Rokoko in Österreich
eine Frau als Herrscherin
Farbtafeln
Essay
Vorn Kunstkonsum
zur Kommunikation
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BOHMEN UM 1720
..
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Das Ausstellungsereignis
des Salzburger Festspielsommers 1974
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alte und moderne kunst 19.Johrgong 1974 Heft 134
Wilhelm Mrozek
Rokoko in Österreich
eine Frau als Herrscherin
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Monsieur WeircHer" uufobiographische Notiz
eines Tiroler Malers des Rokoko ..
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Oskar Holl
Schönheit, die aus Anstöndigkeit entsteht .. 24
Alois Vogel
Vom Kunstkansum zur Kommunikation
Möglichkeiten der Entwicklungen .. 30
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Valentin Oman von Peter Baum .. 36
Heinrich Tahedl von Alais Vogel .. 37
Aktuelles Kunstgeschehen .. 38
Für den Kunstsammler P4 .. 44
Jugendstilschmuck im Österreichischen Museum
für angewandte Kunst von Wilhelm Mrazek .. 52
Österreichisches Museum für angewandte Kunst .. 54
Bildnachweis .. 51
Titelbild Roland Goeschl vor seinen farbigen Elementen, sechziger
Jahre. Sitzender Kavalier, um 1780. Wiener Porzellanmanutaktur,
Modell Anton Grassi großer Ausschnitt. Wien, Österreichisches Muw
seum für angewandte Kunst.
Herausgeber Kurt Rossacher Eigentümer und Verleger AMK-Verlag,
A-5024 Salzburg, lmbergstraße Postfach 12, Telefon 06222 73731.
Redaktion Wilhelm Mrazek Chefredakteur, verantwortlich für den Inhalt;
Franz Windisch-Graetz Kunstgeschichte, Peter Baum Wiener Kunstkritik,
Alois Vogel Bundeslönderberichte, Leopold Netopil graphische Gestal-
tung, lmprimatur; alle Österreichisches Museum für angewandte Kunst.
A-l010 Wien, Stubenring Telefon 0222 725696 und 0222 725697
Zweigredaktion Salzburg Kurt Rassacher Gesamtgestaltung, Franz Wagner
Salzburger Kunstkritik, alle A-5024 Salzburg, lmbergstraße Postfach 12.
Herstellung Wagner'sche Unim-Buchdruckerei Buchraithner 81 Co., Innsbruck.
Für unverlangte Einsendung von Manuskripten oder Fotos wird nicht gehaftet.
Preis 1974, inkl. Porto Jahresabonnement, Nummern davon ein Doppel-
heft, öS 454.- inkl. Mehrwertsteuer, DM 63.-, sfr 72.-, Lit 11.800,-. Einzelheft
öS 81.- inkl. Mehrwertsteuer, DM 13.-, sfr 15.-, Lit 2300.-
Rates 1973, second class mail included subscription or issues per anno
58.-, US 22.- by air US 34.-, Single issue 51.70, US 4.50 by air
us 6.50.
Vertrieb WUB, A-6010 Innsbruck, Erlerstraße 5-7, Postfach 211. Bank Credit-
anstalt, Filiale Innsbruck, Konto Alte und moderne Kunst", Nr. 89-53291,
Anzeigen AMK-Verlag. Erscheinungsort Innsbruck.
Wilhelm Mrazek
Rokoko in Österreich
eine Frau als Herrscherin
Anläßlich des 250. Geburtstages des Malers Franz Anton Maulbertseh 1724-1796 finden an drei verschiedenen Orten Piaristenklaster, Wien, Schlaß
Heiligenlrreuz-Gutenbrunn, Niederösterreich, und Schluß Halbturn, Burgenland Ausstellungen statt, die Versuche sind, das Werk des bedeutenden öster-
reichischen Künstlers erstmals umfassend darzustellen. Franz Antan Maulhertsch schuf seine Malereien in jener Zeitspanne, in der in den habsburgischen Ländern
eine Frau, die Kaiserin Maria Theresia, herrschte und in der sich auch in Osterreich der Stil des Rakokn ausbreitete. Man kann Franz Anton Maulbertsch auch als
den größten Künstler des Rokako in Österreich bezeichnen.
Während an den mit Frankreich alliierten Höfen
die Lebens- und Kunstformen des Rokoko schon
frühzeitig Eingang fanden, war unter der Regie-
rung Karls Vl. alles französische Wesen vom
Wiener Hofe verbannt. Bis zu seinem Tode im
Jahre 1740 bestimmte die barocke, absolutistische
Grundhaltung alle macht- und staatspolitischen
Entscheidungen, waren allein die Lebensformen
eines an spanischer Würde und Strenge ausge-
richteten Zeremoniell gültig. Selbst Prinz Eugen,
der heimliche Kaiser", der auf den Gebieten
der Künste und Wissenschaften dem französi-
schen Geistesleben offen gegenüberstand, unter-
stützte diese Abneigung aus machtpolitischen Er-
wägungen heraus.
Im Gegensatz und Widerspruch zu dem männ-
lich-heroischen Barockzeitalter bevorzugte das
Rokoko alles, was aus der Sphäre des Weib-
lichen stammte. Die Entscheidungen fielen nicht
mehr allein in Männerkollegien und Staatssälen,
sondern in der intimen Atmosphäre der Salons,
in den petit maisans" sentimentalisch angeleg-
ter Gärten. Und nur zu oft war es ein illegitimes
Weiberregiment", das den Lauf der Dinge mit-
bestimmte. Die Salons der adeligen Damen waren
geistige Zentren, von denen die sanfte Revolu-
tion der Rokokazeit ausging. Ihre Atmosphäre
von raffinierter Sensibilität und exaltierter Sen-
timentalität, von Zärtlichkeit und Frivolität faszi-
nierte Herrscher und Staatsmänner und zwang
die Kavaliere und Abbes, die Literaten, Wis-
senschaftler und Künstler in ihren Bann. Dieses
Publikum erfüllte die Salons mit dem Spiel über-
raschender und ergötzlicher Einfälle des Verstan-
des, mit den Spitzfindigkeiten des Witzes", mit
dem attischen Salze der Vernunft, mit der
Skepsis der Philosophen" und Selbstsicherheit
der Aufklärer", die leidenschaftlich das Natur-
recht, Humanität und Toleranz verkündeten und
mit den neuen Forschungsergebnissen der Natur-
wissenschaften bewiesen.
Am habsburgischen Hofe in Wien jedoch sollte
der Anstoß zu einer Umwälzung nicht von
außen kommen, sondern aus dem Schaße der
kaiserlichen Familie selbst, aus Schicksalsbedin-
gungen, die sich als eine stärkere Realität erwie-
sen als alle traditionellen und dynastischen Vor-
urteile. Am 12. Februar 1736 wurde die älteste
Tochter Kaiser Karls Vl., Maria Theresia, die im
Falle keiner männlichen Nachkommenschaft
durch die habsburgische Erbfolgeordnung vom
Jahre 1714 zur Nachfolge auf den Thron be-
rechtigt war, mit Franz Stephan von Lothringen
vermählt. Maria Theresia durfte bei der Wahl
ihres Gatten allein ihrem Herzen folgen. Dieser
Entschluß der Erbin des mächtigen Habsburger-
reiches, den Prinz Eugen im Sinne der Staats-
räson als unklug bezeichnete, diese Wahl eines
machtpolitisch unbedeutenden Fürsten zum
Schwiegersohn, noch dazu in einer Situation, in
der jeder Machtzuwachs dringend notwendig ge-
wesen wäre, diese Respektierung weiblicher und
persönlicher Gefühle waren eine Preisgabe aller
bisher geübten Praktiken habsburgischer Haus-
und Heiratspolitik. Der traditionsbeladene und
konservativste Hof Europas kapitulierte vor dem
Herzen einer neunzehnjährigen Erzherzogin, die
mit Hilfe ihrer weiblichen Umgebung den zö-
gernden Kaiser schließlich bewogen hatte, ihrer
Heirat, dieser ngrand affaire" der europäischen
Staatskanzleien, mit Franz Stephan von Lothrin-
gen zuzustimmen.
Die Reaktion des Hofes und der Wiener auf
dieses Ereignis war zwiespältig. Der Herzensent-
schluß der jungen Erzherzogin rührte zwar ihr
Mitgefühl, die Gattenwahl jedoch betrachteten
sie nüchtern, voller Mißtrauen gegenüber dem
machtlosen Lothringer. Als dann noch anstelle
eines den Fortbestand des neuen Hauses sidtern-
den Sohnes immer wieder Mädchen geboren
wurden, verstärkte sich der Unmut, so daß der
Kaiser selbst überzeugt war, daß die Vorsehung
das Haus Habsburg vernichten wolle. Die Stim-
mung verschärfte sich, als nach dem Tode
Karls VI. am 20. Oktober 1740 Maria Theresia
den Thron bestieg und ihr das Erbe von allen
Seiten, insbesondere von Friedrich ll., dem jun-
gen Preußenkönig, streitig gemacht wurde. Erst
die Geburt des vierten Kindes, des Sohnes
Joseph, im Jahre 1741 ließ die Zukunft des
Hauses Habsburg-Lothringen wieder im hellen
Lichte erscheinen und sicherte der jungen Regen-
tin trotz militärischer Mißerfolge die Zuneigung
nnurdo BeHoHo, Das kaiserliche Luslschloß
hönbrunn, Hofseile, 1758-1761. Wien, Kunst-
storisches Museum
anz Anton Muulbertsch, Triumph des Lichtes,
zckengemälde, 1765. Schloß Hcllbiurn, Burgen-
1d.
er Wiener und ihrer Völker. Aber noch war
er Kampf um Thron und Erbe nicht endgültig
itschieden. Ja, der Tadfeind Friedrich ll. konnte
erkühnen, anlößlich eines Dankgottesdien-
zs im Ersten Schlesischen Kriege, Maria There-
mit den Versen aus dem ersten Briefe an
motheus zu verspotten Ein Weib lerne in der
ille mit aller Bescheidenheit. Einem Weibe aber
istotte ich nicht, daß sie lehre, auch nicht, doß
des Mannes Herr sei, sondern ich will, daß
stille sei."
es aber den Bemühungen Maria Theresias
znnoch gelungen war, für ihren Gemahl und
itregenten Franz Stephan im Jahre 1745 die
'ahl und die Krönung zum deutschen Kaiser
anz I. in Frankfurt durchzusetzen, kannte der
bel des Hofes, die Freudenbezeigungen und
is Freudengeschrei der Wiener keine Grenzen.
it Illuminationen, Ehren- und Triumphgerüsten
Jrde die Rückkehr der kaiserlichen Maiestüten
lCl'1 Wien gefeiert und wurden die Zuneigung
1d Verbindung zum angestammten Herrscher-
iuse laut bekundet. Jetzt war der nach dem
Tade Karls Vl. königlich gewordene Hof wieder
ein kaiserlicher, Wien war wieder die kaiser-
liche Residenz" und damit die ranghöchste unter
den Städten, ein neues Rom der Erden", und
Gottscheds Hymnus auf die Kaiserin, Apollo
ist zwar groß, die Kaiserin doch größer", fand
die begeisterte Zustimmung der Zeitgenossen.
Mit diesem Triumph des Weiberregiments Ma-
ria Theresias, das sich seine Legitimität und Gott-
gewolltheit in der Auseinandersetzung gegen ih-
ren männlichen Rivalen Friedrich ll. erkämpft
hatte, mit diesem strahlenden Hervargang einer
Frau aus ihrem Bereiche der Stille und Beschei-
denheit in den gleichberechtigten Glanz majestä-
tischer Repräsentation, manifestierte sich der
Zeitgeist der Rokokoepoche in exemplarischer
und symbolischer Weise.
Vierzig Jahre, bis zum 29. November 17BO,da Ma-
ria Theresia die Augen schloß, währte die Wirk-
samkeit ihres weiblichen Regiments, unter dessen
mildern Lichte die Umwälzung, die Reformen der
RokokozeiLvar sich ging und ein neues von Grund
auf reformierte Österreich aufgebaut wurde.
Franz Anton Maulbertsch, Der hl. Lang
Ausschnitt aus dem Kuppelfresko, 1757. Heili
kreuz-Gutenbrunn, Niederösterreich, Pfarrk
Maria Himmelfahrt
Franz Anton Maulbertsch, Selbstbildnis, 179i
1796. Wien, Österreichische Galerie, Bai
museum, Unteres Belvedere
Johann Bergt, DieJurisprudenz, Deckengem
1768. Stift Melk, Niederösterreich, Bibliothek
Um iene Reformen verwirklichen zu können, die
Maria Theresia aus ihrem eigenen Wesen her-
aus und unter dem Druck der Verhältnisse an-
strebte, umgab sie sich mit zahlreichen Ratge-
bern, die sie mit sicherem Instinkt und weiblicher
Umsicht auswählte. Schon in den kritischen
Dezembertagen des Jahres 1740 hatte die iunge,
dreiundzwanzigiährige Regentin ihr Bedürfnis
nach einem Seelenführer durch die Berufung
des portugiesischen Grafen Tarouca entschieden.
Dieser Mann gehörte seinem innersten Wesen
noch ganz der kirchengläubigen Barockzeit an.
Wie Maria Theresia selbst war er eine tief-
religiöse Natur, erfüllt von Gottesfurcht, sittlicher
Größe und streng katholischer Gesinnung. Das
stärkste Band war wohl das gemeinsame Herr-
scherbild, die Überzeugung, daß der christliche
Monarch Gott verpflichtet ist, von ihm seine
Macht erhält und ihm als König der Könige zu
dienen habe. Wie alle ihre Vorfahren sah Maria
Theresia in den Grund-Säulen der Pietät", im
Gebet, in der Verehrung der Glaubensgeheim-
nisse des Altarsakramentes die Voraussetzungen
für den Bestand und die Macht des Hauses
Habsburg. Diese pietas austriaca" bestimmte
nicht nur das öffentliche und private Leben am
Hofe, in Stadt und Land, sondern entfaltete
einen besonderen Frömmigkeitsstil, der in der
exemplarischen Teilnahme aller Mitglieder des
Herrscherhauses an der öffentlichen Fronleich-
namsprozession und den Wallfahrten zu den
Marienheiligtümern Alt-Utting und Mariazell var
und nach iedem größeren Ereignis seinen beson-
deren Ausdruck fand. Solange Taroucas beraten-
de Stimme Gewicht hatte, waren seine reli
und ethisch gestimmten Ermahnungen immer ge-
gen die französische Verführung", gegen Frank-
reich gerichtet gewesen. Schließlich aber be-
siegte ihn die kühle Glätte des Staatskanzlers
Kaunitz, der ab 1753 mit seiner den ganzen Erd-
teil umspannenden Außenpolitik das Geschick
Österreichs bestimmte.
Mit dem Staatskanzler Wenzel Fürst Kaunitz war
ein Mann zur Macht gekommen, der als öster-
reichischer Botschafter in Paris von 1750 bis 1753
Anhänger der Aufklärung" geworden war. Sein
außenpolitisches Programm, das die Wiederge-
winnung der an Friedrich ll. verlorenen schlesi-
schen Gebiete enthielt und daher die volle Zu-
stimmung der Kaiserin fand, sah allein in einem
Bündnis mit Frankreich die große Chance zur
Niederringung Preußens. Entgegen Taroucas Vor-
stellungen konnte er die Kaiserin zu einem
Pakte mit Frankreich bewegen und damit die
größte außenpolitische Revolution des 18. Jahr-
hunderts, die Beendigung einer dreihundertiähri-
gen bitteren Feindschaft zwischen Frankreich
und Österreich, herbeiführen.
Hatte Fürst Kaunitz durch seine politische Aktivi-
tät dem Ballhausplatz, dem Amtssitz der Haus-,
Hof- und Staatskanzlei", zu einem dominieren-
den Ansehen innerhalb der europäischen Staats-
kanzleien verholfen, so war es der Schlesier
Graf Haugwitz, der den Neubau des Staatsge-
füges durchsetzte. Er begann mit einer umfang-
reichen Verwaltungsreform, die die österreichi-
schen und böhmischen Erbländer organisatorisch
unter eine Zentralstelle zusammenfaßte und da-
mit die Zentralisierung des Staates und die
Machtstörkung der Monarchie bewirkte. Im Sinne
des aufgeklärten Absolutismus wurde ein bü-
rokratisches System entwickelt, das nicht nur die
Stärkung der finanziellen Kräfte des Staates,
die bessere Ausnützung der Einnahmequellen,
der Steuern und Naturprodukte gewährleistete,
sondern auch die Befreiung der Bauern von der
Leibeigenschaft in den Jahren 1781 bis 1785
vorbereitete.
Unter dem Finanzminister Graf Chotek erfolgte
schon im Jahre 1748 eine Steuerreform, die den
Steuerdruck, der bisher auf den Bauern lastete,
in Form einer klassifizierenden Kopfsteuer auch
auf den Adel, die Geistlichkeit und die Beamten
ausdehnte. Durch diese gottgefällige Gleich-
heit" var der Steuer wurde nicht nur ein wesent-
licher Angriffspunkt revolutionärer Empörung
aus der Welt geschafft und Österreich die große
Revolution erspart, sondern auch durch neue
Steuern innerhalb der Jahre 1740 bis 1790 eine
Verdreifachung der Abgaben erzielt.
Auf diese Weise aber waren die Mittel gewon-
nen, um die großzügige Reform und Reorgani-
sation der militärischen Macht durchzuführen.
Unter den Feldmarschällen Graf Daun, dem Sie-
ger von Kolin, Freiherr Gideon Laudon, dem
Sieger von Kunersdorf, und Graf Lacy wurde
die kaiserliche Armee nicht nur zu einem schlag-
kräftigen Machtinstrument umgebildet, sondern
zum eigentlichen Träger des österreichischen
Staatsgedankens innerhalb der völkerreichen
Monarchie.
Die geduldige, vorsichtige und maßvolle Reform-
politik der Kaiserin Maria Theresia erfaßte auch
die übrigen Gebiete des öffentlichen Lebens.
Anstelle der seit 1532 gültigen PeinIichen Hals-
gerichtsordnung" trat ein neues Gesetzbuch, die
Nemesis Theresiana", das dem Naturrecht der
Aufklärung Rechnung trug. In Verfolgung dieser
Rechtsauffassung wurde im Jahre 1778 die Folter
abgeschafft und 1786 das Strafgesetz von der
Strafprozeßordnung getrennt.
Es lag im Sinne der Entwicklung vom Macht-
zum Wohlfahrtsstaat, daß Maria Theresia die
Reform des Unterrichtswesens, das bis dahin
völlig unter dem Einfluß der Jesuiten stand, als
ein Politikum", als eine staatspolitische Maß-
nahme erster Ordnung betrachtete. Zur Über-
wachung und Förderung der Reformen wurde
eine Studienhofkommission eingesetzt und von
dem Abt Johann Ignaz Felbiger eine allgemeine
Schulordnung verfaßt. Diese sah für die deut-
schen NormaIschulen" eine Trivial- und Haupt-
schulstufe vor, deren Besuch vom 6. bis zum 12.
Lebensiahre dauerte, eine Maßnahme, die in kei-
nem anderen Staate Europas durchgeführt
wurde.
Die Reform erstreckte sich auch auf die Univer-
sität, die unter ihrem Protektor Johann Josef
Graf Trautson, dem Wiener Erzbischof, ein
neues und prachtvolles Gebäude erhielt, das von
dem lothringischen Hausarchitekten Jean Nicolas
Jadot erbaut wurde. Nicht ohne den Einfluß der
Freimaurer, die seit 1742 in Wien Logen besaßen
und nach der Auflösung des Jesuifenordens im
Jahre 1773 dessen Rolle übernahmen, wurden
die Fakultäten reformiert. In diesen Jahren legte
die Medizinische Fakultät unter ihrem Präsiden-
ten, dem Leibarzt der Kaiserin Gerhard van
Swieten, den Grund zum Weltruf der Wiener
medizinischen Schule. Die Zentralisierung aller
Wohlfahrtseinrichtungen führte zum Bau eines
allgemeinen Krankenhauses", das im Jahre 1784
eröffnet wurde und die größte Spitalstadt des
Kontinentes war.
Die Förderung der Naturwissenschaften und
der Technik ließ sich besonders Kaiser Franz I.
angelegen sein, zu dessen Liebhabereien das
wissenschaftliche Dilettieren auf den Gebieten
der Physik, Chemie, Mineralogie und Botanik
gehörte. Sein Sammlungseifer schuf das um-
fangreiche Hof-Naturalien-Kabinett, eine wis-
senschaftliche Institution, unter deren Einfluß es
zur Errichtung von Lehrkanzeln für Botanik,
Chemie und Mineralogie an den Universitäten
der österreichischen Erbländer kam. Den be-
rühmtesten Vertreter der chemischen und botani-
schen Disziplin und Verfasser einer mehrbändi-
gen Flora Austriaca", Nicolas de Jacquin,
Johann Christian Brand, Laxenburg vom Lust-
haus auf der Hanawiese gegen Mödling, 1758.
Wien, Österreichische Galerie, Barockmuseum
schickte der Kaiser in die Tropenwelt Mittel-
amerikas, um die exotische Pflanzenwelt zu stu-
dieren und seltene Exemplare für den kaiser-
lichen Garten in Schönbrunn nach Wien zu brin-
gen. Schon in der ersten Jahrhunderthälfte hatte
die Einführung des Merkantilismus für Öster-
reichs Handel und Industrie einen bedeutenden
Aufschwung erbracht. Dieser wurde in der Ära
Maria Theresias durch die Einführung neuer
Zoll-, Handels-, Falliten- und Wechselordnungen
ausgebaut. Durch dieGründung von Manufaktur-
schulen, einer Realschule 1769 und einer Real-
handelsakademie 1771 wurden geschulte Kräfte
herongebildet, die für die mehr als 30 Fabriken,
die es nach 1750 in Wien gab, sowie die zahl-
reichen Neugründungen in den Erbländern drin-
gend gebraucht wurden.
Zu den Unternehmungen, die den merkantilisti-
schen Tendenzen ihr Dasein verdankten, gehörte
die im Jahre 1718 als Privatbetrieb eingerich-
tete Wiener Porzellanmanufaktur in der Roßau.
Im Jahre 1744, nach Ablauf der 25iährigen
Schutzfrist, bot der verschuldete Unternehmer
Claudius lnnocentius Du Paquier dem Staate die
Manufaktur zum Kaufe an. Der Entschluß der
Kaiserin, die Manufaktur zu übernehmen, ret-
tete für Wien ein Unternehmen, das mit seinen
Erzeugnissen nicht nur den glanzvollsten, son-
dern auch den für die Rokokozeit typischsten
Beitrag des Wiener Kunstschaffens erbrachte.
Um den neuen gout" der Rokakozeit, der sich
vor allem in Frankreich in Gebrauchs- und Zier-
geräten, bei allen Einrichtungsgegenständen, in
der Dekoration der Innenräume sowie in den
freien Künsten bereits durchgesetzt hatte, auch in
Wien einzuführen, wurden Vorlagen und Mu-
ster angeschafft, die nach dem neuen styl
rocaille" gebildet waren. Alle Geschirrformen
und Geräte wurden jetzt mit der Rocaille" ver-
sehen, einer Ornament- und Zierform, deren
Schnörkel sich zur Muschel-, Blatf-, Wellen- und
Flügelfarm verwandeln kannten. Die Henkel,
Ausgüsse und Deckel, die Sockel und Standplat-
ten der Statuetten und Gruppen, aber auch die
ietzt mit hellen Farben gemalten Ornamente und
Kartuschen verwandelten sich zu solchen natura-
listisch-bizarren Gebilden. in der Plastik domi-
nierten die galanten Szenen, die Schäfer und
Komödianten, das Gärtnervalk, die Bauern und
immer wieder die Kindln", einzeln und in Grup-
pen, als Amoretten und Allegorien auf die Jah-
reszeiten, die Sinne, die Künste und Wissen-
schaften. Unter den geschidcten Händen der
Wiener Modelleure, die alle von Rafael Donners
Kunst beeinflußt waren, entstanden jene For-
men, die die sanften, mitunter kecken, selten
drastischen Ausdruckswerte bevorzugten. Die
Porzellane dieser kaiserlichen Epoche der Wie-
ner Manufaktur, die von 1745 bis 1770 währte,
haben alle Eigenschaften, die dem so zärtlich
als edlen Felde des feinen Porzellans" zukom-
men. Sie sind der lebendigste Spiegel der There-
sianischen Zeit, in der iene milde Atmosphäre
aus uent LUJkAllllllEllVvllnyll
bürgerlicher Wesensart vorherrschte, die die
mut, den Humor und die Gemütlichkeit gede
ließen.
Weniger günstig war die Theresianische Ep
den freien Künsten, die ihre große Zeit
in der ersten Jahrhunderthälfte gehabt hc
Durch die Besteuerung hatten die feudalen
traggeber und Bauherren große finanzielle
bußen erlitten, und selbst das Budget desW
Hofes war gegenüber den Ausgaben unter
Vl. viel bescheidener gehalten, Von den
nehmungen cer Barockzeit war das vor
scher von Er ach großartig geplante Ges
kunstwerk des Schönbrunner Schlosses nocl
mer nicht vollendet. Seit 1744 wurde es
staltet, seit 1750 war man mit der lnnei
stattung beschäftigt, die sich bis zum Jahre
hinziehen sal te. Was in Europa Rang und
men hatte, wurde für diesen größten Au
der Theresianischen Zeit herangezogen. Nict
Pocassi und cer junge Friedrich von Hohen
waren als Architekten tätig, der italien
Malervirtuose Gregorio Guglielmi schmücktt
große und kleine Galerie mit leuchtenden
kenfresken, die das kaiserliche Regiment ver
lichten, und ohann Wenzel Bergl, ein be
scher Freskant, bedeckte Wände und Deckel
Farterreräume mit fremdländischen Mot
Pflanzen und Tieren, die die Illusion einer
schen Natur wervarriefen. Stukkateure, Del
teure, Tischler und Schlosser sorgten für die
richtung und das dekorative Beiwerk, für
behagliche Wärme der Privaträume und
des Schlosses, das der Lieblingsaufenthalt
Kaiserpaares werden sollte. Unter der Le
des Hofstatuarius Christian Friedrich Wil
Beyer schufen zahlreiche Bildhauer den Sta
schmuck für die riesige Gartenanlage, die
dem aus Florenz berufenen Gartenarchitt
Louis Ferdinand de Nesle angelegt und Zl.
men mit einer Menagerie und dem botani
Garten von dem holländischen Hofgä
Adrian van Steckhoven betreut wurde.
der gewaltigen Dimensionen gedieh
Schöpfung nicht zu einem ÜberwVersailles,
sie ursprünglich geplant war, sondern zu
maßvollen, Kunst und Natur organisch ve
genden Anlage, deren Gesamtkampo
einen heiter-musikalischen Charakter trägt.
