acht zu bleiben. In seiner Vorrede zum 3. Jahr- g schrieb Hirth: „Unsere Zeit ist nidit alt, t müdel Wir leben nicht unter den letzten nzügen einer ersterbenden Epoche, wir ste- am Morgen einer kerngesunden Zeit, es ist i Lust zu leben!" niedrige Preis (30 Pfennig) sicherte der iend" zwar ein breites und zahlenmäßig kes Publikum, man las sie beim Friseur und Kaffeehaus, schließlich war sie sogar im tzirkel zu haben, dennoch kam für Hirth erst he Jahre nach der Jahrhundertwende ein nzieller Erfolg. Noch 1898 hatte er seine volle Porzellansammlung versteigern lassen, den Fortbestand seiner Zeitung zu gewähr- en. Aber die „Jugend" setzte sich durch. Sie populär, bot Unterhaltung, sie galt als stzeitschrift; der Fachmann las sie ebenso wie Durchschnittsleser. Sie hatte es fertigge- zht, nachhaltiges Aufsehen zu erregen. Aller- wurde über sie gesprochen; und sie wurde I besprochen". Neben Hirth und dem lei- en Redakteur Fritz Freiherr von Ostini soll- woch Siegfried Sinzheimer (er übernahm 1911 Posten Ostinis), der Schriftleiter Albert thäi, Franz Langheinrich (verantwortlich für Sildouswahl) und Karl Ettlinger genannt wer- denn sie alle prägten wesentlich Bild und :au ihrer Zeitung. nach 1900 änderte sich die Jugendstil- phik in der „Jugend". Das ins Ornamentale ierte und relativ gegenständliche Motiv aus Natur (Pflanzen, Tiere) machte einer mehr ' weniger abstrakten Richtung Platz. Aber es gerade die floralen Formen gewesen, die die „Jugend" typisch sind. Sie hatten ihre zeln in einer aus Realismus und Historismus, iralismus und Impressionismus, Neuroman- md Heimotkunst herrührenden Auffassung. lünchen war der Jugendstil deftig und kräf- vital und übermütig, manchmal banal auf- glich. Die Neuerungs- und Reformbestrebun- dominierten hier mit ihrer Vorliebe für das le und Schöne, in die Zukunft Weisende. Im ensatz dazu Wien und die anderen europäi- n Jugendstilmetropolen, wo man sidw mehr Mystizismus, dem Symbalismus und der ldenz verbunden fühlte. Jugend bedeutete in chen Sonne und Frühling; man war lebens- und naturverbunden. Georg Hirth erkannte Gefahr, die in der Kurzlebigkeit jener weni- Jugendstiliahre lag, sehr rasch. „lch habe lange Zeit dagegen gesträubt, daß man e Zeitschrift, die nach ihrer ganzen Tendenz erationen überdauern soll, zur Lebensge- 'in eines vergänglichen Stils mache - doch ebens""'. Auch Ostini wehrte sich gegen die :hstellung von Zeitung und Stil (: modischer d). „Ganz besonderen Einfluß gewann die znd' auf den neuen dekorativen Stil, der sich hzeitig mit ihr entfaltete, aber nicht aus ihr chs, wie der vielfach genannte Name :ndstil' vermuten lassen möchte. Dieser Stil ald ausgeartet, nicht zuletzt durch die miß- ändliche Anwendung der Elemente neuen schmuckes auf alle erdenklichen Zweige der Lunst". Besonders Schwan und Pfau wer- als symbolträchtige Tiere des Jugendsfils sehen. Bei den Pflanzen bevorzugte man die ertlilie, das von Wind und Wellen bewegte f, die Seerose und rankende Lianen. Der ung, vom Wellenschlag oder verschlunge- Haar bis zum sogenannten Peitschenhieb, iarakteristisch für die Gestaltung fast aller tauchsgegenstände (Besteck, Gläser, Vasen, lUCk, Tapeten, Wandteppiche). Alles war äs, subtil, glänzend. Innenarchitektur und t die Kleidung (Reformkleid) wurden ebenso Jugendstil zum Gesamtkunstwerk umfunk- tioniert wie die Architektur, Parkgestaltung und sogar die Stadtplanung. Die allgemeine Zu- kunftsgläubigkeit steigerte noch die Reformfreu- digkeit, die sich von der Jugenderziehung (Wan- dervogel) über die Nackt- und Freikörperbewe- gung (Sonnenkinder; Fidus) bis hin zum „sozio- len Wohnungsbau" (Muthesius, Loos) erstreckte. Der englische Einfluß auf den Jugendstil Münch- ner Prägung ist unverkennbar: William Morris, die Pröraffae-liten und besonders Aubrey Beards- ley, der Wildes (Werke illustriert hatte und den man in der „Jugend" ungeniert und meist sehr grob kopierte. Toulouse-Lautrec und Cheret be- einflußten vornehmlich in bezug auf die Titel- blattgestaltung die „Jugend". - Zu nennen sind auch Henry van de Velde, Max Klinger und vor allem Otto Eckmann mit seiner das Florale be- tonenden Graphik. Eckmonns Einfluß auf den Jugendstil ist gar nicht laut genug zu betonen: Kunstgewerbe, Buchschmuck, Vignetten, Zierlei- sten, künstlerische Schriften und die Eckmann- Type, eine mit dem Pinsel gezeichnete Fraktur. - 10 11 12 13 14 