xotische Meermuscheln
der Eurdpäischen
oldschmiedekunst des
ufidr17. Jahrhunderts
Wiener Kunst- und
Antiquitätenmesse
1977
rw-n
Essay
Auf der Suche nach
"dem verlorenen
Paradies
Zur Asthetik
engljscner Gärten
3. -9. JUNI
MESSEPALAST
10 20 UHR
Das größte kulturelle
und gesellschaftliche Ereignis
des Kunstmarktes
TWIENER
KUNST- UND ANTIQUITÄTEN-
MESSE 77
KUNST
DER
OSTKIRCHE
IKONEN, HANDSCHRIFTEN
KULTGERÄTE
rffnet;
1ai 30, Oktober 1977.
ich 18 Uhr.
ahrt über Westautobahn
Die Ausstellung hat sich zum Ziel gesetzt, die Kunst
der Ostkirche so umfassend als möglich zu zeigen.
Objekte aus der Zeit des Beginnes einer eigenen re-
ligiösen Kunst des Ostens sollen die Schau eröffnen
und den Besucher an der jahrhundertelangen Entfal-
tung einermit theologischen und liturgischen Vorstel-
lungen der Kirche in enger Verbindung stehenden
Kunst teilhaben lassen.
lm Zentrum der Ausstellung werden die Kunstwer-
ke griechischer Klöster stehen und neben ihnen Wer-
ke aus Kirchen und Klöstern Jener slawischen Ge-
biete Osteuropas, die auch nach der Eroberung von
Konstantinopel im Jahre 1453 durch die Türken wei-
terhin der Ostkirche treu geblieben waren und deren
künstlerische Uberlegungen weiterführten.
illuminierte Handschriften, Kultgegenstände. die
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ehem. k. u. k. Hof-Kunsthandlung
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558 MODERNE
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Vorbesichtigung 31. Mai bis
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151 kunsf
alte und moderne kunsi 22. Jahrgang 1977lHeH 151
Angelo Lipinsky
Exotische Meermuscheln in der Europäischen
Goldschmiedekunst des 16. und 17. Jahrhunderts
Ein Beitrag zum Manierismus in Mitteleuropa ..
Wilhelm Hein
Der seidene Sternteppich aus Ägypten,
seine Ornamente und seine Perspektive 14
Ikonen aus Bulgarien vorn 919. Jahrhundert
Aus der Ausstellung im Österreichischen Museum
für angewandte Kunst 22
Beate Stopfer
Hubert Sattler, ein Reisemaler des
19. Jahrhunderts .. 24
Renate Schastack
Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies
Zur Ästhetik englischer Gärten .. 29
Mechtild Wierer
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Wiener Kunst- und Antiquitätenmesse 1977 .. 34
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Anton Bachmayr von Franz Wagner .. 36
Aktuelles Kunstgeschehen ..
Für den Kunstsammler P4 ..
Bildnachweis .. 49
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in Tirol von Franz Wagner .. 56
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Titelbild Nautilus"-Pokal mit aufgesetztem Schmuck. Wien, Kunst-
historisches MuseumlSammlung für Plastik und Kunstgewerbe Dante
Gabriel Rossetti, La ghirlandaia", 1873.
Herausgeber Kurt Rossacher Eigentümer und Verleger AMK-Verlag,
A-5024 Salzburg, lmbergstraße Postfach 12, Telefon 06222 73731.
Redaktion; Wilhelm Mrazek Chefredakteur, verantwortlich für den Inhalt;
Franz Windisch-Graetz Kunstgeschichte, Alois Vogel Wiener Kunstkritik,
Bundesländerberichte, Leopold Netopil Berichte, Umbruch, lmprimatur;
alle Österreichisches Museum für angewandte Kunst, A-1010 Wien, Stuben-
ring Telefon O2 22 72 56 96 und 02 22 72 56 97. Zweigredoktion Salzburg
Kurt Rossacher Gesamtgestaltung, Franz Wagner Salzburger Kunstkritik,
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Unim-Buchdruckerei Buchroithner Co., Innsbruck. Für unverlangte Einsen-
dung von Manuskripten oder Fotos wirdlnicht gehaftet.
Gefördert durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung
und das Bundesministerium für Unterricht und Kunst.
Preis ab 1976 inkl. Porto Jahresabonnement, Nummern davon ein Doppel-
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anstalt, Filiale Innsbruck, Konto Alte und moderne Kunst", Nr. 89-53291.
Anzeigen AMK-Verlag. Erscheinungsort lnnsbruck.
Exotische Meermuscheln
in der Europäischen
Goldschmiedekunst des
16. und 17. Jahrhunderts
Ein Beitrag zum Manierismus
in Mitteleuropa
21 Großer NautiluH-Pokul des Nikolaus Schmidt,
Nürnberg. London, Buckingham Polace.
Die Völker am Rande der Meere, in ganz beson-
derem Maße rings um das Mittelmeer, blickten
schon sehr früh mit besonderer Aufmerksamkeit
auf die Muscheln, die nach starkem Wellengang
oder gar einem Seesturm am Strande umher-
lagen die steinharten Hüllen von Weichtieren,
von geheimnisvollen Kröften geformt. Von einem
transzendeten Wesen gesteuert, Ausdruck
eines in unendlich vielen Gestaltungsmöglichkei-
ten wirkenden Schöpfungswollens. Hatte man
gelernt, daß auch sie ein wertvolles Nahrungs-
mittel bis zum heutigen Tage geblieben sind,
waren für iene alten Kulturen die Muscheln
Werke der Meergottheiten.
Meermuscheln wurden schon früh auch religiöses
Symbol;
In lndien ist heute noch die höchst seltene, nach
links gewundene Turbinella pyrum" ein heiliges
Attribut des Gottes Vishnu. ln Gold gefaßt und
mit Edelsteinen verziert, war sie noch vor kurzem
ein Ehrenzeichen des Radschas von Travan-
core und erschien noch im vergangenen Jahr-
hundert auf deren Münzen. Das republikanische
lnden hat diese Seeschnecke unter seinen Schutz
genommen, und auch derzeit ist die Ausfuhr
auch nur eines einzigen Exemplares verboten
und sind diesbezügliche Versuche strafbar
was zur Folge hat, daß diese heilige Schale zu
den gesuchtesten Sammelobiekten gehört.
Hellenische Mythographen ließen Aphrodite, die
Schaumgeborene", einer offenen Cardium"-
Muschel entsteigen, bis Botticelli sie auf einer
halben Pecten" wie in einem Kahn stehend
dem Strand von Paphos auf Zypern sich nähernd
darstellte. Man verweile kurz vor den Ständen
des Fischmarktes der kleineren Hafenstädte im
südlichen und östlichen Mittelmeer, wo neben
grobschlöchtigen Austern und anderen unansehn-
licheren Muscheln auch fein ziselierte und leuch-
tend gebünderte Cardium venus" nebst anderen
Frutti di mare" auf Feinschmecker warten und
lasse sich eine Venusmuschel öffnen, um mit
unerwartetem leisen Schauer die uralten Beza-
genheiten auf die Liebesgöttin zu erkennen.
Muschelschalen haben in vergangenen Erdzeit-
altern zur Bildung der Sedimentgesteine in möch-
tigen Schichten beigetragen. Gesteine, mit denen
sich auch der Kunsthistoriker gelegentlich kan-
frontiert sieht, wenn er über marmorne Fußböden
wandelt, an den Blöcken von Bauwerken ver-
weilt Ammonitenkalke, Muschelkalke zeigen ihre
Einschlüsse so beispielsweise auf den Straßen
und Plätzen und in den Kirchen von Verona.
Über tieferen Meeresboden streifende Netze
brachten und bringen noch heute auch die
Riesen unter den Schnecken des Mittelmeeres
zutage die elegant gezeichnete Tritan nodi-
fer" und die bauchige Dolium" in leicht vari-
ierenden Arten. Von der klassischen Tritonmu-
schel sind Exemplare bis zu einem halben Meter
Länge gefischt worden. Während die plumpere
Dolium" van den Künstlern Griechenlands und
Roms so gut wie unbeachtet blieb, trat die Tri-
tonmuschel einen wahren Triumphzug an. Den
Auftakt gaben die Fischer man schlug die Spit-
ze der Spirale weg, um das Gehäuse als Signal-
horn zu benutzen, dessen tiefe Tonlagen leicht
über die Wasserflöche sich ausbreiten und auch
heute noch, bei Nacht, gehört werden können.
Mit einer Stütze versehen, dienen sie in einfachen
Haushalten als Wasser- oder Weinkrüge ein
0,40 Meter langer Tritan" in der Sammlung des
Verfassers enthält genau eineinhalb Liter; bei
völlig ausgewachsenen Exemplaren erreicht das
Fassungsvermögen leicht zweieinhalb Liter, und
Dolium" steht nur wenig nach. Für die Künstler
waren die Triumphzüge der Nereiden und Trito-
nen nur mit Muscheltrompeten denkbar, womit
sie das Rauschen der Wellen begleiteten; Wand-
gemölde, Mosaikfußböden, gelegentliche Plasti-
ken überraschen immer wieder durch den Reich-
tum der Einfälle.
Die Kunst des Barock konnte sich nicht genug tun,
die Meermuscheln immer wieder als reiches Mo-
tiv zu verwenden allen voran Gianlorenzo Ber-
nini an den rauschenden monumentalen Brun-
nen Roms. Sicherlich wurde diese Kunstströmung
angeregt von den ersten Importen aus den
Meeren des Fernen Ostens, denen sich auch die
Kunst- und Wunderkammern königlicher und fürst-
licher Sammler erwartungsvoll öffneten. Aber
auch auf diesem Gebiet war die Antike voraus-
gegangen; immer wieder fördern die Grabungen
in Pompeji große Exemplare von Triton", Doli-
um", Cassis" und Cypraea" zusammen mit den
immer schönen und auch beim Tischgedeck prak-
tischen Pecten iacabaeus" zutage. Nach üppi-
gen Muschelmahlzeiten gab der Hausherr gele-
gentlich Weisung, die Schalen nicht zum Abfall
zu werfen, sondern sie gereinigt einem Kunst-
handwerker zu übergeben, der gerade beschäf-
tigt war, im Garten des Freilufttrikliniums eine
bunte Brunnennische aufzubauen und neben
den blauen und grünen Glasmosaiken auch die
Muscheln als Form- und Farbkontrast zu ver-
werten.
Auch diesen Gedanken hat später die italienische
Renaissance wieder aufgegriffen, als aus dem
Roten Meer und von den ostarabischen Küsten
Perlmutterschalen in größeren Mengen auf dem
Kuriositätenmarkt erschienen das Gewölbe des
Venus-Kabinetts im Palazzo degli Uffizi in Flo-
renz wurde mit diesen hellschimmernden Schalen
verkleidet; an der Fontana dell'Organo" in
der Villa d'Este zu Tivoli leuchten in der Nach-
mittagssonne Perlmutterrosetten. Im Brunnen-
hof" des Residenzpalastes zu München fand diese
naive Freude an den seltsamen Naturgebilden
ein nardisches Echo, das lange nachklingen
sollte'.
Die Pilgerscharen des Mittelalters ließen durch
besondere Abzeichen das Ziel ihrer Heilsfahrt
erkennen an den Sammelpunkten für die Wan-
derung an die Grabstötte des heiligen Apostels
Jacobus zu Compostela in Galicien, im fernsten
Nordwesten Spaniens, erwarben die Gläubigen
den Pecten iacobaeus" die fast flache obere
Schale wurde der Hutkrempe aufgenöht, die ein-
gewölbte tiefe Unterseite so am Pilgermantel
befestigt, daß sie in iedem Moment als Schöpf-
kelle an einem Brunnen benutzt werden konnte.
Diese Kleinkunstwerke der Natur haben iüngst
Anmerkungen 1-3
'Diese Made griff zunächst nach Frankreich über ein
Pavillon im Sthlaßgarten van Rambauillet wurde im Auf!
mm des an Pentievre im seine Sdiwiegertadiier
Princesse de Larnballe errichtet alle Ardvitekturteile
sind mit Meerrnuscheln inkrustieri, während bunte Kiesel-
steine die Fußböden beleben. ln England ließen weit-
gereisie Lords im 1B. Jahrhundert ihrer Freude am
exotischen Seegetier die Zügel gehen. Sieben Jahre
brauchten die zweite Duchess af Richmand und ihre
sieben Töchter, um einen Pavillon in Goadwaod Park,
Sussex, sehr geschmackvoll mit tausenden van Muscheln
zu lieren, wabei der Familienvater aft mithalf. Eine un-
gewöhnlich schöne Shell-grattoe" in Oatland's Park in
ondan wurde leider zu Anfang dieses Jahrhunderts ab-
gebradien. ln dieser Shell-grattae" veranstaltete lord
Wellinglon für die Milsiegar in der Sdilachl bei Waterloo
einen großartigen Empfang, allen voran dem Zaren von
Rußland. Diese Mode war in England nadi zu Anfang des
19. Jahrhunderts weit verbreitet. R. Cameron, ap. cii. S.
16-19, Abb. 20.
P. Pinari, The shape af shells, La Canchiglia" 1975,
Nr. 70179 und 80151, mit zahl eichen sdiematisdien
Zeichnungen. Der in dieser Hinsicht angeregte Leser
betrachte einmal in einem naturwissensdlaftlidiun Museum
oder bei einem befreundeten Sammler die Muschel der
Meerschnecka Architectonica perspecliva" von der Kehr-
seite her unter einem Vergrößerungsglas die fein gerie-
felta Hahlspirale scheint in weiter Ferne in einem Null-
punkt sich zu verlieren daher der interessante Name.