Alle künstlerischen Tendenzen der Rokok
iedoch kulminierten in dem malerischen Le
werk des Franz Anton Maulbertsch aus Lar
argen 1724-1798. In den Tafelbildern, Sk
und vor allem in seinen zahlreichen Freske
sakrale und profane Bauten schöpfte
Künstler alle malerischen Möglichkeiten au
reichte die illusionistische Monumentalmc
des Abendlandes ihre letzte Vollendung.
wichtigen Großaufträge, die Wien und die
länder noch zu vergeben hatten, wurden
ihm ausgeführt. Schon frühzeitig war
Künstlertum für seine Zeitgenossen Johann
zel Bergl, Johann Christian Brand, Josef
Mildorfer, Jakob Matthias Schmutzer, den
ser-Schmidt und Josef Wintherhalter vom
des Genialischen umgeben. Sein iugendl
brausendes Malertemperament ging über
Anregungen, die er an der kaiserlichen Al
mie während seiner Studienzeit bei seinen
rern Josef lgnaz Mildorfer und Paul Trog
hielt, weit hinaus und überschritt kühn die
lieferten Grenzen. Es gelang ihm, die zr
duftigen und hellen Farben der Rokokoze"
ihrem dunklen Urgrund, mit dem Helldunk
Einklang zu bringen und damit die it
Spannung und Dynamik der Welt Rembrant
verwandelter Form wieder anklingen zu lc
10 Seit Beginn des "I8. Jahrhunderts war der
10 Helblinghaus, um 1730. Innsbruck, Tirol, Herzog-
Friedrich-Straße 1O
11 Rathaus St. Veit a. d. Glan, Kärnten
12 Rokokahaus, 1767 Ausschnitt. Wels, Oberöster-
reich, Kaiser-Joseph-Platz 56
rrl
Hof ein Anziehungspunkt für zahlreiche italieni-
sche Künstler, Architekten, Freskanten, Maler und
Bildhauer. Im Jahre 1758 kam der Vedutenma-
ler Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, nach
Wien. Die Kaiserin hatte ihn berufen, damit er,
der für seine Stadtansichten berühmt war, ihre
Residenzstadt, ihr Vienna glariosa, im Bild fest-
halte. Als er 1761 nach München weiterempfoh-
len wurde, hatte er mehr als ein Dutzend Bilder
von der Stadt und den umliegenden Schlössern
hinterlassen. Diese Bilder, die das Leben der
höfischen Gesellschaft, das adelige Landleben
und das des Wiener Volkes immer vor dem Hin-
tergrund der Straßen und Plätze, der Paläste,
der Gärten und der sanften Wiener Landschaft
wiedergeben, sind ein einmaliges Zeugnis und
gleich dem Porzellan ein unverfölschter Spiegel
der österreichischen Spielform des Rokako.
Seit den Tagen Leopolds ll, und Karls Vl. stan-
den die Musik und das musikalische Schaffen am
Wiener Hofe in höchster Gunst und höchstem
.11;
der italienische Abbate Metastasio, die
hierzu komponierten seine Landsleute. Die
führungen fanden im Ballhaus nächst der
burg statt, das seit 1742 ein privates Unter
men geworden war und seit 1745 den
kaiserlich priviligiertes Theater nächst der
führte. Nach einem Umbau wurde es im Jl
1748 mit der Wiedererkannten Semiramis"
öffnet, wofür Christoph Willibald Gluck, de
Musiklehrer der Kaiserin nach Wien gekom
war, die Musik geschaffen hatte. An der gleii
Stelle wurde im Jahre 1762 Glucks Orpheus
Eurydike" aufgeführt, in der ein neuer,
mehr vorn italienischen Belkanta abhöng
Opernstil dominierte, der die ganze musikali
Welt aufhorchen ließ. Dieser neue Opernstil
Hofkapellmeisters Gluck, der von Wien
seinem Burgtheater ausging, eroberte schlief
die ganze Welt. Mit diesem Ereignis war
endgültig das europäische Musikzentrurn ge'
den. Am 12. Juli 1782 wurde im gleichen Hc
Helblinghuus, um 1730. Innsbruck, Tirol, Herzog-
FriedridvStrcße 10
Rathaus St. Veif a. d. Glan, Körnfen
Rokokohaus, 1767 Aussdlniff. Wels, Oberöster-
reich, Kaiser-Joseph-Plutz 56
Frankreich beeinflußten Schauspiel aber bl
in Wien die ganz oder halb extempor
Commedia dell'Arte, die Kunstkomödie",
dem Wiener Hanswurst als Helden, dem Kas
dessen Gspas" immer aus einer lebend
Phantasie und einem herzhaften Gemüt
ren war. Zum Kasperl, der auch Zentral
des genialen Kamödiendichters Philipp
war, gesellten sich die von Felix von Kurz
dene Figur des Bernardo und die von den
rektor des Kärntnertortheaters Weißkern
schaffene komische Maske des alternden Oc
do von Einhorn, bei dem Kasperl in Die
stand. Durch ein Dekret aus dem Jahre
wurde jedoch die Stegreifkomödie verboten
1770 unter dem Aufklärer Sonnenfels auch
Extemporieren. In der Zwischenzeit tobte
Kampf um die Stegreifkomödie und um
Gestalt des Kasperls, des Repräsentanten
österreichischen Volksseele. Erst die im
1776 verkündete Theaterfreiheit brachte auc
den Kasperl eine neue Glanzzeit. Jetzt kor
sich die Wiener auf den zahlreichen Volk
nen der Vorstädte wieder sattlachen und
den großen Schauspielen im Burgtheater
len, ein Bedürfnis, das ihrer Lebensauffa
entsprach, die, gleich der Antike, erst in
Polarität van Lachen und Weinen, von
schem Ernst und anmutiger Heiterkeit die
Existenz des Menschen verwirklicht sah.
ln keinem anderen europäischen Hof wurd-
Etikette so streng eingehalten und das
verhalten in den Beziehungen der Geschle
so streng beachtet wie in Wien. Wie der Ol
hofmeister der Kaiserin, Graf Khevenhülle
seinen Tagebüchern berichtet, hatte die Kai
selbst in puncto sexus sehr geschörfte
ergehen lassen", um die an den Höfen ük
Libertinage nicht einreißen zu lassen. Als
und Mutter von 16 Kindern war sie unerschi
lich davon überzeugt, daß Ehe und Familii
antastbare Einrichtungen sind, ja, daß
einzige wirkliche Glück dieser Erde eine
liche Ehe ist".
Diese Kaiserin, die ihrer Tochter Maria Antr
te für ihre Ehe mit Ludwig XVI. und ihr Ve
ten an dem französischen Hof die Lebens
heit mitgab, daß alles von der Frau abh
wenn sie nachgiebig, gut und amüsant ist",
Frau, die vom ersten Tag ihrer Regentscha
bewies, daß ihr auch das Herz eines König
eigen war, betrachtete sich trotz ihrer Lieb
Sorge für die Familie und die Kinder als
Länder allgemeine und erste Mutter", die
Wohl und Gutes ihrem particulari, Familir
Kindern", zu allen Zeiten vorgezogen hat
dieser Auffassung einer allgemeinen und
Mutter" erfuhr die Existenz der Frau in de
kokozeit eine Überhöhung und Verklärung
ren Bedeutung für die allgemeine Entwic
erst von der Gegenwart her voll und ganz
standen werden kann.
Sitzende Dame, um 1780, Wiener Parzt
manufaktur, Modell Anton Grassi großer
schnitt. Wien, Österreichisches Museum h.
gewandte Kunst
Sitzender Kavalier, um 1780, Wiener Porz
manufaktur, Modell Anton Grassi großer
schnitt. Wien, Österreichisches Museum fE
gewandte Kunst
Bernardo Bellotto, Wien vom Oberen Belv
aus gesehen, 1758-1761, Ausschnitt mit Ro
gesellschaft. Wien, Kunsthistorisches Museu
Unser Autor
Wirkl. Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek
Direktor des Österreichischen Museums
für angewandte Kunst
1010 Wien, Stubenring
Porträt des Malers Franz Edmund Weiratter
1733-1771 von Jakob Schmutzer
Anmerkungen 1-3 Anm. 3-6 s. S. 15
Die Papiers de Johann-Georg Wille graveur, nombreuses
lettres d'artistes 1716-1793" wurden 1961 vom National-
archiv erworben. Wolf Erich Kellner gest. 6. Juli 1964
berichtet über diesen Bestand in Neues aus dem schritt-
lichen Nachlaß des Jean Georges Wille, Sonderdruck
der Mitteilungen des Oberhessischen Geschiahtsvereins,
hsg. v. Dr. Heinrich Klenk, Neue Folge, Dappelband ÄWSO,
Gießen 1965.
rlautbuch der Ptarre St. Jakob in lnnsbrudr 733, den
29. May ist dem Anthoni Weirauther, Tischler, und der
Gertraut geb. Ortner in, ein Sohn Edmund vom Herrn
Dr. Obinger, Coaperator, getauft. Gevatter Herr Edmund
Franz Halter, geheimber Hat Cancelist."
Vgl. Dr. Hans Hachenegg in Katalog der Ausstellung
F. E. Weiratter 1733-1771" in der Galerie St. Barbara,
Solbad Hall i. 1,1971.
aEs handelt sich wahrscheinlich um Franz Michael Huber
Heir. 1701, gest. 17461, da sowohl dessen Todesdatum
mit der hier angegebenen Zeit übereinstimmt als auch
eine Beziehung zu dem in der Literatur als Lehrer Wei-
ratters genannten Josef Rurner besteht, insofern als
Franz Midiael Hubers Tochter Therese Änna 1747 einen
Josef Rumer, Maler in Innsbruck, heiratet. F. M. Huber
wdr Hatmaler des Landesgubernators Karl Philipp von
der Pfalz 1707-1717. 1711 malte er zusammen mit Josef
In den Archives Nationales Paris werden unter der lnventarnummer 219 AP Nr. 1-248 die bisher noch
nicht veröffentlichten Papiers de Johann-Gearg Wille graveur, nombreuses lettres d'artistes 746- 1793
aufbewahrt. Unter Nr. 248 finden wir einen Lebenslauf Franz Edmund Weirotters 1733-1771, des Be-
gründers der Schule für Landschaftszeichnung an der Wiener upferstecherakademie, an dessen Lehrtätig-
keit die Studienreisen mit den Schülern bemerkenswert sind. Das Zeichnen nach der Natur hatte Jean Georges
Wille 1715-1808 seinen Schülern besonders empfohlen. Zum Kreis um Wille in Paris gehörte vom Herbst
1759 mit einer zweijährigen Unterbrechung bis zum Frühjahr 1787 auch Weirntter. Es ist anzunehmen,
daß er bei seiner Ankunft in Paris diesen Lebenslauf, der 1759 endigt, selbst verfaßte, um sich als Maler
ausweisen zu können. Das große Detailwissen des Schreibers und die Abfassung in einem sehr fehlerhaften
Französisch lassen auf eine autobiugraphische Darstellung schließen.
Es wird hier eine freie Ubersetzung wiedergegeben.
M. Weirotter wurde 1733 in Innsbruck, Tirol, als
Sohn des Kunsttischlers Anton Weiratter gebo-
ren 1. Mit sieben Jahren verlor er seine Eltern.
Eine Tante erzag ihn bis zu seinem vierzehnten
Lebensjahr.
ln der lnnsbrucker Vorstadt, in Richtung des St.-
Johannes-Kirchleins, lebte ein Historien- und
Architekturmaler namens Huber", der gleichzei-
tig Weinhändler war. Bei diesem Maler begann
er vorerst einmal Farben zu mahlen und im Gar-
ten Kegel aufzustellen für die, die gerne spielten.
Als der Maler nach zwei Jahren starb, blieb er
noch ein Jahr bei dessen Sohn; und obwohl die-
ser sich nur als Schankwirt betätigte, kopierte er
weiterhin fleißig Bilder.
Da sich die Stadt um ihre aufkommenden Ta-
lente kümmerte, gab sie ihn zu einem anderen
Historienmaler namens Joseph Schmutzert und
zahlte diesem eine Waisenrente aus. Er blieb
hier ein Jahr, machte iegliche Arbeit, aber kaum
etwas, was seinem Studium förderlich gewesen
wäre.
Er wollte schließlich Wien besuchen, um von den
Möglichkeiten dieser Stadt für sein Studiumä zu
profitieren. Er reiste dorthin und trat bei einem
Bilderhöndler namens Fuchsedert ein. Er hielt
sich hier zwei Jahre auf. Dieser Händler besaß
ausgezeichnete Bilder, an denen er viel lernte.
Damals sah er zum ersten Male zwei Bilder von
Brandt-Vater', die ihm so gut gefielen, daß er
sich für die Landschaftsmalerei entschied.
Zuerst bekam er Quartier, Essen und einen hal-
ben Gulden Gehalt in der Woche. Er machte
rasche Fortschritte und erwies sich immer nütz-
licher, so daß der Bilderhändler sein Gehalt er-
höhte. So erhielt er schließlich zwei Gulden in
der Woche und wurde in der letzten Zeit sozu-
sagen nach dem Stück bezahlt.
13
MIN. .1. Im
zur. m." Iifwnlß .14 Ihnllnr .1.- .I.- Im;
m. m. rlÄ-wwunl lIUmq-m ,..- .w-1.1-,.,..
Imn-
r. m. n-u .0;
1..... ß. m4
1. .1,
Schließlich durfte er den Bilderhändler auf
Geschäftsreise nach Regensburg begleiten,
ihn dort mit Arbeit zurückließ. Er blieb ein
und arbeitete für einen aufgeschlossenen
einen bekannten Weinhändler dieser Stadt
mens Wölfel, und für verschiedene andere
falls interessierte und kunstbeflissene Hän
Als der Wiener Bilderhöndler zurückkehrte,
ihn wiederzutreffen, reisten sie zusammen
ter.
Er verließ mit ihm Regensburg, besuchte
burg, Nürnberg, Bamberg, Würzburg, Fi
Hanau und Frankfurt, wo er den berühr
Landschaftsmaler Schüzß kennenlernte.
blieb er kune Zeit und begab sich dann
Mainz. Dort machte er die Bekanntschaft
Domdekans Graf von Eltz". Er blieb hier
Monate. Er schuf für ihn mehrere Landscha
Zwei von diesen schenkte der Graf dem
herrn derselben Stadt Baron Kesselstadt",
ein sehr guter Kenner, Kunstliebhaber und
2er einer schönen Sammlung war. Die be
Bilder wurden dem Kurfürsten" gezeigt, den
gut gefielen und der sogleich zwei weitere
den van ihm erbauten Teil des Schlosses
stellte. Diese Bilder wurden dem versamm
Kapitel vorgestellt und so gut aufgenomi
daß man bei ihm zehn Supraporten für de
ben Teil des Schlosses in Auftrag gab. Er
endete diese Arbeit, aber der Krieg" beg
und obwohl er noch zehn weitere Bilder
hätte sollen, wurde die Arbeit allgemein
brachen, und sämtliche Künstler und Arbeiter
an diesem Unternehmen beteiligt waren,
streuten sich.
Der Graf von Eltz, sein Protektor, gab ihn
Namen des Kurfürsten ein Zeugnis über
gute Führung und einen Empfehlungsbriel
den Grafen Werthern", erster Kammerherr
Kurfürsten von Trier", ebenfalls ein Kenner
Kunstliebhaber, der ein sehr schönes Kupfers
kabinett besaß.
In Koblenz angekommen, empfing ihn der
sehr freundlich, ließ ihn zwei Bilder malen
stellte ihn damit dem Kurfüsten vor, der bei
zwei weitere bestellte. Nachdem er diesen
trag vollendet hatte, fuhr er nach Köln unc
beitete ein Jahr für verschiedene Personen.
Begleitet vom Hauptmann Lincghauffen, für
er viel gearbeitet hatte, nahm er an der Schl
von Krefeld lf als Beobachter teil; als die fra
sische Armee Köln besetzte und dadurch
große Teuerung entstand, beschloß er
reisen.
Vor dieser Schlacht hatte er die berühmte
seldorfer Galerie gesehen.
Er kehrte nach Mainz zurück, hielt sich aber
auf. Er besuchte Baron von Gall in Flersheim
den er sechs Monate arbeitete, und malte
zwei Stücke für seinen Protektor, Graf Eltz.
Von hier ging er nach Mannheim, wo der
rieinspektor und Maler Brinkmann" ihn emp
und ihm die Bilder des Kurfüsten von der Pfc
zeigte.
In Mannheim faßte er den Entschluß, Frank
zu besuchen, um so eher, als der Kriec
Deutschland fortdauerte. Er reiste über Metz
kam in Paris im September 175. an l".
2-7 Vues de 1a Seine, Bl. mit Widmung
Boucher, C. 1761 aus dem Sammelband
geä F. E. WeiroNer", Paris 1775, chez B4
res
Anmerkungen 4-19 Anm. 4-6 s. Texr S. 13
Waldmann zerslörie Fresken im Herkulessaal der Hai-
burg In lnnsbrudr, 1721l22 mii Änlon Zoller Wand- und
Dedxeniresken im Bernhardisaal des Klosiers Srams, 1723
die Deckenfresken der Pfarrkirche in Schwul.
Vgl. Ludwig Schönach, Beiträge zur Geschlechlerkunde
Tiroler lünsiler, S. A. 1905, S. 93, und Heinrich Hammer,
Franz Michael Huber, in Allg. Lexikon d. bild. Künsfler,
hsg. v. Hans Vollmer, 13. 31., Leipzig 1925, S. 40. Bei
KonrudbFlsrJinaler, lnnsbrucker Chronik V., Neue Bei-
Iräge m1! dem lnnsbrudcer Künsller-Kreis 1209-1923, lnns-
bruck 1934, S. 111, finden wir, daß Franz Änlan Huber,
Maler,geb. 1703 Sohn des vorige-H, 1739 als Bürger-
sohn die Aufnahme in Innsbruck erhölr und 1744 die Er-
laubnis des Wirlsgewerbes im lnnrain Nr. 37.
1105er Schmulzer Schmorzer, Schmaler 1714-1770 er-
häli 1749 vom Sladlral den Weyrarhenschen Puehen"
als Lehriungen zugewiesen, für dessen völlige Ausbildung
zs ausgeworfen werden.
Vgl. Flschnaler, a. a. 0., S. 200, und Josef Rin ler, in
Ällg. Lexikon d. Bild. Künstler, hsg. v. Hans glollmer,
30. 3d., Leipzizg 1936, S. 133.
sDie Wiener eii F. Weiroliers isl aus den bisher vor-
liegenden Quellen noch nichl klar rekonslruierbar.
Das Namensverzeidinis d. akad. Sdiüler vom Jahre 1726
bis 1753 im Ardiiv der Akademie der bildenden Künsie,
Wien 1a, S. 325, führt an Weyralier Franz Mahler
von lnspru in Cond. bey h. Kassler 22. Aug. 1751."
Das Aufno mepralokoll für die akad. Schüler v. Jünner
1733 bis Juli 1765 im Archiv der Akademie der bildenden
KÜnsVe, Wien lb, S. 115 Weyrore Franciscus Edmundus
und Kienast Josephus, beyde Mahle! aus Tirol von lns-
bruck gebiiriig, dermahlen in condilion bey Kessler zur
Ardi 22. Äugusl 1755."
ln fol. 130 1754 im Archiv der Äkademie der bildenden
Künsie, Wien, wird erwähnr, duß Edmundus We roiier
am 14. Okiober 1754 die Erlaubnis erhiell, einen egen
zu fragen.
"im Handelssiandskalender dieser Zeii scheini ein 3ilw
derhändler Fuchseder nichi auf. Die Fuchseder auch
Fuxeder waren eine weilverzweigle Maleriamilie des
15. Jahrhunderts. Es könnle sich bei dem hiergenannlen
um Franz Fuchseder 1725-1797, Hof- und Kammermuler,
handeln. Er kopierle u. a. auch Holländer. Weirolier
schloß sich während seiner weiieren Wanderiahre immer
wieder Malern an, die der holländernden Mode" an-
hingen. Er blieb mehrere Jahre in Paris bei Wille, in
dessen Werksia" diese Slrömung ihr Zenlrum haNe, und
iiihrle diese Richlung dann selbsl in Wien Weiler.
Vgl. A. Haidecki in Ällg. Lexikon d. Bild. Künsller, hsg.
v. Ulrich Thieme, 12. 3d., Leipzig 1916, S. 610 eine aus-
führliche Uarsiellung der Familie Fuchsoder war von
A. Haidecki eplanl in Quellensludien zur Wiener
Kunslgesdiichle, und Feier Pölschner, Genesis der Wie-
ner Biedermeierlandschafi, Wien 1964, S. 63 ii.
'Chrislian Hüligail Brand 1695-1756 war ein Landsdiafls-
maler, der auch unler dem Einfluß der holländischen
Malerei siand.
Vgl. Hans Tielze in Allg. Lexikon der Bild. Kiinsiler,
4. Bd., hsg. v. Ulrich Thieme u. Felix Becker, Leipzig
1910, S. 525, und Waller Wagner, Die Geschidile der
Akademie der Bildenden Künsre in Wien, Wien 1967,
passlm.
Chrisiian Georg Sdiüz 1710-1791 pflegle ebenfalls die
hoillandisiische" Landsdäafrsmalerei neben dem Pro-
spe i".
Vgl. O. K. in Allg. Lexikon d. Bild. Künsller, 30. 3d.,
hsg. van Hans Vollmer, Leipzig 1936, S. 314, und Feier
Pölschner, o. a. 0.. S. 73.
'Hugo Franz Karl Graf von Ellz 1701-1779, Domherr in
Mainz und Trier, Dompropsl van Minden und Erfuri.
"Franz Graf von Kesselsladi 1734-1737, Domherr von
Trier und Würzburg.
"Johann Friedrich Karl Reichsgraf von Oslein, Erzbischof-
Kurfürst van Mainz 1743-1763, Erbauer des Nordilü els
und der nördlichen udn Achsen der Rheinseile des ur-
Fürsilidien Schlosses in Mainz. lm zweilen Wellkneg
zersiörr.
Vgl. Die Mainzer Kurfürsien, bearb. v. Wilhelm Dienen-
boch, hsg. v. Carl Slenz, Mainz o. J., S. 97.
Der Siebeniührige Krieg 1756-1763.
Georg Wilhelm Graf von Werfhern, geb. 1679, Kur-
von Trier 1729-1756.
Trierischer geh. Ral.
Franz Georg Reichsgraf von Sdiönborn,Kurfürst-Erzbischof
23. Juni 175
Die Düsseldorfer Gemäldegalerie mil ihrer Rubens-
Sommlun wurde von Herzo Johann Wilhelm Kurfürst
1690-1716 be ründer, der au als iürsrlicher Mäzen Viele
Künsller besc äiii unler denen zahlreiche Holländer
waren. Die Summ ung gelangte 1305 nach München und
bildel einen wesenllidien Teil der Allen Pinakolhek.
Vgl. Älle Pinakolhek München, Kolalog lll, Holländer des
17. Jahrhunderls, München 1967, hsg. v. d. Bayerischen
Sraarsgemäldesammlungen, S. 5.
"Philipp Hieronymus Erinckmann 1709-1761 war ein zu
seiner Zeii sehr gäschärzer Maler und Radierer, der selbsr
von Goethe in ichiung und Wahrheii" lobend erwähni
wird. Äuch er is! sowohl in seinen Landschafien als auch
in seinen Hisiorienbildern der hollandisrischen" Manier
verhafier.
Am Kurpiälzischen Hof zu Mannheim war er l-lofmuler,
Kummerrai und Oberaufseher der beriihmien Elldergale-
m. geworden.
Die Mannheimer Galerie war von Kurfürsr Karl Philipp
1661-1742 aufgabaul, von Carl Theodor 1742-1799 er-
weiierr worden. Das Hauplgewichi lag, vor allem auf
holländischen Gemälden. Sie gelangle ereils 1799 nadi
München.
Vgl. A. Pelizer in Allg. Lexikon der Bild. Künsller, 5. Bd.,
hsg. v. Ulrich Thieme, Lei zig 1911, S. 131i" und Nie
Pinakothek München, Karo og lll, Holländische Malerei
des 17. Jahrhunderts, München 1967, hsg. v. d. Bayeri-
sChen Siaaisgelnäldesammlun en, s. 16.
Carl Theodor, Pfalzgraf 17 Kurfürsf von Pfalz-Suh-
buch 1742 und Bayern 1777-1799.
in Willes Tagebuch Memoires ei iournal de J. G. Wille,
publ. pur G. Duplessis, Paris 1357, S. 111 wird Weirorrer
am 6. Okrober 1759 zum erslen Male erwähnt.
Unser Amor
Dr. Monika Oberhummer,
Kunsihisforisches lnslitut
der Universität Salzburg,
Zillnerslruße
5020 Salzburg
Franz Windisch-Graetz
Barocke Möbel
aus dem Stift
Kremsmünster
Es hat sich gelohnt, im Rahmen der Kunsttopo-
graphie des Stiftes Kremsmünster den Möbeln
mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als das in
den vorangegangenen Bänden dieser monumen-
talen Publikation geschehen ist. Die Sichtung
der Mobilien, die im Laufe der Zeit dem Stifte
zugewachsen sind, hat ein Ergebnis erbracht,
das eine eingehende Bestandsaufnahme vollauf
rechtfertigt Die Skala der Zweckbestimmung und
des entsprechenden materiellen Aufwandes, der
künstlerischen Form und der handwerklichen
Fertigung reicht von Reprösentationsstücken bis
zum ansprechenden und solide gearbeiteten Ge-
brauchsmöbel. Gerade in dieser zahlenmäßig
größten Gruppe gibt es Beispiele, die dem land-
ldufigen Bild, das man sich üblicherweise vom
österreichischen Barockmöbel macht, weitere,
durchaus als neuartig zu bezeichnende Züge
hinzufügen. Neuartig deshalb, weil die allge-
mein herrschende Vorstellung sich nur auf einige
wenige Typen beschränkt und man für deren
Gestaltung bloß ein ziemlich enges Schema
kennt. Die Wirklichkeit war jedoch eine ganz
andere. Sie war so vielfältig und so wenig uni-
farm wie die Menschen und ihre verschiedenen
Lebensumstönde, aus deren Gegebenheiten die
Möbel entstanden, denen sie angepaßt waren
und denen sie dienten. Der Gewinn, den die
Durchsicht der Kremsmünsterer Bestände für die
Möbelgeschichte erbrachte, besteht also in der
beträchtlichen Erweiterung unseres Wissens über
die Möglichkeiten und Arten der Möblierung und
Einrichtung hierzulande, enger genommen im
oberösterreichischen Kulturraum.
Für ein Land, dessen zusammenfassende Dar-
stellung seiner Möbelgeschichte noch aussteht,
bedeutet die topographische Registrierung des
Vorhandenen die unerlüßliche Materialbeschaf-
fung, die wiederum die Voraussetzung und
Grundlage bildet, um die stilistische Eigenart der
in diesem Lande entwickelten Möbelkunst zu
erkennen und im Vergleich mit den anderen
Ländern richtig beurteilen zu können. In diesem
Sinne erweist sich die Durchsicht des Kremsmün-
sterer Inventars als ein so gewinnbringender
Beitrag, wie er kaum iemals von einer Topo-
graphie erbracht wurde.
Man darf aber nicht in den Fehler verfallen, zu
erwarten, hie werde sich nun endlich und viel-
16
leicht sogar mühelos die Relation zwischen Ob-
iekt und archivalischem Beleg herstellen lassen,
hier werde in den meisten Fällen über die Person
des Herstellers und über die Entstehungszeit
eindeutige Auskunft zu erhalten sein. Eine solche
Einstellung hieße die Möglichkeiten überfor-
dern. Die Realität sieht anders aus. Wenn sich
dann und wann präzisere lnfarmationen ein-
stellen, so bilden sie stets nur vereinzelte Aus-
nahmen, sind die seltenen Sternstunden im Ver-
lauf der Arbeit, die dann dem Eifer des Nach-
farschens neuen Antrieb geben. Diesen benötigt
man zumal in Kremsmünster. Denn anders als
z. B. im Stift St. Florian, wo eine ähnliche Auf-
gabe zu leisten war' und wo wenigstens für
die großen Aufträge, wie die Einrichtung der
beiden Sakristeien, des Winterchors, des Som-
merrefektoriums, der Bibliothek und sogar für
manches besonders hervorstechende und signi-
fikante Möbelstück, die betreffenden Auszügl",
die Abrechnungsbelege, des Tischlers und Bild-
hauers erhalten geblieben sind, lößt das Krems-
münsterer Archiv selbst in diesen Belangen man-
che Frage offen. Nur über die Anfertigung der
zwanzigtürigen Reihe von Paramentenschrönken
aus den Jahren 1618119 und über die Ausstat-
tung der Bibliothek mit Bücherkösten und Ti
eine Arbeit, die von 1707 bis 1708 erfol
sind wir durch vorhandene Archivalien etwr
nauer, aber bezüglich der Paromentensch
auch nicht zu vollster Zufriedenheit unte
tetl. Hinsichtlich der riesigen Schatzkar
schränke, die neben der Bibliothek das
vollste Tischlerwerk im Stift darstellen,
bezüglich des Chorgestühls auf der Org
pore und betreffs der Sakristeieinrichtung
die Archivalien auf die Frage nach den
stern und der Entstehungszeit keine bef
gende Antwort. Ein kleiner Trost mag dar
finden sein, daß vielleicht dach in dem
oder anderen Einzelfall die Kammereirec
gen einen Hinweis zu enthalten scheinen
sich mit aller gebührenden Vorsicht zu
bestimmten Möbel in Beziehung bringen
Wir werden im folgenden darauf zu spn
kommen.
