Notizen Österreichisches Kulturinstitut Paris Hans-Fronius-Ausstellung Altmeister Hans Fronius, unverwüstlich wie eh und ie, verließ sein versponnenes Perchtaldsdorfer Tusculum, um den Franzosen ihr Frankreich mit den Augen eines euro-österreichischen Künstlers zu präsentieren. In 78 Zeichnungen und Lithographien, vorwiegend Leihgaben der Albertina, Wien, aus österreichischem Privatbesitz und des Künstlers selber. Niemand scheint prädestinierter als Fronius aus den Welten Molieres, Sartres, d'Anouilhs, Mauriac' und Giraudoux', eines Balzac, Green, Camus zu interpretieren. Geistige Verwandtschaft und das spontan-dunkle Tempera- ment seiner Künstlerhand vermögen es vortrefflich, visionäre lmaginationen von stärkster Eindring- lichkeit zu schaffen, die verwirrende Dramatik versunkener Zeitläufe und Begebnisse, die Zerrissenheit menschlicher Charaktere, der geschundenen Kreatur Pein und Bedrängnis so schonungslos auf drastische Weise bloßzulegen. Seine Einfühlung in literarische Welten ist dermaßen, daB man unbestritten von kangenialer Kreativität sprechen muß. Er schafft mit seinen Illustrationen keine zweite eigene Welt, sondern die potentiell eine des literarisch Existenten. Er schafft den Körper zum Geist und somit die eine Einheit. Bis auf zwei erfreuliche Pressekritiken des „Figaro" und „Le Monde" ist uns nicht bekannt geworden, wie das Pariser Publikum die Schau aufgenommen hat, doch scheint sicher zu sein, doß es ein positives Begegnen mit Fronius war. Aber die zehn Städte Frankreichs, wie Avignan, Ales, Angauleme, Bordeaux, Brest, Nimes, Narbanne, Poitiers und Saintes, neben Lyon und Strasbourg, die die Ausstellung aufnehmen werden, scheinen genügender Beweis dafür. Erfreulich auch in Paris noch der Ankauf mehrerer Werke von Hans Fronius durch das Graphik- kabinett der französischen Nationalbibliothek. Vielleicht konnte gerade Fronius in dem lang- wierigen und so schleppenden Hinarbeiten auf ein vereintes Europa auch in eher peripherer künstlerischer Sphäre neuerliche Bestätigung erwirken, daß ein alles durchdringender Geist diesen noch so egoistisch-uneinigen Kontinent beseelt, denn der Künstler nimmt wohl nationale Eigenständigkeit wahr, hebt sie aber in der echten Interpretation über alles hinauf in eine gemeinsame künstlerische Erscheinungswelt. Leopold Netopil Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung Besucherstatistik der staatlichen Museen und Kunstsammlungen 1 974 Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung gibt bekannt, daß in den ihm unterstehenden staatlichen Museen und Kunstsammlungen in den Monaten Mai 110.670 Juni 1 12.1 16 Besucher gezählt wurden. 42 Aachen - News aus der Neuen Galerie Freund Dalis und kurioser Geheimtip aus Paris, Outsider der Zero-Gruppe in Yves Kleins Atelier, ist der Rumäne Horia Damian. Mit seiner hier präsentierten „Milchstraße" - eine nachtblaue 12-m-Rampe - stößt er, uns artistisch kühn voraus, auch ohne NASA, in künftige Weltenräume hinauf, was ihm als Hohepriester einer kosmischen Religion zwischen Macks „Sahara" und Kubricks „Odyssee 2000" selbstredend leichterfällt. Die One-Obiekt- Schau war vom 20. Juli bis B. September 1974 etabliert. Zu gleicher Zeit zeigte man Gerd Baukhages „Versperrungen", so betitelt dem erlebnishaften Arbeitsprinzip