. Österreichisches Museum für angewandte Kunst Lore Heuermann - Bildbatiken Neues Haus, Ausstellungshalle, Wien 1, Weiskirchner Straße 3 2B. Juli bis 27. August 1972 An einer Künstlerin wie Lore Heuermann, die aus Westfalen nach Wien gekommen war, um hier an der Akademie der bildenden Künste Malerei zu studieren, scheint sich neuerlich -wie in ähnlichen Füllen - zu bestätigen, daß Wien ein guter Baden für Künstler von „draußen" ist. Nicht oft wird man einer so zielstrebigen Persönlichkeit begegnen, die sowohl energisch ihren künstlerischen Weg beschreitet wie auch, siehe ihr Studium an der Wiener Hochschule für Welthandel, den Realitäten des Daseins Rechnung trug, die in den Orient reiste, um zu studieren, und die an der Pariser Akademie Du Grand Chaumiere ihre Zelte aufschlug. Und irgendwann im Jahr 1967, gelegentlich einer Studienreise, kam ihr in einem entscheidenden Moment eine Negerbatik in die Hände. Fasziniert von dieser neuen Möglichkeit, kreativ sein zu können, versdtrieb sie sich von der Stunde an dem neuen Material und der neuen Technik. Und sie begann hart zu arbeiten, und eines Tages war sie „da" im Wiener Kunstleben. Nicht kometenhaft, doch ihre Zielstrebigkeit ließ sie gleichsam zwei Stufen auf einmal Schritt für Schritt zum Erfolg hin tun. Sie errang Preise, machte ihre ersten Ausstellungen und bekam schließlich „ihre" Ausstellung hier am Museum, die von Hans Muhr und Hans Mayr äußerst homogen gestaltet wurde. Eine besondere Note sollte der Katalog zu dieser Ausstellung haben, der das Resultat eines glücklichen Dialoges von L. Heuermann und Gestalter darstellt und der eigentlich nichts anders sollte, als möglichst lebendig Werk und Künstlerin zu dokumentieren. Zu Ausstellung und Werk selber sagte u. a. der Direktor des Museums, Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek: „Bei den rund 80 Exponaten, die einen umfassenden Überblick über die letzte Schaffensperiode Lore Heuermanns ergeben, lassen sich mehrere Gruppen erkennen. So stellen die quadratischen Kleinformate mit den für die Künstlerin so typischen Formarchetypen von wie Nabelscheiben gebildeten Rundformen und Varianten von Viereckformen eine frühere Schaffensperiode dar. Die Rundformen mit zumeist punktueller oder augenartiger Mitte und die Vierecksformen von quadratischer bis bandartiger Ausgestaltung bilden die Pole für die dynamische Aktivierung der farbigen Flächen- kompositionen. Diese erhalten von einer durch das Abdedrverfahren bedingten gesetzmäßigen Aufeinanderfolge der leuchtenden Farben von hellen zu dunkleren Werten, vorn Licht ins Dunkel, eine zusätzliche Strenge und Monumentalität. Die Arbeiten des großformatigen Zyklus „Kommunikation" verwenden die gleichen polaren Gestaltungselemente. Sie werden iedoch so zueinander in Beziehung gesetzt, daß trotz immer neuer Konstellationen sich eine ganz bestimmte Aussage ergibt. Die Zeichen erhalten hier die Wertigkeit van ldeogrammen, die das Gesetz der Kommunikation innerhalb einer größeren Ordnung sichtbar machen. Die figuralen Zyklen kennzeichnen den letzten Stand der künstlerischen Entwicklung Lore Heuermanns. Wie in den anderen Arbeiten verwendet sie auch hier die kraftsuggerierenden Gestaltungselemente: ornamentale Reduzierung und axiale Symmetrie. Zusammen mit einer hieratischen Frontalität und monumentalen Statik der Figuren ergibt dies iedoch eine neue Dimension der Aussage." (Abb. i-3.) H. Gilda Hinter-Reiter - Textil lastiken, Textilwandbehänge, Grapliik Altes Haus, Eitelbergersaal, Wien 1, Stubenring 5 4. August bis 3. September 1972 Fast als ein Modellfall im konträren Sinn zu Lore Heuermann präsentierte sich H. Gilda Hinter-Reiter, 86 die, in Österreich geboren, nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika zog, um sich in der Fremde sowohl menschlich wie künstlerisch zu etablieren. Frau Dr. H. Gilda Hinter-Reiter, Akademikerin und Künstlerin zugleich, arbeitet also nicht nur freischaffend, sondern ist auch Professorin an der Virginia Commonwealth University in Richmond, Virginia. Künstlerisch groß geworden ist sie in ihrer Heimatstadt Linz bei den Professoren Paul lkrath, Franz Zülow, besuchte die Ecole des Beaux Arts und Sorbonne, Paris, die School of Art, Montreal Museum of Fine Arts, Kanada, Pennsylvania State University, USA, und machte ihren Dr. phil. im Jahre 1970 mit der Dissertation „Art and the Process of Change: A Study of the Relationship of Art and the Museum". Sie unternahm zahlreiche Studienreisen durch Westeuropa, Skandinavien, Nordafrika und vor allem den nordamerikanischen Kontinent, auf dem sie schließlich - neben Linz - so gut wie seßhaft bleiben sollte. H. G. Hinter-Reiter fand auf ihrer Suche nach neuen Formen und Methoden über die Wildheit des Meeres, der Einsamkeit eines langen Strandes mit alten, im Sand liegenden und an Baumstämmen verstrippten ausgewoschenen Seilen ein neues Medium. Sie war fasziniert von den Seilen und Knoten an den Fischerbooten und erkannte deren „Funktion", die dem Leben des Fischers verhaftet ist. So gesteht sie und sagt weiter, „mir war dieser Anblick eine Formschönheit in der Einfachheit". Auf diese Weise fand die Künstlerin zu ihrer gewiß selten geübten künstlerischen Art des Seilknotens und -formens. Dazu machte sie Graphik und im Zusammenhang ihrer weiteren textilkünstlerischen Tätigkeit Collage und Applikationen. Die beiden in der Ausstellung gezeigten Wondbehänge „Kanadischer Winter" und „Herbst in den Blue Ridge Mountains" waren geglückte Umsetzungen in diese Technik, getragen von besonders stimmungsentsprechenden Farben (Abb. 4-6). Joseph Binder Nonobiective Art Neues Haus, Ausstellungshalle, Wien 1, Weiskirchner Straße 3 15. September bis 29. Oktober 1972 „Stille - ohne das Wissen der Vergangenheit, ahne Illusion der Zukunft nur das Erlebnis der kreativen Gegenwart." Unter diesem Leitwort hatte der 1971 im Sommer aus New York kommende Joseph Binder seine erste große Ausstellung hier in Wien konzipiert, und in der ersten Phase der Realisierung derselben ging er selbst von einem Tag zum anderen in iene Stille, die allen Lebenden tief und unergründlich bleibt. „The Exhibition must go an" könnte man einen Gemeinplatz abwandeln. Carlo Binder, die Frau des Künstlers, mit dem Menschen, dem Künstler und dem Werk J. Binder in selten inniger Symbiose zusammen- gewachsen, ging unvermittelt daran, mitten in Schmerz und Trauer - gegen die „Verlassenheit" der plötzlich für immer Alleingelossenen ankämpfend - mit schier unglaublicher Energie und Einfühlung die Ausstellung aufzubauen und genauest nach dem von Joseph Binder erstellten klaren Ordnu sprinzip auszurichten. Und dieses CEuvre in seiner Gesamtheit, das Joseph Binder in einer späten Phase seines Lebens neue Impulse schenkte und an dem er weiterarbeitete, erfuhr in der dafür wie prädestinierten, in Weiß und Grau gehaltenen Ausstellungshalle des Museums eine Verdichtung, die so etwas wie eine Aura von sakraler Feierlichkeit verbreitete. Fachleute und Presse rühmten sowohl die Geschlossenheit des Werkes wie auch das klare Gesfaltungskonzept, das von Joseph Binder selber erstellt wurde und das diese Ausstellung zu einer der schönsten Ausstellungen des Hauses überhaupt werden ließ. Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek, der Direktor des Museums, der sowohl bei der Eröffnung wie auch in der Kafalogeinbegleitung die Persönlichkeit Joseph Binders würdigte, sagte u. a. über ihn und sein Werk: „So eindeutig, so offenbar, so dynamisch, so ,schlagend', so ,laut' die angewandten graphischen Arbeiten Joseph Binders sind, so zurückhaltend, so reduziert, so voll Askese und Verzicht auf Außenwelt, auf Figur, Abbild und Zeichen, auf alle graphischen Elemente sind seine Malereien. Sie bieten nichts als Farbe, als farbige Flächen in einer bestimmten Ordnung. Sie sind ,Bilder der Stille', das heißt farbige Meditations- malerei. Ihre direkte Farbwirkung bietet dem Betrachter zunächst keine Orientierungshilfe. Sie sind somit ein schwieriger Fall für den Europäer, der selbst in der radikalen Abstraktion noch die sinnliche Natur und den anschaulichen Ausgangs- punkt zu sehen gewohnt ist. Eine Begegnung mit diesen Arbeiten Joseph Binders ist ein Ereignis, das sich nicht von der europäischen Abstraktion her erfassen läßt. Joseph Binder gehört vielmehr zu iener Strömung von amerikanischen Malern, die wie Mark Rothko, Adolph Gottlieb und Barnett Newman einen spezifisch amerikanischen Beitrag zur ,Nonobiective Art' geleistet haben" (Abb. 7-9). Präsentation einer Leihgabe der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien Altes Haus, Saal VI, Wien 1, Stubenring 5 24. Oktober 1972 Wie zu ähnlichem Anlaß vor Jahresfrist, versammelte sich abermals eine Feslgemeinde zu einer kleinen Morgenfeier, die der Präsentation eines sogenannten Wochnerinnentischchens galt, das die Zentral- sparkasse der Gemeinde dem Österreichischen Museum für angewandte Kunst als Leihgabe zur Verfügung gestellt hat. Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek begrüßte bei diesem Anlaß Generaldirektor Dr. Karl Mantler von der Zentralsparkasse und dankte diesem in herzlicher Weise für die nachohmenswerte Tat, quasi dem Museum dieses wertvolle Obiekt gekauft und es diesem überlassen zu haben, wobei er gleichzeitig die Tatsache unterstrich, daß ein Museum, das ia letztlich mit seinen Kunslschcitzen der Öffentlichkeit dient, nur unterstützt durch solches modernes Mäzenatentum seine Sammlungen erweitern und bereichern kann. Denn die zur Verfügung stehenden Dotationen allein reichen bei weitem nicht, solches zielführend tun zu können. Generaldirektor Dr. Mantler gab in seiner Antwortrede einen kurzen Überblick über das vielfältige Bemühen eines heutigen Bank- und Geldinstitutes, neben der hauptsächlich kommerziellen Tätigkeit auch in den Bereichen der Kunst eine immer stärkere Synchronisierung der Möglichkeiten des Engagements zu erreichen. Auch er sah neben den mannigfaltigen Bemühungen in dieser Richtung, wie Preisvergaben, Ausstellungen etc., diese Form, beispielsweise einem Museum einen besonders kostbaren Wertgegenstand zu verschaffen, als einen neuen, begrüßenswerten Schritt an. Nicht zuletzt blieb es dem Leiter der Möbelsammlung, Dr. Franz Windisch-Graetz, vorbehalten, einige Worte zum Anlaß zu sagen und das Wöchnerinnentischchen auch vorzuführen. Man sollte nicht versäumen, in diesem Fall darauf hinzuweisen, daß es Dr. Windisch-Graetz abermals erst in einem wahren Kreuzzug des Bittens, um nicht zu sagen des „Bettelns" gelungen war, dieses Obiekt überhaupt an die Hand zu bekommen. Erst sein unablässiges Bemühen und Ergreifen auch des letzten Zipfels einer Möglichkeit hat, wie am präsentierten Obiekt bewiesen, eine schon fast verlorene Sache zum Positiven gewendet. In drastischer Weise unterstrich auch er die Bedeutung dieser neuen Art von Erwerbsmöglichkeit für Sammlungen und gab in anschaulicher Weise ein Zeitbild um das Wöchnerinnentischchen des berühmten Pariser Ebenisten A. M. Criard (1724-1787), das allen Anwesenden erst so recht dessen Bedeutung klarmachte. Die unverständliche Absenz eines Gutteils der Presse, die samt und sonders zu diesem gebührenden Anlaß eingeladen war, sollte hier besonders vermerkt sein (Abb. 10-12). ln