Zur Erstellung einer Chronologie des möL
schichtlichen Stilablaufs in Österreich
neben den archivalischen Angaben auch
datierte Möbel, die als orientierende Vergl
beispiele und Zeitmarken eine wichtige
tion erfüllen.
a-gr. am... 1-. -cscl
1x11
3,. ..
x.
Stift Kremsmünster, Oberösterreich
Schließlich begegnen wir zahlreichen Namen
von Tischlern, die im Laufe der Zeit für das
Kloster tätig waren. Wir erfahren dabei, daß
nicht nur im Ort ansässige Handwerksleute mit
Aufträgen bedacht wurden, sondern auch solche
aus den verschiedensten Städten und Dörfern
der näheren und weiteren Umgebung, aus einem
Gebiet, das am besten mit den Namen der
Städte Steyr, Enns Linz und Wels zu umschrei-
S.
nannt, die von 1647 bis 1683 und von 1679 bis
1710 mit ansehnlichen Arbeiten in den Rech-
nungsbüchern Erwähnung finden; vielleicht kann
ein 1661 datierter Kasten mit Simon Hadinger
in Verbindung gebracht werden.
Unter den auswärtigen Tischlern ist ohne Zwei-
fel der in Enns beheimatet gewesene Balthascr
Melber der bedeutendste. Er schuf in den Jahren
1707 und 1708 zusammen mit den Bildhauern
Stift Kremsmünster, Oberöslerreich
mww-iwe
Lil
nicht nur wegen seiner Zeitgemäßheit, die ihn
unter seinesgleichen auf dem flachen Lande als
fortschrittlich und über die in der Zierkunst herr-
schenden Tendenzen wohl informiert zeigt, son-
dern auch wegen der Präzision, mit der er seine
sehr ausgewogen komponierten Ornamente zu
schneiden wußte, sollte man versuchen, diesem
Meister näher auf die Spur zu kommen, seine
Herkunft, seinen Lebensweg und seine weitere
Tätigkeit ausfindig zu machen. Es würde sich
gewiß lohnen. Vorläufig sind außer der Biblio-
thekseinrichtung in Kremsmünster nur noch an-
sehnliche Arbeiten für das Refektorium und das
Ambulatoricim in Stift Lambach Türen, Tische
und die Lesekanzel aus dem Jahre 1709 als
archivalisch gesicherte Arbeiten von ihm be-
kannt". In Kremsmiinster könnten vielleicht auf
Grund der Ähnlichkeit in der Auffassung des
Laub- und Bandwerkornaments zwei Paare von
kleinen Tischen Melbers Werkstatt zugeschrieben
werden. Von dem einen Paar, das in den Kunst-
sammlungen steht, zeigt Abb. 21 ein Beispiel;
die beiden etwas größeren Tische, die sich in
der Prälatur befinden, sollen in einer weiteren
Folge dieses Berichts erwähnt werden. Jedenfalls
muß sich der Ennser Meister bereits einen Na-
men gemacht haben, ehe ihm von Kremsmünster
ein so umfangreicher Auftrag wie die Bibliothek
erteilt werden konnte; auch die kleinen Tische,
wenn sie von ihm stammen, zeigen ihn als ver-
sierten Könner. Aber Melber war nicht der ein-
zige Tischler von Rang, der im Raum von Enns
tätig war. Zur selben Zeit erwuchs ihm nämlich
ein scharfer Konkurrent in Stefan Jegg 1674 bis
1749, der mit dem Jahre 1706 seine Arbeit als
Tischler für das Stift St. Florian aufnahm, nach-
dem er bereits 1702 damals noch Tischler-
geselle geheiratet und im dortigen Markt einen
Hausstand gegründet hatte. Durch sein ganzes
Leben war er für das St. Florioner Stift tätig
und schuf gemeinsam mit dem Bildhauer Leon-
hard Sattler 1676 bis 1744 iene prunkvollen
Möbel, die wesentlich dazu beigetragen haben,
das barocke Gesamtkunstwerk dieses Klosters
zu verwirklichen und die, davon geprägt, ein
feststehender Begriff in der Möbelgeschichte des
gesamten deutschen Sprachraums geworden sind.
Damit berühren wir einen sehr wesentlichen
Punkt für die richtige Einschätzung der Krems-
münsterer Möbel. Ihren paradigmatischen Wert
für die österreichische Möbelgeschichte kann
chrunk, um 1700
Schrank, 1724
chrunk, gegen Mine 18. Jh.
lchrcnk, 1. Hölfle 18. Jh.
chrank, 1. Hälfte 18. Jh.
arkungen 1-3 Anrn.1,2 s. Tex! S. 16, 17
11 Windisch-Graelz, Barocke Mübelkuns! in Usler-
Überblick und Forschungslu Die Möbel das
les S. Florian, in 51. Florian, rbe und Vermüchlnis,
lschrifi Iur 900-Juhr-Feier, MiNeilungen des Ober-
zrr chischen Lundesnrchivs, Bd, 10, 1971, S. 346-396.
im vorlie enden Texl enthaltenen Hinweise auf
Florian sin alle dem IiHerIen Aufscll entnommen.
alle auf Tischler und ihre Tätigkeil für das Stil!
msmünsier Bezug nehmenden Änguben sowie belreifs
im Verlauf dieses Textes zilierlen Regesien siehe
hivulisdie Vorarbeiten zur Usferreichischen Kunst
ngrciphie Gerichisbezirk und Stift Kremsmünsierl,
uusgeg bei. von Dozenl Dr. P. Willibrord Neumüller
F.B Bd. Wien 1961.
erreichisdae Kunsffopographie, Bd. 34, Die Kimm.
kmäler des Gerichlsbezirkes Lambcch, bearbeile!
Iggwln Huinisch, Wien 1959, S. 194 Abb. 134,
man gerade am Vergleich mit St. Florian am be-
sten ermessen. Im Gegensatz zu dort gibt es in
Kremsmünster kein so starkes Übergewicht des
Barock und kein Monopol eines einzigen vor-
dringlich vom Kloster beanspruchten Tischlers.
Den Bauherren und Kunstmäzenen vom Rang der
St. Florianer Pröpste Franz Klaudius Kröll 1700-
1716 und besonders Johann Baptist Födermayr
1716-1732, der in allen Belangen der Künste
ein nahezu hemmungslos verschwenderischer
Auftraggeber war, kann keiner der Kremsmün-
sterer Äbte des 18. Jahrhunderts an die Seite ge-
stellt werden. Die Folge davan ist, daß der ge-
wiß großartigen barocken Einheitlichkeit und
Geschlossenheit St. Florians nun in Kremsmün-
ster eine nicht minder eindrucksvolle Vielfalt
gegenübersteht; hier hat der Barock niemals
mit so radikaler Ausschließlichkeit in die Bau-
substanz des Klosters eingegriffen, daß er die
Zeugnisse früherer Kunstepochen weitgehend
überlagert oder gar total verdrängt hätte. Auf
das Mobiliar angewandt heißt das, daß sich in
Kremsmünster seit der Spätgotik wenn man
ein geschnitztes Missalepult zu den Möbeln
rechnet besonders aber von der Renaissance
an eine kontinuierliche Reihe von, Beispielen
erhalten hat, in der alle Epochen mit zum Teil
einzigartigen Leistungen tischlerischen Könnens
vertreten sind. Gerade der Manierismus und das
frühe 17. Jahrhundert haben infolge des Auf-
schwungs, den das Kloster unter den bedeuten-
den Äbten Alexander Lacu 1601-1613 und
Anton Walfradt 1613-1639 im Zeitalter der
20
Gegenreformation erlebte, auch auf dem Möbel-
sektor ein reiches Erbe hinterlassen. Soweit die
derzeitige Forschungslage ein Urteil zuläßt, ist
nirgendwo sonst die Abfolge der Stile so lücken-
los dokumentiert wie in Kremsmünster. Auf die-
ser Vollständigkeit beruht der exemplarische
Wert der dortigen Möbelbestönde, deren heu-
tige Existenz wir dem Maßhalten und der be-
wahrenden Obhut der Äbte verdanken.
Zur Veranschaulichung folgt nun eine Auswahl
von Möbeln des 17. und 18. Jahrhunderts, die
dazu dienen soll, unsere Kenntnis über die
österreichische Spielart der jeweiligen europäi-
schen Möbelstile zu vertiefen.
Abb. Archivschrank. Mitte 17. Jahrhundert.
Ursprünglich ein Wandschrank. Der Sockel, die
Lisenen, die oberen Friese und das Abschlußgesims
bildeten einst den Türrahmen um die Mauernische,
die den eigentlichen Ladenkasten enthielt und mit
den beiden Türflügeln zu verschließen warf Als
man sich vor einigen Jahren entschloß, den Wand-
kasten zu einem frei stehenden Möbel urnzubauen,
mußten die Seitenteile Häupter völlig neu ange-
fertigt werden. Da die Front, die Türen und der
Ladenkasten als die wesentlichen Elemente original
sind, kann der Schrank sehr gut zur Veranschau-
lichung eines frühbarocken Möbels dienen, wofür
die Flamm- oder Rumpelleisten und das Knorpel-
werkornament charakteristisch sind. Mit der Unter-
teilung der Flächen in gerahmte Felder von ver-
verschiedener Form, wie es besonders die Lisenen
und die vargeblendeten Pilaster vom Sockel bis zu
den Friesen zeigen, wird hier noch eine renaissance-
mäßige Art der Wandgliederung beibehalten. Nuß-
baumholz auch die Ornamente, massiv oder als
Schwarte verarbeitet. H. 259, B. 206, T. 73 cm.
15
12 Halbhoher Schrank mit daroufgestelltem Kasten,
1. Hälfte 18. Jh.
13,14 Kommode mit Aufsatzschrank, 1. Hälfte 18. Jh.
15 lSähüiibkommode mit Aufsatzschrank, Mitte
16 lSghsiibtisch mit Autsatzschrank, gegen Mitte
Anmerkung
1Das alte Kranz- oder Abschlußgesirns wurde geteilt
und an die Seitenwände Häupter versetzt; das heutige
frontale Gesims ist eine von der Bundesfadnschule für
Holzbearbeitung in Hollstatt ausgeführte KUpIB.
Abb. Zweitüriger Schrank. Wegen der im
Fries angebrachten Jahreszahl 1668 ein wichtiges
Vergleichsbeispiel für die Anwendung des reifen
Knorpelwerkstils. Verwiesen sei auf die hier ge-
troffene Lösung, die beiden Türen durch eine fest-
stehende Mittellisene zu trennen. Nadelholz,
schwarz gestrichen. Vielleicht bezieht sich Regest
1840 aus 1668 auf diesen Schrank Maister Honnsen
Frischauf Tischler in Kremsmünster, einen großen
Kasten zu machen, 20 fl." Es ist das einzige große
Schrankmöbel, das in diesem Jahr erwähnt wird; der
hohe Preis läßt auf eine reiche Verzierung schließen.
H. 250, B. 290, T. 63 cm am Sockel gemessen.
Abb. Zweitüriger Schrank mit geschnitzter Be-
krönung. Um 1700. Kennzeichnend für diese Stil-
phase sind die stark aus der Fläche hervortreten-
den und von kräftigen Profilleisten gerahmten Fül-
lungen. Noch werden keine lntarsien, dafür aber
verschiedene Furniere verwendet Nußbaum-, Thuia-
und Pappelmaserholz. H. Schrank 237, Aufsatz
53 cm.
Abb. Zweitüriger Schrank mit reich profiliertem
und verkröpftern Kranzgesims ein Paar. 1724 3.
Die für ein österreichisches Schrankmöbel des Spät-
barock typische Schweifung der Front und Schräg-
stellung der Lisenen wird vom Sockel und vorn
Gesims übernommen und bekräftigt. Aufteilung der
lntarsien auf den Türen und Häuptern in ie drei
Gruppen. Auch die lnnenseiten der Türen intarsiert,
was eine Seltenheit darstellt. Außen sind die Linien-
intarsien geschweift, innen rechteckig geführt. Rei-
che Auswahl an Furnieren Nuß-, Zwetschken- und
Kirschbaumholz, Nußmaseh, Aharn- und Eibenholz.
Beschläge, Schloß, Angel und Bänder vergoldet und
üppig graviert. Akanthusranken Bänder sowie
Laub- und Bandwerk. lm Faszikel Sakristei
erliegt ein Auszügl" des bürgerlichen Schlosser-
meisters Peter Ügg aus Linz, vom 10. Mai 1724,
wegen verkauften Mobilien", worin saubere
neue Kloider Kasten mit verguldeten Beschlög
75 tl... 150 fl" erwähnt werden. Es gibt im Stift
keine zwei Kästen mit ähnlich prächtigen und ver-
goldeten Beschlägen, Es könnte also hier ein Zu-
sammenhang bestehen. H. 252, B. 225, T. 87 cm.
Abb. Eintüriger Schrank mit giebelförmig ge-
schweiftem Abschlußgesims ein Paar. Gegen
Mitte 18. Jahrhundert. Eintürige Schränke haben
sich weniger erhalten; die Qualität der lntarsien
ist beachtlich einander überschneidende, verschie-
denartige Bänder umrahmen eine symmetrisch an-
geordnete Dreiergruppe von mehrpassigen Schil-
dern. Verschiedene Arten von Nußbaum-, ferner
Ahorn- und Ebenholz. H. 185, B. 110, T. 59 cm.
Abb. 10 Zweitüriger Schrank, geschnitzte Bekrö-
nung, große Laub- und Bandwerkschwünge, von
einem furnierten und intarsierten Mittelquadrat
ausgehend. 1. Hälfte 18. Jahrhundert. Die Kasten-
form, die Art der Bekrönung und die für die
eingelegten Verzierungen verwendeten Motive sa-
wie ihre Anordnung sind typisch für Oberöster-
reich. Bekrönte Wappenkartuschen mit dem Binden-
schild in den waagrechten Mittelfüllungen" der
dreifach unterteilten Türtlächen. Nußbaum-, Ahorn-
und Palisanderholz. H. 220, B. 173, T. 65 cm.
Abb. 11 Zweitüriger Schrank. 1. Hälfte 18. Jahr-
hundert. Erwähnenswert sind die profilierten und
verkräpften Rahmen der vier großen Türfüllungen;
hier wird noch ein im 17. Jahrhundert übliches Ele-
ment der Gliederung beibehalten; eine im 18. Jahr-
hundert in Österreich ansonsten wenig häufige Lä-
sung. Nuß- und Zwetschkenbaum-, Nußmasen,
Ahorn-, Eiben- und Palisanderholz. H. 202, B. 210,
T. 75 cm.
Abb. 12 Halbhoher, eintüriger Schrank mit darauf-
gestelltem, kleinem, eintürigem Kasten. 1. Hälfte
18. Jahrhundert. Man beachte den reich bewegten
Umriß der schildförmigen Mittelfelder und die
wechselnde Kombination der Furniere auf den Tür-
bzw. Wandflächen und den Lisenen. Thuia-, Nuß-
maser-, Nußbaum-, Eiben-, Palisonder- und Ahorn-
holz. Schrank H. B9, B. 110, T. 70,5 cm; Aufsatz-
kasten H. 92,5, B. B1, T. 32 cm.
21
Abb. 13, 14 Kommode mit zweitürigem Aul
schrank. 1. Hälfte 18. Jahrhundert. Das
Mittelfach der Kommode ist als Waschtisch zu
wenden; darunter befindet sich ein herausziehl
Leibstuhl. Geschnitzte und vergoldete Bekrö
aus verschlungenem Laub- und Bandwerk;
Landschaftsbild ist eine spätere Einfügung.
maser-, Nuß- und Zwetschkenbaumholz
Ahornadern. H. ahne Bekrönung 219, B.
T. Kommode 82, Aufsatzschrank 30,5 cm.
Abb. 15 Schreibkommade Sekretär mit Aut
schrank. Mitte 18. Jahrhundert. Die Zugehöri
zum Rokoko äußert sich nicht in einer Veri
rung des Aufbaus, der grundsätzlich die im
barock gebräuchliche Möbelform behält, so
in der Neuartigkeit der Ornamente. lnne
eines Füllungsfeldes sind die Bandintarsien
nicht mehr zu einem streng symmetrischen Ge
geordnet; auch der Verlauf ist nicht ununterbrr
wie bisher, sondern besteht aus Bogen und Sc
fungen, die in Gegenschwiingen aneinand
reiht sind gilt auch für das Gesirnsl; darau
gibt sich eine scheinbar recht willkürliche
gungsrichtung der lntarsien. Aber von Fell
Feld besteht symmetrische Entsprechung. Die
nen Beschläge zeigen das typische Rocaillen
ment. Nußfurniere und Ahornbänder. H.
B. 1271106, T. 65130 cm.
Abb. 16 Schreibtisch Sekretär mit Aufsatzsch
Gegen Mitte 18. Jahrhundert. lm Vergleich
vorhergehenden Möbel sind hier die eingel-
Bänder und Schilder streng symmetrisch ang
net, wie es dem Spätbarock entspricht. Abe
Muschelkämme auf den Knien der Beine künde
reits das Rokoko an. Nußbaumholz massiv
und furniert verarbeitet, Nußmaser- und Zwt
kenbaumholz, Ahornadern. H. 190,5, B.
T. 60136 cm.
Abb. 17, 1B Tisch mit einem aus sechs Arl
bestehenden Gestell. 1. Hälfte 17. Jahrhui
Das Tischblatt dient als Bildträger einer Strohm
terie, die eine bühnenartige Säulenhalle dar
im Hintergrund der kaiserliche Doppeladler, ir
vier Zwickeln Cherubsköpfe, Bordüre mit R1
und Diamantquadern. Das Material bilden
halme, die verschieden gefärbt, in dünne St
geschnitten und zu einem dichten Gefüge
einander geleimt wurden. Die handwerkliche
sität und die außergewöhnliche Größe
diese Arbeit als ein typisches Kunstkammerstücl-
Regest 2136 aus 1679 zitiert Den 22. Mart
khaufften lhr Gnaden von Stro eingelegte
blat, 27 tl." Eines der beiden Tischblätter blie
halten und dürfte das vorliegende sein. Die
fertigung erfolgte iedoch wesentlich früher, wi
der geschweiften Form der Cherubsflügel um
Wölbung sowie aus der renaissancemäßigen
düre hervorgeht. H. B5, L. 124, B. 88 cm.
Abb.19 Tisch mitachteckigerMarmorplatte.-16
Wuchtiger Tischfuß aus acht radial gestellter
geschweiften Stützen, die, von einem senkre
Mittelstück ausstrahlend, schräg nach oben
unten gespreizt sind. Geschnitztes Blattwerk
die Schweifung der Schragen. lm Achteck gefi
Steg. Eichenholz. Regest 1532 aus 1642
Den 10. Juny Gregorn Perneckher Tischle
Welß vmb gemachte Tisch Schrägen zu
Märbenstainern Tischen geben 50 fl." Zeitlicl
stilistisch könnte diese Eintragung auf das
gestell bezogen werden, da die Blattornai
keinerlei Anklänge an das Knarpelwerk zr
hingegen viel eher noch dem Rollwerk ven
sind. H. 81,5, Dm. 130 cm.
Abb. 20-23 sollen darauf hinweisen, daß auch
zulande in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts
unterschiedliche Formen für die kleinen Ablage
gefunden wurden. Abb. 21 könnte, wie aber
reits erwähnt, aus Balthasar Melbers Werkstl
Enns stammen. Abb. 23 zeigt die Möglichkeit
Tischblatt durch Flügel, die mittels Scharnierer
klappbar sind, zu vergrößern. Abb. 20
L. 79, B. 38,5 cm; Abb. 21 H. 7B, L. 58, B. 40,!
Abb. 22, 23 H. 74,5, L. 71, B. 27154 cm.
Unser Autor
Dr. Franz Windisch-Graetz
Leiter der Möbelsammlung des
Österreichischen Museums
für angewandte Kunst
17, 18 Tisch mit Sirohmcrkeiarie 'l. Hälfte 17. Jh.
19 Tisch mii Mclrmorplaife, 1642
20-23 Ablagelisdne, 1. Hälfte 1B. Jh.
Oskar Holl
Schönheit, die aus
Anständigkeit entsteht
Zu der Ausstellung Die Shaker. Leben und Produktion einer Kommune in der Pionierzeit Amerikas", Wien,
Museum des 20. Jahrhunderts, 17. Juli bis 11. August 1974
Woran liegt es, daß eine Ausstellung eines guten
Hunderts einfacher Geräte und rund dreier Dut-
zend Fotografien international Aufsehen erregt?
Sollte es möglich sein, daß plötzlich Schönheit,
eine unzerredbare Schönheit alltäglicher Dinge,
sinnlich augenfällig, aber in ihrer Erscheinungs-
vielfalt und Stetigkeit der Qualität zunächst un-
erklärlich, ...einen überdurchschnittlichen Auf-
merksamkeitswert erhält fragt Georg Ram-
seger in der Basler National-Zeitung" und fin-
det zu dem Schluß Das Wunder ist wir wer-
den von der Güte der Arbeit so drastisch über-
fallen, daß wir umweglos die Güte der Hände
fühlen", die das geschaffen haben. Francois
Bondy schreibt in der New York Times" At
time in prosperous Eurape when the 'limits af
growth' and the 'end of wastefulness' are nat
mere slogans but are part of reality, the obiect-
world of 'Die Shakers' seemed ta have mes-
sage for capitalists and socialists alike who, so
far, have been only visualizing, in their different
ways, hedanistic future." Eine Vielzahl ver-
gleichbarer Pressestimmen ließe sich noch an-
fügen, allen gemeinsam ist ein Staunen, das mit
der uns anerzagenen Form von Zweckrationali-
töt nicht aufzulösen ist. So als ob unsere markt-
wirtschaftliche, auf Konsum programmierte Ge-
sellschaft nicht zuviel, sondern zuwenig rational
wäre. Mystik des Marktes, Zauberlied der kapi-
talorientierten Werbung kontra radikale Ein-
fachheit einer gesellschaftlichen und wirtschaft-
lichen Utopie nämlich der Lebensform der ame-
rikanischen Shaker.
24
Wie so häufig bei betonter Einfachheit ist es
nicht damit getan, die einfachen Dinge für var-
aussetzungslos zu halten und dann wie man es
von einem Bericht über Kunstgewerbe erwartet-
gleich zur Obiektbeschreibung überzugehen.
Diese Aufgabe haben die bisher über die Shaker-
ausstellung erschienenen Artikel gut bis vorzüg-
lich gelöst. Hingegen ist es noch nötig, einige
Hintergründe und Zusammenhänge amerikanisch-
europäischer Kulturgeschichte zu beleuchten, die
dem Betrachter der Ausstellung wohl nicht so
geläufig sind. Darauf möchte sich der folgende
Beitrag konzentrieren.
Utopische Gemeinschaften in den frühen
Jahren Amerikas
Der alte Goethe, den das gesellschaftliche Expe-
riment der Vereinigten Staaten vielfach beschäf-
tigt hat, schrieb in dem Gedicht Den Vereinig-
ten Staaten" 1827 die Zeilen
Amerika, du hast es besser
Als unser Kontinent, das alte,
hast keine verfallenen Schlösser
Und keine Basalte.
Die darin enthaltene Ansicht, nämlich daß die
USA nicht wie Europa den Ballast der Ge-
schichte mit sich trügen, wurde zu so etwas wie
einem Gemeinplatz. Dabei hält diese Meinung
einer Nachprüfung keineswegs stand Gerade in
der Entstehungszeit und in den ersten Jahrzehn-
ten sind die Vereinigten Staaten mit den Folgen
der Geschichte der Alten Welt aufs engste ver-
Der charakteristische Rundtanz der Shaker,
der Mitte ein Chor. Der Stich gibt zugleich ein
Eindruck von der Raumwirkung der Versam
lungshäuser, in diesem Fall des Gemeindehaus
von New Lebanon, Mitte 19. Jh.
lSgäglung der Shaker in Enfield, Connectic
Halle des Center Family-Hauses in Pleasant
lfßäafklllCky, erbaut von Micaiah Burnett, 1824
Anmerkun en l-7
National- eitung, U. 3. T974.
New York Times, 23. 3. 1974.
JV I. Richard Fairfield, Communes USA. Baltimore,
Penguin Books, 3489, S. 9.
'Max Weber, Die protestantische Ethik und der Geist
Kapitalismus. ln Max Weber, Gesammelte Aufsätze
Religionssoziologie I. Tübingen 1934.
München W63.
'Jeffersan ist der Erbauer des Stute Capitol van Virgii
in Ridnmond, des ersten der vielen antikisierenden
lamantsgebäude der USA.
Günter Bandmann, Mittelalterliche Ardiitektur als
deutungsträger. Berlin W51.
bunden, werden sie doch über den politischen
und zwischenstaatlichen Bereich hinaus von den
Erwartungen ihrer Bewohner bestimmt. Diese Er-
wartungen sind in vielem das Gegenbild iener
Erfahrungen, welche die Einwanderer aus Europa
mitgebracht haben. Schon mit der ersten Ansied-
lung puritanischer Dissidenten, der legendären
Pilgrims von der Mayflawer", wird die iunge
Kolonie zum Ansatz einer religiös-politischen
Utopie, und es ist bezeichnend, daß aus dem
puritanischen Staat Massachusetts bald wieder
Unzufriedene auswandern Sa entsteht die erste
Tochterkolonie mit religiöser Freiheit, Rhode
lsland and Providence Plantation", also auf den
Namen der Vorsehung getauft. Diese Kolonie
gewährte schon 1657 englischen Quäkern Schutz
und wurde im Jahre 1776 als erster der 13 Grün-
derstaaten der USA eine Republik. Aus der Ge-
meinschaft der Quäker stammte auch die 1774,
also mitten in den Aufbruchsiahren der amerika-
nischen Geschichte, in die Neue Welt einge-
wanderte Begründerin der Shaker, die Englän-
derin Ann Lee.
Pll. i. i-i .-ii
Eine Avantgarde des Zeitbewußtseins
Gerade die erste Phase der Einwanderung, nach
unter britischer Herrschaft und bis etwa 1800, ist
ein Aufbruch des Religiösen ebenso wie eine
Neuerung der Gesellschaft. Die Mennoniten, die
Amish ursprünglich Pfälzer Protestanten, die
Hutterer",'die Mährischen Brüder, die Quäker
und mit diesen andere britische Nonk0nfarmi-
sten diese Namen seien nur als Beispiele ge-
nannt. Wie in dieser noch wenig differenzier-
ten Bewußtseinslage üblich, ist Religion ein Kon-
tinuum weltanschaulicher, gesellschaftlicher und
politischer Vorstellungen. Keine Frage, daß hin-
ter den meisten genannten religiös-politischen
Bewegungen der philosophische Rationalismus
und die Aufklärung Europas stehen. Verglichen
mit den Entfaltungsmöglichkeiten der in Europa
Verbliebenen, ist es in der Tat eine Avantgarde
des Zeitbewußtseins, die da nach Amerika ge-
kommen ist.
