Bewußtsein füt Relativität Iüßt sie keineswegs so bedeutungsschwanger auftreten wie etwa den Deutschen Beuys, der seine Gedanken mit philo- sophisch-tierischem Ernst entwickelt und zele- briert. Doch die Leichtigkeit, mit der etwa ein Pichler seine Träume zeichnet, hindert ihn nicht, seine Objekte akribisch genau zu gestalten, läßt Gruppen wie die „Haus-Ruduer" oder „Himmel- bIau" ihre Proiekte gründlich entwidzeln - nur daß sie sich stets spielerisch-heiter tarnen. 5 Den Fluchtweg aus technoid-mörderischer Um- welt (Othmar Zechyr visualisiert sie metapho- risch als eine aus Masrhinen und Maschinentei- len zusammengesetzte Landschaft) gehen natür- lich auch, freilich in einer oberflächlicheren, den Alltag dekorierenden Weise, die Künst- ler des „Phantastischen Realismus", deren we- sentlichste Werke allerdings schon in den fünf- ziger Jahren entstanden. Diese wienerische Spiel- art, mit der die Phantasten eine gewiß eigen- willige Variante des internationalen Surrealis- mus kreierten, wirkt freilich auch heute nach stark nach. Erich Brauer etwa, der das Winkel- maß verdammt und sich selbst ein gängigen Architekturbegriffen widersprechende: Haus in Israel baute, oder Ernst Fuchs wirken nun freilich mehr als Animateure und wie ein buntes Muster im regen österreichischen Kunstbetrieb. Leherb führt in den sechziger Jahren gesell- schaftliches Normalverhalten ad absurdum, und sein „Zeitzerstörungsmanitest" - umgesetzt in allerlei plastische Gebilde - birgt, clownesk verbrömt, manchen Denkansatz zur Auseinander- setzung mit den ungelösten Problemen des Menschseins in einer menschenunwürdigen tech- nischen Welt. Die theatralische Attitüde, mit der phantastische Künstler, audi solche, die nicht unter dem Schlagwort „Wiener Schule" segeln, auftreten, läßt sie nicht von ungefähr oft beim Theater landen (und auch diese Neigung zum Theater läßt sich unschwer als spezifisch österreichischer Zug deuten): Fuchs, Brauer, Wolfgang Hutter, auch Hubert Aratym haben Hervorragendes für die Bühne geleistet. Der theatralischen Verbrämung der Wirklichkeit entspricht auf der anderen Seite bewußtes Rea- gieren auf Ist-Bestünde. Teils in poetischer Me- taphorik - wie etwa bei Rudolf Hausners „Laokoon"-Varianten als Sinnbildern mensch- licher Verstrickung in Technik, oder in Karl Ka- rabs magischer Bilderwelt, die in der surrealisti- schen Internationale einen ganz eigenen Klang setzt -, teils in kritischem Reagieren auf die Egoismen einer Konsum- und Überflußgesell- schaff - wie bei den „Wirklichkeiten"-MaIern oder bei den neuen Realisten (Adolf Frohner, Peter Carer, Ulrich Gansert, Gottfried Helnwein). Sie alle freilich sind österreichische Parallelen zu weltweiten Strömungen, auch wenn sie da und dort redit persönliche oder ungewöhnliche Akzente setzen. (Anton Lehmdens Fresken etwa sind ein durchaus merkwürdiger Versuch, eine alte Technik für heute fündig zu machen, ein Versuch, der kaum Vergleichbares in der moder- nen Kunstproduktian kennt.) 24 6 Sucht man nach wesentlichen Impulsen, Österreich ausgingen oder ausgehen, sti wieder auf die Architektur. „Wenn walde einen hügel finden, sechs schuh lc drei schuh breit, mit der schaufel pyrt förmig aufgerichtet, dann werden wir er es sagt etwas in uns: hier liegt jemand ben. Das ist architektur", schrieb Ada Das Bewußtsein vom kuItisch-sakralen U der Architektur, der Architektur als Kunst in unserem so materialistischen Zeitalter Iich verdrängt. Heute wird es von einer Reihe österreichischer Künstlerarchitekten erweckt. Hans Hollein stellt eine ganze Ausstell Mönchengladbach) unter das zentrale Tod, schafft für die letzte Biennale in l eine Reihe merkwürdiger Kultabiekte. Fichler, der wichtigste Künstler dieser l und wohl auch einer der wichtigsten, die reich in den letzten Jahren hervorgebra schafft Plätze und Pilgerstätten mit Funktion, entwirft Schreine und Bahr Kreieren „individueller Mythologien" I große Schlagwort der letzten „docu. rangiert Österreich an vorderster Stel Hang zum Transzendieren, zur Metaphy Bildung eines Mythos in wurzellosen Zei zieht sich freilich weniger auf Sigmunc denn auf die Archetypen Jungs. In solchen Regionen lößt sich auch das tive Mal-Ritual eines Hundertwasser an dessen Art zu malen ihresgleichen sui