1685186 - in Prag ansässig. Dies ist durch die entsprechende Ortsangabe auf einer Ringsan- nenuhr bezeugt, die im Jahre 1719 von ihm konstruiert wurde (Chikago, Adler Planetarium and Astronomical Museum, Mensing-Collection Nr. 313) 1". Der Prälat des Schwarzspanierklo- sters Anton Vogl von Krallern und der Erfinder Anton Braun kannten sich wahrscheinlich schon seit ihrer Prager Zeit, denn der Erstgenannte, ein gebürtiger Wiener, war zuerst Abt des Prager Emmausklosters, bevor er nach Wien be- rufen wurde. Bereits vor 1716 wurde Anton Braun nobilitiert. Dies geht aus der Signatur hervor, die sich auf einem von ihm angefertigten Pappfernrohr mit sechs Auszugsrohren befindet. Diese Signatur lautet: „Antonius Braun de Lö- wenfeld fecit anno 1716". Im Jahre der Erfin- dung seiner Rechenmaschine (1724), die werk- mäßig durch die beiden Exemplare in München und Wien nachgewiesen ist, wurde A. Braun zum kaiserlichen „Opticus et Mathematicus" er- nannt. Wie bereits erwähnt, ist dieser Doppel- titel auf dem Wiener Exemplar der Rechenma- schine eingraviert. Sie dürfte eine seiner letzten nachzuweisenden Arbeiten sein, denn dieser be- rühmte Erfinder starb bereits kurz darauf - im Alter von erst 43 bzw. 44 Jahren - im Jahre 1728. Hinsichtlich ihres Ornamentdekors weichen die eben genannten systemgleichen Braunschen Re- chenmaschinen iedoch voneinander ab. Eindeu- tig gibt sich das um 1724 ausgeführte Münchener Exemplar als das stilistisch ältere Stück zu er- kennen. Es besitzt eine von einem unbekannten Wiener Metallkünstler geschaffene Gravierung. Sie ist von geradezu goldschmiedehafter Fein- heit. Außerordentlich präzise ist das reliefierte Ornament ausgeführt, das auf dem Schutzring der Rechenmaschine angebracht ist. Dieses kon- zentrisch angelegte Ornament, welches die ge- samte zylindrische Ummantelung bedeckt, steht einigen zeitgenössischen Ornamentstichen recht nahe, welche als Vorbilder dafür anzusprechen sind. Unter ihnen ist vor allem die in zwölf Heften erschienene Folge „Neu lnventirtes Laub und Bandel Werck" des Nürnberger Gold- schmiedemeisters und Ornamentstecbers Johann Leopold Eysler (gest. 1733) zu nennen". Mit Ausnahme des inneren Kreisrings, auf dem die Inschrift angebracht ist, ist sowohl die Deckplatte wie der Schutzring des Gehäuses des Münche- ner Exemplares derart dicht von Ornament- gespinst überzogen, daß man hier mit Recht von einem Horror vacui sprechen kann. Der von Johann Baptist Straub ausgeführte Dekor des Wiener Exemplars geht dagegen von einer gänzlich anderen Ornamentvorstellung aus (Abb. 8, 9). Er zeigt eine wesentlich fortgeschrit- tenere Phase des „Laub- und Bandwerkes" und lößt zugleich eine stärkere Beeinflussung durch französische Vorbilder erkennen. Kennzeichnend für den Dekor der Wiener Rechenmaschine sind die Lockerheit und die gleichsam schwebende Leichtigkeit. Das spezifisch bildhauerisch ge- staltende Element ist in der Anordnung der kleinen figürlichen Darstellungen zu sehen, die auf dem Schutzring des dosenförmigen Gehäu- ses in Graviertechnik angebracht sind. Der mit Lorbeer geschmückte römische lmperatorenkopf in einem Medaillon und der mit ausgebreiteten Schwingen wiedergegebene Adler spielen offen- sichtlich daraufhin an, daß dieses Exemplar der Rechenmaschine als Geschenk für Kaiser Karl VI. ausersehen war. Andere Darstellungen, wie eine von Palmwedeln umgebene weibliche Maske d la Berain sowie kleinformatige Tiere (ein Frosdi sowie ie ein Hase in Vorder- und Seitenansicht), gehören ikonographisch einem mehr indifferen- ten Dekoratiansbereich an. Der mit Händen zu 7A greifende Unterschied zwischen dem Dekora- tionssystem des älteren Münchener und des iün- geren Wiener Exemplars der Braunschen Re- chenmaschine zeigt die individuelle Leistung J. B. Straubs in besonderem Licht. Sie ist deshalb be- merkenswert, weil sie sich völlig frei von scha- blonenhaften Vorlagen zeigt. Trotz der Ver- schiedenheit des Werkstoffs und trotz des er- heblich differierenden Formats zeigt der an- sprechende Dekor der Wiener Rechenmaschine ornamentmäßig eine überraschende Verwandt- schaft mit bisher unbekannten Werken Straubs, die annähernd in der gleichen Zeit in Wien entstanden sind. Gemeint sind damit die reich mit Ornamentwerk bedeckten Wangen