Und schon bildet sich die erste radikale gesell-
schaftliche Utopie, die religiös-kommunistische
Gemeinsrhnft rlnr Fnlnrnfnra riii lmwnirhnanrler.
schiebung zu beobachten so als ob Weber den
wirtschaftlichen Aspekt im Auge gehabt hätte.
Indessen handelte es sich vornehmlich um einen
Beitrag zur Religionssoziologie, um Deutung der
religiösen Grundlagen und nicht des kapitalisti-
schen Systems".
Neben dem puritanischen ist noch ein anderer
Einfluß auf Amerika wesentlich für das Bild der
Zeit die Natürlichkeitslehre Rausseaus sowie die
von Beniamin Franklin und vor allem von Thomas
Jefferson rezipierte Aufklärung. Beides hat sich
so tief und unverwischbar in das Natianalbewußt-
sein der USA eingeprägt, daß Ralf Dahrendarf
eine Soziologie der heutigen USA unter den
Titel Die angewandte Aufklärung" stellen
konnte,- die USA sind bis heute von den Gedan-
ken des philosophischen 18. Jahrhunderts inspi-
riert. Nicht ausreichend bekannt in Europa sind
ferner das Wirken Jeffersons, des Hauptautors
der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung,
bei der Rezeption antik-republikanischer Ideale
in das Staatsleben der USA und, damit zusam-
menhängend, die von ihm bewußt vorgenom-
Uberzeugungen der Gründerperiode der ameri-
konischen Demokratie zugrunde? Es ist dies die
Forderung nach Einfachheit und Natürlichkeit,
nach dem Walten der Vernunft Vernunft so-
wohl als raison der französischen Enzyklopädi-
sten wie auch als common sense der angelsäch-
sischen Tradition im Leben des einzelnen und
der Gemeinschaft, im Glauben und im politi-
schen Bewußtsein ebenso wie in der Wirtschafts-
form Jeffersons Ideal der überschaubaren agra-
rischen Demokratie ein freies Volk nahezu
autarker Landwirte und im Erwerbsleben ganz
allgemein. Dieser amerikanische Wertekatalog
wird erst richtig verständlich, wenn man den
polemisch angegriffenen Gegner hinzudenkt
den Feudalismus Alt-Europas mit seinen stän-
dischen und anderen Bindungen und eben
nicht den im I9. Jahrhundert einsetzenden Indu-
striekapitalismus, den bezeichnenderweise die
USA bis heute verfassungsrechtlich nicht zu inte-
grieren vermodwt haben
Pioniere und Utopien
Erst wenn man sich den gesellschaftlichen Hin-
tergrund auf die eben beschriebene Weise klar-
macht, fällt es leichter, die gesellschaftlichen
Experimente der verschiedenen Sekten und Grup-
pierungen richtig zu verstehen. Daß die Formen
eines Alternative Lifestyle in der Frühzeit über-
wiegend von religiösen Gruppen getragen wur-
den, hängt einmal mit der, wie bereits festge-
stellt, damals noch viel stärkeren Verbindung von
Religion und Gesellschaftsmoral zusammen.
Zweitens ist die Überlebenschance religiös orga-
nisierter Dissidentengruppen in den USA aus
verfassungsrechtlichen Gründen größer, und
zwar bis heute, wie die gerichtliche Behandlung
von Gegnern der Wehr- oder Schulpflicht be-
weist".
Für alle utopischen Gemeinschaften" in den
USA, auch für die heutigen, gilt ein wichtiger
Umstand; Konflikte zwischen der Gemeinschaft
und der Außenwelt werden, wenn eine friedliche
Beilegung nicht möglich ist, durch Abwandern in
noch unbesiedelte Landesteile gelöst". Manche
Gemeinschaften, wie die der bibelkommunisti-
schen Perfektionisten des John Hundlay Noyes
in Oneida, N. Y., scheiterten letztlich an ihrem
Unvermögen, entweder die Außenseiterrolle in-
nerhalb eines sich immer mehr verdichtenden
Lentrums nordamerikanischer Schwerindustrie
durchzuhalten oder noch einmal die gewadise-
nen Strukturen zu verlassen.
Shakertum eine Ubererfüllung des American
way of life
Ann Lee, die Mutter" der Shaking Quakers, kam
1774 nach New York, und schon 1776 kaufte die
entstehende Gemeinschaft Land im damals und
außerhalb der Städte heute noch dünnbesiedel-
ten Mittelteil des Staates New York. Wie auch
alle weiteren Siedlungen war die erste, Water-
vliet, auf Autarkie angelegt, wirtschaftliche Selb-
ständigkeit und friedfertige, iedoch unüber-
sehbare räumliche Trennung von der übrigen
Bevölkerung. So ausschließlich auf die Shaker
beschränkt sich aber zumindest der wirtschaft-
liche Aspekt nicht. Die Autarkie des einzelnen
Anwesens ist beispielsweise, wie zuvor erwähnt,
auch Jeffersons Ideal, sicher die bestmögliche
Wirtschaftsform bei der dünnen Besiedlung und
beim harten Leben der Pioniere. Um 1780 verlief
die Grenze zur Wildnis immerhin erst entlang
dem Gebirgszug der Appalachen.
Da zeigt sich bereits, daß die Shaker Ansichten
zur Maxime erhoben, die im amerikanischen
Selbstverständnis zumindest ansatzweise bereits
vorhanden waren; genauer wäre zu sagen daß
die Shaker damit einer von zwei einander dialek-
tisch entgegengesetzten Linien amerikanischer
Tradition folgten. Ähnliches gilt von der hoch-
ratianalistischen Auffassung der Religion Die
Shaker lehnten äußere Kultformen und beson-
deres Priestertum ab, ia selbst zum Bibellesen
wurde nicht ermuntert, sondern statt dessen nütz-
liche Arbeit empfohlen. Stärker kann man sich
die Tendenzen des Puritanismus gar nicht ver-
wirklicht denken. ln die Quäkertradition Qua-
ker, wörtlich Zitterer gehören auch die gottes-
dienstlichen Versammlungen mit den ekstatischen
Schütteltänzen Abb. die den Shakern ihren
inoffiziellen Namen einbrachten". Selbst die
Lehre, daß iedes Mitglied mit dem Eintritt in die
Gemeinschaft in den Stand der Vollkommenheit
gelange, ist der puritanischen Rechttertigungs-
lehre Erwählttieit nicht fremd der abge-
schwächte, popularisierte Ausdruck dafür ist die
keineswegs nur hedonistisch zu verstehende Be-
zeichnung der USA als God's own country. Be-
kanntlich haben die Shaker mit der Lehre von
lreppe des lrustees-Hauses in Pteasant
Kentucky, erbaut von Micaiah Burnett, 1839
Haus der Center Family in Pleasant Hill,
tucky, erbaut von Micaiah Burnett, 1824-183-
Rundstall in Hancock, 1826, Dachkonstruktio
Shakerhut auf Shakerleiste", Sabbathday
Maine, um 1860
qvgiääimaschine. Plakat. West Gloucester,
Ein Shaker. Fotografische Aufnahme um 187
wmxiosvizs
Anmerkungen 8-12
'Sehr einleuchtend wird das dargelegt in einem
unveröffentlichten Vortrag von Robert H. Bellah l.
sify af California, Berkeley. The American Tabi
Socialism, im.
In der Praxis des amerikanischen Obersten Gericht
die verfassungsmäßig garantierte Freiheit der rellg
Überzeugung offenbar mehr respektiert als die
politisch abweichende Meinung.
Vgl. die keineswegs freiwillige etappenweise Wanc
der Mormonen von Indiana und lllinois iizw. M1
nach Utah, heute die Ansiedlung der Hippies und
auts in dünnbesiedelten Staaten, wie New Mexico,C
oder den küstenfernen Teilen Kaliforniens. Auch dii
berufene Mobilität der amerikanischen yDurchschnittsl
fährlidl wechseln 40 Prozent der amerikanischen Fa
den Wohnsitz wäre einmal in solchem Zusamme
zu sehen.
Selbstbezeichnung United Saciety of Believers in
Secand Appeclring.
Vgl. die genauen BUU- und ßekortlflonsvcrsChrlfte
Ausstellungskatalag s. 12.
i'll IIIPQOYID
;ers' Maine Mower!
Fou
csm OF DRAFT.
BILITY. PERFBGTION,
der zu Lebzeiten bereits erreichten Vollkom-
menheit auch ihre zölibatöre Haltung begründet;
es wäre nicht falsch, von dieser Gemeinschaft als
von einem Doppelarden zu reden. Auch diese
Leibteindlichkeit paßt in das Bild der puritani-
schen Moral. Hier sei lediglich darauf hingewie-
sen, welche Kräfte der Protestantismus in den
Menschen durch weitgehende Tabuisierung des
Sexualtriebes gelenkt hat; Arbeitsgebot, Rein-
lichkeitsgebot, Besitztrieb, Ordnungsgebot. Alle
diese Vorschriften finden sich in verstärkter Form
in den Regeln und Gebräuchen der Shaker. Man
muß auch zur Kenntnis nehmen, mit welchem
Verzicht die sozialen und zivilisatorischen Lei-
stungen der Shokergemeinschaft erkauft wur-
den.
Die Shaker in ihrer kulturellen Eigenwelt
Der besondere Beitrag der Shaker zum kulturel-
len und zivilisatorischen Experiment des Gemein-
schaftslebens scheint weniger der entschiedene
Kommunismus auf biblischer Grundlage gewesen
zu sein als vielmehr die soziale Konvergenz, also
das positive Eingehen auf den Mitmenschen, und
die große Aufrichtigkeit, die als richtig erkann-
ten Prinzipien bis in die feinsten Einzelheiten des
Alltagslebens hineinwirken zu lassen. Mag es
noch zweifelhaft bleiben, ab das Zusammen-
leben der Shaker immer waren mindestens
zwei beisammen, die einander gegenseitig zu
überwachen hatten so frei von unterbewußten
Spannungen war, so ist doch unbestreitbar, daß
nach allen Berichten zeitgenössischer Beobachter
Klarheit, Nützlichkeit, Sparsamkeit, Einfachheit
und Zweckmäßigkeit den Alltag der Shaker be-
stimmten und die Heiterkeit und Ruhe in den
Shakersiedlungen die Gäste überraschten Abb.
und 3.
Das aktualisierte Himmlische Jerusalem
In diesem Stadium der Überlegung drängt es
sich freilich auf, endlich die Geräte und Ge-
brauchsgegenstände zu betrachten, die die Gei-
steshaltung der Shaker sinnfällig wiedergeben.
lhrer Lebensform gemäß benötigten die Shaker
in ihren Siedlungen große Wohnhäuser, denn
je 70 bis 80 Mitglieder, manchmal auch mehr,
lebten nach Geschlechtern getrennt in sogenann-
ten Familien zusammen. Betrachtet man die vor-
züglichen Architekturfotas der Ausstellung, dann
wird klar, daß nicht das koloniale Herrschatts-
haus der Ausgangspunkt der Bauweise war, son-
dern das Blockhaus mit Kaminen an beiden Gie-
beln wie das englische Bauernhaus und die für
Amerikas Farmlandschaften später so charakte-
ristisch gewordene Scheune mit abgewalmtem
Dach. Symmetrische Grundrisse, einfache Farb-
gebung innen und außen, ein Minimum an Mö-
beln, mönchisch schmale Betten künden von der
selbstauferlegten Einfachheit. Die Farbe Weiß
ist allein den Versammlungshäusern vorbehalten.
Statt Schmuck und Zierat Betonung der Propor-
tionen, an einer Treppe etwa Hervorheben der
geometrischen Funktion Abb. wohlabge-
stimmt die Farbwirkung in den Versammlungs-
räumen weiß die Wände, blau das Gebälk und
rötlichgelb die Böden
Berühmt geworden ist der runde Stall von Han-
cock, 1826 Abb. mit seinen drei Arbeitsebe-
nen Heuboden, Kuhhaltung und Mistabfuhr,
selbst die Entlüftung durch eine zentrale Laterne
ist nicht vergessen.
Der Hausrat der Shaker mochte sich anfangs
nicht von dem anderer Landbewohner unter-
schieden haben; heute noch zeigt so manches
amerikanische Museum Wohnkultur der Pioniere,
Möbel von ähnlich einfacher Art. Bald aber ge-
hen die Shaker eigene Wege Stühle werden so
niedrig und leicht konstruiert, daß man sie
außerhalb der Mahlzeiten unter die großen
Tische stellen, beim Hausputz an die Wand hän-
gen kann, und zwar an die berühmte Shaker-
leiste" Abb. 7. Ferner haben die Shaker nicht
den charakteristischen Sinneswandel von der
Manufaktur zur industriellen Massenproduktion
mitgemacht, bei ihnen wirkte sich der Fortschritt
der Technik nicht in Massenproduktion, sondern
in der Verfeinerung und Vervollkommnung für
richtig erachtete Grundkonzepte aus. Selbst die
Schlichtheit des besten handwerklichen Bieder-
meiers wird hier übertroffen, in allem, was Klar-
heit und funktionelle Durchsichtigkeit betrifft.
Nicht traditionelle Formen, sondern physikalische
Notwendigkeiten, das Spiel von Zug- und Druck-
kräften, scheinen die Gestaltung zu bestimmen.
Dabei waren die Shaker, etwa im Gegensatz zu
27
10
der bis heute technikfeindlichen Sekte der Amish,
allen Technischen Verbesserungen gegenüber
grundsätzlich unbefangen und sogar sehr erfolg-
reiche Erfinder Die Liste der ihnen zugeschriebe-
nen Erfindungen und technischen Verbesserungen
von der Dreschmaschine bis zur Metallschreib-
feder umfaßt im Ausstellungskatalog eine
ganze Seite Abb. 9.
Wie beispielsweise eine Spanschachtel, dieses
von der Nippesbegeisterung des 19. Jahrhun-
derts wahrlich mißbrauchte Utensil", aussehen
kann, nämlich reduziert auf die einfache zylin-
drische Farm, auf die Schönheit des Holzes, dabei
die Spannkroft des Holzes sinnfällig machend in
der Kupfernietung, das vermag man von den
Shakern zu lernen Abb. 10, 11. Ob es nun ein
Eisenafen ist, ein Hcndtuchständer, ein Schaukel-
stuhl oder ein Nähtischchen, immer sieht man,
wieviel sich die Erbauer dabei gedacht, wie sehr
sie den Gebrauchsnutzen berücksichtigt haben.
Über hundert Jahre, unbeirrt von den Sinuskur-
ven des Zeitgeschmadrs, haben die Shaker ihre
Entwürfe beibehalten und verbessert, aber nicht
preisgegeben.
Man schämt sich fast, in diesem Zusammenhang
das Wort Design" zu verwenden, dessen Be-
griffserfüllung van der zeitgemäßen Farm" über
die aktuelle Wohnkultur" bis zur Erfindung des
Wegwerfmöbels längst korrumpiert ist.
Faßt man alle diese Leistungen der materiellen
Kultur der Shaker zusammen, so gerät man auf
eine im ersten Augenblick vielleicht überra-
schende, in Wahrheit iedoch sehr folgerichtige
Vermutung Was die Shaker da versucht haben,
ist wohl nichts anderes als die Erbauung des
himmlischen Jerusalem Apokalypse, Kap. 21 hier
auf der Erde, und zwar nicht als Kathedrale, wie
im Mittelalter, sondern, sehr amerikanisch", als
zweckrationale Eigenwelt.
Es ist schon erstaunlich, auf welche Art die Sekte
der Shaker, eine Extremform des Puritanis
die augustinische Civitas Dei errichtet hat!
Ausstellung aus dem Geist der Shaker
Das Zustandekommen dieser bedeutenden
stellung ist neben dem Direktor der Münc
Neuen Sammlung, Wend Fischer, vor allem
Wiener Architekten Karl und Eva Mang zu
danken. Karl Mang, Präsident des Österre
schen Instituts für Formgebung, hat schon
drei Jahren auf die Shaker hingewiesen
nunmehr die Ausstellung nicht nur initiiert,
dern auch gemeinsam mit Wend Fischer
Konzeption und den Katalog erarbeitet, gen
sam mit Eva Mang die Ausstellung gestaltet.
Architektenpaar schuf dafür eine Folge trans
tobler Kaieneinheiten aus nesselbespan
Holzrahmen; diese erlauben es, Nischen zu
den, die leichte Zwischendecke gibt den Eind
eines sehr anheimelnden, niemals aufdringli
Anmerkungen "I3 14
Die Stationen dler Ausstellung bis ins Jahr 1975 sind
München, Zürich, Wien, Kopenhagen, Stockholm, Ham-
burg, London.
Zitiert nach dem Katalog der Ausstellung, S. 69-75.
tierten Umwelt sehen, zu den Umsatzhochburgen,
den Warenhäusern, den Drugstores Pariser Aus-
führung und den Schwabyions unserer Städte?
Ist der Mensch nur insoweit Mensch, als er ver-
braucht, was wohl heißt Werte verschleißt?
Die Shaker in ihrer Umwelt
Das Beispiel der Shaker geht zumindest als ge-
sellschaftliches Experiment für uns Heutige nicht
vollends auf. Dafür gibt es verschiedene Gründe.
Shakergewerbe und kapitalistische Industrie
Die Shakergemeinschaften haben auch mit der
Außenwelt Handel betrieben, besonders durch
Möbelherstellung, Saatgutzucht, Heilkräuterver-
sand, Weberei und Verkauf landwirtschaftlicher
Geräte. Entscheidend dabei wandaß die Zwänge
des Marktes für die Shaker nur bedingt galten,
weil diese dank ihrer Autarkie den Marktgeset-
zen nicht restlos ausgeliefert waren.
Diese Unabhängigkeit vorn Markt erwies sich,
langfristig betrachtet, aber auch als Nachteil für
das Überleben der Shaker, denn der Publikums-
geschmack ging in die Richtung der industriell
produzierten Massen- und Konsumgüter, wobei
gar nicht gefragt werden soll, welche Möglich-
keiten der Marktbeeinflussung der Industrie of-
fenstanden. Auch die öffentliche Meinung der
USA neigte, fast bis in unsere Tage, mehr der
hodigradig arbeitsteiligen Alternative der kapi-
talistisch betriebenen Industrie zu als der ge-
werblichen Manufaktur, wie etwa die Shaker sie
betrieben. In ihrer Art, mit Naturschätzen und
Rohmaterial haushälterisch umzugehen, waren
die Shaker ihrer Zeit um 100 bis 150 Jahre vor-
aus. Erst heute dämmert uns, daß zu jeder wirt-
schaftlichen Tätigkeit mehr nötig ist als eine be-
triebsinterne Rentabilitätsrechnung, nämlich eine
volkswirtschaftliche Gesamtkalkulation, in der
auch Ökologie und soziale Rückwirkungen als
ernstgenommene Faktoren einbezogen sind. Viel-
leicht erklärt das, warum die Shaker, wie man-
che Pressestimmen verwundert feststellen, ge-
rade ietzt" der Vergessenheit entrissen werden.
Es erklärt aber auch, warum sie in dieser Phase
des Vergessenwerdens geraten konnten und
mußten.
Zu verkürzt wäre es, die Shaker als ein Anti-
Amerika" zu sehen. Verkörpert diese Sekte doch
die engstmögliche Annäherung an die Ideale des
Furitanismus. Kaum eine andere Gruppe oder
Gemeinschaft hat die Kontradiktion, die in dem
scheinbar so rationalen Lehrgebäude des Purita-
nismus liegt, ähnlich deutlich gemacht. Für ihr Zu-
sammenleben gilt, doß alle Mitglieder bereits
Auserwählte Gottes sind, daher unter ihnen volle
Gleichberechtigung, sowohl der Geschlechter wie
auch der Rassen, herrscht. Es ist sehr bezeichnend,
daß Friedrich Engels, der in seinem Deutschen
Bürgerbuch für 1845" ausführlich über den Kom-
munismus der Shaker spricht", zwar deren äußere
Lebensumstände genau beschreibt,iedoch auf die
Fragen, wie das Zusammenleben funktioniere,
worauf es gegründet sei, innerhalb welcher Be-
dingungen der sozialen Umwelt es stattfinde,
nicht eingeht. Ob es nun religiöse Vorschriften
waren oder nur" menschliche Güte und Gelas-
senheit, welche das von verschiedenen Zeugen
gerühmte ausgeglichene und friedfertige Verhal-
ten der Shaker auszeichneten, Tatsache ist, daß
es so etwas wie ein Gegenbeispiel war gegen
die umliegende Verhaltenstraditian und damit
vernunft, der bewußten und unbewußten Selbst-
zerstörung aus, ganz abgesehen von der unhisto-
rischen Verneinung der Zukunft, nämlich gemäß
der Lehre von dem bereits für gegenwärtig ge-
haltenen Reich Gottes auf Erden.
Auch wenn die Shakerkommunen als gesellschaft-
liches Experiment scheitern mußten die zwei
heute noch bestehenden nehmen keine neuen Mit-
glieder mehr auf und werden mit dem Tod der
letzten Schwestern aussterben, so können sie
doch Anregung genug geben, wie ein heute drin-
gender denn ie nötiger Stil eines von Vernunft
und Güte bestimmten Zusammenlebens beschaf-
fen sein müßte, also eine Aufklärung, die mensch-
licher ist, die schwerer widerlegbar ist als iene
des "I8. Jahrhunderts.
Design und Protest
Der Charakter des Menschen drückt sich in der
von ihm gestalteten Umwelt doppelt aus einmal
im Vorgang der Gestaltung, dann in der Art der
Benützung. Mit großer Überzeugungskraft doku-
mentiert die Shakerausstellung eine Ästhetik der
Ökonomie und Aufrichtigkeit, des dauerhaften
Erzeugnisses und des optimalen Gebrauchsnut-
zens. In den gezeigten Beispielen fallen, wie Karl
Mang es ausdrückte, Ästhetik und Moral zusam-
men. Dabei tritt eine europäische Überlieferung
ins Gedächtnis, die im wesentlichen aus einer
Opposition bestand, bestehen mußte; einer Op-
position, der William Morris ebenso angehörte
wie Adolf Laos. Und wer waren und sind ihre
Widersacher? Alle iene, die an den Schaltstellen
wirtschaftlicher Macht die überwältigende Mehr-
heit unserer Gesellschaft nach den Grundsätzen
der Produktion von Wegwerfgütern und künstli-
cher Bedürfnisse lenken. Zu Shakerzeiten war
das nicht anders als heute, im Zeitalter des
military industrial complex". ln amerikanischen
Kommunen von heute glaubt man allen Ernstes,
daß das Ausbrechen aus dem Konsumkreislauf
des American way of life, der Rückzug in die
Seibstversorgungswirtschaft, schon so etwas wie
ein subversiver Akt sei. Richtig daran ist immer-
hin, daß nur eine neue Werteskala menschlichere
Formen des Zusammenlebens erlaubt. Wäre
diese neue Werteskala übrigens so neu?
Die Wohlstandsvermehrung, die wir eine Zeit-
lang so geschätzt haben, scheint an ein von der
Natur vorgegebenes Ende zu stoßen. Wir wer-
den, freilich mutatis mutandis, der Tatsache des
prinzipiellen Mangels wieder einen Stellenwert
in unserem Bewußtsein einräumen müssen, wie
er der menschlichen Zivilisation von der Stein-
zeit an bis zum Beginn des industriellen Zeit-
alters zu eigen war. Dazu brauchen wir eine
Ethik des Miteinanderlebens, der Güte und der
Fürsorge. Nicht zufällig gibt die Shakerausstel-
lung einen Anstoß in diese Richtung; sie ist
vielmehr eines der verschiedenen sich mehren-
den Zeichen. Freilich nicht zum Nachahmen, son-
dern zum denkenden und vor allem tätigen
Neuschöpfen aus den Bedingungen unserer Zeit
möge der Besucher oder Leser sich eingeladen
fühlen.
Cl Unser Autor
Dr. Oskar Holl
Lindenstraße 28
München 90
29
ois Vogel
0m Kunstkonsum zur
ommunikation
löglichkeiten der
ntwicklungen
Durdw die Kunstpolitik des Dritten Reiches in den
sieben Jahren der deutschen Besetzung von allen
internationalen Kunstströmungen abgeschnitten,
galt es nach dem Krieg in Österreich eine Menge
nachzuholen. Schon in der Ersten Republik
zeigte ia die österreichische Kunstsituatian eher
einen Zug zum Konservativen, der nur von
einzelnen durchbrochen wurde. Es ist möglich,
daß gerade auf Grund dieser Stauungen in den
Jahren nach 1945 das Verlangen nach neuen
Aussagemöglichkeiten auch in unserem Land
das damals geographisch noch auf dem äußer-
sten Rand der Landkarte europäischer Kunst lag
besonders stark wurde. Es war die Zeit der
vielen kleinen Kunstzirkel und -kreise, es war
die Zeit der Art-clubl, der Sammlung um diese
und iene neue Galerie. Es war aber auch
schon die Zeit der Entscheidungen. Auf der einen
Seite sammelten sidt die Maler, die vom Surrea-
lismus ausgingen und zum großen Teil unter
der Flagge des Phantastischen Realismus" späe
ter Erfolge verzeichneten, zum anderen Teil die
Abstrakten", die, bei weitem nicht so schnell
gesättigt wie die Phantasten", über die verschie-
densten Zeichen- und Signalformen bis in die
nach zäher Arbeit, in aller Welt Resonanz" t.
den hier geschaffenen Skulpturen wurde ein
mittelbarer Kontakt zu den sie betrachten
Menschen angestrebt. Nicht mehr im Muss
nein, im Freien, an einer Straße, auf Hüg
sollten diese Steine stehen, den Vorbeifahren
zum Stehenbleiben, zum Herumgehen und
denken sollten sie auffordern.
Das scheint freilich nur teilweise gelungen.
fertigen Arbeiten wurden ieweils um den S1
bruch oder auf einem Hügel in seiner
gruppiert, und so entstand wieder etwas
liches wie ein Freilichtmuseum. Der fruchtl
gendste Ansatz war und ist sicher die
selbst, das gemeinsame Tun. Kristian Sotr
schreibt darüber Ein charakteristischer Zug
es, an die Stelle des Schaffens, des selbst-
einverstündlichen Tuns eine besonders frucht
Art von ,Gespröch' in Tagungen und Veran
tungen aller Art treten zu lassen, das gewi
lich darin besteht, bewegte Klage über einen
gemeinen Kulturverfall zu führen, dem ia
durch selbstgefälliges und betuliches Gert
sondern nur durch den Schöpfungsakt, das
spräch mit Materie und Geist, begegnet wer
Symposien St. Margarethen, Burgenland, 1966.
Skulpturen auf dem Hügel
Roland Goeschl, vor seinen farbigen Elementen,
sechziger Jahre
Betastung eines Meditationssteines von Karl
Prantl
Gasse aus Farbelementen von Roland Goeschl
als AktivitätenerregeW in der Grazer Innen-
stadt, sechziger Jahre
Aktivierendes Durchdrängen eines schmalen
Ganges auf der Triennale in Mailand, 1968. Ge-
staltung der AustriennaIe" Hans Hollein
nerkungen 1-5
rt club 1947-1955, s. auch K. Sotriffer, Malerei und
ustik in Usterreich, Wien 1963, S. 37.
alerie St. Stefan 1954, Galerie im Griedwenbeisl 196D.
iusik von e. Lampersberg, A. Logothetis, o. M. Zykan
11., Dichtung van J. Ebner, G. Rühm, F. Mayrödxer, E.
u. a.