Wiederum mit dem Glase sehe er sich die Sdiale des
Clanculus pharaanis" an die wie von einem etruski-
schon Goldschmied grunulierte Oberfläche zeigt wie
eigene algebraische Formel gebunden
en Zeugungselementen der Chromoso-
iistriert. Warum? Wozu? Dieselben
wiederholen sich angesichts der minia-
Zeichnungen und der bezaubernden
le der Außenhaut dies alles in einem
gen, ia finsteren Lebensraum, in dem
leinen Sehorganen ausgestatteten Gaste-
sich bewegenÄ
enwart erlebt eine plötzlich aufgewachte
eidenschaft gerade für Meermuscheln
H1 mit Mineralien. Oft sammelt man
matisch, unternimmt Sanderfahrten und
neue Arten, von der Hoffnung begleitet,
inlich seltene Arten nach halben Jahr-
wieder zu finden von Conus glaria
ind nur 25 Exemplare bekannt, Murex
kann nur an zwölf studiert werden
ei achtgeben, von Conus geagraphus"
ien engeren Verwandten nicht tödlich
zu werden. All diese Menschen verbin-
..-..-....,...... ..v..-.......-.. ........., ...,..c.c..
weiten deutschen Sprachraum und angren
den Ländern. Mit der Eröffnung der
Handelswege in den Fernen Osten efSCltl!
auf dem europäischen Kuriasitätenmarkt
anderem auch die ersten Exemplare der
dacna gigas". Ein Schalenpaar riesigen Au
ßes erwarb der Senat der Serenissima Reg
blica di Venezia", um sie an Franz I. von Fr
reich zu überreichen. Dieser ließ sie als Vtr
wasserbecken in der Kirche Saint Sulpic
Paris aufstellen, wo sie noch zu sehen sind.
Mit der Tridacna" erschienen auch Prachte
plare von Turba" in vielen Varietäten sc
Nautilus pampilius". Ungewiß bleibt, wer
ersten Importeure waren, wohl vorwiegend
indienfahrer aus den großen Höfen Fland
und der Niederlande, von wo feinfühlige Sp
lanten und Beauftragte reicher Herrscher sie
ren Kunden zuleiteten. Nicht ausschließen
te ich als Mittelsmönner die in den Fei
Osten verstoßenden Jesuitenmissionare, die
herzog Ferdinand von Tirol 1520-1595 im
Schloß Ambras bei Innsbruck angelegten Samm-
lungen erläutert; Sammlungen, die den Grund-
kern der diversen Wiener Museen bieten solltent.
Gerade in den Ambraser Sammlungen begegnet
man den interessantesten Beispielen von kunst-
voll und geistreich gestalteten Prunkgeräten, de-
ren Hauptbestandteil Muscheln aus dem Mittel-
meer und dem Indischen Ozean sind. Merk-
würdigerweise sind aber gerade diese im Mit-
telpunkt vorliegender Betrachtungen stehenden
Kunstgegenstände in den alten Katalogen nur
ganz beiläufig erwähnt, in einem unverkennba-
ren Stil subalterner Dienstboten gehalten, wie
von Schlosser ihn humorvoll kommentierts.
Das Ambraser Aquamanile" ist hierfür ein ge-
radezu klassisches Vorbild vier Meerweibchen
halten mit ihren Armflossen vier Tridacna"-
Schalen, während ie eine Pecten"-Schale zwi-
schen den Bein-Fischschwänzen eingeklemmt ist.
In die runde Fassung des Schüsselbodens paßt
die Triton"-Kanne wobei ein Triton mit wasser-
triefendem Haar das fein gemaserte Gehäuse
balanciert. Fassung der Schüssel und Kannen-
träger sind in vergoldetem Silber ausgeführt,
in den Werkstätten des Elias und Cornelius Groß
in Augsburg in der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts.
Zu einer heute verlorenen Schüssel sollte wohl
die Triton"-Konne II passen. Hier ist die Basis
ein Metailabguß nach einem Pecten iacoba-
eus", aus dem ein architektonisches Element in
Doppelvolute autsteigt, fast als eine Trage für
den finster dreinschauenden Triton, auf dem die
Schale lastet. Wie eine auffallende ähnliche
Tragse mit schreitendem Satyr und fein bemaltem
Nautilus"-Becher in den Staatlichen Kunstsamm-
lungen zu Kassel mit einem unidentifizierten
Meisterzeichen sowie dem Beschauzeichen Ant-
werpen etwa 1560-1570 zeigt, kann diese Kanne
ebenfalls als ein holländisches Kunstwerk be-
trachtet werdenf.
Geistreich gegliedert ist der Triton"-Leuchter
den runden Fuß zieren fünf Pecten", dann, am
Stamm, fünf kleine Cordium Venus". Die wohl
abgeschnittene Spitze steckt in einer Hülse, so
daß die Öffnung nach oben weist, während
ein geflügelter Triton mit Wurmleib heraus-
kriecht, mit den Händen Halt suchend, während
er auf dem Kopf die Hülse für die Kerze balan-
ciert; an dieser fünf kleine Cardium'".
Viele Nürnberger und Augsburger Goldschmiede
verarbeiteten die wohl in größeren Mengen auf
den Markt kommenden Schalen des Nautilus
pompilius". Aber auch in London und Paris
erwachte das Verständnis für die neuen und un-
erwarteten künstlerischen Möglichkeiten, die von
weltlichen und kirchlichen Mäzenen großzügig
gefördert wurden, so daß heute viele europäi-
sche Museen mit solchen Prunkgeräten aufwar-
ten können. Eine systematische Bestandsaufnah-
me dieser Sondergattung von Goldschmiedewer-
ken würde manche neue Einsicht in die kulturellen
Verhältnisse Europas im 16. und 17. Jahrhundert
ergeben, mit besonderem Bezug auf den Manie-
rismus, in den sie sich mühelos einordnen lassen.
Das Manuskript dieses Aufsatzes war bereits
im Mai 1976 abgeschlossen, als zu Beginn dieses
Jahres der in ieder Hinsicht überraschende
Prachtband von J. F. Hayward zur Auslieferung
gelangte Virtuoso Goldsmiths and the triumph
of Manierism, 1540-1620". Weitgehend be-
rücksichtigt dieser Kenner die immer kostbaren,
oft recht geistreichen Fassungen exotischer Meer-
muscheln und ordnet sie den anderen Meister-
werken der europäischen Goldschmiedekunst zu.
Die Fülle des Gebotenen erlaubt eine prinzipiel-
le Feststellung Neben vielen wirklich hervorra-
genden Leistungen dieser Epoche inbegriffen
die Halbedelsteingefäße aus Mailänder und
Florentiner Werkstätten in ihren kostbaren Fas-
sungen hat das Virtuosentum als Endzweck
Werke hinterlassen, die in ihrer Überladung, bei
aller Anerkennung ihres technologischen Raffine-
ments, vom ästhetischen Gesichtspunkt zumeist
unbefriedigt lassen eben weil die maßlose, un-
gezügelte Vielfalt des Beiwerks die Grundformen
bis zur Unkenntlichkeit überwuchert.
Wenzel Jamnitzers MerkeIscher Tafeloufsatz",
der Nautilus"-Pokal von Nikolaus Schmidt, der
Poradeschild des Pierre Redon sind solche Grenz-
fälle, denen gegenüber das Salzfaß des Ben-
venuto Cellini fast klassizistisch wirkt. Er beweist
den Zwiespalt seiner Zeit Im lateinischen Geiste
immer noch ein Prinzip der Selbstbeherrschung
gegenüber der überkommenen klassischen Form
im nordischen Geiste dagegen ein hemmungs-
Ioses Drängen bis zum unbegrenzten Fabulieren
und damit verbunden ein unbezwinglicher Drang
zum Zeigen, was man kann".
Aber, wie immer man sich zum Manierismus in
der Goldschmiedekunst stellen mag, auch in sei-
nen ins letzte Extrem getriebenen Möglichkeiten
muß man seinen Meistern eine Fülle von phanta-
sievollen Einfällen zugestehen, wie man sie in
neuerer und iüngster Zeit nirgendwo mehr an-
trifft. Ein letztes Nachleuchten waren in dieser
Hinsicht Liberty", Art nouveau" oder Floreal".
Die beiden katastrophalen Weltkriege in der
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und ihre
verheerenden Folgen auch in der Geistessphäre
haben die Lust zum FabuIieren" radikal ausge-
Iäscht.
Bei der Reichhaltigkeit der europäischen Samm-
lungen wie etwa im Grünen Gewölbe" zu
Dresden und im Germanischen Museum zu Nürn-
berg mußte leider die Auswahl innerhalb enger
Grenzen erfolgen richtungweisend die Wiener
Sammlungen, dann Beispiele aus Nürnberg und
Salzburg, von hier teilweise nach Florenz in das
heutige Museo degli Argenti" gelangt.
Erzherzog Ferdinand von Tirol besaß nicht nur
Prachtexemplare von Triton" und Tridacna",
sondern auch eine Reihe schöner Nautilus", die
von genialen Meistern zu auch heute noch an-
ziehenden Kunstwerken gestaltet wurden, auf
die noch zurückzukommen sein wird. Sein naher
Verwandter Wilhelm V. Herzog von Bayern er-
warb um 1570 eine Prunkkanne, welche Wenzel
Jamnitzer kurz vorher aus zwei großen Trochus"-
Schalen gestaltet hatte, nachdem diese bis aufs
Perlmutter abgeschliffen waren'. In ieder Hin-
sicht eine Meisterleistung des Manierismus, über-
rascht diese Kanne durch die Vielfalt geist-
reicher Einfälle und schnurriger Absurdität Ein
Adler Iäßt sich auf eine nach der Natur ge-
gossene Murex trunculus" aus dem Mittelmeer
nieder, deren Leib eine gewöhnliche Weinberg-
schnecke ist, die über sich ringelnde Schlangen
hinwegkriecht. Als Bekrönung das Meerweib-
chen der Fischersagen, wie sie noch Mitte des
vorigen Jahrhunderts der Dichter und Maler
August Kopisch an der Meerenge von Messina
und in Sorrento bei Neapel hatte sammeln
kännen'.
Dieser Prunkkanne aus zwei abgeschliffenen
Tochus"-Gehäusen lassen sich noch einige an-
dere Werke mit derselben Meerschnecke an-
reihen.
So der in Nürnberg um 1660 entstandene Pokal
in der Schatzkammer der Residenz in München;
in den Einzelheiten ungemein sorgfältig, iedoch
ungelenk in der Gesamtkomposition auf nach-
mittelalterlichem Achtpaßsockel ein Jäger mit
Spieß und Horn und seiner Meute. Vom Roll-
werk auf seinem Kopf steigen die vier Halte-
bänder auf bis zum angesetzten Rand; auf dem
Deckel baden Diana mit ihren Nymphen in
TROCHUS
Trochus"-Kanne. Werk des Wenzel Jamn
Silber, vergoldet und emailliert. Mün
Schatzkammer der Residenz.
Trochus"-Becher mit Diana und Aktäan in
Szenen. München, Schatzkammer der Resi
NAUTILUS, NATURZUSTAND
Nautilus"-Becher auf Schildkröte und Schr
Schale im Naturzustand. Madrid, Cole
Jose Lazaro Galdiano.
Anmerkungen 4-11
'Julius von Schlosser, Kunst- und Wunderkammei
Spatrenalssonce Ein Beitrag zur Geschichte des
melwesens, Monographien des Kunstgewerbes",
Leipzig 1908. S. 30, Abb. 28. Zum Kircherianam".
Abb. 88.
Alois Primisser, Die Kaiserlich-Königliche Ambraser
Iung mit neuen Registern von Manfred Kramer.
Stanclartverzeichnis und Register der beschriebenen
schritten vermehrter Nachdruck der 1809 in Wi
schienenen Ausgabe, Graz 1972. Dagegen unbede
A. F. Richter, Neueste Darstellung der K. K. Arr
Sammlung im Belvedere in Wien, Wien 1887 und 18'
Beispiel der nüchternen Beschreibung der kunstvc
faßten Naturalien Richter was, s. 96197 In
Schrank erhaltene Gefäße und Becher sind merk
sowohl wegen der Verschiedenheit des Stoffes ol
der Form. Pokale und Hausgerätschaften aus vergo
Silber, aus Kakosnüssen, Stroußeneiern, Rhinazerr
großen Muscheln, Perlmuttermltsdieln und Schildki
Gestalt der Vögel, Drachen, eines Pelikans, eines
eines Fahnenträgers, Schiffes, einer Erdkugel un
schiedener anderer Dinge, sämtlich zum Trinken
richtet, ergätzen das Auge auf eine überraschenc
Die varzüglichsten sind unter den Nummern
10, 11, 12, 13 und 38 enthalten. Unt
letzten Nummer bewundert man eine Schüssel aus
kröte wegen ihrer seltenen Größe merkwürdig
VI, Schrank 1."
Hayward, op. cit., S. 397, Abb. 609.
lSchlosser, op. cit. S. 50, Abb. 28.
Hans Tttoma Herbert Brunner, Schatzkamme
Residenz München, Katalog, München 1964, S. 233
Nr. 567, Abb. 37, mit irreführender Bezeichnung Pi
lersdlnecke".
'August Kopisch, Gedichte. ausgewählt und elttg
van Franz Brümmer, Leipzig o. J., Philipp Raclar
Die Feen zu Meta, S. 141, Die Meerfee, S. 143.
Hayward, op. cit., Farbtafel Xlll nach S. 140, Text
und 334, mit der exakten Angabe Trochusrshell".
