10 A,
9
6A.
5.7A.9
gestellten Heiligen ringsum auf Unterschiede und
reduzierte somit, wie Otto PöchV dies bereits
lange vor ihm getan hatte, seine wissenschaftliche
Untersuchung der beiden Figuren auf das stili-
stische Problem der Entwicklung der isolierten
Standfigur bei Conrad Laib. Daß bei einer sol-
chen Problemstellung die unterschiedlichen Grö-
ßenverhöltnisse der beiden Figuren und bei an-
nähernd gleicher Tafelfläche ihr sehr unter-
schiedliches Verhältnis zum Bildgrund ebenso
wie der Grad der Anpassung der Figur an das
gegebene Tafelformat einen kräftigen Ausschlag
auf der Goldwaage wissenschaftlicher Verglei-
chung ergeben mußten, versteht sich von selbst.
Aus Gründen persönlichen Ehrgeizes hatte be-
reits R. Stiassny die Unterschiede scharf heraus-
gearbeitet. Für ihn galt es dabei, von seiner
Fehleinordnung der beiden Tafeln als Spät-
werke (l) Michael Pachers soviel wie nur möglich
noch zu retten und sein Gesicht zu wahren. Die
beobachteten Unterschiede führten ihn schließ-
lich so weit, daß er die Gestalt des hl. Primus
zum „Mitglied der zahmen Spießbürgergesell-
schaft" der Wiener Kreuzigung des Conrad
Laib (damals noch des Meister Pfennig) herab-
würdigte. „Eine ganz andere, auch künstlerische
Gesinnung spricht aus dem Bilde seines Neben-
patrons Hermes." Ihn lößt er „nicht wenige
Jahre, sondern geraume Zeit nach der Wiener
Kreuzigung entstanden" sein. Damit glaubt er,
wenigstens die Hermestafel für Pacher oder
einen frühen Schulgenossen gerettet zu haben.
Nachfolgende Generationen von Kunsthistori-
kern gaben den hl. Hermes freilich wieder an
Laib zurück. Was sich seit Stiassny hingegen in
der Kunstgeschichte hartnäckig gehalten hat,
das ist die Überbewertung der Unterschiede im
Vergleich zur Primusgestalt. Diese Unterschiede
werden allgemein als Folge einer Entstehung
der Tafeln zu verschiedenen Zeiten erklärt. Über-
einstimmung herrscht dabei für die Dotierung des
hl. Primus; sowohl von O. Pöcht wie auch von
L. Baldass wird seine Entstehung in unmittelbarer
zeitlicher Nähe der großen Kreuzigung von 1449
(Wien, Österreichische Galerie) angenommen.
Kontrür aber stehen sich die Auffassungen der
beiden Gelehrten über die Entstehungszeit der
Hermestafel gegenüber. Nach L. Baldasss schließt
„an die scharf profilierten, edel bewegten Ge-
stalten der Anbetung der Könige in Cleveland
das linke der beiden Flügelbilder des Salzburger
Museums mit dem heiligen Hermes an". Die
Tafel in Cleveland aber datiert er ebenso wie
die ihr zugehörige Geburt Christi in Freising
7