Vogel, Das Symposien der Steinbildhauer in St. Mar-
arethen, in Alte und moderne Kunst, Nr. 91. 5338.
Sotriffer, St. Margarethen, Bildhauersympasion,
Iien 1969, S. 69
heutige Zeit in Bewegung blieben, ia oft in ge-
wandelter Weise wieder zu einem ganz neuen
Realismus zurückgefunden haben.
Gerade iene Künstler, die abstrakte" Werke
schufen wir wissen, doß das Wort abstrakt in
diesem Zusammenhang immer nur sehr behelfs-
mäßig eine Summierung verschiedener künst-
lerischer Ausdrucksformen bezeichnet, waren
aber bald mit der überkommenen Verwendung"
ihrer Arbeiten nicht mehr einverstanden. Weder
Dekoration noch Zierde einer kahlen Wand oder
Belebung eines leeren Winkels einer Gemeinde-
bauanlage, noch weniger Museumsstück wollten
sie schaffen, eher Herausforderung und Denk-
anstöße.
Interessant ist nun anzumerken, daß sich in den
Galerien der Abstrakten" eine oft reiche Wech-
selbeziehung zu anderen Kunstdisziplinen, zur
Musik und Literatur anbahnten". Die Phanta-
sten" waren offenbar selbst so sehr Literatur,
daß sie diese Ergänzung im großen und ganzen
bald nicht mehr suchten.
Eine Loslösung vom Verwendungsschemzf des
überkommenen musealen Kunstkonsums" sollte
die Gründung des 1. Bildhauersymposions in
St. Margarethen im Burgenland bringen, wo
man Kunstkonsumation durch Kunstkommunika-
tion ersetzen wollte. Die Idee ging von dem
Burgenländer Karl Prantl aus, der 1958159 mit
Dr. Friedrich Czagan und dem Bildhauer Hein-
rich Deutsch das Unternehmen begann. Es fand,
kann. In diesem Sinn ist das Gespräch, das
Symposiankünstler mit sich selbst, den ande
ihren Steinen und der Natur zu führen gezv
gen sind, ein gutes und fruchtbringendes,
Worte und Theorien durch die praktische
ersetzt."
In den Jahren seither hat sich freilich wie
manches geändert, und mancher hat an
Standpunkte bezogen. Die Tat wurde oft du
die geniale Idee ersetzt. Die Ausführung
jemanden anderem überlassen oder überhc
nicht angestrebt, nur im Geiste vollzogen.
genügen Konzepte und lose Skizzen oder nur
Stoß Papier, auf dem der Einfall in Stichwoi
oder tabellenartigen Rastern hingeworfen
Daß die Kommunikation dadurch erhöht wu.
ist allerdings unwahrscheinlich. Zuviel und
unangenehm werden imßer mehr Menschen
ähnlichen Papieren täglich konfrontiert. Auct
die Aufforderung des Künstlers dem Ni
künstler zu fremd, die Sprache des Künstlers
spezialisiert, um die Gedankengänge nachv
ziehen zu können. So ist die Concept-art
wieder nur ein Mit-Tun einer ganz schmc
Schicht.
Einen sehr wichtigen Schritt in Richtung Aktiv
des sonst passiven Teiles der Betrachter hat
der Mitte der sechziger Jahre Roland Goe
mit seinen farbigen Elementen getan. Er bc
Gassen", die der Betrachter zu durchschre
gehen, um zu sehen was dahinter" ist.
Einen ähnlichen Weg hat Hans Hollein auf der
Triennale 1968 in Mailand beschritten. Vor einer
Reihe von Türen mit parallelen Korridoren mußte
sich der Besucher entscheiden. Eine Tür mit vielen
Klinken, von denen nur eine öffnete, ließ den,
der eintreten wollte, überlegen, probieren. In
einem schmalen Gang, mit leicht gewellten ln-
nenwänden, analog der Bevölkerungszunahme
bis zum Jahr 2000,wurden einem das Durchgehen
und die Enge bewußt gemacht. Immer wieder
mußte sich der Besucher entscheiden, mußte
aktiv sein, sich betätigen und bekam einen Denk-
anstoß. Eine fast alle Triennalebesucher erfassen-
de Aktion war die Österreichbrille. Alle 15 Se-
kunden wurde van einer Maschine eine Brille
gegossen und diese wurde den Vorbeigehenden
geschenkt. In allen Abteilungen und auch in der
Stadt liefen die Menschen mit dieser rot-weiß-
roten Brille herum, so eine Botschaft weiter-
tragend. Vielleicht war es auch eine Art Maskie-
rung, wie die Sonnenbrillenmode oft Maskierung
ist. Die Gelegenheit einer internationalen Schau
wurde hier iedenfalls ergriffen, um die Passiven
zu aktivieren.
Hollein hat aber auch an anderen Orten die
Möglichkeit des Mit-Tuns geschaffen, so etwa in
einer Ausstellung im Städtischen Museum
Mönchengladbach. Er baute dort ein Archäolo-
gisches Grabungsfeld", in dem die Besucher
schaufeln konnten und dabei Funde machten.
Zum Tun will uns auch Cornelius Kolig mit vie-
len seiner Obiekte anregen. Schon vor Jahren
bot er einen Koffer mit Bestandteilen an, die der
Besitzer nach seinen Kombinationen zu einer
Plastik zusammensetzen, wieder auseinander-
nehmen und wieder anders konstruieren kann.
In der letzten Ausstellung im Museum des 20.
Jahrhunderts zeigt Kolig Behälter voll kleiner
Kügelchen, in denen man wühlen kann, zum
Abstellen neben Sitzmöbel, Ständer mit Holz-
knäufen, die sich bewegen und mit denen die
Finger spielen können.
Wo bieten sich aber hauptsächlich alle diese Ge-
legenheiten? Die Galerie ist der Aufmerksam-
keitsrahmen, der dem Künstler mit seinen räum-
lichen Bedingungen die Veröffentlichung seiner
Ideen ermöglichtw, schreibt P. Weiermair in
einem diese Fragen behandelnden Artikel. Wer
geht aber in die Galerien? Wieder nur die
Eingeweihten"l P. Henisch schrieb einmal einen
Text, in dem der Satz vorkommt literatur für
literaten die literaturzeitschriften lesen". ln der
bildenden Kunst liegen die Dinge nicht viel an-
ders. Haben die Aktionen O. Mühls iemanden
aktiviert? Wer baut sich seine Obiekte immer
wieder um?
Da und dort gab es in Österreich den zaghaften
Versuch eines Happenings, die Aufforderung
eines Aktionsmalers zur Publikumsbeteiligung.
Sehr früh war auf letzterem Gebiet H. Staud-
acher tätig. In Höfen, bei Hausabbruchstellen
oder anläßlich einer Autorenlesung in einem
Vortragssaal zelebrierte er seine spontanen
Malereien. Meist war der Schauplatz freilich ein
Ausstellungsraum, die Beteiligten Freunde des
Künstlers. Ähnliches gilt von den Aktionen der
Gruppe Hausrucker und Co., über die von G.
Mayer in dieser Zeitschrift berichtet wurde".
Eine größere Breite, weil die einfachen Leute in
Biergärten, bei Badeteichen und auf Ausflug-
plätzen erreichend, mit weniger Anspruch auf
IVlUIUKIIUII Haus uluuuuulcl ... 1.45! LIIILVI
Galerie
Schüttelsieb-Anmalaktion des Malers Frai
lan Wirth, 1973
10 Putzmühlen-Anmalaktion des Malers Frai
lan Wirth, 1973
Anmerkungen 6-9
'P. Weiermair, Anmerkungen zur
Emanzipatir
Kunst, in An..- und moderne Kunst, m. 121, s. so.
P. Henisch, literatur, in Konfigurationen 70, s. 76.
G. Mayer, Aufforderung 1..... Träumen, in
moderne Kunst, Nr. 132, s. 32.
K. Sotriffer, a. a. 0., s. 71.
Kunst arrangiert, erzielten vielleicht die
ilaktianen mit Publikumsbeteiligung des F.
irth.
Versuch von St. Margarethen zurückkeh-
müssen wir feststellen, daß hier eine tiefe
1t unseres Seins ergriffen wurde. Wohl
H1 wir mit technischen Geräten in das Welt-
Jewegen uns in künstlichen Hüllen über
le Himmelskörper, doch die Muschelbänke
ein sind Zeugen unseres Herkommens. Hier
en Wirklichkeiten bewußt, denen wir, wenn
ie auch verdrängen wollen, nicht entgehen.
kann aber nun ein Künstler dazu tun, um
diese Wirklichkeiten aufzuzeigen? Er kann sa-
gen hier bin ich, ein Künstler, ein Mensch wie
andere, den es unglücklich madit, sehen zu müs-
sen, wie der Sinn für das erkannte Wirkliche und
Konkrete verlorengeht in einer Welt, die das
Un-Wirkliche, das Pseudo-Wirkliche mit dem
Leben verwechselt, die Standard, Konsum, Ar-
beitszeitverkürzung, Lohnerhöhung und eine Ver-
teidigung des keiner Verteidigung Werten mit
dem verwechselt, was unser aller Dasein erfüllt
und ordnen müßte"".
Ein Mensch wie andere Menschen, meint So-
triffer. Und doch bleibt die Polarität, hier der
Aktive, dort das Publikum, hier einer, der es
versteht, dort die Desinteressierten, günstigen-
falls hier der Produzent und dort die Konsu
ten. Wo bleibt die Kommunikation?
Ansätze waren und sind schon in vielen
turen, die in St. Margarethen geschaffen
den, vorhanden Die Steine Karl Prantls,
mit ihren Mulden und Rillen zum Betasten
Darüberstreichen herausforderten, ähnlich
pattierte Stele Erich Reischkes, die zum Beste
geeigneten Blöcke des Israeli Mashe Schw
Buky.
Ein interessanter Versuch einer Erweiterung
das Symposien in Breiteneich bei Horn, Nii
Österreich. Hier haben der Architekt Mai
Dick und seine Frau lnge, Malerin, einen
reichgetficherten Kreis interessierter Mens
ammengebracht. Es waren Architekten, Ma-
Bildhauer, Dichter eingeladen. Als gemein-
nes Arbeitsvorhaben war die Planung eines
izeitdorfes vorgesehen, daneben aber wurde
Programm mit Vorträgen, Diskussionen, Mu-
und Autorenlesungen entwickelt, zu dem die
iölkerung der Umgebung eingeladen wurde
auch ia nach Thema recht zahlreich kam.
irde hier, wie etwa auch bei den Kärntner
nposien im Marmorbruch Krastal die Basis des
ammenwirkens durch das Einschließen ande-
künstlerischer Disziplinen, der Maler, Schrift-
ler und z.T.auch Musiker,erweitert, so wurde
Kommunikation durch die abgeschlossene
ie in dem schönen Schloß bzw. in dem land-
aftlich prachtvoll, aber ziemlich abseits von
Siedlungen gelegenen Steinbruch in dem
'ntner Tal eher geschmälert.
Durchbruch zu einem solchen Miteinander
ln Zusammenarbeit mit den Schriftstellern des
Literaturkreises Podium" wurden in diesem Frei-
raum einigeVeranstaltungen durchgeführt, die zu
einer weiteren Aktivierung des sonst passiven
Publikumsteiles führten. An einem Abend wur-
den Chansons gesungen und Texte gelesen. An
einem zweiten Abend spielten Alaedin Adler-
nest, Eduard Falisl, Karl Anton Fleck und Walter
Muhammad Malli Free Jazz, in den Pausen
wurden Texte vorgelesen. Dabei wurde Wein ge-
schenkt, Brote gereicht, und es fanden sich immer
neue Gruppen, die spontan in dem großen
Rondell zu den Klängen der Kapelle tanzten m.
Wer war nun zu diesem Treffen gekommen? Es
gab eine Mischung, wie sie wohl bei keiner
kulturellen Veranstaltung sonst zu finden ist
Wohl waren viele Künstler mit Familie, d. h.
mit Kindern, gekommen, es waren aber auch
Steinbrucharbeiter, Bauern und alte Frauen vorn
11, 12 Symposien Lindabrunn,1973. Kommunikc
veranstaltung im Freiraum mit Künstler
Gästen
13 Symposion Lindabrunn, Kommunikatianszel
Zustand 1973
14 Symposien Lindabrunn, 1973. Free Jazz
15 Stein für Joseph Matthias Hauer von Karl
am Hügel von St. Margarethen, Burgen
1963-1965
eint nun in Lindabrunn gediehen. Auch hier
es, gewissermaßen in den Fußstapfen von
Margarethen, mit einem Aufstellen der ferti-
Bildhauerarbeiten im verwilderten Kirschgar-
oberhalb des Steinbruches an. Auch hier
an die Veranstalter, ähnlich wie erstmals im
stal, auch Schriftsteller ein. Auch hier lasen in
am Jahr diese den Bildhauern aus ihren Ar-
ten vor. Doch auch das war nur ein Gegen-
lf von verschiedenen Gruppen. Dann gelang
thios Hietz, dem Leiter dieses Symposians,
der Gestaltung des Kommunikationszentrums
entscheidende Schritt zu einer Erweiterung
Symposiongedankens und, wie wir noch
en werden, eine echte Erfüllung des Namens
tposion.
weiteres sehr positives Moment ergab sich in
iabrunn durch die verhältnismäßig schlechte
erkunftsmäglichkeit. Die Sympasionsteilneh-
mußten auf verschiedene Quartiere in dem
nen Ort aufgeteilt werden. In der Hauptunter-
ft ist ein von den Dortbewohnern frequen-
ter Heuriger, bei dem auch die Bildhauer es-
Der Kontakt mit den umwohnenden Men-
an ergab sich dadurch naturgemäß stärker.
zeigt sich damit auch der Nachteil einer noch
iut geplanten Bildhauerunterkunft,die die lsa-
ung des Künstlers nur weiter einbetoniert.
Kommunikationszentrum, eine arenaartige
age, wurde nach den Ideen von Mathias
Iz in Gemeinschaftsarbeit mit anderen Teil-
mern des Symposions gestaltet. Es gibt hier
Ort, Beamte aus dem Ministerium, eine ganze
Anzahl Ausländer, türkischer Studenten und Ar-
beiter und es war sehr viel Jugend gekommen.
Man könnte nun auch hier eine echte Teilnahme
des einzelnen in Frage stellen. Man könnte
tragen, wie sehr hier nach Teilnahme an der im
Symposion entstandenen oder zu entstehenden
Kunst gegeben ist. Damit kommen wir zu den
grundsätzlichen Fragen, ob im künstlerischen
Bereich unvorbereitete Menschen Menschen, die
sich nicht iahre-, iahrzehntelang mit der Sprache
der Künstler" beschäftigen überhaupt zu einem
Mehr an Mit-Machen fähig sind. Ob eine Kom-
munikation in diesem Sinne nicht überhaupt eine
Utopie ist?
Ein Mit-Hören, Mit-Schauen, ia Mit-Denken, wird,
ie unterschiedlicher die Gesellschaft ist, um so
mehr auf Schwierigkeiten stoßen. Vielleicht ist
der Tastsinn noch ein allen Menschen sehr ähn-
licher und nicht so sehr durch den Intellekt be-
einflußter. Daher wohl auch die Tastobiekte, die
Steine zum Darübergreifen oder Darüberstrei-
chen, wie sie einige Bildhauer machen.
Am meisten aber werden die Menschen beim ge-
meinsamen Essen und Trinken und beim gemein-
samen Tanz zusammenfinden. Das klingt fürs
erste banal. Wer aber iemals im Süden in
einem vom Fremdenverkehr noch unberührten
Dorf an einem ländlichen Fest teilnehmen konnte
heute schon selten, wird wissen, wie sehr bei
gemeinsamem Essen, Trinken und Tanzen eine
Anmerkungen 10, 11
Katalog Symposien Lindabrunn 1973, mit Abb.
Katalog Symposien Lindobrunn 1973, S. 15.
nden, ist bei diesen Symposien mehr als
alische Geste, ist ein integrierender Be-
teil der ganzen Aktion. Ein iunger Dichter,
red Chobot, der 1973 am Symposien teil-
nmen hat, drückt das in einem seiner Texte
wichtig ist was wichtig erscheint
meine Wertigkeiten haben sich in
lindabrunn verschoben
am wichtigsten sind für mich die
mahlzeiten gewesen
dann habe ich mit menschen gesprochen
die menschen sind bildhauer gewesen""
erden auch die Gespräche bei den gemein-
Abenden, bei denen das vorgetragene
den Anstoß gibt, ein Zu-Einander ermög-
Damit wird aber auch auf den ursprüng-
Sinn der Bezeichnung Sympasion zurück-
rt, nicht eine fruchtlose Art von ,Ge-
1'... das darin besteht, bewegte Klage
einen allgemeinen Kulturverfall zu füh-
sondern in echter Begegnung menschliche
zu erfahren und damit über die mensch-
Kammunikatian emotionell einen Einstieg in
eben und weiter in die Sprache des Künst-
finden. In eine Sprache, die davon zu sa-
emüht ist, daß nicht das Un-Wirkliche, das
o-Wirkliche" unser Leben ausmacht, nicht
ard, Konsum etc., sondern von ienem
läßt, das mehr ist und das zeitlos gültig
ser Autor
is Vogel
irittsteller und Kunstkritiker
Wien, Afrikanergasse 219
Künstlerprofile Vßlemin Oma"
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Vuleniin Omen
Ausgeprägte Subiektivitüt und äußerste Unmittel-
barkeit zählen zu den wichtigsten Merkmalen
der graphischen Künste. Sie lassen sich in besonde-
rem Maße in der Handzeichnung feststellen, die
gegenwärtig eine neuerliche künstlerische
Renaissance erlebt und auch als Sommelobiekt
zunehmend an Interesse gewinnt. Auch innerhalb
der österreichischen Kunstszene gewann die
Zeichnung analog der internationalen Situation
während der letzten Jahre zunehmend an Be-
deutung. Der 1935 geborene Künstler Valentin
Oman markiert innerhalb dieser vital anhaltenden
Entwicklung einen interessanten einzelgängerischen
Aspekt. Der technisch vielseitig erfahrene Maler
und Graphiker unterstreicht in seinen Zeichnungen,
Radierungen und Siebdrucken der letzten Jahre seine
unverkennbar eigene Leistung im weiten Spannungs-
feld der Neuen Figuration.
Neben der menschlichen Figur als gleichsam
unerschöpflichem Bildonlaß und Ausgangspunkt
interessiert ihn ebenso die Landschaft. Auch sie
wird von Oman improvisatorisch in rasanter
Skizziertechnik umrissen und festgehalten. Das zart
Hingehauchte, vibrierend Fixierte spiegelt Atmo-
sphäre, veranschaulicht die Formationen und
Strukturen der odriatischen Karstgebiete und Inseln.
Mit gleicher Sensibilität und sparsamem Strichein-
satz hat Oman auch im Krastal, der durch mehrere
Bildhauersymposien und Künstlertreffen bekannt
gewordenen Steinbruchlandschaft nächst Villach,
Landschaft und Mensch zu höchst spannungsgela-
denen Niederschriften verwoben. Gleich einem
Seismographen hält er den Bedingungen des
Augenblicks gehorchend das fest, was ihm für die
kleinen Stenogramme im Sinne seelischer Nieder-
schritten und Momentaufnahmen wichtig erscheint.
Der Beziehungsreichtum seiner feinnervigen Blätter
und Skizzen ist groß, weil sich Oman nicht in falsche
Festlegungen verrennt. Seine nicht selten von
Poesie erfüllten Blätter sind kritisch zu reflektieren
und im Sinne eines möglichst engen Verhältnisses
von Kunstwerk und Betrachter gedanklich weiterzu-
führen. Das Vorrecht künstlerischer Intuition zeigt
sich ia nicht zuletzt auch im rechten Maß für
angebrachtes Aussprechen und notwendiges Ver-
schweigen, für die Balance von zeichnerischem
Betonen und Weglassen. Omans Bild des heutigen
Menschen ist zeitgemäß und in gewisser Weise
zeitlos zugleich, weil es anstatt Wunschvorstel-
lungen wiederzugeben in Abkehr von artistischer
Selbstgefälligkeit und wandschmückender Kom-
promißbereitschaft die innere Situation, das
seelische Auf und Ab des einzelnen wiedergibt. Der
Künstler beschreibt dieses in spannungsgeladenen
Gleichnissen. Herbe Skizzenhaftigkeit sowie das
Neben- und Miteinander rhythmischer Abfolgen
veranschaulichen etwas von der inneren Unruhe und
Betriebsamkeit unserer Zeit. Sie charakterisieren das
notgedrungen Fragmentarische, aber auch die
Gleichzeitigkeit verschiedener, oft divergierender
Geschehen. Die Radierungen, Siebdrucke und
Zeichnungen des Körntners verfügen über Vehemenz
und Expressivität und kommen dennoch ohne
historische Anleihen und stilistische Merkmale des
Expressionismus aus. Oman weiß um die Eigenheiten
und Unterschiedlichkeit der von ihm mit Könner-
schaft gehandhabten graphischen Techniken. Er
geht darauf ein, bleibt seinem Grundanliegen iedoch
immer treu und markiert so im Spannungsfeld von
Individuum und Masse einsehbare Positionen des
einzelnen.
Kunst als Anlaß und Aufbruch, als notwendige, un-
geschminkte Niederschrift intuitiver Vorgänge und
nicht ästhetische Spekulationen sind sein Anliegen.
Die Summe seines bisherigen Guvres bestätigt in
gleicher Weise Ethik wie Konstanz. Sein neueres
graphisches Schaffen beansprucht über die Zeichen-
setzung legitimer Individualität allgemeine Ver-
bindlichkeit. Peter Baum
Heinrich Tahedl
iaanivsche Impression, ms,
Alles fließt" soll Heraklit gesagt haben, und in
diesem Fließen ist das Leben, in dieser sich
ständigen Wandlung, im Weiter- und Fortschreiten
von einer Möglichkeit zur anderen, von einer Form-
findung zur nächsten ist das Lebendigsein des
schöpferischen Menschen. Was gestern Feuer war
und brannte, ist heute Wasser und löscht und
morgen feste Erde, aus der das Leben keimt. Form
als fester, starrer Umriß ist immer etwas Vorläufiges,
ein Zwischenglied auf der Suche nach dem letzten
Endgültigen. Das ist es auch, was Heinrich Tahedl,
Mitglied der Wiener Secession und nun seit Jahren
im niederösterreichischen Weinviertel ansässig,
bewegt und was uns bestimmt, sein Werk nicht allein
nach seinen Lebensiahren zu messen.
Hier ist nichts Erstarrtes. Ein Thema, einmal
aufgegriffen, wird immer weiter auf seine
Vollendung hin von neuem zu gestalten unter-
nommen. Tahedl weiß, iede Arbeit ist nur ein Stein
im ganzen Bau des Lebenswerkes, wie iede Stufe der
Entwicklung vorn Einzeller zum Menschen nur eine
Phase im Ablauf der Evolution ist. Im Dasein eines
ieden Künstlers gibt es aber immer wieder
Erlebnisse, die gewisse Zündungen zu einer neuen
Phase, zu einer neuen Stufe seiner Verwirklichung
werden. Ein solches Erlebnis war offensichtlich für
Tahedl eine Spanienreise. Die rote Erde, die
gewaltige menschenleere Landschaft, die Bilder des
Francisco de Goya gaben Anstoß zu einer ganzen
Reihe von großen Arbeiten. In den roten Bildern
brennt die Sonne der spanischen Hochebene.
Es ist ein rollendes, bewegtes Rot. Schwarz stehen
die Dinge im roten Raum. Einer aufgesprungenen
Rosenknospe gleich reiht sich Rand an Rand, Blatt
an Blatt.
Von der Struktur der Farbe ausgehend, malt Tahedl
ein Landschaftsbild, und es ist mehr als das Bild
einer Landschaft, es ist gleichsam die Summe der
Landschaft. Geschautes, Gehörtes, Gefühltes und
Gehorchtes geht in diese Farbkomposition ein.
Man sieht nur mit dem Herzen gut", sagt der
kleine Prinz Saint Exuperys, Solche mit dem Herzen
gesehene Dinge will Tahedl auf seine Leinwand
bannen. Es ist nicht die Dimension des Raumes, also
der Tiefe, die diese Bilder allein erschließen. Es
sind vielmehr andere Dimensionen, die in den
Schwingungen der Farbe ihre Präsenz haben. lst ein
solches Werk abstrakt zu nennen? Kaum. Es birgt
mehr an Realitäten als manches bis in iedes Hälm-
chen ausgemalte Bild. Wer ein Herz hat, der sieht es.
Eine mehr geistige, meditative Seite des mensch-
lichen Seins wird von Tahedls Collagen und den
letzten Bildern, mit Kunstharzlack gemalt, ange-
sprochen. lmmer wieder von geometrischen Ver-
spannungen, etwa dem Kreis, dem Quadrat, dem
Dreieck uralten Symbalfarmen ausgehend und
oft auch vorgegebene Elemente, wie die Wieder-
gabe einer Goya-Graphik, die Farbfotografie
eines Sternenbildes, Leonardos Proportionsstudie
des Menschen, einbauend, werden Beziehungen
hergestellt, die den Betrachter gleichsam in dieses
Ordnungschema miteinbeziehen und ihm seinen
Mit-Spielraum anweisen. Es ist ein kosmischer
Raum, in den von allen Seiten gleich einzusteigen
ist, daher finden wir auch in einer Folge kreis-
förmige Zentren. Diese Kreise beeindrucken
besonders durch ihre ausdrucksstarke Farbigkeit. Es
ist gewissermaßen die Manifestation eines Läute-
rungsprozesses, ein Streben aus den dunklen
Ecken zum lichten Kerne. Ein in den Kosmos
deponierter Optimismus bricht hier immer wieder
durch. Alois Vogel
Aktuelles Kunstgeschehenl Wien
Graphische Sammlung Albertina
Stowasser 1973 Hundertwasser 1974"
Leider eine Ausstellung, die von einer optimalen
Auswahl weit entfernt war. Hundertwassers künst-
lerischer Schwerpunkt liegt in der Malerei, wie sie
ia vor Jahren bereits im Museum des 20. Jahr-
hunderts zu sehen war. Seine um die Nachkriegszeit
entstandenen Aquarelle und aquarellierten Zeich-
nungen sind in ihrer verständlichen Abhängigkeit
von Vorbildern Schiele, Klimt, Kampmann künst-
lerisch unwichtig und unergiebig. Historisch sind sie
nur insofern interessant, als sie von einem be-
rühmten Mann stammen und gewisse Rückschlüsse
auf dessen spätere, absolut eigenständige Ent-
wicklung zulassen. Von der naturgemäß in der
Ausstellung dominierenden Druckgraphik muß
wiederum gesagt werden, daß sie in neueren Bei-
spielen über das Niveau tedinisch perfekter, dodi
künstlerisch erstarrter Aufwendigkeiten nicht hinaus-
kommt. Was somit blieb, waren vergleichsweise
wenige Unikat- und Druckgraphiken von iener
Poesie und formalen Eigenart, die Hundertwasser
mit Recht zu einem der großen Einzelgänger und
Außenseiter der Kunst zwischen 1950 und 1970
Stempeln
7. 5-30. 6. 1974 Abb. 1.
Secession
Rudolf Richly Retrospektive
Pepo Pichler Franz Schicho
ln einer Art von berechtigter nostalgischer
Renaissance wurde der 1886 geborene Maler
Rudolf Richly erst in späten Jahren von Sammlern,
Galerieleitern und Museumsdirektoren entdeckt.