Hayward, op. cit. S. 383, Abb. 476 und 477. Diesi
dienstvolle Autor bietet nach einige andere Be
künstlerischer Auswertung von Trochus"-Gehäusel
Hans Petzolcl in Nürnber ini lmparrnuvszeti Muzr
Budapest; iugendlicher eergatt reitet auf einem
bläst ein Triton"-Horn und balanciert die Musd
dieser eingesetzt ein hodtragender Becher, dessen
eine Halbfigur bekränt eine Nymphe mit Hands
S. 333, Abb. 479. Van einem unbekannten Meister
werpen, um 1560, die denkbar einfachste Gestaltu
dein auf einen massiven Fuß direkt die Schale ir
gesetztem Metallbecher gesetzt ist geistig lreii
strengung; jetzt in den Musees Rayaux d'Art et d'l'
zu Brüssel. TrochuW-Gehäuse wurden, nach Absdtl
Politur, mit Schablonenn gleichförmig zerschnitte
wie Kameen oder Edelsteine gefaßt zu werdemueirle
des Elias Geyer in Leipzig rnii etfektyoller Losung
im Grünen Gewölbe" zu Dresden. Ein sllberverg
Salzfaß, ohne iegliches Kennzeichen, wohl Engla
1600, mit Plattierungr gegenwärtig im Raval
MIJSeUm zu Toronto. Endlich ein eleganter Flakor
land oder Holland, erste Hälfte des 17. Jahrhundi
einer Privatsammlun zu London. Haywatifs
mother of pearl" stimmt nicht, da klar und deutl
schräge Verlaul der Kante mehrerer verarbeitet
hause erkennbar ist. Übrigens ist dieser ganz
erscheinende Flakon inmitten des Sdtatzes der'
Paston" Gemälde von englischer oder hallan
Hand dargestellt, ietzt im Castle Museum zu
Zu diesen zerschnittenen Trochus" Hayward,
S. 392 und Abb, 561; S. 403 und Abb. 674; S.
Abb. 690. Das Gemälde beschrieben S. 405 und AbI
einem gemauerten Becken, während der spähen-
de Aktäon in einen Hirsch verwandeltwird. Nach
hält er, schon mit Hirschkopf, den Spieß, umge-
ben ihn seine Hunde, deren Opfer er bald
wird".
Besser wurde die Verwendung von drei Tro-
chus"-Gehäusen durch Nikolaus Schmidt in Nürn-
berg gelösl eine Kanne in Drachengestalt zu
einer Schüssel mit Perlmutterplattierung. Hier
sollen die abgeschliffenen Muscheln Flügel- und
Schwanzfedern, originell gelockt, andeuten.
Schmidt war eine Zeitlang Mitarbeiter bei Wen-
zel Jamnitzer, was an seinem Nautilus"-Pokal
im Buckingham Palace zu London klar zum
Ausdruck kommt. Sa gut dieser gegliedert und
aufgebaut ist, so erscheint die Drei-Trochus"-
Kanne schwach und ist vielleicht als ein Jugend-
werk zu bewerten".
Bevor ich zu einer näheren Würdigung der
Muscheltafelaufsötze, insbesondere der Nauti-
lus"-Becher, übergehe, ergibt sich die Notwen-
digkeit, etwas über das natürliche und nachträg-
lich künstliche Aussehen der Schalen zu sagen.
Schon deshalb, weil anscheinend bei vielen
Kunstgelehrten hierüber keine klaren Kenntnisse
verbreitet sind.
So gut wie alle Meerschnecken, und sa auch
die Doppelschaler oder eigentlichen Muscheln,
vermögen aus dem Seewasser Kalkverbindun-
gen und andere Mineralien aufzunehmen und
diese dann durch besondere Drüsen des soge-
nannten Mantels" in unlösbarer rasch härten-
der Form wieder auszuscheiden und nach ver-
erbten Prinzipien in arteigenen Formen meist
phantastischen Zeichnungen und Farben aufzu-
bauen. Für die Schnecken bildet ein kegelförmi-
ger Trichter den Grundplan, der, von der Spitze
aus gesehen, in Uhrzeigerrichtung gewunden er-
scheint. Äußerst seltene linksdrehende Ausnah-
men interessieren nicht an diesem Ort. Bei so
gut wie allen Arten sind die Windungen anein-
andergeschweißt; das Wachsen der Tiere be-
dingt die progressive Ausweitung des Raumes,
in den es sich bei Gefahr weit zurückziehen kann,
mit einer besonderen Verschlußklappe aus horni-
gern oder kalkigem Material.
Die vom Mantel abgesonderte Schale ist prinzi-
piell in drei verschiedenen Schichten aufgebaut
eine äußere hornartige Haut, das sogenannte
Conchyolin" mit den Farbstoffen, in arteigenen
Farben und Zeichnungen; unter dieser die
PrismenschichW, in welcher Kalk und andere
Mineralien in oft dicken Lagern angesammelt
werden; endlich eine dritte, an welcher das
Weichtier ständig entlanggleitet die eigentliche
Perlmutterschicht. Hier werden dieselben Mineral-
Verbindungen als hauchdünne Blättchen abgela-
gert, deren besondere Mikrostruktur die dem
Perlmutter eigenen Lichtbrechungen bedingt.
Echte Perlen bestehen ausschließlich aus letzte-
rem Material, das bei Zuchtperlen um einen dik-
ken Kern sich ablagert.
Eine Nautilus"-Schale im Naturzustand zeigt
die Conchyolinschicht, also die Außenhaut, elfen-
bein- bis cremefarben, belebt durch eine orange-
bräunliche Flammenreihe, die vom Muschelrücken
zur Mitte strebt. Das Tier, aus der Familie der
Cephalopoden, auch Polypen oder Tintenfische
genannt, lebt im Chinesischen Meer in 80 bis
100 Metern Tiefe frei schwebend und vermag
durch wechselnde Luftzufuhr in die innersten
Zellen der Schale zur Nahrungssuche und Paa-
rung bis an die Wasseroberfläche zu kommen,
bzw. durch Luftablassung wieder abzusinken
mit anderen Worten die hydrostatischen Kam-
mern der Tauchboote hat der Schöpfer längst
erdacht.
Eine Nautilus"-Schale, möglichst ein gem quali-
ty specimen", ist ein obligates und dazu auch
noch erschwingliches Schaustück für jeden Sarnrn-
ler heute. Vor dreihundert bis vierhundert
Jahren waren es große Kostbarkeiten,zusammen
mit den ebenfalls von Goldschmieden oft ver-
wendeten Straußeneiern und Kokosnüssen. Ein
gefischter" Nautilus pompilius", vom Meer
direkt in den Handel gebracht, kann in Natura-
liengeschöften für 30 bis 35 DM gekauft werden
und zeigt dann einen geschwungenen scharfkan-
tigen Rand". Die von Chinesen und anderen
Eingeborenen auf den Markt gebrachten sind
iedoch am Rande angesengt und auch sonst
leicht schadhaft, weil sie vorher das Tier in seiner
Schale mit Zusatz von Meerwasser am offenen
Feuer als Leckerbissen gekocht haben. Sie sind
dann allerdings so schlau, die Schale so weit
am Rande herunterzuschleifen, bis die schlimm-
sten Schäden verschwunden sind.
Eine Nautilus-pampilius"-Schale in Naturzu-
stand wurde wohl in Nürnberg Ende des l6.
Jahrhunderts einfach und originell montiert auf
der Bodenplatte schiebt sich eine griechische
Landschildkröte vor, während eine Landschnecke
über sie hinweggleitet. Ihr Gehäuse ist ein Ab-
guß einer der im Mittelmeer vorkommenden Gat-
tung Astralium". Vier Bänder halten den Nau-
tilus", über dessen Buckel ein iugendlicher Nep-
tun mit dem Dreizack auf einem Fisch reitet.
Dieses Kleinkunstwerk befindet sich in der Colec-
ciön Jose Lazaro Galdiano zu Madrid. Merk-
würdigerweise bietet Hayward kein einziges Bei-
spiel solcher Muscheln im Naturzustand".
Als erste waren wohl die Chinesen auf den
Gedanken gekommen, auch Nautilus"-Schalen
künstlerisch zu behandeln. Mit Lauge entfernten
sie die Conchyolinschicht. Dann wurde die kalkig
aussehende Prismenschicht vorsichtig bis auf die
Perlmutterschicht abgeschliffen und poliert die
meist verwendete Form des Tiergehöuses als
Pokale und Kannen. Einfallsreiche Künstler ver-
standen es, die letzten beiden Schichten auszu-
werten, indem man die Prismenschicht in Flach-
relief über der Perlmutterschicht stehenließ, wie
etwa an einem schönen Stück in Wien; eine
Meerfrau in Ronde-bosse"-Email balanciert die
Schale auf dem Kopf, während darüber eine
ebenso gearbeitete Fortuna auf einer silberver-
goldeten Pecten"-Muschel schwebt als leben-
der Mast hält sie sich selber das Segel hinterm
Kopf die Widersinnigkeit dieser Haltung beun-
ruhigte nicht den Meister".
In Florenz hat ein Stück aus dem Schatz des
Erzstiftes Salzburg die Föhrnisse überstanden
ein geschickter Meister hat hier gleich zwei so
bearbeitete Schalen zu einem kuriosen Schau-
geröt zusammengesetzt. ln differenziertem Schliff
erscheinen belaubte Zweige und schwebende
Vögel, zu denen Menschen aufblicken. Auf der ei-
nen Schale ist dann der Perlmuttergrund mit einem
Fischschuppenmuster graviert. Auf den anderen
Stücken sind die Zeichnungen direkt in die unter-
ste Schicht graviert durchs Land reitende Krie-
ger, Pagoden und Stadtmauern, mit Farben
leicht aufgehöht, dann wieder kämpfende Dra-
chen vor einem feinen Schuppenmuster, oder
auch Blütenzweige mit Vögeln.
Die am sorgfältigsten geschnittene und gravierte
Schale ist die bereits erwähnte in Wiemwährend
fast alle anderen Exemplare in Florenz in oft
geradezu unverständlich grober Weise ausge-
führt wurden also schon im 17. Jahrhundert für
Europöer" flüchtig hergestellte Massenpr
tionl Schon deshalb unverständlich, wenn
berücksichtigt, daß kunstvoll, oft in fe
Durchbrucharbeit geschnitzte, formvolle
Voluta"-Schalen heutzutage in Hongkong
arbeitet werden und früher auch aus
preiswert geliefert wurden. Selbst die betri
che Hörte der Muschelschalen berücksichti
rechtfertigt dieser Umstand, meines EFO
wenigstens, keinesfalls diese rohe Zeiche
nik es sei denn, daß diese auch im Reic
Mitte" auch auf ein nicht allzu anspruchs
Publikum rechnen konnte".
Die Technik der Muschelgravierung griff
Jahrhundert nach Europa über und wurde
sonders in den Niederlanden, eine verzv
Housindustrie, die schon von damaligen
haften Reiseschriftstellern und Gelehrten en
chend angeprangert wurde nicht nur
von den Muscheln die Oberhaut abge
sondern man schliff sie mit Feile und Birn
zurecht, beizte sie mit verschiedenen Fc
um sie dann nachträglich auch noch zu ber
genauso wie heute am Golf von Neapel
in Taormina die Schalen der riesigen, bis
halben Meter langen Pinna nobilis", ode
fach SchinkenmuscheV, verkauft werden,
dem die reizvoll irisierende Schildpattfarb
einem qualmenden Vesuv oder einer
Grotte" bemalt worden ist ein Beitrag
unerschöpflichen Thema Kitsch".
Daß nicht alle Nautilus"-Bemalungen
Bord geworfen werden sollen, beweist ein
hübsches Stück in den Staatlichen Kunstsam
gen zu Kassel in delikater Miniaturm.
sind auf die freien Flächen üppige Blumen
Fruchtgirlanden sowie feines Laubwerk, da
metallenen Halteböndern zu entsprießen sc
aufgebracht.
Auf dem runden Sockel schleppt ein iugi
cher Satyr mittels eines besonderen Geräte
Nautilus, in den ein Gefäß mit vorgezog
Lippe eingesetzt ist. Diesem zugewandt
Ungeheuer rnit fletschenden Zähnen, hinter
sen Ohren ein zweiter Satyr hockt. Die
Vorrichtungen sind reich ornamentiert. Das
gerät findet seine unmittelbare Analogie in
der Ambraser Tritonskanne II", so daß
wohl demselben Meister zugeschrieben
könnte, dessen Zeichen bisher nicht identif
werden konnten. Als Beschauzeichen ersc
ienes von Antwerpen, das zwischen 1560
1570 datierbar ist".
In Amsterdam war es vor allen anderen die
Kupferstecherfamilie Bellekin, die Nautilus"-
Schalen auf besondere Weise dekorierte nach
Abbeizen der Oberhaut wurde die weißliche
Prismenschicht unter Aussparung weniger schlan-
ker Voluten bis auf die Perlmutterschicht abge-
schliffen und diese letztere poliert, um darauf
Szenen nach den damals weitverbreiteten Kup-
ferstichen des Jacques Callot 159271635 und
auch aus Vorlagenbüchlein einzugravieren. So
die Insekten des Jacob Hafnagel 1575-1630 und
Motive des Francois Le Febvre um 1635 in
Paris, der seinerseits viel aus Callots Graphik
entlehnte. Jan Bellequin, ein geborener Elsässer,
bezeichnete sich selber, in einem Protokoll um
1617, als Inventar ofte uytvinder von seererconst
von inleggen"; sein Sohn Cornelius, dessen Söhne
und Verwandte versorgten einen weitausgrei-
fenden Markt. Cornelius betätigte sich auch als
geschäftstüchtiger Perlmutterhändler. Seine
gravierten Nautilus"-Schalen waren fast durch-
wegs zum Aufhängen bestimmt, wie ein schönes
Exemplar im Museo PoIdi-Pezzali zu Mailand,
das hier erstmalig publiziert wird", zeigt.
