l Aktuelles Kunstgeschehen I Österreich Wien Museum des 20. Jahrhunderts kunst aus sproche Die umfangreiche Schau wurde von Friedrich Achleitner, Heimrad Bäcker, Ernst Jandl, Gerhard Rühm, Alfred Schmeller, Peter Weibel und Peter Weiermair sehr übersichtlich zusammengestellt. Gezeigt wurden Beispiele von Ad1leitner bis Weibel. Diese alphabetisch weit auseinanderliegenden (A-W) Beteiligten kennzeichnen auch das ganze Unternehmen. Während Achleitner sich nach an die Fläche des Papiers und an die Verwendung der uns gebräuchlichen Buchstaben hält, schreitet Weibel zur Fotomantoge fort, wobei das Wort nur sehr bedingt zum Tragen der Aussage kommt. Dazwischen gibt es aber noch eine Menge Extreme, die sehr wenig mit Sprache, eher mit Sprachlosigkeit zu tun haben. (Sich vielleicht zu Recht oder Unrecht auf Wittgenstein berufend.) Am besten sind, im Sinne der Ausstellung, die Schriftbilder von Rühm, hier besonders „mein leben", „mannlfrau", „ichldu". Auch einige streng optische Wortfügungen Achleitners zeigen sehr deutlich, was diese Richtung will. Jandls etwas witzigere Formulierungen werden dem unvorbereiteten Besucher vielleicht noch Zugang zu dieser Ausdrucksweise geben. Als wichtig müssen auch Heinz Gappmayrs Exponate bezeichnet werden, wenn auch so vieles nicht mehr ganz dem Titel der Schau entspricht. Was sonst aber noch ringsum gezeigt wurde, waren meist Rand- oder Zufallsprodukte, Experimente oder Lockerungsspiele, wie sie fast ieder Gestaltende einmal durchführt. Prioritätsstreitigkeiten erinnern an den Bart des Propheten. (5. 11.-31. 12. 1975) - (Abb. 1) Galerie Basilisk Peter Dwarak Der iunge, außerordentlich begabte Graphiker, wir stellten ihn im vorigen Heft in der Spalte „Künstlerprofile" vor, zeigte neben dem Zyklus „mixed pickles man" eine Menge neuer Blätter, die sehr deutlich seine harte, zupackende Art kennzeichnen, die aber auch eine Erweiterung seines Themenkreises anzeigen. Bei den in sehr satten Tönen gehaltenen Graphiken herrscht immer ein starkes kritisches Engagement vor, das auch vor der Entlarvung gutbürgerlicher Hößlichkeit nicht zurückschreckt. (4.-24. 11. 1975) - (Abb. 2) Modern Art Galerie Jürgen Messensee Der Maler vertrat Österreich erfolgreich 1973 bei der Biennale in Säo Paula. Er zeigte in dieser Wiener Schau, wie sehr seine Ausdruckskraft von der Kombination von Linien und Flächen getragen wird. Immer im Figuralen verankert, vereinfacht er aber meist die Formen generell zu Chiffren. In einer von. Picasso herkommenden Artikulation und mit dem Einsatz großer und kräftiger Farbnuancierungen erreicht er eine sehr starke Faszination. Hier ist eine klare Aussage, keine verspielten, verzettelten Abweichungen in kleinliche Details. (5.-23. 11. 1975) - (Abb. 3) Peter Skubic Ausgewählte Arbeiten der Jahre 1973-1975: Ringe, Anhänger und kleine Plastiken aus Stahl und Edelmetall. Die meisten Arbeiten sind allerdings aus Chrom-Nickel-Stahl, und Skubic will den Schmuck nicht vom Material, sondern von der Formung her kostbar machen. Er verwendet dabei meist geometrische, in modernem technisd1em Denken verankerte Formen, etwa den Würfel oder die Kugel. Häufig finden wird auch phallisdte Motive angespielt, womit wir zu einer uralten Amulettforrn kommen und damit zu einer Wandlung in der Beziehung „Schmuck", die auch Skubic anstrebt. (26. 11.-IQ. 12. 