Davon gaben während der letzten drei Jahre
Ausstellungen im Belvedere Österreichische Ga-
lerie, der Landesgalerie in Eisenstadt und dem
Museum des 20. Jahrhunderts Aufschluß. Arrangiert
von Hans Staudacher, kann die tür die Wiener
Secession im Rahmen der verdienstvollen Action
Tusch arrangierte große Retrospektive das Ver-
dienst beanspruchen, Richly am bisher überzeugend-
sten vorgestellt zu haben. Die einfache Bildwelt
dieses Landschafts- und Stillebenmalers mit dem
großen Herzen und einem Gemüt, das die Relativi-
täten des Lebens kennt, konfrontiert mit einer fast
naiven Vorstellungsgabe. Bei Richly ist die Welt
noch in Ordnung, voller Freuden am Menschen, der
Natur und den einfachen Dingen. Sein geradliniges,
künstlerisches Bekenntnis überzeugt durch den
gleichnishaften Charakter seiner malerisch vitalen,
eine Lebenshaltung konsequent spiegelnden poesie-
vollen Umsetzungen
2.-24. 4. 1974 Abb. 2.
Dem unemein großen pluralistischen" Reservoir
iunger österreichischer Künstler entstammen Pepo
Pichler und Franz Schicho. Beide wurden durchaus
zu Recht mit Kollektiven von 30 bis 40 Zeichnungen
und Gauachen vorgestellt. Gleichermaßen auffal-
lend wie interessant ist die in Schichos sensiblen
Mischtechniken anzutreffende Verschmelzung
verschiedenartigster Motivationen und Stilmamente.
Man denkt an den frühen Pongratz und Hundert-
wasser, an Kinderzeichnungen und den Bereich
automatistischer und psychomotorisrher Kritzeleien.
Doch dies alles sind nur Assoziationen und eher
äußerliche Anhaltspunkte, die der überaus sensiblen,
introvertierten Art gekonnter eigenständiger Um-
setzung nicht im Wege stehen. Schicho ist zweifel-
los ein Talent, dem man echte Entwicklungsmög-
lichkeiten einräumen muß. Den Zeichnungen seines
Namensvetters Walter Pichler vergleichbar sind
auch zahlreiche Blätter Pepo Pichlers. Es spricht aus
ihnen die gleiche konzeptive Grundhaltung, die
Feinnervigkeit und Rasanz des Striches, die das
Andeutungsweise und Skizzenhafte bevorzugt.
Pichlers Blätter besitzen Spannung und Eigenart,
wobei letztere freilich noch stärker weiterentwickelt
und ausgespielt gehört
2.-24. 4. 1974.
Galerie Schottenring
Pravoslav Sovak
Sovak wurde 1926 in dem böhmischen Städtchen
Vysoke Myto geboren. Er studierte in Prag und
38
Olmütz. 1968 flüchtete er aus Prag in die deutsche
Bundesrepublik. Seit 1969 lebt er in Luzern in der
Schweiz. Mit dem graphischen Werk der letzten
Jahre machte seine erste Einzelausstellung in
Osterreich bekannt. Sie umfaßte 58 Radierungen aus
dem Zeitraum von 1968 bis heute. Sieht man von
der außerordentlichen handwerklichen Qualität ab,
die Sovak kangenial seinen Ausdrucksbestrebun-
gen nutzbar macht, so beeindruckt an seinen
Blättern vor allem der eindeutig ablesbare und
doch ausreichend verschlüsselte Wirklichkeitsbezug.
Soväk erweist sich hier als Engagierter", dem
aktuelle politische Ereignisse nicht als Aushänge-
schilder und Etiketten von Kunst", sondern als
stellvertretende Anlässe subiektiver Stellungnahme
dienen. Sovak interessiert das Schicksalhatte des
heutigen Menschen, sein Eingebundensein in ge-
sellschaftliche Apparate und Modelle, seine
politische Ohnmacht, seine Abhängigkeiten und
Freiheiten. Die in seinen kleinen und mittelgroßen
Radierungen spürbare Vereinsamung des einzelnen,
die Fragwürdigkeiten gesellschaftlicher Bezüge, die
Spannungen zwischen lndividuum und Kollektiv,
werden von Sovak in einer äußerst frei assoziier-
baren Symbolik angedeutet und ausgesprochen. Die
Schicksalhaftigkeit des einzelnen bleibt selbst dort
gewahrt, wo der Mensch wie etwa in den
Romantischen Landschaften" als Akteur ausge-
klammert wird und Stimmungswerte, Eigenheiten
und Größenverhältnisse faszinierender Landschafts-
stridte scheinbar zum einzigen Motiv der Dar-
stellungen werden. Sovdks Blätter kennzeichnet ein
ausgesprochener Hang zu Ernst und Melancholie.
Als Element nachdenklich stimmender Betrachtung
stehen sie dabei keineswegs im Gegensatz zur
aufgegriffenen Wirklichkeit, sondern fungieren in
sensibler, technisch virtuos gehandhabter
Umsetzung als eigenständiges, intuitiv erfaßtes und
intuitiv erfaßbares Bindeglied verbindlidwer Aussage
3. 4.-11. 5. 1974 Abb. 4.
Galerie auf der Stubenbastei
Peter Krawagna
Der nachträgliche Hinweis auf diese Ausstellung ist
deshalb berechtigt, weil sidt Krawagna vor allem
im kleinen Format zu einem respektablen Aquarel-
listen entwickelt hat. Freizügiger, doch sicherer
Farbauftrag unterstreicht das Skizzenhafte seiner
Landschaften und figurativen Kompositionen
8. 1.-2. 2. 1974 Abb. 5.
Galerie Herzog im Pferdestall
Otto Dix
Eine erfreuliche Privatinitiative. Rund 120 Zeichnun-
gen und druckgraphische Arbeiten ergaben einen
respektablen Überblick, der vor allem für den
Kenner des Gesamtwerkes ergänzend Aufschluß
gab. Eine Museumsauswahl optimalen Zuschnitts,
wie sie hinsichtlich des facettenreichen Iuvres
dieses bedeutenden Sazial- und Gesellschafts-
kritikers1B91-1969 als Nachholbedarf für den
österreichischen Kunstfreund notwendig wäre,
konnte allerdings eine derartige Verkaufsaus-
stellung nicht bieten. Einhellig positive Kritiken
April-Mai 1974 Abb. 6.
Galerie 29 R. Sfremnitzer
Timo Huber und Heinzi Leitner
Unter dem Titel Small Visians" präsentierte Timo
Huber zeit- und konsumkritische Collagen. Leitners
neue Arbeiten basieren auf Erkenntnissen stereo-
skopischen Sehens, dessen wesentlirhstes Merkmal
darin liegt, daß die beiden Augen des Menschen
parallaktisch verschiedene Bilder wahrnehmen
April 1974 Abb. 8.
Galerie Zentrum
Adolf Frohner
Eine viel Graphik enthaltende Exposition, in
deren Rahmen ein neuer neunteiliger Radier-
zyklus mit dem Titel Bindungen" vorgestellt wurde.
Auflage 160 Exemplare. Preise der drei verschie-
denen Ausgaben zwischen 8500 und 11.600 Schilling.
Die letztgenannte Edition Nummern 1-10 enthält
auch ieweils eine originale Handzeichnung des
Künstlers
27. 4-24. 5. 1974 Abb. 9.
Galerie am Graben
Porzellan aus Wien 1718-1974
Eine Ausstellung aus Anlaß der Herausgabe des
gleichnamigen Buches von Waltraud Neuwiith,
erschienen bei Jugend und Volk, Wien-München.
Neben qualitätsvollen Beispielen historischer
Provenienz art nouveau und art deco besitzt die
zentral gelegene Galerie am Graben auch ein
reichhaltiges Lager ausgewählter Gegenstände
iunger österreichischer Kunsthandwerker
11. 3.-11. 4. 1974 Abb. 10.
Galerie in der Blutgasse
Rudolf Baschant
Der Künstler wurde 1897 in Salzburg als Sohn eines
Wiener Architekten geboren. Er studierte in Essen
Folkwangschule und zwischen 1921 und 1924 am
Bauhaus in Weimar unter Klee, Kandinsky und
Feininger. Außer als Freischaffender war er auch
wiederholt als Botaniker und wissenschaftlicher
Zeichner tätig; in Linz zwischen 1953 und 1955,
seinem Todesiahr. Baschants kleinformatige Radie-
rungen und Skizzen sind in ihrer Zartheit und
Naturnähe in manchem dem Werk Paul Klees
verwandt. Klee selbst war es auch, der dem
Künstler bereits 1925 überdurchschnittliche Fort-
schritte und selbständige Meisterschaft in den
Radierungen" bescheinigte. Eine aus dem Nachlaß
stammende verdienstvolle, kammermusikalische
Ausstellung des in Wien bisher unbekannten, in der
Neuen Galerie der Stadt Linz seit mehreren Jahren
mit dreißig Graphiken vertretenen Künstlers
29. l.-16. 2. 1974 Abb. 11.
Galerie in der Passage
Renate Bertlmann
In den Buntstiftcollagen der 1943 geborenen Wie-
nerin zeigen sich Engagement und Wirklichkeits-
bezu im verschlüsselten Aufzeigen einer bildne-
risch eigenständig bewältigten existenziellen
Problematik. Diese unterstreicht deutlich und nicht
ohne lronie Sexualität, Mann-Frau-Beziehungen und
gewisse Spannungen zwischen dem Menschen und
dem Animalischen. Die Künstlerin studierte in
Oxford und anider Akademie der bildenden
Künste in Wien bei Pauser und Kortan
28. 3.-5. 5. 1974 Abb. 12.
Peter Baum
dfolge 1-1
Hundertwusser, Spirul Sun und Moonhouse the neigh- Rudolf Richly, Stilleben mil schwarzem Sessel, 1963, Ol Prcvcslcv Sovdk, Farbradierung aus dem Mappenwerk
bours Work number 551 A. Japunese wood cul lndired Messages"
Pravoslcv Sovdk, KIeine Flucht, 1971. Radierung Perrer Krawcgnc, Dulmolienreise 1970. Aquurelluus- OHo Dix, Radierung
SC rliH
Timo Huber, Myslik. Collage Heim LeNner, Grafik Adolf Frohner, Radierung aus dem Zyklus BindungerW
Tänzer, 1755-1760. Dome mil Schäferhund, 1924. WIEHEI 'I'I RudoH Baschunt, Podrcllmo aus den lefzten Lebens- "I2 Renate Berllmann, Boris will einen Apfel essen, 1974
Porzellanmunuiaklur Augurien iahren Thomas Bernhard, Ein Fesl für Boris"
39
Aktuelles Kunstgeschehenl Bundesländer
Salzburg
Museum Carolino Augusteum
Helmut Zobl
Das Salzburger Museum Carolino Augusteum ver-
folgt mit der eben begonnenen Reihe von Sonder-
ausstellungen Bestrebungen, die in keinem
Konkurrenzverhältnis zum üblichen Galeriebetrieb
stehen sollen. So war in einer ersten derartigen
Veranstaltung das bisherige Werk des Medailleurs
Helmut Zobl zu sehen. Zobl wurde 1941 in
Schwarzadi im Pongau geboren, erwarb durch den
Besuch der Fachschule für Eisenbearbeitung in
Steyr die Grundlagen seines handwerklichen
Könnens und 1965 sein Diplom an der Wiener
Akademie. Stand am Anfang das Gegenständliche
im Vordergrund des Interesses von Zobl, so folgte
bald eine Hinwendung zu einem kraftvollen
informell, wie auch das Interesse an religiösen und
philosophischen Themen für den weiteren Weg be-
stimmend wurde. So sind etwa die Sieben Siegel
aus der Offenbarung des Johannes", seit eher
Auslöser der Phantasie und in immer neuer Bild-
gestalt verwirklicht, hier als Sigillum, als Bild
sozusagen beim Wart genommen. Auch der Reiz
zyklischen Denkens wurde in einigen Serien aus-
gekostet. Helmut Zobl ist es gelungen, die Medaille
als vollkommen gleichrangig neben die anderen
künstlerischen Ausdrucksformen unserer Zeit zu
stellen 16. 3.-6. 5. 1974.
Galerie Academia
Mattheos Florakis
Die Bilder des 1935 in Athen geborenen und nun in
Westberlin lebenden Malers sind reizvolle Einfälle
in ihrer Verbindung von wirklichkeitsnaher Szenerie
und inhaltlichem Gratesken; überzeugend vor allem
sind die Landschaftsdarstellungen
9.-27. 4. 1974 Abb. 13.
Enrico Bai
Bai, 1924 in Mailand geboren, begründete 1951 als
seine eigene Schöpfung die Nucleare Malerei"
eine ausgestellte Landschaft" von 1956 macht in
ihren malerischen Absichten und deren Umsetzung
ins Bild die unabhängig voneinander erfolgte Be-
wegung des Informell deutlich. In den späteren
Jahren waren es die Collage und auch die Assem-
blage, die Bai immer wieder faszinierten Abb. 14.
Rudolf Schwaiger
Sdiwaigers Werk wurde in einem Künstlerprofil"
in dieser Zeitschrift bereits ausführlich besprochen;
wie Adolf Vogel dabei meint, zeigt sich auch in
iüngsten Werken Schwaigers, daß er sich eine
ausgesprochene Ursprünglichkeit und Unmittelbar-
keit in der Gestaltung seiner Skulpturen bewahrt hat.
Galerie Welz
Erich Brauer
Es waren frühe Werke dieses Wiener Phantasten,
wie der Clochard" von 1957 oder die Honig-
verkäuferin" von 1965, zu sehen, wie auch Brauers
spätere Zyklen farbiger Radierungen; durch diese
Abfolge wurde sichtbar, daß die glorreichen Zeiten
des goldenen Jahrzehnts der Wiener Schule"
wohl vorbei sind.
Gottfried Salzmonn
Salzmanns Werke sind durch Einzelausstellungen
der Galerie Welz hier gut bekannt. In seinen
iüngsten Arbeiten schafft Salzmann durch seine
expressiven Farbkompositionen in eigentümlich
romantischer Weise eine ieweils nicht leicht zu be-
schreibende Stimmung" der durch Menschenhand
veränderten Landschaft. Eine spürbare Vorliebe
aber für gewisse Manieriertheiten möge davor
warnen, sich in ein gewisses Virtuosentum hinein-
gleiten zu lassen.
Kunstverein
Regine Dapra
Frau Dapra zeigt, wie die naive Sonntöglichkeit"
aus der einfachen Ordnung der Dinge resultiert.
Sie beweist in ihren eigenwilligen Detailansichten,
wie man innerhalb einer gewissen Stilrichtung zu
einer persönlichen überzeugenden Darstellungs-
weise gelangen kann. Franz Wagner
40
Tirol
Tiroler Landesmuseum Ferdinondeum
Werner Scholz
Der 1898 in Berlin geborene Werner Scholz lebt seit
beinahe 35 Jahren in Alpbach, seine Malerei kommt
von dem Formerlebnis der Brücke"-Maler. Schmidt-
Rottluf muß in dem Zusammenhang genannt
werden. Die Ausstellung zeigte 5B Arbeiten aus den
Jahren von 1932 bis 1973. Den größten Teil stellten
die für Sdiolz so bezeichnenden Pastelle. Eine
wichtige Ausstellung, van der man wünscht, daß
sie GUCh in anderen Landeshauptstödten zu sehen
wäre 19. 10. 1973-6. 1. 1974 Abb. 15.
14. österreichischer graphikwettbewerb
innsbruck 1974
Als Ergebnis des alle zwei Jahre stattfindenden
Graphikwettbewerbes in Innsbruck wurden 71 Ar-
beiten aus einer Anzahl von 1044 eingereichten Blät-
tern gezeigt, an ihrer Spitze die 14 Preisträger. Die
ausgezeichneten und angekauften Arbeiten sind den
verschiedensten Richtungen zugehörig; auch anTech-
niken waren fast alle Möglichkeiten vertreten. Eine
wichtige Informationsquelle über den Stand der zeit-
genössischen Graphik 22. 3.-15. 4. 1974 Abb. 16.
Galerie im Taxispalais
Richard Smith
Von dem 1932 geborenen Engländer waren Sieb-
drucke, Radierungen und Lithographien zu sehen,
die bereits in Wien in der Galerie Schottenring
ausgestellt waren und im Heft Nr. 132 ausführlich
besprochen wurden 12.-31. 3. 19741.
Medium Photographie
Unter diesem Titel wurden Photoarbeiten bildender
Künstler aus den Jahren 1910-1973 gezeigt. Eine
gute Vergleichsmöglichkeit 5.-27. 4. 1974.
Branko Lenart iun., Life 72l73
Fotos von unterwegs
Eine sehenswerte Schau, die in mancher Beziehung
zu denken gibt 12. 3.-3. 4. 1974.
Kärnten
Villach Galerie an der Stadtmauer
Kurt Piber
Jahrgang 1944, lebt und arbeitet in Klagenfurt.
Illustrationen in Zeitungen. Er zeigte Cartoons und
Graphiken. ironisch, satirisch, bissig, mit guten
Einfällen 20. 3.-6. 4. 1974 Abb. 17.
Hartmut Urban
Jahrgang 1941, Klagenfurter, Licht- und Dunkel-
elemente in verdichteten Strichlagen, unter dem
Titel Landschaft '74". Vielleicht psychologische
Stenogramme. Da und dort Ahnungen von
Pterologischem, von kräftigem Lineament gezeich-
net 15. 5.-5. 6. 1974 Abb. 18.
Galerie im Tomschenhof
Herwig Zens
Jahrgang 1943, Niederösterreicher. Seine minuziös
ausgeführten Graphiken, meist Stadtlandschaften,
sind seit einier Zeit bewegter. Die Architekturen
schwingen in einem ihnen eigenen Rhythmus. Das
flächige Schwarz ist tragender geworden
19. 4-4. 5. 1974 Abb. 19.
Steiermark
Graz Forum Stadtpark
Ernst Skriäka und Erich Steininger
Ernst Skriöka, 1946 in Wien geboren, zeigt
Radierungen. Er erarbeitet meist umfangreiche
Zyklen. Durchaus gegenständlich, bringt er scharf
akzentuierte Ausschnitte aus ungewöhnlichen
Ansichten, oft auch in gewaltsamen Deformationen
geballte Figuren. Immer sind seine Gestalten sehr
bewegt. Ein kraftvoller Gestalter, von dem noch
viel zu erwarten ist. Erich Steininger, 1939 in
Niederösterreich geboren, ist ein echter Holz-
schneider. Seine großflächigen, großformatigen
Arbeiten, meist mit derb-dörflichen Motiven, sind
schon über Üsterreich hinaus bekannt. War er
früher mehr erzählend, so wird er ietzt eher
symbolischer. Eine wichtige Ausstellung
2. 4.-26. 4. 1974 Abb. 20.
Autofina-Galerie
Rudolf Schwaiger
Geboren 1924 in Ebensee, OO., Skulpturen un
Graphiken. Die üppigen Farmen herrschen
vor. Es ist ein Quellen und Nachaußendrängei
Hier bleibt alles lebendig, hiesig, fruchtig. Hi
bündelt und ballt sich die Kraft zum Leben
23. 4.-17. 5. 1974.
Oberösterreich
Linz Neue Galerie
Kunst der sechziger Jahre
Die vom Wallraf-Richartz-Museum, Köln, über
nomrnene Schau aus der Sammlung Ludwig
hervorragende Beispiele internationaler Grap
Werke von Arcangelo, Colville, Graves, Hami
Indiana, J. Johns, A. Jones, Lichtenstein, R.
Rauschenberg, Rosenquist, Stelle, Tilson, War
Wesselmann waren zu sehen. Damit wurde
eine lnformotionslücke geschlossen
21. 3.-20. 4. 1974 Abb. 21.
Sladtmuseum Linz Nordico
Neue Funde auf dem VUEST-Geländz
Die Kulturverwoltung der Stadt Linz bemüht
Gräberfelder im Werksgelände zu erschließer
Querschnitt durch diese Tätigkeit von 1938 bi
brachte die Ausstellung, wobei die iüngsten
besonders berücksichtigt wurden. Gegliedert
Bronzezeit; Urnenfelderzeit, Hallstattkultur,
mittelalter, Baiernzeit und Neuzeit, bildeten
Schwerpunkt der Schau die Funde der Baiernz
7. Jahrhunderts 5. 4.-5. 5. 1974 Abb. 22.
Niederösterreich
Krems a. d. Donau Dominikanerklosi
Arnulf Neuwirth
Mit einer 120 Werke umfassenden Schau von
Collagen, Aquarellen und Olbildern wird hier
mols ein Überblick über das Guvre des Künst
gegeben. Besondere Berücksichtigung finden
die Collae, Neuwirths Domäne eigener Prägi
und das Aquarell. Die Ausstellung wird im He
10. 10.-10.11. in Wien im Historischen Museu
der Stadt Wien zu sehen sein 31. 5.-1. 9. 1974
St. Pölten Galerie Hippolyt
Karl Korab
Eine surreale Welt wird immer mehr von den
Konturen der Technik zerschnitten. Die grophi
Blätter Korbas künden beängstigend davon
16. 5.48. 6. 1974.
Wiener Neustadt Galerie
Kurt lngerl
Plastiken und Strukturen in strengen Mustern.
Methodische Arbeiten in konstruktiven Former
unserer Zeit kongruent 13. 3.-8. 4. 1974.
St. Peter an der Sperr
Das Aquarell in Niederösterreich
71 Aquarelle von 25 Künstlern. Der Durchsct
beachtlich. Hervorzuheben wären die Namer
Erntl, Franz Kaindl, Maximilian Melcher, Trau
Pichler. Hier ist das Duftige, Fließende und Lir
durchflutete dieser Kunst gegeben. OskarMatu
Franz Reiter zeigen eine Altersreife, die unbe
Beachtung verdient 10. 5.-3. 6. 1974 Abb.
Perchtoldsdorf Galerie Romanum
K. A. Wolf
Mit aquarellierten Kreidezeichnungen setzt
seine formel- und zeichenhaften Kreationen fr
Dunkel und geheimnisvoll, erinnern sie einers
seine großen Ulbilder mit kosmischem
andererseits aber doch auch an die Montagen
den physikalischen Hinweisen 24. 4.-14. 5. 197
Baden Kleine Galerie am Hauptplat
Franko Lechner und Erich Postenrieder
Gouachen und Collagen Lechners zeigten ame
nische Impressionen. Postenrieder stellte Aqua
Badener Landschaften aus 9. 4.-4. 5. 1974.
Klosterneuburg
Galerie in der Rostockvilla
Kurt Ammcinn, Franz Reiter, Otto Riet
Drei ganz verschiedene Temperamente und dc
auch Gestaltungsweisen, wobei Reiter sicher
stärksten Eindruck macht 11. 5.-3. 6. 1974
Alois
"mm Florakis, Auloprfräl evanl le Chevulet,
'3,Temperc
hue! Lechner, Ohne Tüel, Preis des Bundesmin. f.
1. u. Kunsl, Grophikwettbewerb 1974, lnnsbrudc
17 Kurt Fiber, Stainber Slrindbzrg, Gulenberg, Rauschen-
berg, Alban Berg, 74. Cartoon
1B Hartmut Urban, Landsduuftan '74
ue Funde auf dem VUEST-Alpirue-Gelände, Ausr
wbung
20 Efns0F Slgriäku, Wie ein Fräparal, 1974, Radierung in Tl Roher! Ruuschenberg, Block Merkel, Combine-Pcinling
wer nr en
23 Oskar Mulullu, Das Joch, Aquarell 24 Franz Reiter, Holzschnitt, zweifarbig
41
Notizen
Basel Antikenmuseum und ART '74
Zwei Jubilaren, die sich bleibende Verdienste um
die Vereinigung der Freunde antiker Kunst"
erworben haben, soll eine besondere Ehrung zuteil
werden. Prof. Karl Schefold am 26. Jänner 1975
zum 70. und Prof. Herbert A. Cohn am 24. Jänner
1975 zum 60. Geburtstag. Anstelle einer Festschrift
üblicher Art sollen beide Wissenschaftler durch ein
Dokument Würdigung erfahren, das von Beiträgen
aus eigener Hand geprägt sein wird. Prof. Cahns
Anteil wird im wesentlichen auf zahlreiche Gebiete
der griechischen und römischen Kunstgeschichte,
vorwiegend iedoch auf antike Münzen bezogen
sein. Von Wichtigkeit für klassische Archäologen
sind die kunsthistorischen Gesichtspunkte seiner
numismatischen Studien. Prof. Schefold wird vor
allem mit einer Reihe charakteristischer Arbeiten
aus verschiedenen Phasen seiner wissenschaft-
lichen Tätigkeit und Studien vertreten sein, die für
das Verständnis seiner archäologischen Aufsätze
aufschlußreich sind.
Um noch wenig oder gar nicht bekannte Künstler
geht es, wenn auf der ART '74 eine Anzahl von
Galeristen die Methode der One-man-shows"
benutzt, um solche Künstler einem größeren
Publikumskreis bekanntzumachen. Konzentration
auf einen Künstler, das stellt sich mehr und mehr
heraus, hat mehr Aussicht auf Interesse als eine
angebotene Varia. Unter den heuer voraussichtlich
40 Künstlern, die in solchen One-man-shaws" von
ihren Galerien präsentiert werden, finden wir solche
auch mit bekannten Klassikern, u. a. Dubuffetl
Beyeler, Basel, BeuyslRonald Feldmann Fine Arts
New York, AnteslSchmücking, Basel und Braun-
schweig. Den Messebesuchern wird es vorbehalten
sein, iene Galerien zu bestimmen, denen nach
ihrer Meinung die besten One-man-shows"
gelungen sind. Drei Preise von ie 5000-, 4000.-
und 3000.- sfr sind von der Stadt Basel, der
Basler Handelskammer und der Mustermesse
gestiftet worden.
Düsseldorf Aus dem Hetiens-Museum
In dem in der hiesigen Schulstraße gelegenen,
längst Begriff gewordenen Hetiens-Museum, wurde,
einbegleitet von Ratsherr Otto Christoffel und
Dr. Ekkart Klinge, die Ausstellung Meister der
deutschen Keramik der Gegenwart" am 28.April d. J.
eröffnet. Diese bis zum 28. Mai dauernde Präsen-
tation vereinte sechs der bedeutendsten deutschen
Keramiker der Gegenwart. Ihr gemeinsames
Auftreten war kein Zufall, da sie seit langem
freundschaftlich eng verbunden sind und darüber
hinaus zwischen ihnen eine Gemeinschaft auf
künstlerischer Basis besteht, die in wechselseitiger
Anschauung und Beurteilung ihr Schaffen weitest-
gehend abstimmt. Es handelt sidi um vier Werk-
stätten, d. h. namentlich um die Damen Beate Kuhn
und Margarete Schott sowie die Ehepaare Karl
und Ursula Scheid und Gerald und Gotlind Weigel.
Die Werke dieser sechs Keramiker gehören, so
Dr. Klinge, zu den besten Äußerungen zeit-
genössischer deutscher Keramik. Und allen ge-
meinsam ist die große Faszination für das Schaffen
mit Ton und das intensive Bemühen, ein Äußerstes
diesem Werkstoff abzuverlangen bei steter
und unbedingter Beachtung der keramischen
Eigengesetzlichkeit. Dabei ist wesentlich, daß alle
Keramiken auf der Drehscheibe entstehen oder von
dieser ihren Ausgangspunkt nehmen". Es
scheint, als ob adäquate wesentliche Schaffens-
bezüge zu den österreichischen Antipoden dieser
großen Sechs", den Wiener Porzellanmarhern"
Kurt und Gerda Spurey, offensichtlich sind, wenn-
gleich diese einen Stil ganz eigener Prägung
kreieren. Verdienstvoll kann man das Wirken des
Hetiens-Museums nennen, das alle Veranstaltungen
im Jahre 1974 der modernen Keramik gewidmet
hat. Daher auch eine Präsentation Spureyscher
Porzellane zu Anfang des Jahres im hiesigen
aktuellen Corner und ein Gastvortrag Kurt
Spureys daselbst Abb. 25.