Jüngste italienische Museumspublikationen brin-
gen, endlich, auch Beiträge über Edelmetall-
arbeiten und andere Kleinkunstwerke. So ge-
langte aus privater Hand ein gravierter Nauti-
Ius"-Becher in die Civiche Raccolte d'Arte Appli-
cata im Castello Sforzesco zu Mailand Schmet-
terlinge, Motten, Fliegen, aber auch Kleinvägel
locker auf der Perlmutterschicht verstreut. Ge-
halten wird er von einem Götterpaar Terra und
Oceanus, sie mit Flammen in der Hand, er mit
Ruder, aber auch einem Falken auf rundem Sok-
kel; fein getrieben allerlei Seegetier. Als Be-
kränung eine bekleidete Fortuna mit einem band-
färmigen Segel. Die silbervergoldete Arbeit
zeigt den Augsburger Zirbel", während das
Meisterzeichen leider unleserlich ist".
Im selben Museum befindet sich ein weiterer
Nautilus"-Becher auf rundem Fuß in Durchbruch-
arbeit mit einem Putto und Fisch. Er war für
die Gravierung vorbereitet, die dann unterblieb
die Perlmutterschicht ist zum größten Teil frei-
gelegt, im Buckel blieb dagegen auch die ge-
flammte Oberhaut stehen. Wie das Exemplar im
Museo Poldi-Pezzoli, war auch dieses ursprüng-
lich zum Aufhängen gedacht und zeigt den
Buckel entsprechend sauber ausgesagt. Leider
sind auch hier Meister- und Beschauzeichen un-
leserlich".
Die nächste Arbeitsphase zeigt ein Nautilus"-
Pokal in der Schatzkammer der Residenz in
München, mit dem Beschauzeichen Düsseldorf,
um 1660 datierbar das Abschleifen der Ober-
haut erfolgte etwas grob; während die Gravie-
rung als Fries unter dem Becherrand gestaltet
wurde. Eine Landschaft an einem weiten See,
durch Bäume in Einzelszenen aufgeteilt, mit
Fischerbooten und auftauchenden Fischen. Dar-
unter FruchtdoIden Das Ganze auf einem delika-
ten Rollwerk und Filigran, angenehm aus den
standardisierten Füßen sich herauslösend.
Für die Fassung dieser schönen polierten Schalen
wurden Galdschmiedemeistern, außer eventuel-
len besonderen Wünschen der hohen Auftrag-
geber, keine Grenzen gesetzt. Wohl schon im
letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts wurde
in Paris ein Weihrauchschiffchen hergestellt, ietzt
im leider so arg ausgelichteten Schatz der Ka-
thedrale von Chartres bewahrt. In den Formen
des gothique flamboyant" sind an Bug und
Heck architektonische Aufbauten, wobei die
Rundbogen durch Streben mit Kreuzblumen ab-
wechseln; ein weiterer Aufbau steht Mittschiffs
an Stelle des Mastes. Der Bugteil ist aufklappbar,
um den Weihrauch entnehmen zu können. Am
Fuß halten zwei auf einem Podest stehende
weibliche Figuren einen Wappenschild, darunter
ist die Inschrift zu lesen DES BIENS DE MON-
SEIGNEUR MILE D'ILLIERS EVESQUE DE LUCON
DOYEN DE CHARTRES ET NEPVEU DES MESSY-
EURS MILE ET RENE D'ILLIERS EVESQUES DE
CHARTRES. Leider zeigt dieses unter den älte-
sten Beispielen der Verwendung eines Nautilus"
keine Meister- und Beschauzeichen; im Jahre 1540
gelangte es in den Domschatz von Chartres. Et-
was älter ist als ein schönes Stück von 1482; einst
in den Sammlungen des Bourghley Hause, Lin-
colnshire, gelangte es ins Victoria and Albert
Museum in London". In diese Reihe gehört auch
das schöne Exemplar in der Pfarrkirche zu Saint-
Nicolas-Du-Port sowie ienes andere, ungemein
prunkvoll gearbeitete Werk in der Kathedrale
von Reims, wenn auch in Karneol ausgeführt.
Ursprünglich als Tafelaufsatz gedacht, wurde
diese Nef" im Jahre 1501 Anne de Bretagne,
anläßlich ihres Einzuges in Tours, überreicht,
dann 1574 von König Heinrich Il. nach Reims
gestiftet. Aus dunkelrotem indischem Karneol
besteht der Schiffrumpf, während Aufbauten und
Figuren aus vergoldetem Silber und Ronde-
bosse"-Email bestehen in diesem Falle die heili-
ge Ursula und ihre Leidensgenossinnen. Der
bekannte englische Forscher Charles Oman iden-
tifizierte das Beschauzeichen mit Raymond
Guyonnet in Tours".
Eine recht originelle Lösung befindet sich im
Fitzwilliam Museum zu Cambridge, von einem
unbekannten Meister 1585186 in London ausge-
führt auf dem wellenbedeckten Fluß reitet Nep-
tun auf einem monströsen Fisch und hält die
kunstvoll gegliederten Metallbänder, welche die
Muscheln befestigen, mit manieristischen Motiven
verziert. Vom Rücken derVoIute kriecht ein Hum-
mer herüber, um seine Fühler in die Schale zu
tauchen. Ein Metalleinsatz mit weit vorgezogener
Lippe sollte die Benützung als Kanne ermögli-
chen. Die Schale selber ist fein graviert, in der
Qualität dem erwähnten Exemplar in Wien na-
hestehend".
Sehr viel aufwendiger ist der Aufbau des monu-
mentalen Nautilus"-Pokals des Nürnberger
Meisters Nikolaus Schmidt in den Sammlungen
des Buckingham Palace zu London. Vier musi-
zierende Meerfrauen zwischen Cardium"-Mu-
scheln tragen die Fußplatte mit einem auf dem
Hippocampus reitenden Neptun. Auch hier muß
der Gott der Meere die Muschelfassung halten,
die in reicher Ornamentierung zur Randlippe des
Pokals überleitet. Auf den Deckel hat sich ein
Adler herabgelassen, von dessen Rücken ein
Blitze schleudernder Zeus absteigt. Das lebendi-
ge Flimmern der Metallflächen kontrastiert zum
ruhigen, seidigen Schimmer der, leider, ange-
schlagenen Muschel".
Geradezu amüsant ist der Einbau eines Nauti-
lus" in die Komposition des Nürnberger Gold-
schmieds Hans Rappolt, um 1579 im Auftrage
des Kardinals De Lorraine 1525-1574 ausge-
führt die Muschel wurde als Schiff auf ein vier-
rädriges Fahrgestell gesetzt. Wind blüht das ein-
zige Segel an der am Mast hängenden Rah mit
vereinfachtem Takelwerk. Von Hellebardieren
eskortiert, thront Seine Eminenz achterwärts;
ihm zugewendet sitzt am Backbord ein Haupt-
mann mit Muskete, während ein am Steuer-
bord lehnender Soldat seinen Kameraden am
Bug zum Abfeuern der Muskete auffordert; zwei
weitere, kleinere Schützen stehen im Mastkorb.
Dieses originelle Schiff befindet sich jetzt in der
Pfarrkirche zu Saint-Nicolas-Du-Port Meurthe-
et-Moselle. Ursprünglich als unterhaltsamer Ta-
felaufsatz gedacht, trägt es sowohl das Nürnber-
ger Beschauzeichen als auch des Meisters Stem-
pel".
Durch besondere Vornehmheit der Fassung zeich-
net sich ein heute in Privatbesitz in London
befindlicher Nautilus" aus, wohl Werk des
Salzburgers Hans Mentz Auf dem ovalen Fuß
stützt eine Meerfrau mit Armen und Schwanz
die fein gegliederte Fassung, während ein Perl-
kranz über den Buckel nach vorne gelegt ist.
Der Deckel der Kanne trägt auf einem Sockel ei-
slAUTlLUS, GRAVIERT NACH CALLOT UND
XNDEREN
,Nautilus"-Pokal zum Aufhängen mit Gravierun-
ien nach Collot. Mailand, Fondaziane Poldi-
'ezzoli-Musea.
,Nautilus"-Becher auf Filigranluß. Schale nur
eilweise abgeschliffen und graviert. München,
Schatzkammer der Residenz.
slAUTlLUS, GLATT
,Nautilus"-Boot des Kardinals de
OVl5, Musee de Louvre.
Larraine,
zrkungen 17-26
3r7ugt wuiden Szenen mit wenigen Figuren aus dem
enischen Karnovalstrciben mit den typischen Masken
Commedia deIVarte" wie Sor Pantalone, Brighella,
Ballanzan Arlecchino und, allen voran, Pulcinella,
noizernen Rappieren duelliereltd oder fiaschiweise
trinkend Über Cornelius und Jan Bellekin
imerliecker, Allgemeines Kunstlerlexikan, Bd. lll, S.
72-12, mit kurzem Guvre-Katalog. Das holländische
sthistorische Institut zu Florenz veranstaltete im Jahre
erstmalig tn Italien, eine Ausstellung van Vorlagen-
phik tur Goldschmiede in Florenz und Rom Grafica
arafi Madelli del Cinauecenta Seicenta. Catalago
ura Anna Omadea, Rarna 1'775, 21 Giugno 20
lio, Gabtnetta Nazianale dellc Stampe. Nach R. Came-
warcn unter den Auftraggebern tür C. Bellekin auch
1iräle der niederländischen Flotte S. 40, Es wäre
or eine interessante Aufgabe, weitere Forschungen zu
cm Sondargebiet der gravierten Muscheln anzustellen
das Material filr Guinea-Kataloge zu erweitern
Placentl-Ascfiengreen, op. lt, KaL-Nr. 753,
I. 29. In einem in der Einleitung erwähnten Inventar
1587 wird die Gestaltung der Sockel als alla
iniirigo" zitiert. Die Schnitzereien und Gravierungen
den im Inventar der vom Casino di San Marco" in
Palazzo Pitti überführten genau gekennzeichnet als
agliate uccelli allhridiana" oder auch alla cinese".
ia Alberici und Mitarbeiter, Capalavori di arte
arativa nel Castella Storzesco, Milano 1975, Eanca
alare dt Milana, S. E5 und Abb. 67. In der Buckel-
bung angeschlagen.
selbe, ap. 19., s. a5 und Abb. es.
amteindruck etwas armselig.
zllonrMaitre Devallan, op. cit, s. 279 so, Tti 126
Ion und oriniwede, op. eit, s. wo Stichwort Nef".
zllan-Maitre Devallon, op. cit., 266, Tfl. 90e93
rton-Groniwade, ap. cit., S. 184, Abb. 366 auf S. 185
ert Hayward, The Marmerist goldsrnith, The
noisseui" wer, January.
ti Steingrdber, Schatzkammern Europas Weltliche
xlzkarnrnern, München 1968, Kapitel Das Tafelsilber
englischen Krone" S. 73783, insbesondere S. 82,
rNr. Tll. und 6.
xllgn-Maitre Devallan, op. cit., S. 275, KaL-Nr. 126,
6.
saclier, 1966, S. 151152, Kot-Nr. 119, Tfl. 28.
IEFllI-ÄSCLWEHQYGEH, op. cit., S. 170, Kat.-Nr 735 und
S. 170, KaL-Nr. 73A, ahne Abb.
ergibt SlCh nun ein Widerspruch rnit Huyward, S. 373
Abb 374, der ein auch bei Rasenberg, Nr. 1,624,
oduzieries französisches Meisterzeichen erkennen
nte und es ins dritte Viertel des 16. Jahrhunderts
erte. Die Signatur des Biagia di Giergio, Florenz
konnte dann auf eine Reparatur bezogen werden.
Leider ist der
20
nen durch Pfeilschuß verwundeten Hirsch, der
auf einen leeren Schild sich aufstemmt".
Verschiedene Wiener Fassungen sind wesentlich
einfacher gestaltet, wobei immer wieder die
Besorgnis zum Ausdruck kommt, die Muschel-
schale nicht anbohren zu müssen, sondern immer
sie von vier Seiten her einzufassen. Sa etwa mit
feinen Arabesken von einem Delphin balanciert;
mit einer geflügelten Victoria als Kariatyde
mit elegantem Rallwerk. Gelegentlich aber auch
recht ungeschickt gestaltet, wie etwa das Huhn.
Der Fuß stammt sicher aus der Werkstatt des
Wenzel Jamnitzer, wie die über feinen Rasen
nach der Natur gegossenen drei Eidechsen zei-
gen, von denen eine mit offenem Maul nach ei-
nem lnsekt zu schnappen scheint; während die
viel zu großen Füße und der unproportioniert
kleine Kopf des plumpen Tieres van anderer
Hand und nachträglich dem Fuß aufgesetzt er-
scheinen im Kunsthandel sicher als Pasticcio"
zu kennzeichnen. Auch diese Nautilus"-Herine
ist in den alten lnventoren nicht erkennbar,
Eine grundsätzlich andere Gestaltung erscheint
an einem zu einem Phantasievagel gestalteten
Nautilus" in der Schatzkammer der Residenz
in München. Der Ausguß läuft über den Schwanz
des Vogels. Dessen Federn sowie die Flügel
und der Kopf sind filigranartig aus starkem Sil-
berblech ausgesagt. Die flammenartig gezeichne-
ten Ruderfedern könnten auf den sagenhaften
Phönix hinweisen, der sich selber im Nest ver-
brennen lößt, um aus dessen Asche auferstehen
zu können. Laut Münchner Mitteilungen handelt
es sich um das Werk eines in Böhmen Mitte des
17. Jahrhunderts tätigen Meisters zu sein.
Von den Flarentiner Fassungen sind viele leider
eingeschmolzen und so spantasielos wie nur
möglich auf ganz einfache Träger gesetzt
worden. Zweimal sind auf der Bodenplatte Del-
phine angebracht, welche mit den Schwänzen
dieSchale halten. Unter dem einen Fuß liest man
die Signatur Biagio di Giorgio Ermeno Firen-
ze 1625". Ein gravierter Nautilus" wird vom
Rücken her von einem Seeungeheuer erklettert,
wohl der letzte Rest einer viel reicheren Fas-
sung".
ganz andere Atmosphäre umwittert einen
tasievoll aus zwei Schalen komponierten
in Florenz, wohl flämische Arbeit des 16.
iunderts. Leider kennzeichnen kein Beschau-
Meisterzeichen die silbervergoldete Arbeit.