des Kölner Realisten alter Prägung zufolge. Themenkreis und lmponderabilien: Eisenplatten, Stahlklammern, Hinrichtungswerk- zeuge, Münzen totalitärer Staaten und Holzbretter mit Dachpappen u. ä. Zeug. Auch einer, der achtlos Weggeworfenes als bewußt Gefundenes auf künstlerisch trimmt. Die Naivenwelle hat Aachen erreicht. Eine Schau „Naive Kunst in Aachen" im Atrium, so wird angekündigt, soll alles, was in der Stadt an Sonntagen, und nicht nur an diesen, naiv dahinmalt, vereinigen. Stets virulent und austauschbar während der Ausstellungsdauer Bilder und Zeichnungen iener Naiver Aachens, die meinten, Ausstellungsehren für sich in Anspruch nehmen dürfen (Abb. 25) Berlin - Maler der Brücke Die Galerie Nierendorf in der Hardenbergstraße 19 beherbergte vom 24. Juni bis 10. September d. J. eine Ausstellung „Die Maler der Brücke". Arbeiten von Bleyl, Heckel, Kirchner, Mueller, Nolde, Pechstein, Schmidt-Rattluff dokumentierten einmal mehr die künstlerische Kraft dieser Gruppe. (Abb. 26) BonnlXanten - Regionalmuseum Xanten 1943 verlor Xanten sein Heimatsmuseum. Dabei und in den Nachkriegswirren büßte man das Haupt- potential der reichen Funde aus Xantens Vergangen- heit ein. Nur die Goldmünzen- und die Gemmensammlung waren damals zu retten. Bräuchte Xanten, die „Dom- und Römersladt", früher auch „SiegfriedstadW, wieder ein Museum? Kommen doch so oder so iährlich 300.000 „Fremde" in die Stadt des Siegfrieds (des Nibelungenliedes). Nun, gewichtige Gründe sprachen für eine Wiedererrichtung, vor allem weil sich gerade in Xanten exemplarisch die Entwicklung einer Landschaft, einer Stadt über die Jahrtausende hinweg, aufzeigen läßl. Zwei ineinander verzahnte große Epochen, die Römerzeit und die Geschichte von Xantens Dom und Stift, konnten in ihrer Folgerichtigkeit der historischen Entwicklung ein neues Fundament bilden. Am 29. Mai 1974 ist das Regionalmuseum Xanten, erste Dependance des Rheinischen Landesmuseums Bonn, eröffnet worden. Auf 1500 qm Areal kann der künftige Besucher, den historischen Gang in der heutigen Stadt beginnend, von dort aus Schritt für Schritt in die Epochen der Vergangenheit vordringen (Abb. 27) Coburg - Aus der Veste Eine Einladung zur Eröffnung der Ausstellung „Böhmisches Glas der Gegenwart" kam aus Coburg. Nichts näher als das, hier, in den Kunst- sammlungen der Veste Coburg-Coburger Landesstiftung, die bemerkenswerten Produkte der heutigen böhmischen Glaskunst zu präsentieren. Dr. Hans Maedebach, der Direktor der hiesigen Kunstsammlungen, eröffnete am 21. Juli und führte anschließend in die Schau ein, die am 5. September ihre Pforten schloß. Esslingen - Graphik des 20. Jahrhunderts Eine Sommerausstellung unter dem Titel „Graphik des 20. Jahrhunderts" - Radierung, Holzschnitt, Lithographie, wurde in der Kunstgalerie Esslingen, lnh. R. Rentsch, Grüner Weg 17, am 2B. Juli eröffnet. Dauer bis 25. August 1974. Ferrara - 1474-1974, Bronzen und Plaketten Aus dem reichen Fundus eines halben Jahrtausends präsentierten die „istituzioni culturali comune die ferrara" vom 15. Juli bis (noch) 15. Oktober eine große Jubiläumsschau „V. centenario della nascita di ludovico ariosto - bronzi nelle civiche collezioni palazzina di marfisa d'este", die unter der Patronanz der Region Emilia-Romagna steht. Eine einmalige