aufgezeigt wurde (Abb, 5)6. Auch die Idee von
Pallas Athene als Schutzgöttin einer „Secession"
stammt von Stuck, dessen Pallaskapf in [enem
Münchner Plakat rechts oben schon seit 1892
das Zeichen der Münchner Sezessian war'. Der
Athenekopf im Plakat von Klimt erinnert in der
Profilstellung und in der Stilisierung an dieses
Emblem.
Die frontale Pallas Athene im Mittelbild des
Plakats von Stuck, die zwar deutlich von dessen
Stil geprägt ist, ist in ihrer Erscheinung nicht
so weitgehend umgewandelt wie die von Klimt
1898 in Öl gemalte. Diese wirkt mit den hellen,
starrenden, dunkel umschatteten Augen, die
durch den scharfen Ausschnitt des ungebräuch-
lichen archaischen Helms akzentuiert werden,
ganz anders im Ausdruck. Der bis zu einer
karikaturalen Größe gewachsene Medusenkopf
kontrastiert stark mit dem flachen, unbeweg-
lichen Gesicht darüber. Dieser Medusenkopf hat,
ebenso wie der im Plakat, sehr herausfordernd
auf das Publikum gewirkt.
Bezeichnend für den polemischen Charakter des
Gemäldes ist die Szene im Hintergrund. Sa wie
Klimt im Plakat den Kampf zwischen Theseus
und Minotauros wiedergegeben hat, so hat er
auch hier eine antike Kampfszene gewählt, näm-
lich Herakles und Triton. Diese Szene wurde,
im Gegensatz zu der freien Fassung des mytho-
logischen Themas im Plakat, genau nach einer
VII. INTERNATICNALE.
KVNSYTMQVSSTEE
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NSOIAFT:
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vorhandenen Darstellung übernommen. Das ein-
deutige Vorbild für den Hintergrund ist die
Flüchenproiektian einer griechisch-archaischen
Vasenmalerei in Schwarz, Weiß und Orange
in der im 19. Jahrhundert berühmten vierteiligen
Publikation von Eduard Gerhard, „Auserlesene
griechische VasenbiIder", Berlin 1843, ll,TafelCXI
(Abb, 6)? Im Kampf zwischen Herakles und
Triton stehen rechts Nereus und seine Gattin
Doris, links eilen Poseidon und wahrscheinlich
eine der Nereiden herbei. Klimt hat diese Szene,
die zu einem wichtigen Teil sichtbar ist, sehr
genau kopiert und nur die Farben etwas ver-
ändert.
Statt der gebräuchlichen Nikefigur, wie
sie in der Malerei von Klimt im Kunsthistorischen
Museum auch auf dem Plakatvon Stuck erscheint,
halt die Pallas Athene nun eine kleine rothaarige
Aktfigur in der Hand, die einen Spiegel oder
vielleicht eine Fackel trägt. In der Literatur über
Klimt wurde bisher nicht beachtet daß die erste
Abbildung des Gemäldes im Sonderheft für die
2. Secessionsausstellung (Ver Sacrum, November-
Dezember 1898, p. 2) diese kleine Figur noch
ohne den grünen Schleier zeigt, der sich aus
einem vom linken Arm herabhängenden Faden
zu mehreren Linien entfaltet und sich über die
Füße breitet? Diesen Schleier sieht man zum
ersten Mal in der nächstfolgenden Wiedergabe
des Gemäldes im Sonderheft für die 1B. Aus-
10
stellung der Secession, Ver Sacrum Vl (1903),
p. 17. Die Annahme liegt nahe, daß Klimt den
Schleier 1899, in der Entstehungszeit seines Ge-
mäldes „Die nackte Wahrheit", hinzugefügt hat,
in dem das Motiv sehr prägnant zum Ausdruck
gebracht worden ist". In diesem Gemälde ist
die Hauptfigur eine ebenfalls frontale, rothaari-
ge weibliche Gestalt, die dem Betrachter einen
Spiegel vorhölt. Das Bild führt als Motto die
Worte von Schiller: „Kannst du nicht allen
gefallen durch deine That und dein Kunstwerk -
mach es wenigen recht. Vielen gefallen ist
schlimm", und ist bekanntlich eine Fortsetzung
der in Ver Sacrum l (1898), Heft 3, p. 12, abgebil-
dete Illustration. Diese dem Gemälde sehr ähn-
liche Komposition zeigt oben den Text; „Wahr-
heit ist Feuer und Wahrheit reden heißt leuchten
und brennen" von L. Schefer und unten die
Inschrift „Nuda Veritas". Beide Darstellungen
kennzeichnen den Idealismus der frühen Seces-
sianszeit. Es ist anzunehmen, daß die kleine
Aktfigur in „Pallas Athene" motivisch und in-
haltlich mit den beiden Allegorien der Wahrheit
(- der Kunst) zusammenhängt. Die Funktion der
Göttin kann daher als Kämpferin für die wahre
Kunst gedeutet werden, die in den Augen der
Secessionisten identisch war mit den idealen
ihrer Vereinigung.
Der Gedanke an eine die triumphierende mo-
derne Kunst darstellende nackte Frauengestalt
Anmerkungen 6-14
f Navotnyl oI:iai, ap. cit. (siehe Anm. 1), S. 306,
'Heinrich Vass, Franz von Stuck, München 1973, Kot.-
N_r. 551m.