Jreiten, Fuß und Einguß verbindenden Bän-
lie gleichzeitig die Stoßfuge der beiden Scha-
ierdecken sollen, zieren in reichen Barock-
ien Brustbilder von Göttern. Die beiden
ren, der Außenwölbung folgenden Bänder
an Griff und Ausguß, letzterer in Drachen-
ilt. Völlig unmotiviert der Pferdekopf neben
Einguß, während dünne Schlangen am Griff
hochringeln, vorn Deckel aufsteigen, zum
le sich wenden. Dem leider unbekannten
ter genügte der Farbkontrast zwischen dem
aheimnisvoller Ordnung flimmernden Perl-
er und dem transluziden Schmelz an den
abändern und am Einguß nicht. Geschickt
ilte er Gruppen von kleinen Türkisen und
indinen im einfachen Cabochonschliff. Nach-
zu allen Zeiten echte, wenn auch kleine
te höchst selten und teuer waren, halte ich
durchaus wahrscheinlich, doß es sich tat-
ich um Granat-Almandin handelt, der in
elen Ländern Europas, besonders im Alpen-
zt, massenhaft vorkommt".
ergleich mit den zahlreichen Halbedelstein-
3en des Museo degli Argenti" mit ihren
ausgewogenen Proportionen und der Zu-
ialtung der Goldschmiede, wirkt diese Kanne
verspielt womit in keinerWeise die tech-
nische Meisterschaft des unbekannten Künstlers
in Frage gestellt werden soll.
Dieser auf so starke Farbkontraste abgestimmten
Kanne kann ein Nautilus"-Pokal zur Seite ge-
stellt werden, derzeit im Boymans-van-Beunin-
gen-Museum in Rotterdam. Alle minutiösen De-
tails finden sich hier wieder, wenn auch man-
ches Schmuckstück herausgebrachen ist. Harmo-
nisch in der Gesamtgestaltung aufgebaut, trägt
ein breiter Rundfuß einen gegliederten Baluster,
während die Haltespangen den Zeichnungen der
Perlmutterschicht folgen und diese gewisserma-
ßen akzentuieren. Wieder reitet ein Neptun mit
geschwungenem Dreizack auf einem Fisch. Mit
anderen Worten Kanne und Pokal wurden von
einem und demselben Meister entworfen und
hergestellt".
Als Abschluß der Betrachtungen zu den Nauti-
lus"-Pokalen sei hier noch ein weiteres Stück
erwähnt, das sich im Museo de la Fundacion
Lozaro Galdiano" zu Madrid befindet. Es ist
deshalb bemerkenswert, weil ausnahmsweise der
Auftraggeber seinen Nautilus" im Naturzustand
fassen ließ, eben mit der orange-braunrot und
elfenbeinfarbigen Schale, zu welcher die natür-
liche dunkel-perlmuttrige Wölbung kontrastiert,
genau in der Schattierung der so raren gesuchten
und zu Phantasiepreisen angebotenen kostbaren
grauen" oder schwarzen" Perlen schim-
mernd".
Auch in diesem Falle darf angenommen werden,
daß es sich um ein Werk aus dem Kreise um
Wenzel Jamnitzer handelt, für welche Zus
bung der Fuß besonders hervorgehoben zu
den verdient über die Bodenplatte rutscht
sam eine Landschildkröte, auf welche eine
bergschnecke gekrochen ist. In dieser laufe
vier Haltebönder zusammen, wovon eine
Drachenmaske zum Lippenrand der Kanne
Auf den Muschelbuckel ist ein Delphin aufg
Reittier für einen den Dreizack schwinge
jugendlichen Neptun.
Irren ist menschlich auch wir Kunsthi
ker sind dieser Gefahr ausgesetzt wie
andere Geisteswissenschaftler auch. Ist
ein geschriebener Irrtum einmal gedruckt
den, wird er zumeist gewissenhaft
schrieben und geglaubt Magister
dixit!" und in andere Druckschriften über
men. Im ersten grundlegenden Werk Der
des Erzstiftes Salzburg" wird eine bau
Schneckenschale in spätgotischer Fassung
produziert; infolge politischer Situationer
langte das Obiekt ins Museo degli Arger
Palazzo Pitti in Florenz. Im lnventar der
kammer" vom Jahre 1586 hat dessen Verf
nur gewußt, daß die Schale aus irgend
Meere gefischt wurde; Ain grosser Märscl
mit einem silbervergulten Fuess und verg
Khlaidung". Im Band von 1966 erster kleine
triebsunfall mit der Angabe, es handle sic
eine Nautilus"-Muschel. Im Salzburger
stellungskatalog von 1967 wurde die An
bedenkenlos übernommen. Autoritötsglöubit
dann die Verfasserin des Flarentiner Katalogs
von 1968 die gleiche Identifizierung abgeschrie-
ben, wobei ein auch nur flüchtiger Blick auf die
dortige, insgesamt 26 Nummern umfassende
Nautilus"-Gruppe sie eines Besseren hatte be-
lehren können".
In Wirklichkeit handelt es sich um eine der ver-
schiedenen Varietöten der Art Dalium galea",
die besonders im Mittelmeer heimisch ist auch
diese Muschel ein obiigates Schaustück für jede
halbwegs dekorativ aufgestellte Muschelsamm-
lung. Kennzeichnend für D0iium" ist die in
wenigen Spiralen stark sich erweiternde Schale
mit gleichmäßiger Löngsprofilierung. Die der
Otfnung parallel laufenden leichten Einkerbun-
gen sind Wachstumsunterbrechungen.
Über das von dieser und anderen Großrnuscheln
erreichbare Lebensalter fehlen bis heute den
Malakalagen halbwegs gesicherte Daten. Sicher
ist nur, daß einige Giganten unter ihnen doch
recht alt werden müssen, wie etwa Tridacna
gigas" und Triton nodifer". Man könnte even-
tuelle Rückschlüsse aus dem erreichten Gewicht
der Schale und dem Mineraigehalt des Meer-
wassers errechnen aber rnan kennt nicht ein-
mal die zur Kiemenatmung notwendige stündliche
Wassermenge...
Die mit spötgatischen Ornamenten gezierte Fas-
sung auf Sechspaßfuß ist nach Prof. Rassachers
Arbeit Werk aus einer Salzburger Werkstatt des
l6. Jahrhunderts. Soweit mir bekannt, handelt
es sich um ein Unikum, nachdem aus anderen
JTILUS GLATT
Nculilus"-Becher in Geslull eines Hcihnes.
Wien, Kunslhislorisches Museum.
Nuulilus"-Kcnne in Gesfall des Phönix. Mün-
chen, Schatzkammer der Residenz.
,Nou1ilus"-Pokal rnil auf eselzlem Schmuck.
Wien, Kunsthistorisches useum.
Nauliluf-Becher mit kleinem Nepiun. Wien,
Kunslhislorisches Museiini.
Nouiiluf-Becher auf Filigranfuß. Wien, Kunsl-
hislorisches Museum.
Anmerkungen 27-30
Zur Problemalik des europäischen Granul-Almcindin siehe
Angela Lipinsky, Oro, argenlo, gemme, smcilli Tecnolo-
gia delle arti dcille origini alla fine del medicevo. Firen-
ze 1975, Casu Edifrice Leo S. Olschki; S. 305 Excursus
ll Carbonchio.
Piucenti-Aschengreen, op. cil, S. 17 und 170, Kot-Nr.
746, Tafel 28. Die Auforin weisf das koslbure Slück einem
in Rollerdam im 16. Johrhunderl löiigen Meisler zu. Für
NauvilusWSchale Hayward, op. ciL, S. 398 und Abb.
Ccimeran, op. cih, S. 21, Farbbild lll.
Rossucher, 1966, S. 130, Kuh-Nr. 33, Furhlfl 13; derselbe,
2761755. 58, Kuh-Nr. 31, Abb. Piacenli-Aschengreen,
6.
11
Sammlungen und Schätzen keine Dalium"-Scha-
le in kostbarer Fassung bekannt geworden ist.
Die vermeidbare Verwechslung eines Dolium"
mit einem Nautilus" ist glücklicherweise kein
Einzelfall und mögen die Kollegen und Freunde,
Frau Dr. Aschengreen-Piocenti und Herr Dr. Kurt
Rossacher, sich damit trösten, daß in dieser Rich-
tung auch noch andere Kunstgelehrte sich gründ-
lich geirrt haben; Im Ungarischen Nationalmu-
seum zu Budapest ist ein besonders bizarrer
Muschelbecher ausgestellt und in einem kleinen
reich illustrierten Katalog in englischer Sprache
beschrieben und abgebildet, leider ohne Hinweis
auf Meister- und Beschauzeichen. Es wird nur
eine generelle Dotierung ins "I7. Jahrhundert
vorgeschlagen. Der Abbildung nach zu urteilen
ist es wahrscheinlich eine Nürnberger Arbeit aus
dem Jamnitzer-Kreis".
Es ist kein Nautilus pompilius" mit seinem
glatten, seidig schimmernden Perlmutter, sondern
der recht wehrhaft aussehende Murex romosus"
oder auch M. multiramosus"; rhyhtmisch verteil-
te ausgebagene Spitzzacken auf einem klotzi-
gen Gehäuse lassen erkennen, daß es sich um
einen fleischfressenden Bewohner von untersee-
ischen Felsklippen und Korallenbänken handelt.
Die Schale ist außen milchweiß, die Mündung
innen sowie die Unterseite der Zacken zartrosa.
Es gibt auch ausgesprochene Albinos, doch sind
diese sehr selten.
Auch dieser Murex"-Becher ist, bis ietzt, ein
Unikum. Auf dem bereits erwähnten Gemälde
The Paston Treasure" ist im Hintergrund, noch
links, ein anderer, heute nicht mehr nachweisba-
rer Murex"-Becher dargestellt, dieses Mal mit
Verarbeitung einer früher von den Sammlern
als Wollknäuel" bezeichneten Art Murex ra-
dix" oder M. nigritus", wobei die Grundfarbe
des Gehäuses wiederum milchfarben ist, alle
Zacken und herausstehenden Spitzen dagegen
dunkel- bis schwarz-braun.
Nachdem, wie schon gesagt, bisher ein einziger
Murex ram0sus"-Becher erhalten geblieben, der
auf dem Gemälde dargestellte verschollen ist,
müssen diese Muscheln damals selten gewesen
sein. Heute kosten sie 25 bis 30 DM".
Auf die Trochus"-Schnecken, wie Wenzel Jam-
nitzer sie an seiner geistvollen Kanne in der
Schatzkammer der Residenz in München ver-
wendete, habe ich bereits hingewiesen und
darauf aufmerksam gemacht, daß die Identifi-
zierung im Katalog mit Perlmutterschnecke"
ebenfalls unrichtig ist. Auch bei diesen Trochus"
wurde die Oberhaut abgebeizt und die dünne
Perlmutterschicht, nach Entfernen der Prismen-
schicht, freigelegt. Diese Schneckenart kommt in
allen wärmeren Meeren massenhaft vor und wird
tonnenweise nach England für die dort blühende
Knopfindustrie exportiert. Sorgfältig von Über-
krustungen gereinigte Muscheln zeigen die ver-
schiedenartigsten Farben und Zeichnungen
auch sie billige obligate Schaustücke für Sammel-
anfönger, da sie zu erschwinglichen Preisen
angeboten werden.
Auf die Verwendung der eigentlichen Perlmu-
schel Meleagrina" in der Frührenaissance-Ar-
chitektur wurde schon hingewiesen. Auf das fein
irisierende Flimmern der Perlmuttermuscheln
wollten die Goldschmiede, trotz der unvorteil-
haften äußeren Erscheinung und ungeeigneten
Form der Schalen, nicht verzichten. So zerschnit-
ten französische und deutsche Meister die Scha-
len nach entsprechend vorher exakt ausgearbei-
teten Werkzeichnungen und bekleideten damit
die verschiedenartigsten Gefäße, wobei die ein-
zelnen Plättchen nachträglich den Rundungen
folgend gewölbt geschliffen wurden. Fein poliert,
wurden sie dann mit oft sehr kunstvollen Klam-
mern auf der Unterlage befestigt also eine
regelrechte Plattierung.
Hervorragend schöne Beispiele dieser sehr sel-
tenen Kunstfertigkeit befinden sich in verschie-
denen Sammlungen. So zwei Gefäße in Wien,
wohl zur Ambraser Sammlung gehörend, weite-
re im Grünen Gewölbe" zu Dresden, London,
und anderwärts. Bisher hatte die Kunstgeschich-
te sich ihrer kaum eingehender angenommen;
heute haben sie den ihnen gebührenden Platz.
Ein reizvolles Meisterwerk der Perlmutterplattie-
rung ist ein Schmuckkasten in Truhenform, heute
in Privatbesitz in London. ln den dreißiger Jah-
ren des l6. Jahrhunderts wurde er von einem
unbekannten Meister mit dem Monogramm ,BH'
in Paris angefertigt, der möglicherweise Aufträge
des Königshofs erhielt. Alle Einrahmungen zeich-
nen sich durch feine Prafilierungen aus, schwere-
los ruht er auf vier von Raubvogelkrallen um-
faßten Kugeln, während über die Schuppenzeich-
nung der Plattierung kleine Reliefmedaillons ver-
teilt sind.
Es erscheint die Annahme berechtigt, daß diese
Plattierungstechnik möglicherweise in Paris er-
funden wurde und von dort über Europa sich
verbreitete.