eines aus Nußholz hergestellten Kirchengestühls (Abb. 10), das ebenfalls als Werk Straubs durch J. K. v. Lippert bezeugt ist. Dieses Chorgestühl, im gan- zen wohlerhalten und mit einer größeren Anzahl von ausgezeichneten Reliefs versehen, wird dem- nächst von uns veröffentlicht werden. Es befand sich einst in der Klosterkirche des Schwarzspa- nierordens Monte Serrato in Wien, deren Aus- stattung größtenteils von J. B. Straub stammte. Im Zuge der Umgestaltungen von kirchlichen Inneneinrichtungen, bedingt durch die Maßnah- men der Josephinischen Reform, wurde das Kirchengestühl vor 1785 in die ehemalige Haf-, jetzige Pfarrkirche St. Augustin transferiert, wo es sich noch heute befindet. Durch die im Jahre 1727 ausgeführte Verzierung der Braunschen Rechenmaschine (Abb. 11, 12) ergeben sich einige bisher noch nicht erkannte Fakten, die künstlerbiographisch für J. B. Straub von großer Bedeutung sind. Zunächst ist dieses Werk die früheste heute nachzuweisende Arbeit, die er bereits im Alter von 23 Jahren schuf. Ein genaues Datum für den Aufenthalt Straubs in Wien war bisher unbekannt. Aufgrund der sich erst ietzt ergebenden Überlegungen dürfte der Bildhauer wahrscheinlich schon bald nach 1726 nach Wien gekommen sein. Er hat sich an- schließend etwa acht Jahre bis 1734 in dieser Stadt aufgehalten. So hat J. B. Straub seine heute greifbaren Frühwerke in Gestalt der Ver- zierung der Rechenmaschine (Abb. 13, 14) und anderer Arbeiten für die Schwarzspanierkloster- kirche in Wien auf dem Territorium der alten Donaumonarchie geschaffen. Dieser Umstand verbindet ihn mit seinem Meisterschüler Franz Ignaz Günther. Er hat sein Erstlingswerk, den Hochaltar in der Pfarrkirche zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit in Kopiivna-GeppersdorflCSSR (um 1752153), ebenfalls auf der Wanderschaft (in Olmütz) ausgeführt, bevor er die Akademie in Wien besuchte. Die bei der Braunschen Re- chenmaschine angewendete Verzierung in Ge- stalt der Metallgravur ist technisch ungewöhnlich für einen Bildhauer, der wie J. B. Straub sich in erster Linie als Holzbildhauer betätigte. Der von ihm ausgeführte Dekor der Rechenmaschine ist gleichbedeutend mit dem Erstlingswerk seiner in der Folgezeit ausgeführten, umfangreichen höfi- schen Arbeiten. Diese schuf J. B. Straub iedoch erst nach der Beendigung des Wiener Aufent- haltes in München (1734 ff.), wo er am 7. Juni 1737 zum kurbayerischen Hofbildhauer ernannt wurde. Was liegt näher, als auf das uns hier inter- essierende Thema, die Braunschen Rechenma- schinen, ienes Zitat abzuwandeln, das bekannt- lich auf das am Ende des 3. Jahrhunderts ent- standene Carmen heroicum des Terentianus Maurus zurückgeht. In dieser neuen Version lautet es: „Habent sua fata machinae." f. Unser Autor: Dr. Gerhard P. Woeckel Zentralinstitut für Kunstgeschichte Farschungsunternehmen 2-München, Meiserstraße 2 Anmerkungen 10, 11 1" E. Zinner, Deutsche und Niederländische Astronomische Instrumente des 11.-18. Jahrhunderts, 2. AufL, Münd1en 1967, S. 88, 264. Darnach sind folgende wissenschaftliche Instrumente für A. Braun nachzuweisen: a) Astralab mit Fi uren des Mondwedwsels, des Sonnen- aufganges für ie an dritten Tag, der Feiertage, der Monate, der Tag- und Nachtlänge, w" Sonnenauf- und rltflfefgdflg, viereckige Messingplatte (18 x 18 mm), bez. Antonius Braun 1716. Sammlung Lanna Nr. 1220. b) Pappfernrohr mit sechs Auszugsrohren ültf Gestell mit Höhenkreis, bez.: „Antonius Braun de Löwenteld fecit anno 1716." München, Deutsdtes Museum, lnv.-Nr. 19.646. c) Ringsannenuhr mit Monatsschieber auf runder Säule. Ben: „Antonius Braun Fecit Brag Anna 1719." Chikaga, Adler Planetarium and Astronomical Museum, Mensing- Collection Nr. 313. d) Ringförmige Sonnenuhr auf Kegel, dat. 1720. Mün- chen, Sammlung W. van Miller. "P. Jessen, Der Ornomentstich, Berlin 1920, S. 233 mit Abb. 144, S. 223 - W. Holzhausen, Die Entwicklung des deutschen Ornomentstichs im Zeitalter des Baradcs, Diss. Bonn 1719, Wien 1922, 5. 79 ff. mit Abb. S. B0. - Nach W. Holzhousen stehen in J. L. Eyslors Tradition: Franz Leo old Schmittner (1703-1761) (Schlosser, später Kupfer- ste er in Wien): Schlosser-Reisbuch sowie Johannes Rum P (Tischler zu Augsburg): Drei Folgen van Stichen mit lssen für Truhen und Schränke.