigt wurde und darum so dauerhaft ist, daB er an die nächste Generation weitergegeben werden kann und auch dann noch seinen Wert behält. Der nicht in wenigen Jahren schäbig und darum weggeworfen wird und so den Zivilisationsmüll vergrößert (Abb. 1-4). Franz Windisch-Graetz Schmuck '72 Maierhofer - Röfhlisberger - Schmölzer - Skubic Ausstellungsreihe „Schöpferisches Handwerk der Gegenwart" Österreichisches Museum für angewandte Kunst + Austrian Crafts Council Altes Haus, Säulenhof, I., Stubenring 5 25. Februar bis 30. März 1972 Seit der Gründung des Museums im Jahre 1864 spielte das Haus als ein Reforminstitut mit einem ganz konkreten wissenschaftlichen und erzieherisdten Auftrag eine bedeutsame Rolle. Zu allen Zeiten war es nidtt nur historisch orientiert, sondern wollte es „dem Leben dienen und ein Bildungsinstitut im modernen Geiste sein". Mit wechselndem Erfolg nahm es sich des zeitgenössischen Schaffens an und stellte es in Permanenz oder in großen Ausstellungen zur Schau. Wenn man in Wien modernes Kunst- gewerbe und Kunsthandwerk von Qualität sehen wollte, dann mußte man in das Usterreichisctie Museum gehen. ' Mit der geplanten Ausstellungsreihe „Schöpferisches Handwerk der Gegenwart" soll diese Tradition in einer den gegenwärtigen Verhältnissen entsprechenden Weise wieder aufgenommen werden. Gemeinsam mit dem Austrian Crafts Council werden im Laufe des Jahres im Säulenhof immer wieder Ausstellungen veranstaltet werden, die Zeugnis von den schäpferisdien Kräften und dem Kreativitäts-Niveau innerhalb des kunst- handwerklichen Schaffens ablegen. Obwohl die zur Verfügung stehenden Mittel gering sind, wollen wir es dennoch nicht unterlassen, dieser Ausstellungsreihe eine bescheidene Publikation in Form der vorliegenden Sammelmappe zu widmen. Jeder Teilnehmer einer Ausstellung ist darin mit einem Einlageblatt mit den Lebensdaten und einigen Abbildungen vertreten. Am Ende des Jahres wird dies einen Überblick ergeben über die viel- fältigen schöpferischen Leistungen auf einem Felde, dem in der technisierten und industrialisierten Umwelt unserer Gegenwart gerade heute eine besondere Bedeutung zukommt (Abb. 5-8). Wilhelm Mrazek Ausstellung Meisterklasse für Gestaltungslehre Theorie der Form, o. o. Prof. Herbert Tasquil Hochschule für angewandte Kunst, N Neues Haus, Ausstellungshalle I, Weiskirchner Straße 3 1. März bis 4. April 1972 Das Österreidiische Museum für Kunst und In war im Jahre 1864 als ein Reforminstitut zur Bewältigung all iener gestalterischen Problem gegründet worden, die im Zusammenhang mi' forcierten Industrialisierung in der Österreich Ungarischen Monardtie auftraten. Von Anfan hatte Rudolf von Eitelberger, der Gründer UN erste Direktor des Museums, die Absicht, seint Reformen nicht allein nur mit Hilfe eines kun: wissenschaftlichen Forschungsinstitutes, sonde auch mit einer künstlerisch-praktischen Ausbil Stätte, einer Schule, zu verwirklichen. Dieses Ziel war im Jahre 1568 erreicht, als die Schule des Museums als „oberste Schule für d Kunstgewerbe" eröffnet wurde. Dieses Ereign veranlaßte Gottfried Semper, den prominente Vorkämpfer der musealwissensdiaftlichen Ref bewegung des 19. Jahrhunderts, das Wiener I als ein „ideales Museum" zu bezeidrnen. Seit ienen Tagen haben das Museum und die Sd1ule alles getan, um diesem Ruf zu entsprei Im Laufe einer mehr als hundertiöhrigen Gesi war dies nur mit wechselndem Erfolg möglich. Höhepunkte aber wurden immer dann erreich wenn beide Institute sich ergänzend unterstüt: Das Museum begrüßt es daher, wenn die Trat einer Zusammenarbeit wieder aufgenommen i Nach einigen Versuchen im letzten Jahr gesch dies ganz bewußt mit einer Ausstellung iener Meisterklasse für Gestaltungslehre, die im Ra des Ausbildungsprogramms der Hochschule d Grundlagen für iede schöpferische Betätigung soll. Wilhelm . Bereits um die Jahrhundertwende wurde an u Schule das Grundlagenstudium im Sinne einer allgemeinen Formenlehre eingeführt und dam Ausbildungszweig eröffnet, dessen Bedeutung genügend unterstrichen werden kann. Durch v Jahrzehnte hat sich die Methode, das Studiun Gestaltungsformen an den Ausganspunkt de Lehre zu stellen, sehr bewährt und bis heute: Aktualität erhalten. Car" Mit über 200 Exponaten, Graphiken, Malereie Collagen, Reliefs und Plastiken, ist dies die bl umfangreichste und informativste Ausstellung Meisterklasse für Gestaltungslehre. Hauptsäcl MadeIl- und Naturstudien, welche im Übungs- programm des Theoriefaches nicht vorgesehen innerhalb des Meisterklassenstudiums der Gestaltungslehre aber eine notwendige Voraussetzung bilden, sind zu sehen. Überhai zeigt die gegenwärtige Ausstellung, im Unter: zu den beiden vorangegangenen 1964 und 196 breiter aufgefächertes Spektrum von Arbeiter sowohl was die verschiedenen Begabungen, Aufgaben und Lösungen betrifft, als auch die gewählten oder angestrebten Kunst- und Stud richtungen. Ihrer zahlenmäßigen Zusammense nach stammt die getroffene Auswahl nahezu 1 gleichen Teilen aus dem Vorlesungs- und Ubu fach „Theorie der Form", das von Hörern sän Studienrichtungen, einschließlich iener der Architektur, besucht wird, sowie aus dem Prc der „Meisterklasse für Gestaltungslehre" des malerisch-plastischen Formstudiums, das in de von Aspiranten der Studienfächer Malerei, GI dekorative Gestaltung und Textil, Bildhauerei Keramik, Metallgestaltung, Restaurierung, Kur erziehung u. a. zu belegen ist. Viele der in de Ausstellung vertretenen Studenten haben bere absolviert oder in anderen Meisterklassen dip (Abb. 9-12). Herbert