Neben den zwei eleganten Beispielen in Wien
sei hier nur noch eines Jungfernbechers im Muse-
um der Eremitage in Leningrad gedacht, mit dem
Meisterzeichen des Meinrad Rauch d. Ä. und
12
JAUTILUS MIT SCHMUCKAUFSÄTZEN
Nautilus"-Kanne mit Juwelenbesatz Granaten
ind Türkise.
OLIUM
Dolium"-Becher aus dem Schatz der Salzburger
rzbischöfefErzstift Salzburg. Florenz, Palazzo
"itti-Museo degli Argenti.
zrkungen 31-34
th H. Kolba Annamaria T. Nemeth, Goldsmith's
Hungaria National Commissione tor UNESCO,
apest 1973, Corvina-Magyar Helikon, S. 42 und 43,
46, Tafel mit der Angabe Nautilus".
ward, ap. cit., S. 405 und Abb 688, ist bei der
.lyse des Gemäldes dieser Murex radix"-Becher ent-
gen.
ward, op. it., S. 333, Farbtafel 360, Abb. 248.
den plattierlen Jungfernbecher Derselbe, S. 389 und
l. 525.
-Nr. 594, Tfl. 74. Der erste italienische Autor, der
mit der Silberkammer im Palazzo Pitti beschäftigte,
geflissentlich den Muschelpokalen aus dem Wege ge-
gen und erwähnt "berhaupt nicht Antonio Moras-
ll Tesoro dei Med Oreficerie, argenterie, pietre
Milano 1963, Silvana" Edizioni d'Arte. Dabei war
ausreichend über die Salzburger Gruppe" im Fla-
iner Museum unterrichtet wie S. bezeugt.
elo Lipinsky, ll casidetto Tesoro da Tivoli" Argente-
romana repubblicana, Atti Memarie della Societa
irtina di Storia d'Arte" 42, 1969, S. 151-195, Tfln.
-XXVlll, besonders S. 165 ff. und Tfl. XXV, unten.
selbe, Shells in art specimen of Lutraria" in the
zusure from Tivoli", La Canchiglia" 1975, Nov.-
s. ieis, Abb.
dem Beschauzeichen von Nürnberg im frühen
17. Jahrhundert. Hier sind die Perlmutterplätt-
chen nicht durch einfache Nieten festgehalten,
sondern mittels komplizierter Filigranrosetten mit
kleinen Edelsteinen. Während sonst bei dieser
Becherform die Dame mit steifem Spitzenkragen
einen zweiten frei hängenden kleineren Becher
trägt, hält sie hier einen Obstkorb über sich
war also die Trinkzeremonie etwas verein-
facht".
Dieser erstmalige Rundblick über die Verwen-
dung exotischer Meermuscheln in der europäi-
schen Goldschmiedekunst führte so durch Schatz-,
Kunst- und Wunderkammern, wobei Kunst und
Natur sich ein oft seltsames Stelldichein gaben,
wenn feinsinnige Auftraggeber den Goldschmie-
den die Aufgabe stellten, ihr handwerkliches
Können und ihre Phantasie frei spielen zu lassen.
Für schöpferisch veranlagte Galdschmiedemei-
ster ergab sich auch noch eine ganz andere
Möglichkeit, mit diesen Meereswundern sich aus-
einanderzusetzen diese nur als ideales Vorbild
für freie Schöpfungen zu nutzen. ln der Hoff-
nung, in der Folge auch diesen Aspekt der neue-
ren europäischen Goldschmiedekunst eingehen-
der behandeln zu können, soll hier diese Thema-
tik nur ganz kurz gestreift werden.
Schon im römischen Tafelgeschirr begegnet man
mehr oder weniger genauen Wiedergaben von
Meermuscheln, wobei vorwiegend Cardium"
und Pecten" interpretiert wurden, wie etwa
im weltbekannten Schatz aus Boscoreale", jetzt
im Musee du Louvre in Paris. Einen Sonderfall
bildet ein Schüsselchen aus dem Silberschatz
von Tivoli", heute zwischen dem Metropalitan
Museum zu New York und dem Museum for
National History in Chicago geteilt. Der ganze
Schatz ist ins 1. Jahrhundert vor Christus zu da-
tieren. Das merkwürdige an diesem Schälchen ist,
daß der Auftraggeber eine Lutraria lutraria"
haargenau in Silber formen ließ, eine eßbare
aber nicht eben häufige Mittelmeermuschel, die
im Toskanischen Archipel, besonders um Elba,
in 20 bis 30 Metern Tiefe lebt. Der Malakologe
Prof. Settepassi bestimmte gleich nach dem ersten
Blick auf die Photos das merkwürdige Gelenk
dieser interessanten Art".
Dann erlebte die Muschelwiedergabe in Frank-
reich und England, im ausgehenden 17. Jahrhun-
dert, im ganzen 18. und auch zu Anfang des
19. Jahrhunderts eine wahre Renaissance wo-
bei die bedeutendsten Künstlerin einen ideellen
Wettbewerb traten, wobei immer wieder die
hohen Auftraggeber und ihre Goldschmiede-
meister, auch heute noch, uneingeschränktes Lob
ernten können denn niemand hat es bisher
vermacht, sie auch nur zu erreichen, geschweige
denn zu übertreffen.
Manches wäre auch noch über die Auswertung
der exotischen Meermuscheln als Vorbilder in
Plastik und Architektur zu sagen eine Aufgabe,
der sich Kenner der Bildhauerei und Baukunst
von der Renaissance bis weit über Barock und
Rocaille hinaus befassen könnten; alle Großen
dieser Perioden fanden in dieser Wunderwelt
der Natur die fruchtbarsten Anregungen, beson-
ders in der Gestaltung der Brunnen, an welchen
Muscheln den ihnen gebührenden Platz gefun-
den haben
Anschrift des Autors
Angela Lipinsky,
Lungotevere Flaminio 24,
l-00196 Roma
PERLMUTTERPLATTIERUNG
79 Pokal mit Deckel in Perlmutterplattierung, so
Hillebrandbecher mit reichem
Wien, Kunsthistorisches Museum.
30 Pokal mit Deckel in Perlmutterplattierung. Wien,
Kunsthistorisches Museum.
Blumenwer
Literatur
Roderick Cameron, Shells in art, London 1961, Weidenfels
and Nicoison.
Michel Claytan A. o. Grimwade, The coliectors dictionary
of silver and gold of Great Eritain and Narth America,
New Yark Cleveland 1971, The World Publishing Compony.
Cristino Piacenti-Aschengreen, ll Museo degli Argenti Fi-
renze, Milano 1968, Electo lstituto Editoriale.
Kurt Rossacher, Der Schatz des Erzsliltes Salzburg Ein
Jahrtausend deutscher Goldschmiedekunst, Salzburg 1966,
Residenz-Verlag.
Derselbe, Salzburgs alte Schatzkammer Ausstellun in
den Oratorien des Salzburger Domes, 11. Juni bis 15. ep-
tember 1967, veranstaltet vom Salzburger Domkapitel.
Erich Steingräber, Schatzkammern Europas Weltliche
Schatzkammern, München 1968, Hirmer-Verlag.
Jean Taraltan Roseline Maitre Devallon, Les Tresors des
Eglises de France, Paris 1966, Librairie Hachette.
J. F. Hayward, Virtuoso goldsmiths and the triumph af
Mannerism, 1540-1620, London-New York 1976, Sotheby
Parke Bernet Publications Ltd., mit umfassender Bibliogra-
phie. Ein für die nächsten Jahrzehnte unwiederhalbares
Standardwerk allerersten Ranges; der Verfasser war iahr-
zehnlelang im Victaria and Albert Museum Abteilungs-
leiter für Edelmetallwerke. Derzeit Fachberater der Welt-
firma Sotheby Parke Bernet.
Wilhelm Hein
Der seidene Sternteppich
aus Agypten,
seine Ornamente und
Perspektive
Der strenge Geometrismus hat im 15. und 16.
Jahrhundert einer eigenartigen Gruppe von Tep-
pichen mit auffallend schönen, klaren Stern- und
Polygonfiguren Oktogonen zur Formensprache
verholfen. Man hat lange herumgerätselt, wo
diese Teppiche entstanden sein könnten, ist aber
letztlich zu der kaum mehr widersprochenen An-
sicht gelangt, ihre Heimat sei Ägypten gewesen.
Heute sind sie über die europäischen Sammlun-
gen verstreut.
Die Diskussionen über die Herkunft haben vor
dem zweiten Weltkrieg stattgefunden. In einem
alten Venezianer Inventar hatte man sie Damas-
kus zugewiesen und Damaskusteppiche" ge-
nannt. Dabei blieb es zunächst bis um die Zeit
nach der Jahrhundertwende. Dann tauchten
Zweifel an der Zuweisung auf, als W. R. Valenti-
ner in der Ornamentik Zusammenhänge mit
Formen an Keramiken aus Fustat und Bronzen
aus der Mamlukenzeit erkannte'. Danach ver-
öffentlichte G. Jacob u. a. im Jahre 1920 eine
türkische Urkunde, in der Sultan Murad III.
1574-1595 im Jahre 1585 den Begler Beg von
Kairo anwies, ihm elf Teppichmeister zu senden".
Die Urkunde war es, die Friedrich Sarre, einen
der besten Kenner der Materie, in einer Art
Inspiration dazu veranlaßte, die Herkunft in
Ägypten zu vermuten. Denn aus dieser Quelle
ergab sich zwingend, daß in Ägypten und im be-
sonderen in Kairo zu iener Zeit sehr wohl Tep-
pichmanufakturen bestanden haben müssen. Sar-
re suchte daher und fand auch stilistische Über-
einstimmungen mit Türfüllungen, Bucheinbänden
und Derkenmalereien aus der Mamlukenzeit, so
daß seine Theorie fundiert erschien. Sie blieb
nicht unwidersprochen. Der Wiener Spezialist
Siegfried Troll entdeckte Übereinstimmungen mit
technischen Details auf Teppichen, die Klein-
asien zugeschrieben wurden. Er plädierte daher
für eine Herkunft aus Kleinasien 1937 und hat,
obwohl er in einer späteren Publikation auch die
Möglichkeit der Entstehung in Ägypten in Be-
tracht zog', in mündlichen Mitteilungen doch
bis an sein Ende daran festgehalten. Wiederum
Kurt Erdmann widmete sich der Frage, er be-
fürwortete Sarres Theorie und führte die Be-
zeichnung Mamlukenteppiche" für die Gruppe
ein'. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die
Herrschaft der Mamluken im Jahre 1517 an die
Osmanen überging, die Produktion der Teppiche
in der Osmanenzeit aber weiterlief, wie das
Dokument Murads III. beweist, die Ornamentik
sich geruhsam weiterentwickelte und das Datum
1517 nicht zugleich einen Bruch in der künst-
lerischen Tradition mit sich brachte.
Wie sind die divergierenden Meinungen zu er-
klären? Offenbar hat es verschiedene Strömun-
gen gegeben, die aus den großen Kerngebieten
14
des Islams stammten, sich vereinigten und auf
unseren Teppichen synkretistisch" in Erschei-
nung traten. Sie forderten zur Interpretation auf.
Sarres stilkritische Hinweise auf die Verwandt-
schaft mit der ägyptischen Kunst sind unüberseh-
bar. Dazu kommen unleugbare Anklänge in der
Formensprache zu koptischen Textilien aus dem
4. bis 5. Jahrhundert, denen sich die Forschung in
neuerer Zeit zugewandt hat. Die Verwandtschaft
tritt nicht nur in der Konzeption, z. B. im
Schema des Achtecksternes oder in den Formen
der geometrisierten Rosette, des oktogonalen
GüI", sondern auch in der Durchführung füllen-
der Kleinmotive zutage'. Man beachte, welche
Entwicklung das Weinblatt von dort genommen
hat! Damit erhält die Theorie Sarres eine zu-
sätzliche Stütze.
Nicht zu übersehen ist ferner die Möglichkeit,
daß auch von Persien her Einflüsse gekommen
sein können. Die Knüpfung persischer Knoten
weist darauf hin, ebenso die Verwendung von
Seide, die gewiß über das Seidenzentrum Ka-
schan gehandelt wurde. Dazu kommen Nach-
richten aus der Literatur. Der Historiker Ahmed
ben Ali Makrisi 1354-1442 berichtet in seinen
Denkwürdigkeiten Ägyptens über die Teppich-
sammlungen der Fatimiden. Namentlich erwähnt
werden prachtvolle Chosrawani nach Chosrau I.
531-578, Chosrau ll. 590-629 und Samanen-
teppiche die Samaniden in Persien S19-999',
Importe aus Persien. Es ist aber nicht anzuneh-
men, daß sich das gewerbefreudige Nilland mit
Importen begnügte. Im Laufe der Zeit werden
sich unter der glanzvollen Herrschaft der Fatimi-
den persische Händler, Knüpferfamilien und Tep-
pichmeister selbst dort angesiedelt und ihr Tätig-
keitsfeld gefunden haben. Sie haben dann ihre
Kenntnisse im Handel, z. B. bei der Material-
beschaffung, mit Vorteil verwertet und ihre Be-
ziehungen ausgenutzt. Auf diese Weise kann
man sich vorstellen, wie die bestehende heimi-
sche Industrie befruchtet und persischer Einfluß
zur Geltung gekommen ist.
Die dritte Komponente kam von Kleinasien her-
über. Wenn Siegfried Troll auf die Verwandt-
schaft mit anatolischen Teppichen hinwies, so
mag letzten Endes der Grund darin zu suchen
sein, daß auch Kleinasien Waren und Technik
nach Ägypten importierte. Über Exporte aus
Akseray wissen wir aus der Reisebeschreibung
des Ibn Battuta 1304-1377, der die Teppichpro-
duktion und den Handel von dort nach aller Welt
außerordentlich hochpries'.