1975) - (Abb. 4) Galerie Wolfrum Karl Korab Neben zwei Gouachen und vier Original- zeichnungen aus den Jahren 1957158 waren viele 38 Drudrgraphiken zu sehen. Die kostbaren Zeichnungen zeigten mit sparsamen, andeutenden Linien Akte, die Siebdrucke, 60 Stück, die sehr sauber gearbeitet sind, Überschneidungen von Mensch und Technik. Die Farben sind in der für Korab typischen reinen Flächigkeit gehalten, oft auch in kleine Sektoren und Streifen geteilt. Eine Mappe mit zehn Radierungen zu Adalbert Stifters „Mappe meines Urgroßvaters" ergänzte die Auswahl. (5.-15. 11. 1975) - (Abb. 5) Galerie Würthle Alfred Wickenburg Etwa 70 Exponate aus vielen Stadien aus Wickenburgs Schaffen. Trotzdem ein geschlossenes Werk von großer Aussagekraft. Viele Leihgaben der „Neuen Galerie" Graz. Von ihnen müssen besonders die Rötelzeichnungen hervorgehoben werden. Ein „Venustempel" ist mit lockerem Stift wie kaligraphisch meisterhaft hingeschrieben. Die Aquarelle haben kraftvolle Farben, eher unvermischt, trocken. Auch hier sind starke graphische Elemente, die Farbe ist fleckig. Sehr spukhoft und doch wieder ungemein lebendig und bewegt sind die Illustrationen zu Gogols „Tote Seelen". (30. 10.-22. 11. 1975) Zentralsparkasse Zweigstelle Quellenplatz Peter Stransky Der Sohn des bekannten Wiener Malers zeigte Malerei und Graphik. Die Arbeiten bewiesen, daß er sich langsam vom Einfluß seines Vaters frei macht. Natürlich ist seine Sprache auch eine expressive, besonders bei der Darstellung der Menschen, die hier mit einigen markanten Beispielen vertreten war. Die landschaftlichen Motive, meist vom Rande der Großstadt, werden aber lockerer erfaßt. Ihre graphische Gestaltung braucht den Vergleich mit bekannten Malern wie Escher oder Eisler nicht zu scheuen. (2. 11.-2. 12. 1976) - (Abb. 6) Raiffeisen-Zentrale Alte und neue Plastik Neben einigen Leihgaben aus dem Erzbischöflichen Dom- und Diözesanmuseum waren 13 Kleinplastiken und fünf große Metallplastiken unserer Zeit zu sehen. Bei den gotischen Arbeiten handelte es sich um Madonnen aus Haitzenhof, Hauskirchen und Talarhof und um eine Groblegung und Beweinung Christi. Der Kontrast zu den Plastiken unserer Tage war groß, wenn auch von den Modernen so gute Arbeiten wie iene von Avramidis, Bottoli, Pillhofer, Watruba u. a. zu sehen waren. Von den ungeschulten Besuchern einer solchen Ausstellung wird zu den modernen Arbeiten kaum ein Zugang gefunden worden sein. Man sollte daher überlegen, ob es bei einer Wiederholung nicht besser wäre, nicht zu mischen, und ob man sich nicht bemühen sollte, eine gewisse Entwicklung aufzuzeigen. (13. 11.-2B. 11. 1975) - (Abb. 7) Historisches Museum der Stadt Wien Wien im Mittelalter Das Thema ist umfassend und gleichsam ein Auftakt zu der Ausstellungstütigkeit im Jubiläums- iahr „Tausendiähriges Usterreich". 466 Exponate zeugen von Leben und Kultur des mittelalterlichen Wiens. Die zeitliche Spanne der dargestellten Ge- genstände reicht vom 12. bis zum 16. Jahrhundert. Wir finden archäologische Funde, schriftliche Doku- mente, Münzen, Plastiken, Bilder, Zeichnungen, Kunsthandwerke, Waffen und Gebrauchsgegen- stände. Die Exponate kommen z. T. von solch angesehenen Leihgebern wie dem Louvre, Paris, dem Museum der schönen Künste, Budapest, der Staatsbibliothek, Berlin, u. a. Einen großen Raum nehmen berechtigterweise die Kunstwerke von St. Stephan ein. Die Plastiken kommen bei der