A Künstlerprofile Markus Vallazza 1 1 Aus dem ZyHUS von Zeichnungen zu Kafka. Mischtectinik, 196? Don Quichatte. Tusche und Feder laviert. 1968 Insel der Vögel. Tusche und Feder laviert. 1969 D07! Quichotte (wehren. Tusche und Feder. 1970 Oswald speist die Dichtung. Radie- rung CIUS dem 25 Blätter umfassen- den Zyklus „Oswald VON Wolken- stein". 1972 Markus Vallazza Geboren 1936 in St. UlrichlGröden (Südtirol), wo er auch lebt. Stellte im Jahr 1970 erstmals in der Wiener Secession aus und wurde zu deren Mitglied gewählt. Für 1973 ist eine weitere Ausstellung in der Secession während des Monats April geplant, im März wird ihn die Galerie Welz in Salzburg vorstellen. Seit 1961 stellte der Künstler in Einzel- oder Gruppenausstellungen in Italien und der Bundesrepublik aus, zahlreiche Reisen führten ihn durch Europa und nach Amerika. Abgeschlossen hat Markus [wie er sich als Künstler unter Verzicht auf den Familiennamen nennt) soeben einen umfangreichen Radierzyklus zu Texten von Oswald von Wolkenstein. Markus führt seinen Dialog nicht mit der aktuellen, sondern auch mit der überlieferten Gegenwart. Den Bruch zwischen gestern und heute gibt es für ihn in einer allgemeinen Form nicht. Er erkennt die Aktualität dessen, was einmal war, und er durchschaut die Brüchigkeit der Aktionen iener Akrobaten, die sich heute mit ihrem Anspruch auf Gegenwartsbezug spreizen und winden. Er weiß, daß es den Don Quichotte, den irrenden, suchenden Ritter, immer noch gibt, mitunter identifiziert er sich auch mit ihm. Und wenn sich Markus zuletzt zwei Jahre lang mit der schillernden, „modernen" Erscheinung eines Menschen beschäftigte, der ein paar Jahrhunderte vor ihm lebte, so sucht er auch in ihm sich selbst zu erkennen. Es handelt sich dabei um den Ritter und Sänger Oswald von Wolkenstein, der wie iener, der dessen Spuren heute verfolgt, in einer Umbruchzeit und an einer geographisch-kulturellen Nahtstelle lebte und aus dieser Konstellation für sein dichterisches Werk Gewinn zog. Franz Kafkas Schlußfolgerung in seiner Skizze zu Prometheus ist die: „Die Sage versucht das Unerklärliche zu erklären. Da sie aus einem Wahrheitsgrund kommt, muß sie wieder im Unerklärlichen enden." Eben damit beschäftigt sich Markus, wenn er die Gestalt Oswalds von Wolkenstein zugleich im engeren, sagenerfüllten Raum der Dolomiten sieht. An Kafka hat sich Markus im übrigen schon immer gern gehalten, in dessen Gesichtern die eigenen wiedererkannt: eigene Verwirrungen, Erinnerungen und Träume von Aufflügen und Abstürzen [das Ikarus-Thema), Ereignissen, Bewegungen, die ihren Grund letztlich in mythischen Bereichen haben, archetypischer Natur sind. Markus zeichnet, wie er lebt, und er lebt zeichnend. Seine direkten und spontanen, Gedanken und Beobachtungen ausbreitenden, dann ordnenden Niederschriften sind zunächst Zeugnisse, bevor sie als Kunst, als ästhetisches Produkt wahrgenommen werden können, Man könnte angesichts der im Ansatz gleichbleibenden, im Radius des Erfaßten wechselnden Position, wie er sie einnimmt, statt über Kunst ebenso gut oder besser über Menschen sprechen, über Heilige und Verbrecher, Liebende und Krieger, Hoffende und Verlierer oder gewinnende Zweifler. Seine Fragen manifestieren sich nicht immer nur an der Oberfläche seiner Papiere, sondern finden sich teilweise auch auf deren Rückseite. Er verbirgt, was er nicht sagen kann, ohne es zu verdecken. Was sichtbar, ablesbar, beschreibbar ist, bleibt der geringere Teil, Aus Teilen lassen sich aber lndizien zusammen- tragen für das Ganze. Es geht Markus um ein Sichtbarmachen iener Wahrheiten, denen auch die Alten auf der Spur waren. Er scheint nichts zu vergessen, was er ie einmal gesehen hat - und vergißt doch wieder alles, wenn er zeichnet, weil es Teil seiner selbst geworden ist. Seine Skizzen und Studien sowie die reifen Konzentrate seiner Forschungen nach innen gleichen einem Amalgam aus karger, spartanischer, nordischer Zeichenkunst sowie südlich schweltender Phantasie und Ausdruckslust. Er schöpft aus allem, was ihm begegnet. Und gelangt dabei mehr und mehr zu sich selbst, ordnet zeichnend sein komplexes Verhältnis zur Welt. Kristian Sotriffer