Wahrscheinlich aber sind zur Zeit der Wirren
während des 13. Jahrhunderts auch aus Klein-
asien Teppichmeister mit ihren Familien nach
Ägypten geflohen. Die Veranlassung dazu mögen
die kriegerischen Zustände im zerfallenden Sel-
dschukenreich geboten haben. Die Macht der
Graßseldschuken 1039-1157 sank im 12.Jahrhun-
dert in Trümmer. 1141 kam der Iran an die tür-
kischen Chwarezmier, 1194 der Irak. Die Herr-
schaft der Kerman-Seldschuken Persien, 1041-
1186 wurde nach 1180 eine Beute pliindernder
Stämme und verfiel der Anarchie. Am längsten
behaupteten sich die Seldschuken von Rum
Konya, 1077-1243, in deren Reich die klein-
asiatischen Teppichzentren lagen. 1216 eröffne-
ten sie unter Kaika'us I. 1210-1219 eine Offen-
sive gegen die Armenier. Letztlich wurden aber
auch sie wie ihre östlichen Nachbarn von den
Scharen der Mongolen, die unter Hülägü 1265
zu Eroberungen aufgebrochen waren, vernichtet.
Nur das Nilland widerstand den Angriffen. 1260
schlugen die Mamluken bei Ain al-Galut
Goliathsquelle in Palästina ein mongolisches
Heer. Der gewaltige Baibars I. 1260-1277 griff
in der Folgezeit vorübergehend auch nach Klein-
asien. Sicher haben sich in ienen Zeiten damals
wie heute Ströme von Flüchtlingen vor
Grauen des Krieges durch die Länder erg
Eine Flotte, die sie aufnahm und nach
sicheren Ägypten trug, mochte ihnen Rettur
bracht haben. Wir wissen aus der Überliel
der Armenier, daß damals Teppichknüpfei
Persien ausgewandert sind. Die Flüchtlinge
sich dort akklimatisiert und das Ihrige ZL
bung der Künste im Gastland beigetragen
in Persien geschah, war sicher in Ägypter
der Fall. So hat die Kunst aus Kleinasie
Schwester im Nilland beeinflußt. Später,
Osmanen die Macht übernahmen, hat dar
bekannte Befehl Murads lll. 1574-1595
seits im Jahre 1585 Teppichmeister aus Äg
nach Anatolien zurückgeholt, um dort einel
faktur des Hofes zu befruchten.
Selbstverständlich sind Techniken auch auf
lichem Weg um die islamische Welt gewa
Bei der Haddsch, der Wallfahrt nach tv
wurden eifrig Informationen ausgetauscht.
Kunsthandwerker wurden durch vielversprr
de Angebote von Patronatsherren oder
schaftshäusern zur Übersiedlung bewoge
gab also viele Wege, auf denen Tecl
oder neue Ideen aus Kleinasien oder
nach Ägypten oder umgekehrt gelangen
ten.
Die verschiedenartigen Einflüsse, die mc
kannt hat oder manchmal auch nur zu erk
glaubte, spiegeln sich in den BBZBICIIHUTIQt
der. Ehedem Damaskusteppiche", hat
später ägyptische, Kairener" und seit
mann Mamlukenteppiche" genannt. Sie
auch schon Marokko und Turkestan zuge
ben'. Für Anatolien als Herkunftsland" habe
wieder andere entschieden. Nur Persien ha
als Ursprung bisher immer ausgeklammert.
Es ist üblich, Teppiche einer Gruppe nacl
rakteristischen Merkmalen eines Ornan
zu benennen. Sind Tiere zu sehen, dann
man von einem Tierteppich", ebenso
Vogelteppiche", wenn Vögel dargestellt
den, Vasenteppiche" usw. Das Hervorstei
ste Ornament unseres Teppichs sind geomi
gezeichnete Sterne oder Oktogone. Es ers
daher methodisch, die Gruppe als Sterntei
zu bezeichnen, wie es ia z. B. auch Sternfl
gibt, allenfalls dort, wo Sterne nicht
charakteristisch gebildet wurden, die Okt
hervorzuheben Oktogonteppich".
Die Interpretation der Ornamentik gibt
Rätsel auf. Man kann sich die Ausdeutui
Ieichtern, wenn man berücksichtigt, dat
Orient Rätsel liebt. Geometrische Figun
besonderen regen die Phantasie an. Sie
dazu, Geheimnisse zu ergründen. Der Gei
nun einmal den Drang, abstrakte Forme
Realität erfüllt zu denken".
Der Interpret darf auch nicht die Ausd
möglichkeiten außer acht lassen, welch
anders geartete Perspektive bietet. Sie bi
den Unterschied in der Mentalität zwischen
pa und dem Morgenland. Da die Perspekti
der Deutung des Hauptsternes eine Rolle
sei das Wesentliche kurz charakterisiert
uns geläufigen, von den Griechen übernc
nen Art zu sehen, erscheint ein Würfel z.
wie ihn das Auge unter einem bestimrri
schiefen Winkel, einen bestimmten Pu
den Fluchtpunkt anvisierend, zu einer bes
ten Zeit oder unter einer bestimmten Beleur
wahrnimmt. Der Winkel der Beobachtul
wohl ein beliebiger, aber doch ein schiefe
Fluchtpunkt ebenso beliebig, aber doch
nur einer, der dem Verlauf schiefwinkelige
gebenheiten entspricht Fluchtpunkt GUßt
des Objekts. In der Ornamentik des lslon
indessen weiterhin, bis in die neuere Zeit,
iie Streben im Zentrum des Hauptsternes stel-
an die Rippen in einem Kuppelgewölbe vor.
tadurch ergibt sich die Deutung Der Blick soll
ntlang der in der Außenzone nkrecht, danach
iinkelig ubtallenden Lcnzettbl ter zur Schau in
ie Tiete des Gewölbes geführt werden. Die
nzahl der Kleinsterne rin sum symbolisiert
zveifellos den gestirnten immel. Teppich,
undgeknüptt, mit Sternen. Kette, Eintrag,
nüpfung Wolle, persischer Knoten, dm?
300 Kneten. Drei Farben. Ägypten, T6. Jahrhun-
ert. Länge 470 cm. Breite 334 cm. Wien,
isterreichisches Museum für angewandte Kunst,
iv.-Nr. 8382. Lit Surre-Trenkwuld, Altorien-
itische Teppiche Wien 1926, Tat. 50.
kungen 1-11
Valentiner, Catalague of loan Exhibition of Early
ital Ru New York 1910, S. XXVl f. und Abb. 20.
lCOb, eutsdie Übersetzungen türkisdier Urkunden,
rientalisches Seminar zu Kiel, H. 4,1920, Nr. 50, S. 6.
arre, Die ögyptisdie Herkunft der sogenannten
iskusteppiche, Zeitschrift für bildende Kunst XXXll,
S. 75 ff. Die ägy tischen Teppiche, Jahrbuch der
schen Kunst 1924, 19 ff.
all, Damaskusteppiche, ln Ars islamica IV, 1937
Altarientalisdte Teppiche, Wien 1951, S. 12 und
dfmann, Kairener Teppiche, Ars orientalis lV, 1961,
eiche Ludmila Kybalova, Koptische Stoffe, Ein Bei-
zur ästhetisch-tedmolagisdien Problematik, Prag, 1967.
si, hittat, S. 416 f.
Detremery-Sanguinetti, Voyage d'Ibn Batautah,
Paris 1854, S. 286.
eiche dazu die Ausführungen bei Bode-Kühnel,
"asiatische Knüpfteppiche, 3. Auflage,
1922, 48 ff. ln der Auflage, Braunschweig
kaben die beiden Autoren die Bemerkungen einge-
eiche in diesem Sinne Atais Riegls noch immer
gsante Ausführungen den Stilfragen", Berlin
.2.
iaxaidinuna nach Heinridi Schäfer Von äavntisrhnr
nicht europäisch-griechischer Einfluß vorliegt, die
alte, natürliche Perspektive Vogelschau, Gerad-
aufsichtigkeiw".
Mit ihrer Hilfe erschaut das Auge den Gegen-
stand und das, was daran wesentliche Funktion
hat, im rechten, dem normalen Winkel. Flucht-
punkte gibt es hier unendlich viele. Denn das
Auge kann, im normalen Winkel schauend, ieder-
zeit einen Punkt entlang einer Linie oder in
einer Fläche anvisieren und als Fluchtpunkt
fixieren und eine Linie oder eine Fläche hat
unendlich viele Punkte, die sich dafür anbieten
Fluchtpunkt innerhalb des Obiektes.
In weiterer Folge ist es dem Zeichner ohne
weiteres möglich, auf ebener Fläche mit den
einfachsten Mitteln Zeitlosigkeit, Unendlichkeit
und Tiefe symbolisch wiederzugeben. Auch darin
ergeht sich die Zielsetzung in den Künsten des
Orients. Im Gegensatz dazu versucht Europa,
den Augenblick festzuhalten und zur Aussage zu
bringen.
Geometrische Musterung fordert zur Geradauf-
sichtigkeit" heraus. Der Würfel zum Beispiel
erscheint hier als Quadrat. Umgekehrt ließe
teppich genug gibt geradaufsichtig" als An-
sichl eines Würfels von einer Seite oder von
oben her und damit als symbolisches Zeichen
für Raum" überhaupt deuten, wenn man Hin-
durchsehen" zu Hilfe nimmt. Daneben darf die
Phantasie sich ergehen ein Quadrat darf auch
eine Matte, ein Schreibblatt, einen Kasten, einen
Tisch usw. vorstellen. Viele romantische Beleidi-
nungen geometrischer Motive erklären sich so.
Der Geist erfüllt die Formen und folgt damit
seinem Gesetz. Je mehr Möglichkeiten der Be-
trachter entdeckt, ie mehr Ideen" er an einer
Figur sieht, desto mehr freut er sich. Und das ist
Absicht. Die Kunst im Islam will Freude be-
reiten.
Die Perspektive hat Auswirkungen auf die Farb-
gebung. Farben werden in der Geradaufsichtig-
keit" scharf voneinander abgesetzt. Schattierende
Malerei gibt es nicht. Sie wurde von den Grie-
chen eingeführt und basiert auf den Erkenntnis-
sen, welche der Augenschein vermittelt. Sie zeigt
Unwahrheit den Schein. Platon wetterte dage-
gen Rep. 596 ff.. In der natürlichen Perpektive
verleiht der scharfe Kontrast zwischen den Far-
abhebenden Ornamenten dem Auge die Fähig-
keit, von einer Ebene aus auf eine andere zu
schauen, durchzudringen und damit Raum" zu
empfinden. Das Auge sieht, wie man es nannte,
gleichsam durch ein Fenster hindurch. Der Effekt
stellt sich natürlich nur dann ein, wenn der
Künstler selbstauch so sah und seinGesicht" im
echten Kunstwerk zur Aussage zu gestalten ver-
stand. Eine mechanische Nachahmung kann den
Effekt nicht hervorrufen. Wie die Stilkopien aus
dem 19. Jahrhundert beweisen, kann die echte
Aussage nicht ersetzt werden, sie gehört zu den
Kriterien des Kunstwerkes.
Das Phänomen des Tiefensehens gilt auch für
die verschiedenen Farbtönungen, welche den
lnnenstern unseres Seidenteppichs decken. Der
Blick in die Tiefe einer Kuppel wird hier zu-
sätzlich durch die überreiche Fülle der so ange-
ordneten Lanzettblätter aufgefangen und hin-
durchgeleitet.
Ein gewichtiger Faktor, der die Bildung geometri-
scher Ornamente begünstigte, war die Religion.
Sie überschattete iegliches philosophische Den-
ken im Orient. Sie gebot, die Darstellung von Le-
bendem zu meiden. Den Hinweis darauf leitete
man aus einer Überlieferung bei Buchari 810-
870 ab. An der Stelle wird in einer Anekdote
berichtet Ich war bei lbn Abbas 619-688,
ein Vetter des Propheten Muhammad Allah
hatte seine Freude an ihm. Siehe, da kam ein
Mann und sagte lbn Abbas, siehe, ich bin
ein Mensch und lebe van der Kunst meiner Hände.
Siehe, ich habe dieses Bildnis gemacht! lbn Ab-
bas entgegnete Ich kann dir nur sagen, was
ich vom Propheten Heil und Segen Allahs über
ihn hörte. Und er sagte Wer ein Bildnis macht,
siehe, den bestraft Allah, bis er dem Bildnis
Geist einhaucht und er wird ihm nimmermehr
Geist einhauchenl Da röchelte der Mann und
16
Detail vom Zentralstern des Seidenteppichs. Die
Lanzettblätter lassen den Blick hineingleiten,
die Schirmblättchen sind nach innen" gerichtet,
d. h. sie sollen die Vorstellung vom Gerode-
auf-Sehen" unterstützen und das Auge in die
Tiefe oder Höhe einer Sternen-lKuppel leiten.
Die Wiedergabe der architektonischen Idee ist
hier vereinfacht die Kuppel" wird nicht von
einem Achteckstern, sondern von einem Okto-
on Achteckl umschlossen. Wirkungsvoll die
ontraste im Zentrum, welche den Blick in das
Ferne, Dunkle ermöglichen.
Teppich, handgeknüpft, mit Oktogon und Ster-
nen. Kette, Eintrag, Knüpfung Schafwolle, per-
sischer Knoten, dmi 1400 Knoten. Drei
Farben. Ägypten, 16. Jahrhundert.
Länge 260 cm, Breite 240 cm Teilansicht.
Wien, Österreichisches Museum für angewandte
Kunst, lnv.-Nr. 8346.
Lit. Sarre-Trenkwald, Altarientalische Teppiche
Wien 1926, Taf. 47.