'Die_ Vase befindet sichyietzt i_rn Taleda Museum al Art,
Ohio. Hberrn_Dr. Friedrich Brein, Archäologisches Institut
der Universität Wien, bin idi für seine bereitwillige
Hilfe vielen Dank SCIiUIdlg.
"Diese Abbildung darf nicht mit der zeitgenössischen
Heliagraviire verwechselt werden, abgebildet in Chr. M.
Nebehay, eiisiav Klimt, eine Dokumentation, Wien 1969,
Abb. 272, wo die Niketigur ebenfalls ohne Schleier zu
sehen ist.
"' Öl, 252x56 cm, Museum des 20. Jahrhunderts, Wien.
NovptnylDabai, op. cit. (siehe Anm. I), KaL-Nr. 102. Das
Motiv des aus parallelen meist blauen Linien bestehenden
Schleiers laßr siaii nachher in vielen allegorischen Dar-
Stellungen des Künstlers ve-ralgen.
"Jan Toorop (185_8-1928), ir. dessen CEuvre die symboli-
stlschen Werke einen Höhepcnktbilden, war einer der am
meisten hervortretenden Künutler in den neunziger Jaiiren
in den Niederlanden. Er inrd der belgische symbalisti-
sdie Künstler Fernand Khnajlf werden von der Klimt-
Farsdiiing als sehr wichtig wir die Entwicklung dieses
' Künstlers betrachtet.
fDie Zeidinung (30,5_x37,5 cm) ist im zweiten Weltkrieg
verlorengegangen. siehe Bettina Polak, Het Fin-de-Siecle
in de Nederlandse Schilderkunst, Den Haag 1955, Kot.-
Nr. 52. Der englischer Text links im Eildrand wurde von
der_Velrfasserln als Etrt Zitat von riianias Carlyle, „nie
Sphinx , Past and Present, 1x43, S. 7, erkannt (siehe
senina Pcilak, ap. ait.,_s. 140i, in uern das NlßflSCltlltlll
Leben mit den dualistischen Eigenschaften der Sphinx
vergiialiari _wird._
"Gemeint" ist die monumentale Zeichnung auf Leinen
iisPhinX (Den Haag, Gemeentemuseum), die 1892 be-
H ägnrlfn iind m97 vglleridNei tävtlfde.
erwgvn ' i" d' h B . ' .
kunsn nsgglyasuszalem ie eran tSC en, 011W en Sier
in Verbindung mit der Symbolik der
Athene ist schon in der Vorzeichnun
„Skulptur" sichtbar geworden (Abb. 3). In
Zeit knapp vor der Gründung der Seci
in der die Moderne sich auf allen Ge
durchzusetzen versuchte, wurde auch Klin
den neuesten europäischen Kunstströmungi
allem vom Symbolismus, inspiriert, Das
sich im Programm und der Gestaltung d
letzt genannten Zeichnungen. Eine noch i
prägtere Stellungnahme für die Moderne
das Gemälde „Pallas Athene" von 1898, i
Klimt die Symbolik der Göttin weitaus p
licher behandelt hat.
Die Herkunft des befremdenden Elements
Darstellung der Göttin selbst, die von L
Hevesi „eine Dämonin der Secession" gs
wurde, blieb bisher rätselhaft. Für die:
Klimt neue Auffassung des Themas war
sichtlich die fast vergessene Zeichnung „S;
von dem niederländischen Künstler Jan To
von Bedeutung. Diese war, zusammen mit
ren Zeichnungen von Toorop, in der r
ländischen Zeitschrift Bouw- en Sierkunst I
3 (MailJuni), Tafel 41, groß abgebildet (Ab
Diese von den Architekten Lauweriks ui
Bazel redigierte Zeitschrift verkündete die
einer neuen Kunst, in der Architektur, F
Malerei und angewandte Kunst eine l
bilden sollten. Als Quelle der Inspiration vi
vergangene Stilepochen der assyrischen
ägyptischen Kunst angesehen.
Es ist anzunehmen, daß die Avantgard
Secession sich für diese Entwicklung interi
hat, Außerdem befindet sich der die Zeic
von Toorop enthaltende Jahrgang in der l
reichischen Nationalbibliothek und in dei
versitätsbibliothek, ein Beweis dafür, da
Zeitschrift hier bekannt war.
Daß Toorop einen wichtigen Einfluß auf
ausgeübt hat, wurde immer schon angenor
Nicht zu Unrecht hat man diesen Einflu
dem Umstand in Verbindung gebracht, dal
und 1902 in der Secession (7. und 12. Ausste
Werke von Toorop gezeigt wurden. Welch
die Bedeutung von Toorop für Klimt wl
allerdings bisher nicht näher untersucht wi
lm Anschluß an zeitgenössische Feststell
hat die spätere Klimt-Forschung rein allg
auf das erfolgreiche Auftreten von Toorop
in der Secession hingewiesen und vor
dessen aft besprochene linear-symboli:
Kompositionen mit der Wendung in de
wicklung zu einem strengen linearen Flr
stil in Zusammenhang gebracht, besonds
„Beethoven-Fries" (1902) und der „Jurispru
(1903).
Die genannte Zeichnung „Sphinx" von T
zeigt aber, daß Klimt sich schon vor den I:
Secessionsclusstellungen mit dem Werk de