am Rande der Vorstadt interessant, da daraus
ersichtlich wird, wie weiträumig und riesenhaft
Fischers Plan für die kaiserliche Residenz ge-
dacht war.
Das Bibliotheksgebäude selbst ist eines der be-
deutendsten barocken Bauwerke Europas. Sein
riesenhofter Bibliothekssaal, den Säulenordnun-
gen dreiteilen, zeigt die geniale Form der Durch-
dringung einer Längstonnenwölbung mit einer
Querovalkuppel und bringt damit gleichsam die
Vollendung römischer Hochbarockideen im pro-
fanen Raum. Das Konzept geht in gewisser
Weise auf die römische Galeria Colonna, die
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ab 1654 von Antonio del Grande und Girolamo
Fontana im Palazzo Calonna errichtet worden
war, zurück, wie es auch ldeen Berninis und
Vignolas verarbeitet.
Das hervorragendste Werk Fischers und des
barocken Wiens aber ist die als Stiftung Kaiser
Karls Vl. in der Zeit um 1720 am Rande der
Vorstadt, an den Ufern der Wien, errichtete
Karlskirche. Zum Triumph des Kaisers wie dem
der Kirche, zur Überwindung der Türken und
der Pest ist diese Kirche gedacht. Wenn der
tonnenüberwölbte Saal auch nur mehr in An-
deutungen vorhanden ist und das mächtige Tief-
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oval den Raum eigentlich beherrscht, so
das Bauwerk doch gleichsam eine Summe
römischen Hochborock dar, nicht nur durch
nen antik-römischen Portikus mit den b(
Triumphsäulen und der Außenwirkung der
pel. Wie diese Kirche in ihrem Altarraum ar
Tempel Salomonis anspielt, will ihr Äul
die Erinnerung an die Großartigkeit der 1
Rom wiedergeben und zeigen, daß es sich
um eine kaiserliche Repräsentationskirche
delt. Das Zentrum der Christenheit soll nun
nach Wien verlegt sein, und diese Kirche so
kennbar machen, daß der römisch-imperiale
danke nach Wien übertragen worden ist.
Das entscheidend Römisch-Imperiale dieser
in Wien aber ist, daß nicht nur ein einzi
Gebäude die Veränderung erfährt, sondern
die Stadt als Ganzes und auch die kaisei
Residenz verändert werden. Eigentlich Vt
die ganze alte Stadt damals neu gebaut. .1
Adelige und jeder auch nur irgendwie ve
gende Bürger baute sein Haus neu. Gesc
sene Straßenzüge und Plätze wurden neu
staltet, und immer wieder steht der kaiser
Wille nach Manifestation der Universalität
hinter. Es geht um die Stadt, die zu e
Nova Roma werden sollte und wurde.
Nach dem Tode Karls Vl. im Jahre 1740 E
die große imperiale Idee und Leitlinie rai
ab. Weder in Wien noch in Rom nach son
in Europa gab man sich einer Fortführung I
nationaler ldeen hin, sondern förderte an
Orten, begünstigt durch die Aufklärung,
Nationalismus, der oft auf kleinste Territorii
ihrem Bestreben nach Unabhängigkeit bez
war.
Erst mit der Kaiserkrönung Napoleons I
Jahre 1804 erlebte die römische Kaiseridee
gewisse Renovatio, wenn auch Napoleon
eher als wiedergebarener Octavianus Aug
fühlte, wie dieser einer Republik entstamrr
Daher schloß er, obwohl er sich von l
Pius Vll. krönen lassen hatte, nicht an die g
Tradition der letzten drei Jahrhunderte an.
Sogenannt „klassizistische" Tendenzen ga
zwar im Verlauf des 16. bis 18. Jahrhun
mehrfach. Der von Winkelmann und Ca
gepredigte Anschluß an „die Griechen" ist
auch in der Zeit um 1800 nicht gelungen. lr
Architektur blieb man weiterhin bei dem
schluß an das römische Vorbild. In der Aus
der „varbildlichen" Denkmäler wechselte
allerdings und griff nun auf die ouguste
Zeit zurück. Ein besonders gutes Beispiel (
ist Napoleons bedeutender Bau in Paris, di
sprünglich als Ruhmeshalle 1806 begonnene,
1842 zur Kirche geweihte Madelaine; außer
römischer Tempel, wie das sogenannte Mr
Corree in Nimes, innen wie ein Thermer
mit drei Flachkuppeln. Wenn aber auch
Kaisertum Napoleons augusteische Prägung
weist, so ist es doch immer eine Sonderlö
geblieben.
England hat merkwürdigerweise zu diesem
zen europäischen Konzept so gut wie n
beigetragen. So sehr sich auch dieser Natir
staat zum übernationalen und außereun
schen Kolonialreich entwickelte, dessen kolr
les Konzept so viel Ähnlichkeit mit der römis
Kolonialpolitik aufweist, so verschieden von
mischen System blieb seine innere Struktur.
einzige beachtliche Bau des 17. Jahrhunder
London, die SL-Pouls-Kathedrale von Chi
pher Wren aus der Zeit von 1675-1710,
nur äußerlich barock-römischen Formen.
Roumanlage selbst führt trotz der Aufnc
einer Kuppel das mittelalterliche Schema wi
Die Tradition des „römisch-koiserzeitlichen'
Jahrhunderts nimmt erst in der Zeit um 1860