Aufstellung und Beleuchtung besonders gut zur Geltung. Sehr schön auch d verschiedenen Architekturplastiken wie Schluß steine, Wasserspeier u. ä. Daneben stehen sel eindrucksvoll die farbenkräftigen und ausdruc vollen Glasmalereien, mit dem Höhepunkt der Habsburger-Fenster. Auch aus anderen Wiene Kirchen sind sehr gute Beispiele gotischer Plastik zu sehen. Hervorzuheben ein Kruzifixu der Ruprechtskirche um 1170-1180. Die Tafel- malerei ist mit einer ganzen Reihe sehr anschc licher Beispiele vertreten, wobei wir hier besa auf die Stadtansichten, auf die Ansichten der Umgebung Wiens, aber auch auf die Lebens- umstände, den Hausrat und auf die Kleider ie Zeiten aufmerksam gemacht werden. Die Buch kunst und die Waffen sind ebenfalls mit erlesi Stücken vertreten. Ein schwerer Roßharnisch a Mailand und ein geriffelter Küraß für Erzher: Ferdinand I. aus Augsburg bilden dabei besoi Glanzpunkte. Eine wichtige Ausstellung (18.12. 1975 bis 18. 4. 1976). Salzburg Galerie Welz Herbert Breiter Neue Ulbilder, Aquarelle und Zeichnungen d: in Schlesien geborenen und seit 1975 in Salzbi lebenden Malers waren in der Galerie Welz: sehen, die sich Breiters Werk seit seinen früh Einzelausstellungen stets angenommen hat. M könnte sagen, daß auch in diesen Bildern der seines Lehrers Max Peiffer-Watenphul noch z bleibt, man könnte auf Darstellungstendenzer einem „Naiven Realismus" hinweisen. Aber B ist immer und in iedem Bild ganz er selbst, s „gegenständlichen" Darstellungen von Kultur- landschaften mit Architekturen und bebauten l sind überschaubare, in sich abgeschlossene Kompositionen. Souverönes handwerkliches K macht es Breiter möglich, mit verschiedenen Techniken den gleichen gewünschten „Effekt" erzielen, Aquarell und Lithographie etwa öhn einander in vollendeter Weise. (1.-26. 10. 1975) - (Abb. B) Rudolf Hrodil Wie Breiter ist auch Hrodil Angehöriger einer konkret bestimmbaren, aber doch sehr deutli( vorhandenen „Salzburger Gruppe" und ebeni der Galerie Welz fast schon beheimatet. In s Stadtlandschaften als dem bevorzugten Them interessiert Hrodil nicht das Topographische, die möglichst genaue Vedute. Kräne, Autobus bahnhöfe, ganz „gewöhnliche" Dinge seiner alltäglichen Umwelt faszinieren ihn, doch niei als bloße Illustration. Unbehagen oder Wohl: Empfindungen also, von der „Umgebung" verursacht, sind es, die in seinen mit unverwechselbarem Strich virtuos gezeichnete Blättern oder in den gebrochenen Farbtöner Aquarelle ebenso spürbar werden wie die „Atmasphäre" der Großstädte des 20. Jahrhi (29.10.43. 11. 1975) - (Abb. 9) Kunstverein Richard Hirschbäck Schon 1971, als der 1937 in Schwarzach-St. Ve geborene und seit 1962 in Thumersbach bei Zell am See lebende Maler mit einem „Entw eine flächige Drahtverspannung" einen Grap wettbewerb der Salzburger Aktiengesellschaf Elektrizitätswirtschaft gewinnen konnte, war t bestimmender Grundzug seines künstlerischer Bildens sichtbar geworden: die intellektuelle Ver-Bildlichung und Ver-Sinnbildlichung seine der Umwelt und der durch seine Eigenart gep lnnenwelt mittels technoider wie „natürlichen Bildelemente. Hirschbäck war aber nicht bei Gütersloh an der Akademie gewesen, um nur eiskalte Abstraktion zu pflegen - neben Darstellungen, denen „Konstruktion" Wesens gibt es Bilder, vibrierend von Farbe, von Fan und von der künstlerischen Kraft einer Persön (26. 10.-16. 11. 1975)