Erlangen Sommergalerie
Mit einer Vernissage am Freitag, den 17. Mai 1974,
42
eröffnete die von E. und T. Sulzbeck betreute
Sommergalerie in der Heringstraße ihre heurigen
Aktivitäten. Man zeigte Hinterglasbilder von Fromut
BentzienlNürnberg und Erna EmhardtlMünchen
sowie Wandteppiche von Erika Steinmeyerl
Nürnberg und Cachabamba und Bilder von O.
TolklNürnberg.
Eßlingen Begegnung 1974
Die Künstlergilde e. V. hielt vom 17. bis 20. Mai
d. J. ihre Jahrestagung ab. Die rührige Vereinigung
bot zum Anlaß ein musikalisch umrahmtes Pro-
gramm. Höhepunkt der Festsitzung die Begrün-
dung und Überreichung der Georg-Dehio-Preise"
an Prof. Dr. Walther Hubatsch und Hans Diplich.
Letzterer sprach über Barocke Formen des
Bauernhauses in Südosteuropa". Eine Ausstellung
Lithographien", ein Rezitatians- und ein Gesell-
schaftsabend sowie ein Besuch im deutschen
Literaturarchiv waren weitere Programmpunkte.
Krönender Abschluß eine Kunstfahrt nach Tirol, die
Station an landschaftlich besonders schönen
Punkten machte. Schlösser, Klöster und sehenswerte
Bauten in und um die Stadt Innsbruck waren
Hauptbesuchspunkte.
FrauenaulWisconsinlWien Erwin Eisch
und Harvey K. Littleton bei Lobmeyr
Eisch, ein urwüchsiger Bayer, ungemein humorig
und allem Blasierten, Einordnenden und Techno-
kratischen abhold, phantasiert in Glas. Als Neuerer
nährt er in sich die Hoffnung, daß schöpferische
Menschen, gleich ihm, wenn es sie padrt, zur
Glasmacherpfeife greifen. Seine Maxime Glas sall
als freies Medium dem Künstler dienen, wie Stein,
Metall oder Kunststoff". Als profiliertester lebender
Glaskünstler Deutschlands hat Eisch Gastprofessu-
ren an Universitäten in den USA, und seine Werke
befinden sich in den wesentlichen Museen und
Glassammlungen Europas und den USA. Diesen
Mann gemeinsam mit H. K. Littleton zu präsentie-
ren, ist ein weiteres Verdienst der Lcbmeyrs, die
damit der freibildnerischen Glasmacherkunst in
Österreich einen neuen Impuls geben. Lobmeyrs
haben mit richtigem Sachgespür Werke aus einer
gemeinsamen Arbeitsperiade der beiden Glas-
künstler in Frauenau hierher nach Wien gebracht.
Harvey K. Littleton fand über Venedig und
Frauenau bei Eisch zum freien künstlerischen
Glasbilden. Er legte an der berühmten Cranbrook
Academy of Art sein masters exam" ab und war
erst Keramiker. Kernpunkt seines Autbruches zu
neuen Ufern Überwindung der Schranken zwischen
allesfressender Industrialisierung und gestaltendem
Künstler. Dieser soll selbst wieder vom Anfang bis
zum Ende den Schaffensprazeß steuern, um
seine alte künstlerische Freiheit wiederzugewinnen.
Littleton ist Amerikas neuer Glasmessias! Seine
rasante Art zu aktivieren, ließ in den USA in über
Hunderten Art schools" das Fundament für
schöpferische Glasgestaltung erstehen. Der
Professor of Art an der University of Wisconsin,
Littleton, und der Gastprofessur an den Universitä-
ten von Madison, New York, Eisch, stoßen quasi
in die gleiche Glasmacherpfeife. Sollten hierzulande
doch auch Jünger zu finden sein, die zu
enthusiasmisieren sind? Ein Lob den Lobmeyrs, die
Glaskunst frei-experimentell zu individualisieren
und den anderen angewandten Künsten wieder
gleichberechtigt zuzuordnen Abb. 26, 27.
Karlsruhe Thoma-Ausstellung
50 Jahre ist es her, daß Hans Thoma gestorben ist.
Anlaß genug für die Staatliche Kunsthalle zu
Ehren des Künstlers eine Gedächtnisschau zu ver-
anstalten. Vom 15. Juni an bis zum
11. August 1974 werden, welch ein Zufall, genau
50 Werke in öffentlichen und privaten Händen aus
dem ln- und Ausland gezeigt. Bilder, die zum Teil
überhaupt noch nie oder sehr selten öffentlich zu
sehen waren. Natürlich fehlen in dieser Auswahl
auch nicht iene Werke, die der Galeriedirektor
Thema 1910 in einer Stiftung der Kunsthalle hier
schenkte. Daß der Kinderreigen" als eines der
besten Bilder und für damalige Begriffe als ein
avantgardistisches Werk galt, unterstreicht deutlich
den Wandel, den die Malerei durchgemacht hat
Abb. 28.
Köln Gegenwartskünstler bei
Carola van Ham
Ein renommiertes deutsches Kunstauktionsunterneh-
men, das hiesige Kunsthaus am Museum" in der
Drususgasse beim WaIlraf-Richartz-Museum,
wendet sich mit der Präsentation zweier zeitge-
nössischer Künstler der Gegenwartskunst zu Erika
Steinmeyer, Gobelins, und Rolf Weber, Keramiken.
Während erstere in ihren Arbeiten, angeregt durch
die schillernd-fremde Welt Baliviens, mit Quechua-
Indios zusammen textile Obiekte in charakteristi-
schem lateinamerikanischem Intensivkolorit und
dynamisch konturierten Formen freier VegetabiIi-
tät schuf, manifestiert sich in dem letzteren ein eher
unauffällig in der Stille wirkender Keramikschöpfer,
dessen Gefäß- und Baukeramiken wie auch Bild-
platten verdienten, dem Publikum zugeführt zu
werden Abb. 29.
Münster Neueröffnung des Landesmuseums
Ein weiteres Regionalmuseum, das Landesmuseum
für Kunst und Kulturgeschichte Münster in West-
falen, wurde am 26. Mai 1974 eröffnet. ln einer
nach chronologischen Abläufen aufgebauten stän-
digen Schausammlung werden Kunst und Historie
vom Mittelalter bis zur Gegenwart vorwiegend aus
Westfalen von romanischen Anfängen über die
Überwasserkirche, den Wrangelschrank, die beiden
Ringl, Meckenem, Aldegrever, Ter Barch bis zu
Liebermann und Albers präsentiert. Zum renovierten
Altbau wurde ein auf modernsten Konzeptionen
basierender Museumsneubau geschaffen, der durch
ein top-funktionelles Informationssystem mit Leit-
farben, Diaprogrammen, Handzetteln und Bildheften
Orientierung und Verständnis erleichtert. Dieses für
das Kunstleben Münsters hochbedeutsame Ereignis
der Neueröffnung wurde bereits am 12. Mai 1974 mit
einer dem festlichen Anlaß Rechnung tragenden
Sonderausstellung, Gerard Ter Barch 1617-1681,
der Maler des Westfälischen Friedens", im voraus
feierlich eingeleitet.
New York Arnulf Rainer bei Ariadne
Vom 26. April bis 1B. Mai 1974 war der bekannte
Wiener Face-Farces"-Ubermaler A. Rainer in der
New Yorker Gallery Ariadne, 410 West Broadway,
präsent. Rainers Auftreten in der Hudson-Metropole
sollte Erfolg versprechen. Üsterreichs eigenwillig-
ster Vertreter der neuen Malerei, dessen spontane
künstlerische Expressivität ein Vorurteil schnell
ausräumt, prägt einen völlig eigenen Kreativitäts-
charakter, der, in einer totalen Erfassung und
Durchdringung seiner Eigenpersönlichkeit, deren
Sublimierung zum Gegenstand hat Abb. 30.
Ottawa Schenkung an Canadas National
Gallery
Die National Gallery of Canada lud für den
19. April 1974 ihre Freunde und Liebhaber zu einer
Ausstellungseröffnung unter dem Titel The
Bronfman Gift of Drawings". Dr. George Ignatieff,
c. c., Chairman of the Board of Trustees of the
National Museums of Canada, eröffnete und
dankte zum Anlaß Mrs. Samuel Bronfman, die im
Andenken an ihren Mann diese Zeichnungen
widmete, für die Großzügigkeit ihrer Schenkung
Abb. 31.
Regensburg aus der Ostdeutschen Galerie
Gemeinsam mit der Künstlergilde Eßlingen veran-
staltet, war hier vorn 9. Mai bis 7. Juni 1974 die
Ausstellung Plastik und Obiekte" zu sehen. Vorn
gleichen Tag an, iedoch bis zum 7. Juli d. J.
geöffnet, lief eine dem Egerer Maler Hannes
Schmucker 1899-1965 gewidmete Schau, die Ge-
mölde, Aquarelle und Zeichnungen vereinigte und
die von Wilhelm Kronfuss, München, eingeführt
wurde.
St. Gallen
Hans Hartung in der Erker-Galerie
Am 21. September 1974 wird Hans Hartung 70 Jahre
Bildfolge 25-32
Er ist als Bahnbrecher und progressivster
ieuerer der zeitgenössischen Kunst nach 1945 noch
Lebzeiten zur Legende geworden und als einer
profiliertesten test in der modernen Kunst-
schichte etabliert. Ehrung in Ausstellungen wird
Jubilar in Museen und Galerien Europas
ahren. Umfangreiche Retrospektiven, u. a. im
lner Wallraf-Richartz-Museum, in der Berliner
iuen Nationalgalerie und im Münchner Lenbach-
us, stehen in Vorbereitung.
ns Hartung lebt im Süden von Paris in einem
us mit seiner Frau Anna-Eva Bergmann in
nstlersymbiose. Es war 1926, als er in Dresden
der französischen Malerei konfrontiert wurde,
er sich dann sehr für Van Gagh und Munch
eressierte und daraufhin sich entschloß, anstatt
Bauhaus nach Paris zu gehen. Der Künstler,
in seinen iungen stürmisch-drängerisctien Jahren
mbrandts geniales Vermögen, mittels einer Linie
wruckssiärke, zu Sei" als andere Maler es 25 Katalagtitel Keramik von Beate Kuhrl, getächert, braun, 26 Erwin Eiscti, Variation Bierkrug, 1973174,
.. 1974 treigetormtes am, Silber- Ufld Goldauflage
riesigsten Gemalden le vermochten, und den
dessen echte Menschlichkeit zutiefst ansprach,
so erst zur Kunst. Slevogt, der spätere Corinth,
ilde, Rohlfs, Schmidt-Rottluf und Heckel
pirierten ihn maßgeblich. Hartung stand damals,
E6, im Zweifel über die Berechtigung seiner in-
mellen Malerei, er meinte dann, daß nicht mehr
Dargestellte wichtig wäre, sondern das dar-
llende Mittel. Das Mittel wurde seine eigene
ssage, sein Sinn.
unermüdlich unger" und unerschöpflich
aativer erweist sich Hartung mit seiner Werk-
ttschau von Grafik aus der Erkerpresse, in der
üer-Galerie", mit der ihn einige Arbeitsaufent-
lte daselbst verbinden. Eugene lonesco widmete
'er dem Titel Peindre" Hans Hartung zu dessen
Iographie Nr. 36, bestimmt für Erker-Treffen
einen Text, den er einleitete .l'admire
ns Hartung depuis longtemps. Et chaque fois
ie regarde ses toiles, comme chaque fois
ie SviS miS PFSSEFICE de Vceuvre d'un 9mm! 27 Harvey K. Littleton, phantastische Äugen, 1974, 2a Hans Thama, Kirtderreigen, im
itre, mon desir voir voulu, de vouloir etre Kdslqlläläs" i'ei9E'o""" Elesßltliiie"
ntre se reveille." Abb. 32.
Leopold Netopil
29 Rolf Weber, Keramische Plastik a0 Katalogtitel, Arnult Rainer, Zungertzeigen
Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung
Besucherstatistik der staatlichen
Museen und Kunstsammlungen
1974
Das Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung gibt bekannt, daß in den ihm
unterstehenden staatlichen Museen uncl
Kunstsammlungen in den Monaten
März 193.996
April 221.326
Besucher gezählt wurden. 31 Tiepolo, Renconlre au cours d'une prumennde 32 erker-presselgalerielverlag skgallen
campagne
43
Für den Kunstsammler P4
Wiener Kunst- und Antiquitätenmesse
1974 wieder erfolgreich!
Insgesamt 18.000 Interessenten besuchten heuer bei
kühlem Wetter die vierte Leistungsschau des Wiener
Kunst- und Antiquitätenhondels. Waren die Um-
sütze in den ersten Tagen der Veranstaltung spür-
bar zurückhaltender als in den vergangenen Jahren,
zeichnete sich in der zweiten Wochenhölfte ein
merkliches Anheben und damit ein Nachholen des
erwarteten Umsatzes ab.
Eine Befragung der Aussteller erbrachte in der
Mehrzahl das Resultat 9Vt", einer geringeren
Anzahl war es durch beachtlich gesteigerten
Wareneinsatz gelungen, sehr gute" Erfolge zu
erzielen, eine etwa gleiche Anzahl mußte mangels
der gesuchten Qualität mäßig" abschließen. Am
erfolgreichsten waren zweifellos die Besitzer
musealer Gemälde, welche die in den öffentlichen
Medien zum Teil stark beachteten und teuren Werke
von Georg Ferdinand Waldmüller, Albin Egger-
Lienz und Gustav Klimt verkaufen konnten.
Sehr großes Interesse zeigte sich wie immer auch
für gediegene Einrichtungskunst, Teppiche, Graphi-
ken, gehobenes Kunstgewerbe und alten Schmuck.
Leider konnten einige der sehr gefragten Volks-
kunstkoien das Niveau der Voriahre nicht holten,
dagegen gab es auf zahlreichen anderen Gebieten
eine deutliche Steigerung.
Die Besucher setzten sich im wesentlichen aus dem
österreichischen Stammpublikum zusammen, welches
die Messe zum willkommenen Anlaß nimmt, eine
breite Übersicht und eine breite Preisvergleichsbasis
zu gewinnen. Etwa 30 Prozent der Besucher Steige-
rungsquote gegenüber dem Voriahr wurden wohl
von der neu eingeführten Koie mit unverkäuflichen
Fälschungen angelockt. Auch das Fernsehen und die
Presse widmeten dieser interessanten
Neueinführung breiten Raum. Dem Österreichischen
Museum für angewandte Kunst, Wien, verdankt die
Öffentlichkeit einige hochinteressante Obiekte,
das dieses bereitwillig zur Verfügung stellte.
Neben den Stammgästen des ausländischen
Kunsthandels sah man heuer nur eine geringere
Anzahl nichtösterreichischen Köuferpublikums, was
nicht zuletzt auf nahezu parallel laufende vier
europäische Kunstmessen und auf die bereits in der
Luft gelegene Schillingaufwertung zurückzuführen
ist.
Doß die Preise wie üblich der Kritik unterworfen
waren, war bis auf wenige bedauerliche Ausnah-
men nicht berechtigt, zumal die hohe Qualität die
Resultate internationaler Kunstauktionen längst
nicht erreicht hat. Im allgemeinen waren sowohl
die Kunden als auch die Aussteller mit dem Erfolg
der Veranstaltung trotz der hohen Spesen
zufrieden.
W. H.
Internationale Auktionsvorschau
SAARBRÜCKEN Peretz
38. Auktion
17.-20. September WIEN Dorotheum
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15.-18. Oktober
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44
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Wien Spiegelgasse 14
Pieter Coeck van Aelst. Holz, 106,5 72,5 cm.
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Frans Francken d. J., Auszug aus Ägypten".
Sign., 38 55 cm. Eines von zwei Gegenstücken.
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Wien Seilergasse 14
Jan de Bray 1627-1680. Eichenhalz, 31 x24 cm.
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Tabernakel, Venedig, um 1700. Feine lntarsia mit
Hermes und Dreimaster, 170, 106, 80 cm.
WOLFGANG A. SIEDLER, ANTIQUITÄTEN,
Wien Spiegelgasse
Deckelterrine mit Unterplatte, Papageiendekor.
Meißen, um 1740. Schwertermarke, 35, 30,5 cm.
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Wien Dorotheergasse 12
Ein Paar Achatleuchter, 1. Hälfte 18. Jh.
Silber montiert, um 1800, 18 cm.
REINHOLD HOFSTATTER, KUNST und
KUNSTGEWERBE, Wien
Dorotheergasse 15 und Bröunerstroße 12
Konsole, Frankreich, I. Hälfte 18.Jh. Eiche, ver-
goldet, orig. Marmorplatte, H83,B53,T31l37cm.
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Wien Spiegelgasse 15
Armband von Elisabeth Kodre-Defner,
Weißgold, Saphire, Rubine, Mondstein, Perlen.
GALERIE AM GRABEN INGE ASENBAUM,
Wien Graben
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Dorotheum Wien
604. Kunstauktion, 27.-30. Mai 1974
10 Ernst Graner Werdau 1865-1943 Wien,
Der Blumenmarkt am Hof, sign. und dat. E. Gra-
ner1911, AquarelllPapier, 59x96 cm Kat.-Nr.168
Taxe 12.000.- Erlös 70.000.-
11 Gustav Klimt Wien 1862-1918,
Die große Pappel II Aufsteigendes Gewitter,
1903. UllLeinwand, 100x100 cm Kat.-Nr. 330
Taxe 700.000.- Erlös 2,600.000.-
Neumeister KG, vorm. Weinmüller, München
153. Auktion 8. 9. Mai 1974
12 Albin Egger-Lienz 1868-1925
Der Sämann und der Teufel", sign. u. 1923 dat.
Bez. Sahrta U. Ozetti. 57x 78 cm
Erlös DM 16.000.-
Kunsthaus Lempertz, Köln
538. Auktion, Moderne Kunst, 17. Mai 1974
13 Edgar Degas Paris 1834-1917
Poysage Lisiere de Foret, um 1880-1890. Pastell
auf Karton, roter Monogrammstempel, 29x43 cm.
Sammlung Charles Comiot, Paris Kat.-Nr. 166
Taxe DM 39.000.-
Kunsthaus am Museum, Köln
58. Auktion 27.-30. März 1974
14 Auguste Rodin Paris 1840-1917 Meudan
Der Frühling, 1894. Bez Rodin. Bronze, 39 cm,
50 cm
Guß F. Barbedienne Fondeur Kat.-Nr. 511
Taxe DM 30.000.-
Sotheby, London
Auktion vorn 19. April 1974
15 Ein Puppenpaar mit Armsesseln William and
Mary Periode 1688-1702
Puppen 22 inch. Armsessel 21 inch. Kat.-
Nr. 104
Erlös 16.000.-
Christie's, London
Auktion vom 25. April 1974
16 Eine Thomas Sutton Panorarnic Wet Pate
Camero" made by T. Ross ot London, ca. 1861
Kat.-Nr. 63
Erlös Gns 11.000.-
Bildfolge 1-16
13
45
KU NST und ANTIQUITÄTEN
C. BEDNARCZYK
speziell
erlesenes Kunstgewerbe
des 18. Jahrhunderts
Dorotheum
KUNSTABTEILUNG, WIEN, 1., DOROTHEERGASSE 11,
Tel. 52 3129
605. Kunstauktion
17.,18.,19. und 20. September 1974
wenige charakteristische Beispiele aus der umfang-
reichen Meistersammlung ors herauszugreifen.
Nach dem Abriß über die Möbel nun einiges zu den
Textilien. Diese gliedern sich, abgesehen von
Stickereien und Spitzen, in drei Gruppen Bild-
teppiche', orientalische Kunstteppiche und ge-
webte Seidenstoffe. Das Schwergewicht der letzten
Gruppe bilden die pclychramen Samtstoffe Italiens
aus dem 15. Jahrhundert. Die Sammlung urnfaßte
im wesentlichen Bildwirkereien und Bildteppiche
aus dem Elsaß, der Schweiz, den Niederlanden,
Hessen, Westfalen, Norddeutschland, Franken,
Flandern etc. Besonders interessant ist ein Schweizer
Bildteppich aus Wolle. Der Fuchs, der den Gänsen
predigt", aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhun-
derts. Auf dunkelblauem, vor grünem Weinlaub
mit roten Beeren durchzogenem Grund ist links der
Fuchs, auf einer gegitterten Kanzel predigend,
dargestellt, mit einem Buch und zwei Gänsen in
seiner Kapuze. Ein zweiter Fuchs am Fuß der
Kanzel. Davor vier Gänse mit Perlketten im
Schnabel. Im fliegenden Spruchband steht Listigkeit.
han. ich. wol. da. mit. fuill ich min. Kragen gar.
fall." Lit. Kat. Gobelinausstellung im Oster-
reichischen Museum, Wien, 1890, Nr. 20 B. Kurth,
Bildteppiche S. 99, 221.
Hochinteressant auch der Nürnberger Bildteppich
aus dem ersten Dezennium des 16. Jahrhunderts,
ein Antependium aus St. Lorenz in Nürnberg. Links
Maria mit dem Kinde, unter einem Baldachin
sitzend, in der Mitte die Heiligen Drei Könige im
Habitus der Zeit nadt 1400, rechts Gefolge mit
Kamelen. An den Schmalseiten Stabranken. Lit. B.
Kurth, a. a. 0., lll. T. 261, S. 263.
W. A. Siedler
Figdors Bestände an deutschen Bildteppidien sind voll-
ständig, soweit sie vor 1500 entstanden sind, in Betty Kurth,
Deutsche Bildteppidie des Mittelalters, abgebildet.
Gemälde alter und moderner Meister, Jugendstil,
Graphik. Skulpturen und Holzarbeiten, antikes Mobiliar,
Antiquitäten. Asiatika, Waffen
Kunstsommer in Basel
Nächste bedeutende Kunstereignisse im altehr-
würdigen Basel sind die ART '74, 5. Internationale
Kunsimesse für Kunst des 20. Jahrhunderts vom
I9. bis 24. Juni 1974, und eine Cranach-Ausstellung,
die mit Obiekten aus dem Besitz des Österreichi-
schen Museums für angewandte Kunst in Wien be-
lehnf sein wird und die vom 15. Juni bis 8. Septem-
ber im hiesigen Kunstmuseum gezeigt werden wird.
Wir hoifemüber letztere noch berichten zu können.
Besichtigung 12., 13., 14,15. und
16. September 1974
BlidnOChWeIS Seitenungube in Ziffern
Archiv alte und moderne Kunsf, Wien, 43, 45
P. Baum, WienlLinz, 36, 39 Bildnrchiv der Üsfer-
reichischen Nationalbibliothek, Wien, 11 Bun-
malumi, Wien, Demunega,
1.101; tnß m-m
ANTIQUITÄTEN
erßeri Amzßaum
Kunstgewerbe
Gemälde, Skulpturen
Möbel
Augsburg, 2. Hälfte 17. Jahrhundert,
Buchs, 19,5 cm
PAHL-MEHRINGER
Bedeutende Skulpturen
Mittelalter
Barock
Neuzeit
MÜNCHEN 80 Mcrzstraßc 12 Telefon 985531
Für den Kunstsammler
I5. Schweizerische Kunst- und Antiquitäten-
messe Basel im Vergleich aus Wiener Sicht
In Zeiten des internationalen Kunstbooms wie den
heutigen gibt es naturgemäß auch Perioden mit
leichten Zu-Tal-Bewegungen", wie sie Fieber-
kurven zwangsläufig aufweisen. So entnehmen wir
einer Information aus der Schweiz fast wortwört-
lich die gleiche Passage über den diesiährigen
Messeverlauf, wie sie im Nachwort Dr. W. Hof-
stätters zur heurigen 4. Wiener Kunst- und Anti-
quitötenmesse hier auf Seite 44 lautet, zeichnete
sich in der zweiten Hälfte ein merkliches Anheben"
ab. Hier wie dort also die gleiche Tendenz, der
nicht unbedingte spontane Biß" auf das sicher
qualitätvolle und nehmenswerte Angebot. Man sollte
diese leisen Anzeichen von nicht gezeigtem
Sofartinteresse" nicht überbewerten, schon gar
nicht aber als symptomatisch betrachten. Im Gegen-
teil es hierzulande, am Beispiel der doch
prosperierenden Schweiz, als ein eher international
immer wieder zu verzeichnendes Moment einer
normalen Entwicklung sehen.
Wenn wir kurz die Schweizer Messe weiter resü-
mieren, immer wieder der Gleichklang zu Wien.
Beteuerten die einen Kunsthändler, bedeutend
mehr als im Vorjahr verkauft zu haben, wurde auf
Grund einer mündlichen Befragung der Geschäfts-
verlauf im allgemeinen als sehr befriedigend
bezeichnet, so gab es allerdings auch Stimmen, die
den Gang ihrer Geschäfte weniger gut beurteilten.
Auch dort wie hierzulande der selbe Hinweis auf
die nämlichen Schwierigkeiten allgemeine Wirt-
schaftslage und allerorts Devisenkonfusionen. Be-
denken wir aber, daß in Basel in elf Tagen rund
20.000 Besucher die I5. langjährig eingebürgerte
Kunslmesse besuchten, so bedarf es keinerlei Be-
schänigung, wenn wir den optimistischen Grundton
in Dr. Hafstätters Messenachlese" unterstreidien,
indem wir zum Vergleich festhalten 4. erst kurz
etablierte Wiener Kunslmesse in nur sieben Tagen
insgesamt 18.000 Besucher. Dies sollte für die
kommende 5. Wiener Kunst- und Antiquitötenmesse
neuen Ansporn geben.
Vorstadt, Graphik Linde Waber, Texte Rainer
Pichler, Eigenverlag, Wien 1973, ö. 190.-
Es handelt sich um ein bibliophiles Buch mit elf
Originalholzschnitten im Format 205 T95 mrn.
Schöne Bücher mit Originaldrurigrafiken sind in
unseren Zeiten sehr selten geworden, darum
verdient dieser Band besonders erwähnt zu
werden. Seine eher kargen Texte sind in silberner
Schrift auf schwarzem Naturpapier gedruckt. Die
Bilder sind eigenständige Aussagen, also keine
reinen Illustrationen. Sie sind auch das Dominie-
rende des Buches, und daher soll auf sie näher
eingegangen werden. Es gibt ein vierfärbiges Blatt,
etliche drei- und zweifärbige Blätter. Audi die
Waber verwendet Silber und Gold bei ihren
Drucken, und dadurch, ebenso wie durdi den
silbernen Druck des Textes, bekommt das Buch
einen kostbaren Charakter. Das ist für ein Buch an
und für sich sehr schön, hier allerdings dem Thema
nicht entsprechend. Vorstadt und die Texte sagen
es auch weist Baulücken auf, abgetretene Stufen
im Stiegenhaus, Fabriksschornsteine, zu all dem
scheint uns Gold und Silber nicht recht am Platze.
Die Schnitte als solche sind iedoch, mit Ausnahme
ienes mit dem Verkehrszeichen, in ihrer Gestaltung
in Flächen- und Linienteilung originell und sehr
reizvoll. Hier ist nicht die derbe, vom Bäuerlichen
herkommende Hand am Werk, wie wir es bei den
Holzschnitten meist gewohnt sind, sondern eine
durchaus kultivierte Künstlerin, die während ihres
langen Japanaufentholtes sehr viel an Sublimierung
ihrer Holzschnittechnik gewonnen hat. Vielleicht ist
mit ihr sogar ein Ansatzpunkt zu einer neuen,
malerischen Variante dieser Technik in unserer
Heimat gegeben, und dieses Buch gibt einen
Begriff davon.
