. Österreichisches Museum für angewandte Kunst 58 r: Endphase „China-Ausstellung und Kunst! gewerbemuseum Schloß Petronell, älteste Außenstelle des Museums Das „Chinesische Frühiahr" im Museum herrscht nach wie vor auch in der Endphase dieser Monster- ausstellung. Als ob das varösterliche Treiben aus der Stadt tagtäglich mit einer Menschenschlange durch das weitgeäffnete Tor in das Haus einzieht. immer wieder anrollende Busse unter einem ganz und gar nicht musealgewünschten, seit vielen Wochen blauen Himmel, hektisches Entreefieber. Um Punkt "I0 Uhr trappelt tagtäglich der ungeduldige „Tausendfüßler" Publikum an. Das in dieser Form völlig ungewohnte pulsierende Leben im Museum stimmt auch den hier Tätigen nachdenklich. Sind diese Schätze aus China tatsächlich von so hoher Strahlkraft oder was ist es wirklich, was diese Schau so sensationell gut ankommen lüßt beim Publikum aus allen Breiten und Schichten? Wie werden wir uns nachher wieder im normalen Museumsalltag zurechtfinden? Erstere Frage wird sich wohl nie ganz treffend beantworten lassen, wenn man auch ganz allgemein sagen kann, daß alles Fernöstliche beim Europäer stets starke Faszination auszulösen imstande ist. Ist es die politische Begleitmusik, die da kontrastierend miteinwirkt? Eines scheint für die Zukunft speziell des Hauses sicher, man wird fürs erste auch die China-Schätze des Museums nun wieder in einem frischeren Licht sehen, ein neubelebtes Publikum, echt angeregt durch die ietzt ausklingende China-Ausstellung, schon Bekanntes mit neuen Augen betrachten. Aber nicht nur die ostasiatischen Sammlungen, das einzelne Musealobiekt als salches könnte in seiner vollen Bedeutung und seinem Wert, entsprechend neu eingeschätzt, Interesse erregen, wenn man mit möglichen neuen Methoden Nutzen aus diesem einmaligen Erfolg ziehen kann. Die zwar nicht räumliche, iedoch von Sache und Personal her totale Besetzung des Museums durch die Ausstellung „Archäologische Funde der Volks- republik China" brachte es nun auch mit sich, daß die Sammlungen und die Bibliothek des Hauses für die Öffentlichkeit während der Dauer dieser Aus- stellung und darüber hinaus bis Ende Mai gesperrt bleiben müssen. lm nächsten Heft wollen wir nach einmal über diese wirkliche Ausstellungssensation berichten, doch heute nur kurz den Besucherstand von bald 200,000 und die unerwartet hohen Verkaufs- zahlen des Kataloges, dzt. über 50.000, festhalten, was diese Ausstellung wohl als das bisher stärkste Ereignis auf diesem Sektor ausweist. Da uns hier Raum freibleibt für andere das Museum betreffende Obliegenheiten, möchten wir einmal etwas weiter zurückgreifen und die älteste Außenstelle des Museums zum Ansatzpunkt einer Rückerinnerung und Betrachtung machen. Wenn wir daran denken, wie zum erstenmal überhaupt die Idee aufkeimte, die Museen mit ihren angefüllten Depots neuen Destinationen zuzuführen, so kann die Errichtung des Kunstgewerbemuseums in Schlaß Petronell als erste Außenstelle des Österreichischen Museums für angewandte Kunst als Pioniertat per excellence i Kunstgewerbemuseum Schlaß Petronell Der Ahnensaal mit dem Reiterbildnis Graf Otto Ehrenreich I. (1644-1715) gelten. Dem Hausherrn, Otto Graf Abensperg- Traun, zufolge war dieses Schloß im Sommer l" praktisch eine Ruine. Schloßherr und Frau werc den ersten Rundgang durch das Schloß, wie sie selber sagen, nie vergessen: „Das Dach des N4 traktes war durch Artilleriebeschuß weit aufgei die Decke des Freskensaales war zum Dachboc offen; es gab keine Fensterscheibe, keine Lam; und keine Türklinke. Die Kriegsfurie hatte ganz Arbeit geleistet. Eigentlich gegen alle Vernunft hatten wir damals gleich Hand angelegt und Jt für Jahr, Raum für Raum, wurden die schlimme Schäden beseitigt." So sprach es Graf Traun in Frühiahr 1965 aus, als das Schlaß, angereichert mit Obiekten des Stammhauses am Stubenring, Österreichischen Museum für angewandte Kunz seiner neuen Bestimmung übergeben wurde. Nächstes Jahr, 1975, feiert diese neue lnstitutii historischem Grund kopuliert das zehniährige l stehen. Anlaß genug, um gerade ietzt wieder, t das Kunstgewerbemuseum Schloß Petronell w anderen Außenstellen Schloß Riegersburg und Geymüller-Schlößl den Besuchern die Pforten t dessen zu gedenken, um es neuen Publikumskrr zu offerieren. Ist doch diese Landschaft an der Donau in letzter Zeit durch Schloß Rohrau mit Gemäldesammlung noch kunstträchtiger gewor so daß eine Fahrt den Strom abwärts sich wirk lohnt. Wenn wir es noch ganz kurz historisch 1 streifen wollen, Petronell zählt ungeachtet der Zerstörungen des Türkeniahres 1683 und der d: im Gefolge auftretenden baulichen Veränderur zu einem der künstlerisch bedeutendsten Schlot bauten Österreichs in der zweiten Hälfte des l7. Jahrhunderts. Es war kein leichtes, Gesichts punkte zu finden, nach denen dieses schöne 5 erbaut von Carlane, zu einem Kunstgewerbem umgewandelt werden konnte. Wenig sinnvoll i. es gewesen, diesem Haus in freier Landschaft i Wesen her die Strenge eines üblichen Museum verleihen, sollten seine Besucher doch in erster Linie eher neben Erholung und Entspannung K: auf leichtere Art „k0nsumieren" können. 5a Wl diese Außenstelle des Museums eine glückliche Verquickung von historischem Bauwerk und Sammelbeständen des Museums, die sich im Lc der Jahre einen festen Freundeskreis geschafft Wer einmal die kühl-propere Atmosphäre der Zimmer- und Gangfluchten mit ihren Vitrinenrt türnern durchwandert hat, dabei iene Entrückhe und Stille um sich, wie sie nur sehr alten, feste Bauten, eben Schlössern mit ihren so dicken Mauern, eigen ist, der wird, ganz ahne Zweife Abständen natürlich, immer wiederkehren, So t ienen Freunden des Museums, die über den er Wiener Kreis nicht hinausgekommen sind, gr so sie die Absicht haben, hinaus in die Natura fahren, doch einmal diesem „Museum auf dem Lande" einen Besuch zu machen. Wie gesagt, l feiert man in Petronell schon das erste Dezenr während das Stammhaus hier am Stubenring l Jahre alt sein wird. Leopold h 2 Kunstgewerbemuseum Schlot} Petronell Der Festsaal gegen Norden