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Künste vorwiegend im Dienste der Kirche. Mit
Beginn der Renaissance mußte die kirchliche
Kunst ihre Vorherrschaft an die profane ab-
geben. Nicht mehr die Kirchen und Klöster wa-
ren die bevorzugten Aufgaben, sondern die
Repräsentationsbauten, die Landhäuser, die Rat-
häuser, die Türme, Stadttore und Bürgerhäuser
traten an ihre Stelle. Sie übertrafen bei weitem
die sakrale Baukunst, die nur durch wenige
bescheidene Monumente bezeugt ist. Allein
die Mausoleen und Grabmäler, die jetzt den
habsburgischen Fürsten und den adeligen Her-
ren in den Kirchen oder in deren Nähe errichtet
wurden, bekundeten noch die Bindung an die
Religion und den Einfluß der katholischen Kir-
che. Der ganze Nachdruck des Kunstschaffens
lag besonders in der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts auf dem Profanbau. Hier wurde der
größte Wert aber nicht nur auf die architektoni-
schen Details des Außenbaues gelegt, sondern
gleicherweise auch auf die Ausgestaltung des
Inneren, auf die Höfe und Wohnräume. Diese
erhielten eine Ausstattung und einen Hausrat,
die den neuen Stiltendenzen, dem modernen
„welschen" Geschmack, entsprachen.
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Diese Aufträge wurden von den ansässigen
Handwerkern ausgeführt, lockten aber auch
viele fremde, süddeutsche und italienische
Künstler und Handwerker in die Städte, die zu-
meist als Hofbefreite keinem Zunftzwang unter-
worfen waren. Den in den Zünften organisier-
ten bürgerlichen Handwerkern erwuchs dadurch
eine starke Konkurrenz. Dieser innerstädtische
Wettbewerb aber bewirkte schließlich, daß das
technische Können anstieg, daß eine Differenzie-
rung und Spezialisierung eintrat, das Niveau der
Leistungen merklich anstieg und höher als in den
vorangegangenen Zeiten lag. Da alle künst-
lerischen Zweige organisatorisch und wirtschaft-
lich noch ganz dem Handwerk und seinen zünf-
tigen Organisationen eingefügt woren und iede
Ausbildung rein handwerksmößig vor sich ging,
war die einwandfreie Qualität der Leistungen
weitgehend gesichert. Das Anwachsen des Wohl-
standes erweckte allseits das Bedürfnis, das Le-
ben und seine Umwelt auch nach ästhetischen
Gesichtspunkten zu gestalten. Die Durchdrin-
gung aller Lebensgewohnheiten mit ästhetisdien
Werten brachte eine einmalige Blüte des Kunst-
handwerkes hervor. Innerhalb der Wohnkultur
neigte man immer mehr dazu, die kostbr
und teueren Materialien zu verwenden, wüns-
man Procht- und .Prunkstücke, bei denen
Schmückungszweck, die künstlerisch-dekoro
Aussage, im Vordergrund stand. Nicht mehr
dienende Funktion stand im Mittelpunkt, s
dern die materielle und ästhetische Eigens
tigkeit und Originalität, der künstlerische Sel
zweck. Allein dieser machte die Bilder, Skul
ren, Möbel, Textilien, die Arbeiten der Gold-
Silberschmiede, die Waffen, keramische, gläse
und schmiedeeisenen Erzeugnisse zu begeh
Objekten, deren Besitz man erstrebte und
deren Freude sich eine bisher unbekannte S
melleidenschaft entwickelte. Die Wertschätz
der künstlerischen und kunsthandwerklichen l
duktion und die Konzentration auf ihre Eig
werte brachten den Kunstliebhaber, den Ken
Sammler und Händler hervor. Zum ersten
traten diese Menschentypen, welche die Se
bilitcit der Augen mit dem Künstler gemein
hatten, ietzt in größerer Zahl auf.
Aus dieser Situation entstanden nicht nur
bürgerlichen „Kunststübleins", sondern auch
fürstlichen Sammlungen, die Kunst- und Wuni