Schougelegenheit für interessierte Kenner und Sammler dieser wertvollen Kleinkunst, uns als Post leider zu spät zugekommen (Abb. 28) Hamburg - Gottfried Salzmann in der Galerie Lochte Einen weiteren Österreicher, nach Regschek u. a., zog es in die Hansestadt. Nach Amiens und Innsbruck, 1973, und in der Galerie Welz, Salzburg, heuer, zeigte Salzmonn seine farbgliihenden Aquarelle in der hiesigen Galerie Lochte vom B. Juni bis 13. Juli d. J. Des Künstlers menschenlose Landschaftsimpressianen mit ihren hohen, weitläufigen Horizonten und dem feinst nuancierten Intensivkolorit sollten auch für die Bürger des Welthafens Faszination in all ihrem geschäftigen Trubel bedeutet haben. (Abb. 29) Karlsruhe - Picasso im Badischen Landesmuseum Mit der Schau „Picasso und die Antike" greift das BLM ein äußerst interessantes Faktum recht geschickt auf. Erstmals wird der Einfluß antiker Kunst und Thematik auf Picassos Werk, der offensichtlich seit langem als gegeben feststeht, sichtbar zu machen versucht. Vasen mit Antiken- darstellungen der hauseigenen Sammlung verdeutlichen dies, den lllustrationsfolgen zu Ovids Metamorphosen und Aristophanes Lysistrato, der Suite Vollard, Zeichnungen und Keramik Picassos gegenübergestellt, augenscheinlich. Eröffnet am 7. September, ist die Schau noch bis 17. November 1974 anzusehen. LondonlWien - Neuerung im British Council Der schon legendäre Englische Leseraum auf dem Stephansplatz in Wien ist seit 1. August 1974 Firma und Buchhandlung auf englisch-ästerreichischer Basis. Der Titel: Blackwell 8. Hadwiger Ges. m. b. H. Die Blackwell Ltd., Oxford, 1879 gegründet, betreut über 100.000 Kunden in aller Welt mit einem Bücher- und Zeitschriftenangebot von rund 150.000 Titeln. Dies zur Kenntnis der seit 1945 bestehenden anglophilen Leseraumgemeinde Wiens. Ein Kapitel der Nachkriegsgeschichte Österreichs, das mit der Schließung des letzten von der seinerzeitigen britischen Militärregierung errichteten Leseraumes endet, erfährt eine erfreuliche Fortsetzung. Vorausgegangen ist dem nämlich die Eröffnung der neuen und modernisierten Bibliothek und des Kulturzentrums des British Council in Wien 1, Schenkenstraße 4. Auch hier und in stärkerem Maße kann die alte Lesergemeinde lesen und ausleihen, Anfragen kultureller und wissenschaftlich-edukatorischer Art deponieren. Der Ordnung halber sei vermerkt, daß die lnfarmationsabteilung der britischen Botschaft hingegen für Anfragen, die Politik und Wirtschaft Englands betreffen, zuständig und verantwortlich ist. MünchenlHamburg - XIV. Deutscher Kunsthistorikertag Über das Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München, informiert der Verband Deutscher Kunsthistoriker e. V. mittels Programms über den vom 7. bis 12. Oktober 1974 in Hamburg stattfindenden XIV. Kunsthistorikertog. Haupt- programmpunkte: Historismus, Salon und Refuses, Realismus, gegenwärtige Positionen und zukünftige Aufgaben der (Caspar David) Friedrich-Forschung, das Museum und sein Publikum, Denkmalpflege, Lübeck - Stadtdenkmal und Planungsrealität, Probleme der Denkmalpflege im Wirtschafts- und Handelszentrum Hamburg. Die uns am 18. Juli zugekommene Nachricht läßt leider die Ankündigung in diesem Heft 135 fast gleichzeitig mit dem Ablauf des XIV. Kunsthistorikertages zusammenfallen.