AMK-Prädikat Für den Grafiksammler und
Bibliophilen. A. V.
AQ
Olga Wlsinger-Florian, Blumen und Schmetterlinge
OllLwd., 91x64 cm
GALERIE
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SALZBURG. Giselakai 15, Tel. O62 22172272
Joh. Backhausen 81 Söhne
Abgepaßte Teppiche.
orientalische Teppiche.
Spannteppiche. Möbel- und
Vorhangstoffe, Mohair-.
Dralon- und Baumwollplüsche,
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für alle Stilrichtungen.
SÖHNE
Ein Erzeugungsprogramm von höchster Güte
unmutpmou und erlesenem Geschmack.
MIT-YUNGEMGEIST
Verkaufsniederlassung
Wien 1., Kärntner Straße 33
Ecke Johannesgasse Telefon 522904
w... twttwgesc-ncrne Llullu du Utbbllll-JIIEIIH nroelr
befaßt sich mit einem Buch, das am Beginn der
modernen europäischen Buchpraduktion steht. Im
Jahre 1493, an der Wende vom Mittelalter zur Neu-
zeit, sind an seinem Zustandekommen schon alle
iene Details des Buchmadiergewerbes zu erkennen,
die auch noch die gegenwärtige Buchproduktion
weitgehend bestimmen.
Es ist das Verdienst der Autorin, diese Einzelheiten
in lebendiger Weise und in knappster Form dem
Leser so zu vermitteln, daß man Schritt für Schritt
den Werdegang dieses größten Buchunternehmens
der Dürer-Zeit" verfolgen kann. Zu dieser lücken-
losen Rekonstruktion gehört auch die erste Ver-
öffentlichung der Neufunde von Handzeichnungen
für die Schedelsche Weltchronik, die in der Nürn-
berger Stadtbibliothek von Dr. Peter Zahn gefunden
wurden.
Text und zahlreiche Abbildungen lassen die kultur-
geschichtliche Bedeutung und Verzahnung z. B. für
die Kartographie, für den Beheim-Globus usw.
dieses Buchunternehmens erstehen.
Ein Katalog sämtlicher Stadtansichten, erstmals
nach authentischen und Phantasieansichten unter-
schieden, wird vor allem den Sammlern und Anti-
quaren mit seinen minutiösen Hinweisen mehrfache
Verwendung, Ortsregister, Masse, nützlich sein.
Abschließend bleibt das Bedauern, daB dem
größten Buchunternehmen der Dürer-Zeit nicht auch
ein an Umfang größeres Buch gewidmet wurde.
Die im knapp gehaltenen Text ousgebreitete
Materialtülle läßt erahnen, was für eine zeit-
genössische Publikation dieses Thema eigentlich
verlangen würde.
AMK-Prädikat Sachbuch für Bibliophile und
Sammler von Druckgrafik sowie für kunst- und
kulturhistorisch Interessierte.
Wilhelm Mrazek
Karl Bachler, Hanns Dünnebier, Bruckmanns
Handbuch der modernen Grafik.
Bruckmann-Verlag, München, 1974, DM 48.-
Dieses Buch wendet sich an die Sammler moderner
Druckgrafik, deren Zahl in den letzten Jahren so
sehr zugenommen hat. Es ist für alle, die mit dieser
florierenden Kunstsparte Druckgrafik zu tun haben,
ein unentbehrlicher Ratgeber. Es befaßt sich nicht
nur mit dem Sachgebiet und seinen Details, sondern
auch mit den Fragen des Kunstmarktes sowie den
einschlägigen Rechts- und Steuerprablemen, die
heutzutage für ieden Sammler besonders wichtig
sind.
An diesem Band haben zwei Kenner gearbeitet, die
sich durch profunde Sachkenntnisse auszeichnen.
Ihre Informationen ermöglichen es, nicht nur den
langiührigen, sondern ebenso den beginnenden
Sammlern das große Angebot zu überblicken und
sich an Hand des Buches darin zurechtzufinden.
AMK-Prödikat; Ein informatives und praktisches
Handbuch, unentbehrlich für Sammler, Kunsthändler
und Galeristen. Wilhelm Mrazek
51
Für den Kunstsammler
Wilhelm Mrazek
Österreichischer Jugendstiischmuck
im Museum für angewandte Kunst
Seit einigen Jahre hat das allgemeine Kunst-
verstöndnis einen bemerkenswerten Wandel erfah-
ren. Nicht mehr das Biedermeier wird als die
letzte europäische Stilepoche betrachtet, zu der
man noch eine lebensnahe Beziehung hat, sondern
die Jahre zwischen 1890 und 1920, die Zeit des
Jugendstils und der gleichgerichteten europäischen
Bewegungen Art nouveau und Modern style. Diese
Stilkunst um 1900 wird nicht mehr unter den Ge-
sichtspunkten der Dekadenz und des Fin de siecle
gesehen, sondern positiv bewertet und als der
Aufbruch der künstlerischen Jugend Europas zur
Moderne, zu den neuen Zielen des 20. Jahrhunderts
betrachtet.
In Wien setzte diese Bewegung mit einer Revolution
nicht nur auf rein künstlerischem Felde, sondern
auch mit umwölzenden Ereignissen auf dem Gebiete
des Kunstgewerbes ein. Im Jahre 1897 wurde nicht
nur die Wiener Secession" gegründet, sondern
erfolgte an dem renommierten Österreichischen
Museum für Kunst und Industrie ein Wechsel der
Direktion durch Arthur von Scala, der an seinem
Institut sowie an der angeschlossenen Kunst-
gewerbeschule alle modernen Bestrebungen
favorisierte. Vom Museum und seiner Schule
strahlten die Tendenzen des Jugendstils über das
gesamte Gebiet der österreichisch-ungarischen
Monarchie aus und fanden vor allem in den mit
diesen Instituten eng verbundenen Fachschulen her-
vorragende Pflegestötten. Die Künstlergemeinschaft
der Wiener Secession" iedoch bekundete ihre
Tatkraft durch die Errichtung eines die neuen Stil-
elemente aufzeigenden Ausstellungsgebäudes, der
Secession", sowie mit der Gründung der Zeitschrift
Ver sacrum", welche die Bestrebungen der iungen
Künstler breiten Kreisen bekannt machen sollte.
Damit der neue Geist und die Gesinnung der
Wiener Secessionisten iedoch eindeutig zu erkennen
seien, setzten sie an die Stirne des Gebäudes die
Devise; Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre
Freiheit".
Diese Wiener Secessionisten verneinten ganz
entschieden die traditionelle Unterscheidung
zwischen hoher Kunst" und Kleinkunst", zwischen
Kunst der Reichen" und Kunst für die Armen",
zwischen den freien" und den angewandten
Künsten". Das Kunsthandwerk, die Arbeiten des
Kunsthandwerkers sollten mit demselben Maß ge-
messen werden wie die des Malers, Bildhauers und
Architekten. Alle Schöpfungen sollten in erster Linie
dem Leben dienen. Alle Künste sollten bei der
Gestaltung des gesamten menschlichen Daseins zu
einem neuen Lebensstil" zusammenwirken und auf
diese Weise auch ihre gesellschaftliche Funktion
erfüllen.
Das Kerngebilde, das neben der Secession" am
eindrucksvollsten die Bestrebungen der Stil-
kunst um 1900 in Wien widerspiegelte, war die
Wiener Werkstätte". Die im Jahre 1903 ge-
gründete Produktivgenossenschaft" von Künstlern
und Handwerkern hatte schon nach kurzer Zeit im
kulturellen Leben der Weltstadt Wien eine fest-
gegründete Position und eine anerkannte ge-
schmacksbildende Funktion. Von all den Werk-
stöttengründungen hat sie allein den ersten Welt-
krieg überlebt und bis zum Jahre 1932 stilbildend
gewirkt. Sie war auch noch in den zwanziger
Jahren ein Unternehmen, das alle künstlerischen
und qualitativen Bestrebungen auf den Gebieten
des modernen Kunsthandwerkes durch umfassende
Tätigkeit förderte und pflegte". Ihre Leistungen
stellten einen entscheidenden Beitrag zu einem
Wiener Stil von Weltgeltung dar und erstreckten
sich auf alle Lebensbereiche, vom Hausbau und der
Inneneinrichtung bis hin zur Mode, zum modischen
Accessoire und zum Schmuck.
Dieser Schmuck, zumeist nach den Entwürfen von
Josef Hoffmann, Kolo Moser, Otto Prutscher, Carl
Otto Czeschka, Josef Eduard Wimmer und Dagobert
Peche ausgeführt, Iäßt deutlich die Besonderheit,
52
die wienerische Nate des Jugendstils erkennen. Das
was sich bis heute noch erhalten hat, ist iedoch
nicht allein ein Spiegelbild der allgemeinen stilisti-
schen Tendenzen der Wiener Secession, sondern
verrät auch noch die ganz persönliche Handschrift
der entwerfenden Künstler. Zusammen mit einer
ungemein gediegenen handwerklichen Ausführung
beeindrudren diese Arbeiten trotz weniger wert-
voller Materialien durdt ihre phantasievolle und
ornamental-schmückende Gestaltung.
In den ersten Jahren von 1903 bis 1905, in denen
allein Josef Hoffmann und Kalo Moser für alle
Entwürfe zuständig waren, herrschten vorwiegend
die geometrisch-flöchenhaften Gestaltungselemente
vor. Die quadratischen oder rechteckigen Schmuck-
stücke sind durch Stege streng unterteilt und
ergeben mit den Rund- oder Ovalformen der Halb-
edelsteine eine geometrische Flöchenkomposition,
die zu den ornamentalen, ineinander verflochtenen
Linienrnotiven der Pariser oder Brüsseler Künstler
in bewußtem Gegensatz stehen. Unbedenklich
werden neben edlen besonders gerne unedle
Materialien verwendet, ia bevorzugt, um für die
Auffassung zu zeugen, daß es in erster Linie die
ästhetische Gestaltung ist und weniger das Material,
das den Wert eines Schmuckstückes ausmacht.
Mit dem Hinzutritt Carl Otta Czeschkas im Jahre
1905, Otto Prutschers und Josef Eduard Wimmers
noch vor 1910 in den Kreis der Entwerfer löst sich
die geometrische Strenge der Komposition auf und
werden vorwiegend Blatt- und Rankenmotive für al-
le Arten von Schmuck verwendet.
Eine letzte Umbildung erfolgte dann unter Dagabert
Peche, der ab 1913 für die Wiener Werkstätte
arbeitete. Er bedient sich spitz- und lanzettförmiger
Blattmotive, deren graphischer Charakter allen
Entwürfen, da er neben Silber audt Gold und Elfen-
bein, Korallen und Perlmutter verwendet, eine
phantastische und exklusive Note verleiht. Seine
Schöpfungen sind zwar immer Schmuck, aber doch
weit von dem entfernt, was am Beginn der Wiener
Werkstätte nach Josef Hoffmanns und Kalo Mosers
Entwürfen ausgeführt wurde.
Die Besteller und Trägerinnen des Schmuckes aus
der Wiener Werkstätte gehörten alle der Schid1t
des Wiener Großbürgertums an. Aufgeschlossen für
alles Zeitgemäße, bedeuteten ihnen diese Schmuck-
stücke weniger eine Kapitalsonlage als vielmehr
eine besondere, phantasievolle Hervorhebung ihrer
individuellen Existenz. Diese Besitzer dokomentier-
ten damit nicht nur ihre Aufgeschlossenheit für die
Moderne, sondern auch für eine handwerklich-
künstlerische Gestaltung, die sich nur auf dem
Boden einer alten kunsthandwerklichen Tradition
und einer urbanen Kultur entfalten konnte.
Aufnühschmuck, 1905. Silber mit Perlmutter, Fadtsdtule
Gablanz.
UMK lnv.-Nr. Wl 436
Gürtelschnalle, 1905. Silber mit Halbedelsteinen, Fach-
schule Gablonz.
CMK lnv.-Nr, Wl 438
Gürtelschnalle, 1905. Silber mit Halbedelsteinen, Fach-
schule Gabtonz.
UMK lnv.-Nr. Wl 440
Ring, 1912. Silber, vergoldet, mit Perlmutter, Entwurf Jo-
sef Hoffmann, Ausführung Wiener Werkstätte.
UMK lnv.-Nr. Wl 1116
Manschettenknöpfe, 1905. Silber, Fachschule Gablonz.
UMK lnv.-Nr. Bi 1213
Ring, 1914. Gold mit sdtwarzem Opal, Entwurf Dagabert
Perhe, Ausführung Wiener Werkstätte.
UMK lnv.-Nr. Wl 1237
Brosche, 1905. Silber, vergoldet, mit Holbedelsteinen,
Entwurf Josef Hoffmann, Ausführung WienerWerkstätte.
Privatbesitz
Brosche, 1905. Gold mit Opalen, Entwurf C. O. Czesch-
ka, Ausführung Wiener Werkstätte.
UMK lnv.-Nr. Wl 1290
Brosche, 1905. Silber, vergoldet, mit Halbedelsteinen,
Entwurf Josef Hoffmann, Ausführung WienerWerksttitte.
Privotbesitz
10 Gürtelschnalle, 1910. Silber mit Edelsteinen, Entwurf
Eduard Josef Wimmer, Ausführung Wiener Werkstätte.
UMK lnv.-Nr. Wl 974
11 Vier Braschen,1917l18. Silber, vergoldet, mit Edelsteinen,
Perlen, Entwurf Dagabert Peche, Ausführung Wiener
Werkstätte.
UMK lnv.-Nr. Bi 1460 links oben, Bi 1461 links
unten, Bi 1459 redtts oben, Bi 1462 redtts unten
12 Anhän er, 1913. Silber, ver oldet, auf Karneol, Entwurf
Hans golek, Ausführung Os ar Dietrich, Wien.
UMK lnv.-Nr. Wl 1234
13 Anhänger, 1912. Platin, Saphire, Diamanten und Perlen,
Entwkurf Stephania Hurnfalvy, Ausführung Wilhelm Harr-
stric
UMK lnv.-Nr. WI1167
14 Anhänger, 1905, Silber mit bunten Halbedalstelnen, Ent-
wurf Jasef Hoffmann, Ausführung Wiener Werkstätte.
UMK lnv.-Nr. Bi 1471
53
Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Archäologische Funde
der Volksrepublik China"
Katalog, heraus egeben im Auftra des Bundes-
ministeriums für issenschaft und orschung vom
Österreichischen Museum für angewandte Kunst.
Altes und Neues Haus,
Säulenhalle, Ausstellungshalle
Parterresäle Neues Haus
Wien Stubenrin
23. 2-21. 4. 1974 Tag verlängert
Nach dem knappen Bericht im Heft 133 soll hier in
Grundzügen diese wohl außergewöhnliche Ausstel-
lung auf Wiener Boden Würdigung erfahren. Man
erinnert sich nach vor wenigen Jahren stand das
neue China so gut wie ohne Beziehungen zur gesam-
ten übrigen Welt. Der Miteinschluß Chinas, der
Wunsch nadt Öffnung von beiden Seiten, konnte
nur eine Frage der allernächsten Zukunft sein. Neben
der Aufnahme der übrigen zwischenmenschlichen
Beziehungen schien eine Öffnung auf kulturellem
Sektor selbstverständlich, denn nichts scheint stärker
als Kunst in allen ihren Äußerungen ein kosmopoliti-
sches Kommunikatianswunder vollbringen zu können.
Eine Kommunikation auf freierer Ebene, fern von
politischem Taggeschrei, wie sie vielleicht auch die
großen Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts
priori darstellten, deren Grundaspekt des
Zusammenkammens, Demonstrierens und Aus-
tauschens geistiger und materieller Lebens-
äußerungen allen Völkern Fortschritt und neue Per-
spektiven brachte. Ein partielles Kommunikations-
wunder könnte man die Chinaausstellung, die vor-
zugsweise auch Wien beherbergte, bezeichnen.
Eröffnet wurde die Veranstoltungsreihe der Aus-
stellung Archäologische Funde der Volksrepublik
China" im Voriahr, 1973, in Paris. Nächste Station
war London, im Winter 1973l7Ä, dann folgte
Wien. Drei Stationen einer Schau, die, ersten
Berichten zufolge, echte Publikumsbegeisterung
vermerken konnte. Sind Neugier und Andrang um
so größer, ie weiter es in die Jahrtausende zu-
rückgeht? Ein toller Zeitrahmen 15.000.000 v. Chr.
1400 n. Chr. als sensationelle Headlinel Wenngleich
600.000 v. Chr. sachlich doch den wahren Zeitansatz
bedeutete. Nehmen wir vorweg Wien, von chine-
sischer Seite mit dem Vorzug bedacht, einzige Stadt"
im mittleren Europa zu sein, in der die Ausstellung
gezeigt wurde, scheute weder Mühe noch Kosten,
dieses Superspektakel dem österreichischen und
interessierten Anrainerpublikum angemessen zu
präsentieren. Nicht um Paris oder London den Rang
abzulaufen, doch der Möglichkeit wegen. Farb-
mutige Architekten setzten klarlinig neue Maßstäbe
mit einer zukunftsweisenden Gesamtpräsentation,
die datationsbestimmten Musealstandard weit
übertraf. Der Organisierungsgrad ist ebenso
geradezu perfekt und effektivst. So rollt der Besucher
gleichsam auf einer lnformations- und Lenkungs-
woge zu den chinesischen Kunstschätzen. Katalog-
bestückt wie selten man sah Paare, wo ieder
Partner seinen eigenen Katalog mit sich trug
zeigte sich das Publikum eingestimmt vor dem
eigentlichen Ausstellungserlebnis. Und da stand so
ein ziemlich abgebrühter Museumsmann mitten in
dem Trubel und wurde fast mitgerissen in diese
unerklärbare Euphorie, besonders in der Endphase.
Doch zur Ausstellung. Im Säulenhof erfolgte
eine weihevolle Einstimmung in die chinesische
Welt. Rundum ein vielteiliger Bilderfries mit
chinesischen Landschaften, figuralen Szenerien,
mythologischen Ausschnitten und sphärenhaft, wie
von weit her, fernöstliches Glockengeläute.
Vom gläsernen Museumsdach herunter der diagonal
sich kreuzende Fall von Fahnenbändern in Rot und
Rot-Weiß-Rot. Diapositivvorführungen, Bücherstand
mit einschlägiger Literatur, lnformationskiosk
boten weitere Gelegenheit zu Sammlung und ln-
formierung. Dann der eigentliche Eintritt in die
Ausstellung, deren Exponate und Hilfsexponate in
den Parterresälen des Neuen Hauses in chronologi-
scher Abfolge in gut konzipierter Lockerheit wie
sachlicher Ordnung präsentiert waren. Eingangs
erste Hilfsexponate mit Bildern chinesischer Aus-
grabungsstätten, gegenüber das stets stark
frequentierte Espressa". Noch vor den ersten
54
Obiektevitrinen eine übergroße Chinakarte mit den
markierten Fundstätten. Daneben eine überaus
nützliche Zeitvergleichskarte China-Usterreich"
15,000.000 vor Christus bis 1400 nach Christus. Davor
in der Regel schon die ersten Publikumsansamm-
lunen. Immerhin ist es interessant zu wissen, daß
z. B. ein gutes Jahrzehnt vor der ersten urkund-
lidten Erwähnung des Namens Wie in China, 868,
das erste Buch gedruckt wurde. Positive Publikums-
reaktion, denn über die Geschichte gelangte man
besser orientiert ins Archäologische. Erste Sen-
sationsobiekte, Schädel und Fragmente des
Lan t'iert bzw. des Pekingmenschen, nachgebildet,
und Gerät aus dem Paläolithikum. ln funktionell
einfachen Vitrinen, wechselnde farbige Seide
auf die ieweiligen Obiekte harmonisch abgestimmt.
Übergang ins Neolithikum Äxte, Meißel,
Harpunen und sonstiges Handgerät aus der Jung-
steinzeit. Nach und nach gleitet man in die
exotische Sphäre der großartigen Schau, drängt
schaubehindert an Menschentrauben vorbei durch
die Säle mit den fast 380 Exponaten in insgesamt
XXXIV Ausstellungsabsdtnitten, groß unterteilt in
drei Hauptgruppen Urgesellschaft, Sklavenhalter-
gesellschaft und Feudalgesellschaft. Schiebt sich
vorbei an FührungsgruppemMaximum einer einzigen
Führungsanmeldung 600i Man versenkt sich mit
Muße ins Ansehen kleiner Obiekte, etwa einer
Pflugsdtar oder zwei Orakelknochen aus der
Shang-Zeit, die als Urträger der chinesischen
Schrift gelten. Verharrt mit Staunen vor dem
iadegepanzerten, geheimnisvoll-futuristisch an-
mutenden Totenkleid der Prinzessin Tou Wan, den
90 gezählten Bronzestatuetten; Pferde, Kampfwa-
gen, Reiter und Diener in militärischer Aufstellung,
einem Grabfund eines Generals der Han-Zeit, und
dem svmbolträchtigen Leitobiekt der aufregenden
Schau, dem Fliegenden Pferd". lm steten Wechsel
Obiekte, dazu Darstellungen von Ausgrabungs-
stätten in Hilfsexponaten. Hinter alledem spürbar
die tiefe Ehrfurcht und Verehrung des chinesischen
Volkes vor dem Vergangenen. Quintessenz dieser
Ausstellung, dieser sensationellen Funde der
letzten zwanzig Jahre nicht rtur der Glanz und
exotische Reiz fernöstlicher Kunst und die erstaun-
lichen Leistungen der chinesischen Archäologen
wurden vermittelt, sondern darüber hinaus wert-
volle Aufschlüsse zum besseren Verständnis der
Menschheitgeschichte überhaupt.
Große Beredtheit und farbigste Schilderung
allein sind iedadt nidtt imstande, dieses menschen-
überlaufene Erfolgsspektakel und seinen
Publikumszuspruch späteren Generationen echt auf-
zuzeichnen. Zuletzt rannte man zum Museuml Aus
Angst, vor der nächsten Uberfüllungssperre nicht
mehr in die Ausstellung zu kommen. Wann hat es
das und wird es das jemals wieder geben? Prall
beparkte Zufahrten und Parkplätze. lm Säulenhof
ratlose Observanz, eingepfercht in hin- und her-
wogende Besucherströme. Rührend hilflos lächelnd,
doch besorgte chinesische Verantwortliche. Vor-
bildlich eine von ihren sonstigen Musealpflichten
entbundene, pensionistenverstärkte Aufseher-
phalanx. Sie agiert umsichtig und ruhig lenkend,
aufklärend und einweisend in aller sich über-
schlagenden Hektik. So gesehen gehörte" diese
nicht vom Hause initiierte Schau doch ganz dem
Museum, und das ohne iede Beweihräucherung.
Seinem immer um den ganz großen Erfolg besorg-
ten, bis zuletzt am besseren lmage und um per-
fekteste Präsentation bemühten Direktor, den
beiden Chinaexperten und den uner-
müdlichen, der Sicherheit der Ausstellung ver-
pflichteten pendelnden akademischen Führungs-
und beigeordneten Assistenzkräften wie dem
mächtigen Aufgebot des Aufsichtspersonals, nicht
zuletzt aber auch den Fachkräften und Arbeits-
portiert" des Hauses, denen die übersdtnelle
Adaptierung oblag.
Einem Erfolgsunternehmen folgt meist leichtlippig
das Bekenntnis guter Zusammenarbeit. Mit Genug-
tuung sei festgehalten, daß sämtliche chinesischen
und österreichischen Beteiligten in bemerkens-
werter Einmütigkeit zusammenstanden. Sowohl in
der so hektischen Vorbereitungsphase, die info
knappster Terminselzung fast unüberwindbare
Schranken aufrichtete, wie auch während des
Verlaufes der Ausstellung. Unter Patronanz de
österreichischen Bundesregierung stand von de
Frau Bundesminister Dr. Herta Firnberg und
engeren ministeriellen Stab über die Herren de
Organisationsapparates bis herunter zum letzt
Uberwacher eine auf Bemühen um die Sactt
das Publikum ausgerichtete Gemeinschaft.
Tragischer Akzent des glanzvollen Ereignisses
letzte Auftreten des schon vom Tode gezeid
Bundespräsidenten Dr. h. c. Franz Jonas, der
Exklusiveröffnung vornahm.
Besprechungen, Konferenzen, den halbhundert-
tausendsten Besuchern Schenkungen, Empföng
auf der chinesischen Botschaft und sonstige
verstärkten die Beziehungen zwischen chinesist
und österreichischen Akteuren derart, daß sell
schwierige sprachliche Verständigung keine
windliche Klippe darstellte. Das dabei manchrr
geschriebene und gesprochene Wart Freundsct
konnte wohltuend in echter Bedeutung verstant
werden. Der Erfolg einer Ausstellung wird in
Regel nach den erreichten Besucherzahlen gen
Hier müßte man sagen, daß diese förmlich hoc
iagten in bisher nicht verzeichnete Höhen, daß
sämtliche offiziellen Statements und Prognoser
erfreulicherweise übertroffen wurden. Fazit ei
niemals erzitterter Erfolg mit der Schlußbilanz
240.866 Besuchern und 55.261 verkauften Katt
aus drei Auflagen.
In Ausnutzung aller medialen Mittel, parallel
Ausstellung, hatte der mit durchführende Gene
sekretär des österreichischen Kulturzentrums
seinem Haus am Josefsplatz zwei chinesische
Filme laufen und eine Presse der Superlative
Pressekonferenz mit fast 100 Journalisten
fachte zusätzlich den Aufwind immer wieder at
Nun ist die Ausstellung bereits Geschichte gew
Nur mehr ein Poster mit dem Fliegenden Pfert
als Anlockung kündet mit Vermerk vom Abverli
der wenigen übriggebliebenen Kataloge und
Das Museum hat mit drei Ausstellungen seine
Normalität" wiedergefunden. Gewisse Nach-
probleme im Zuge von Umbauten im Parterre
Neuen Hauses verzögern die Neugestaltung de
Teppichr und Chinasammlungen. Schon mehren
Anfragen nach den Chinaschötzen des Hauses
ist neugierig, will vergleichen und neu entdeckt
Inzwischen geht die Chinaausstellung in Stocl
der letzten europäischen Station, langsam zu
um anschließend nach Übersee zu gehen, besl
Beispiel einer Möglichkeit, eine Annäherung ur
Vertiefung menschlicher Beziehungen über Kun
herbeizuführen. Leopold
Kuan-yin, cnadengattinü aus Ta-tu, Hauptsta
Yüan, 1a, Jh., was westlich von Peking ausge
Eröffnung der Chinaausslellung. Bundespräslde
lt. c. Franz Jonas, geleitet von Frau Bundesn
Dr. Hertltd Firnberg, beim Entree
Frati Bundesminister Dr. Herta Firnberg packt da
Obiekt mit aus, anwesend Hofrat Dir. Prof. Dr.
Botschafter Wang, Herren der chinesischen Dell
Und Wiss. ote Dr. Herbert FVX von links noch rt
Junge Besucherin vor aani Sinanthropus tantianani
Reiter, Westliche Barbaren", aus dem Mou
der Prinzessin Yllhg T'ai, Anfang, a. Jh., T'a
An einem Ausstellungstclg. Sichtbar die charal
schert Vitrinenprofile
Nur naati ein Tag" an der Affichenwand va
Museum
Einbahn" zum Museum. Man greift sich
Kopf." Endlose Besucherschlange und pralll
Parkbahnen
KUNSTHAUS AM MUSEUM
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