J. R. Witzel, Vignette zu ciale Betrachtung von v. „Jugend", Nr. 2B, 1897, S. 476 Jan Toorop, „Cofe Chantant", Vignette zu „See- Ienfäden". Psychopolychromes Fragment aus dem Torso , Ich!" von Ernst Schnurr. „Jugend", Nr. a, 1898, s. 119 Fritz Erler, Titelblatt für die „Jugend", Nr. 1 und 2, 1896 Bruno Paul, Vignette zu „Drei Vorreden". Histo- rische Dokumente, zusammengestellt von Chri- stian Morgenstern. „Jugend" Nr. 48, 1896, S. 778 J. R. Witzel, Vignette zu „Das verlorene Ge- wissen" von M, J. Ssaltykow-Schtschedrin. „Ju- gend", Nr. 5, 1898, S. 78 ,Gleichheit". Eine so- Kapff-Essenther. Anmerkungen 15,16 15 hslglblgfierlu: L. Koreska-Hartmann, Jugendstil, G. G. Q0 .4 . 1' A. Vaigt-Meiner, In: Zeitschrift für Budt riadl: L. Geor Hirth, ein doutsdier Verle er. arunde, Jg. 2, Leigazig 1975. äit. Koreska-Hartmann, a. o. 0., S. Die „Jugend" bemühte sich redlich um Überein- stimmung von künstlerischem und literarischem Inhalt, was besonders dann mißlang, wenn die Epigonen aus der zweiten Reihe die Zierleisten wuchern ließen. Neben den Illustratoren Paul, Diez, Erler, Pankok, Jank, Eckmann, Wilke, Mün- zer und Schidhammer lieferten Karl Arnold und Heinrich Zille sozialkritische Beiträge; Lovis Corinth und Max Slevogt steuerten erste Arbei- ten bei. - Ornamentale und illustrative Elemente sind in den einzelnen Heften der ersten Jahr- gänge immer wieder vermengt worden. Auch mußten irgendwie Gemälde und Zeichnungen von Böcklin, Courbet, Defregger, Kaulbach, Klin- ger, Lenbach, Liebermann, Monet, Millet, Renoir und Stuck untergebracht werden. Das Ornamentale in der „Jugend" wurde haupt- sächlich von Eckmann, Hans Christiansen, C. E. Dodge, Paul Haustein, Margarethe van Brau- chitsch, Erich und Gertrud Kleinhempel, Peter Behrens und Hegenbarth vertreten. Julius Diez, Walter Caspari, Carl Strathmonn, Bernhard Pan- kok (er schuf auch den Buchschmuck für den Ausstellungskatalog des Deutschen Reichs bei der Pariser Weltausstellung von 1900), Robert Engels, Arpad Schmidhammer, Fidus (: Hugo Höppe- ner), Bruno Paul, Rudolf Wilke, Josef Rudolf Wit- zel, Corinth, Felix Vallottan, Henri Jossot, Wil- liam Bradley, Jan Toroop versuchten, Illustratives mit Ornamentalem zu verbinden. Der Illustration, also dem malerischen Jugendstil, werden u. a. die „Scholle"-Mitglieder (Eichler, Feldbauer, Georgi, Münzer, Püttner, Putz, vor allem aber Angela Jank und Fritz Erler) und Albert Weis- gerber zugerechnet. Sozialkritisch illustrierten Theophile Steinlen, Käthe Kollwitz und Giovanni Segantini. Auch Ferdinand Hoder war wieder- holt mit Beiträgen in der „Jugend" vertreten. In der Literatur dominierten eindeutig die Klein- formen: Anekdote, Humareske, Groteske, Skizze, Parodie, Epigramm, Essay, Feuilleton, Märchen, Erzählung, Novellette, Gedicht und Aphorismus. Erwähnt seien der Zweitdruck (1899) von Hof- mannsthols „Der Tor und der Tod", Hartlebens Einakter „Abschied vom Regiment", G. Haupt- manns „Die Wiedertäufer" und Wedekinds „Der Stein der Weisen". Wiederholt vertreten waren auch Johannes Schlaf, Rilke, Peter Altenberg, Paul von Schönthan, Roda Roda, Paul Lindau, Edgar Steiger, Otto Ernst, Elisabeth Meyer-För- ster, Clora Viebig, Marie von Ebner-Eschenbach, Ludwig Ganghofer, Peter Rosegger, Ludwig Thoma, Anton von Perfall, Guy de Maupassont, Anatole France, Anton Tschechow, Maxim Gorki, Knut Homsun, August Strindberg, Selma Lager- löf, Edgar A. Poe, Charles Baudelaire, Anna Croissant-Rust, Paul Ernst, Hermann Hesse, Ste- phane Mallarme, Otto Ernst, Ernst Gystrow, Arnold Böcklin, Paul Heyse, Richard Dehmel, Paul Scheerbart, Natalie Bruck-Auffenberg (und Houston Steward Chamberlain). - Seine viel- seitigen An- und Absichten hat Georg Hirth in den „Leitartikeln" für die „Jugend" immer wie- der angeboten („Der neue Stil", „Das Erotische in der Kunst", „Volkskunst?", „Kaiserlich Deut- sche Republik", „Nietzscheana", „Äußere und innere Freiheit", „Deutsche Frauenfrage", „Zen- surgestank" usw.) Ein „Leben in Schönheit" und die „Schönheit des Lebens schlechthin": Zauber, Ärgernis und Rätsel des Jugendstils (Dolf Sternberger). In seinem „Testament" schrieb Auguste Rodin: „Der Künst- ler gibt ein großes Beispiel. Er betet sein Hand- werk an." Anschritt des Autors: Dr. Gerd-Dieter Stein Assistent am Institut für deutsche Sprache und Literatur der Universität Salzburg A-SOZO Salzburg, Schleinlockenstraße 26 33