Die Zacken" des Achtecksternes lassen in den
Umrissen deutlich das fromme Motiv der Zier-
nischen hervortreten. im Zentrum ist die Absicht
unverkennbar, dem Blick die Durchsicht durch
die Tiefe eines Gewölbes zu gewähren.
Teppich, handgeknüptt, mit Sternen. Kette, Ein-
trag, Knüpfung Wo le, persischer Knoten, dm?
1300 Knoten.Drei Farben.Ägypten,16..lahrhun-
dert. Länge 316 cm, Breite 252 cm. Wien,
Österreichisches Museum für angewandte Kunst,
lnv.-Nr. Ki45.
Lit. Sarre-Trenkwald,Altorientalische Teppiche
Wien 1926, Taf. 48.
Anmerkungen 12,13
"In den sahih des Buchari, kital ul-buiu, Kapitel 40,
Vers 104. Die Stelle erwähnt bei Muhommed Abdal-
oziz Marzuq, at-tanafis ul-iadwiiiaJ, B0 dad 1969, 31.
"Vergleiche z. B. Biir Faris, sirr ül-lültfü?ü.f al-islamiiiaJ,
Kairo 1952, S. 31 tf.
sein Gesicht wurde gelb. lbn Abbas sprac
ter Hast du es unbedingt tun wollen,
es an dir! Greite diesen Baum an niem
Geist darin"l"
Es gibt auch noch andere Stellen, die Hi
enthalten und dahingehend kommentiertw
Man kennt sie" und benutzt sie als Quel
dem vielumstrittenen Bilderverbot im Islar
Orient selbst deutet sie nur als Hinweis
Anregungen. Sei es wie immer, die geome
Ornamentik kam dem weitgehend entgegen
vermied damit Mißbilligung.
Zudem konnte man der Darstellung von
wie an unseren Teppichen jederzeit glL
heißenden unterlegen.
Zu dem religiös Gebatenen gesellten Sli
Winke, welche man aus dem Material
Geometrische Motive sind uralt. Die Gest
von Senkrechten und Waagrechten bietet
Geweben durch den Verlauf von Kettfäde
Eintrag Schuß von selbst an. Sicher sir
primitivsten Ornamente auf diese Weise
worden. Im Laufe der Zeit hat man danr
schritte gemocht. In der Seldschukenzeit
wie die erhaltenen Fragmente beweisen,
trische Motive geblüht. Was Ägypten betr
war das Denken dort seit alters her dur
Geometrie Londmessung" bestimmt gei
Das Vermächtnis der Pyramiden bildet
ieher eine stumme Mahnung dazu, geom
zu denken. Dieser Aufforderung hat sit
Kunst in Ägypten nie entzogen. Selbst die
lerische Revolution, die durch die Grieche
beigeführt wurde, hat die Grundlage nic
sentlich verändert. Wohl hat die koptische
um eigene Ausdrucksformen gerungen. Sie
die individualistischen, auf die Wiedergal
Bewegung und des Augenblicks gerichteti
strebungen der Griechen zu bewältigen
Es bleibt übrig, auf den Aufbau der Ornamente
einzugehen.
Die Mitte des Innenfeldes nimmt ein Achteckstern
ein, der normalerweise dadurch entsteht, daß
zwei Quadrate mit gleichem Mittelpunkt einan-
der in einem Winkel von 45 Grad schneiden. Hier
sind die Gegebenheiten geringfügig verändert.
Das grundierende, parallel zur Bordüre verlau-
fende Viereck ist gelängt, die Seiten stehen
in einem Verhältnis von 109107,5110,5107. Das
schneidende Viereok ist ebenso ungleichseitig
109,5107107108. Die Winkel oben und unten
sind spitz, seitlich stumpf.
Die Ränder des Sternes sind ausgezackt. Damit
hat der Meister des Entwurfes das vertraute und
beliebte Motiv der Ziernischchen Mukarnas, mit
denen häufig die Giebelfelder der Gebetsnischen
geschmückt sind, andeuten wollen. Die Form des
Sternmedaillons kannte der ldee kein Hindernis
bedeuten. Der Giebel, symmetrisch geklappt,
hat sich hier zum Medaillon entwickelt. Auf
einem Teppich des Fürsten Liechtenstein tritt
das Motiv in spitzgiebeligen Konturen auf, wie
sie sich in der Architektur häufig finden".
Es ist gut möglich, daß insonderheit die spitz-
giebelige Variante auf eine islamisierte Abart
der chinesischen Wolke" zurückgeht. Wir wissen
besser darüber Bescheid, seit die Forschung sich
der Teppiche aus Ostturkestan angenommen
hat". Die chinesische Wolke war ein Motiv, das
von Islam wie so vieles andere willig aufge-
nommen, umgewandelt, mit eigenem, vertrau-
tem Gedankengut erfüllt zu etwas typisch Is-
lamischem" verformt, dargeboten und weiterge-
geben wurde. Das Verwandte, Vertraute waren
in diesem Fall der Anklang und die Erinnerung
an den Giebel eines Mihrab Gebetsnische. Sie
genügte, die fromme Gesinnung anzuregen und
die Hände im Schutze der Religion sich regen zu
lassen.
Daneben gemahnen die Konturen an die erhabe-
nen Umrisse von Kuppelbauten sowie deren
Ecklösungen mit Hilfe von Ziernischchen. Die
Streben in den Zentralsternen des Teppichs
8382 geben einen Hinweis darauf, wie der Haupt-
stern betrachtet werden möchte das Auge sollte
von unten her in das Innere einer Kuppel schau-
en, mit den Rippen im Oktogon des Gewölbes,
wie es z. B. in der Freitagsmoschee in Abarquh
möglich ist". Darüber hinaus darf der Blick wei-
ter vordringen in die Tiefe eines Sterngewölbes,
das durch konzentrisch aufgebaute und z. T. in-
einandergeschlungene Sternfiguren symbolisch
dargestellt wird. Wer gedachte da nicht der Ti-
tulatur persischer Herrscher strahlend wie die
Sonne"? Dem Deutschen aber geht der Sinn der
Worte Goethes aus dem Westöstlichen Diwan"
auf Dein Lied ist drehend wie ein Sterngewöl-
be, Anfang und Ende gleich und immerdar das-
selbe." Was die Verse dem Ohr, offenbaren die
Ornamente dem Auge.
Der Saum des Zackensternes ist blau gefärbt
Wasser? F. Sarre hat einmal in der Konzeption
das Schema eines Gartenteppichs erblickt". Man
darf der Ansicht zustimmen, wenn man die oben-
erwähnte Umwandlungsfähigkeit und Übertra-
gung aus einem Bereich in einen anderen in Be-
tracht zieht. Hier läge dann die interessante
Übertragung eines gärtnerisch-orchitektonischen
Motivs in die Sphäre des Geametrischen Ster-
nendarstellung vor.
Man hat früh erkannt, daß der geometrische
Entwurf zu unserem Teppich auf der Zahl vier
aufgebaut ist". Das ist vollkommen richtig. Hin-
zu kommt die Verherrlichung der Zahl acht. Sie
bildet in Form von Achtecksternen, Oktagrammen
und Oktogonen sowie den geometrischen Formen
der Rosette, des Gül", ein weiteres tragendes
Gerüst. Daneben erscheinen füllende Ornamente
18
auch nach Systemen anderer Zahlen geordnet.
Zu erkennen sind Drei-, Fünf-, Sechs-, Zehn- und
Zwölfzahlen. Die Vier ergibt sich aus der Zeich-
nung von Quadraten und den Seiten der Kam-
partimente im lnnenfeld.
Ob die Zahlen in einem bestimmten, glück-
bringenden Verhältnis zueinander stehen, wird
man an unserem Teppich vielleicht nie mit Sicher-
heit entscheiden können. Der Orient ergeht sich
gerne in Zahlenrätseln, er kennt Glückszahlen.
Astrologische Konstellationen, die Glück bringen
sollen, werden gerne in Ziffern hineingeheimnist,
man findet sie auf Talismanen oder magischen"
Schalen eingraviert. Direkte Hinweise auf solche
Bräuche lassen sich auf unserem Teppich nicht
feststellen. Weil aber immer wieder aus dem
Publikum diesbezüglich Fragen gestellt werden,
sei hier nur ganz nebenbei auf allgemein be-
kannte Bewertungen hingewiesen, wie sie sich in
Dichtung, Mythus, Mystik und Sprache von selbst
ergeben und auch in islamischen Kreisen so ver-
standen werden.
aus der Eins leiten sich alle anderen Zahlen
ab, sie steht daher als Symbol für Allah, den
Schöpfer des Alls"; ferner als Sinnbild für die
Unmittelbarkeit, das ich," die erste Person, sowie
die Einzahl.
die beiden Welten", die nähere Distanz,
das du", das Paarweise-Sein, der Dual.
nach den Pythagoreern die Trias Vater, Mut-
ter und Sohn; die weitere Distanz, das es", die
kleinste Einheit für den Begriff Mehrzahl".
die Seiten des Quadrats; dieses steht wieder
als Symbol für die Unveränderlichkeit und Kraft
der göttlichen Natur sowie für die Erde.
die fünf Sinne; fünf Finger; Anzahl, welche
das Auge mit einem Blick noch zu überschauen
imstande ist sechs muß schon gezählt werden;
die Zahl für das Pentagramm", das sich an
unserem Teppich in dem so häufigen Schirmblatt-
motiv als gedachte Linie zugrunde legen läßt.
die Himmelsrichtungen Norden, Süden, We-
sten, Osten, oben, unten; Anzahl, die gezählt
werden muß; in der Vervielfachung die Zahl für
die Zeit, die Winkelmessung Sexagesimalsystem.
die Offnungen des Kopfes; die sieben Him-
mel, sieben Tage der Woche, die Zahl der Plane-
ten; danach symbalhoft immer wieder verwendet
die sieben Pforten zu Leben, Erkenntnis, Kraft,
Wille, Barmherzigkeit, Weisheit und Tat nach
Albuni"; nach Ferid ed-Din Attar 1230 gibt
es die sieben Taler Suchen, Liebe, Erkenntnis,
Selbstgenügsamkeit, reine Einheit, Bestürzung,
Auflösung und Vernichtung im Buch der Vögel.
die Zahl für den Preis, die Bewertung ver-
gleiche achten"; im Oktagramm das Zeichen
für die achämenidische Weltherrschaft".
10 die Finger der Hände; danach die Zahl
für das Rechnen" Dezimalsystem.
12 die Sphären der Alten Erde, Mond, Merkur,
Venus, Sonne, Mars, Jupiter, Saturn, Sphäre der
Fixsterne, 1. und 2. Kristollhimmel, Primum mo-
bile; Tierkreiszeichen; Monate.
Verlängert man die Seiten des blau gesäumten
Hauptsternes, so gelangt man zur Linienführung
eines Oktogromms, das durch Karres bezeichnet
wird Fig. 4.
In die stumpfen Winkel des Blausternes hinein
zielen auffällig gelbe, spitze Winkel. Sie sind
aus einer besonderen Einstellung des Orientalen
zu den Ornamenten zu verstehen. Wenn ein Mo-
tiv wohlbekannt und beliebt ist, dann wird oft
nur ein Teil oder ein Teilchen angedeutet, den
Rest dazuzudenken bleibt dem Betrachter über-
lassen. Es ist eine Art Ratespiel, das Vergnügen
bereiten soll. In unserem Falle ergeben die Ver-
löngerungen der Spitzwinkel wieder ein Okta-
gramm mit der möglichen Hinwendung zur geo-
metrisierten Rosette, wie sie gerne z. B. bei
Der seidene Sternenteppich gehört zu den schönsten
die es ibt. Kette, Eintra und Knüpfung sind aus
Seide, er Knoten persisc auf einen dmf kommen
3100 Knoten. Er hat zwölf Farben. Geknüpft wurde
er in Ägypten, wahrscheinlich am Beginn des
16. Jahrhunderts.
Länge 540 crn, Breite 290 cm. Wien, Oster-
reichisches Museum für angewandte Kunst, Inv.-Nr.
8332.
Lit. Sarre-Trenkwald, Altorientalische Teppiche
Wien 1926, Taf. 44 f.
Anmerkungen 14-22
"Alois Riegl, Orientalische Teppiche, Bd. Wien 1892,
of. IV.
"Vergleiche Hans Bidder, Teppiche aus
Tübingen 1964, S. 65 ff.
"Vergleiche A. U. Pope, Ardlitectural Ornament, in
Survey of Persian Art ll, London New York 1939, S. 1286.
Friedrich Sarre, Die orientalischen Teppiche aus dem
ghelblpligen Wiener Hafbesitz, Der Kunstwanderer 1919-20,
"Vergleiche Sarre-Trenkwald, Altorientalische Teppiche
Wien 1926, Tat. u.
lt Vergleiche manche Vierzeiler bei Dschami 1493,
Zum Pentagromm als astrologisches Symbol vergleiche F.
Endres, Zahl in Mystik urld Glaube der Kulturvölker,
zum 195a, s. so Verlllikürliurlkllßnen.
Bei M. Reinaud, Monumens arubes, persans et turcs du
cabinet de M. le Duc de Blacas ll, Paris 1828, S. 240.
Ernst Diel, Die Slegestürme von Ghclzna als Weltbilder,
Kunst des Orients 1950, S. 39 ff.
Ostturkestan,
20
33 Figuren, zur Ornamentik des Sternteppic
Autor erstellt
Fig. Man kann die Ornamentik des Sternenteppi
verstehen, wenn man den Unterschied in der Per
berücksichtigt in der hellenischen griechisch-europi
Perspektive sudit das Auge einen Fluchtpunkt im
Winkel außerhalb des Obiektes. Der Würfel
ver1errt"
Fi ln der diien, natürlichen Art ZU seiieri vDgl
geradeaufsiclitigkeiW seiidiii dds Aiiee im rii
Winkel vOn vorne er vOn oben. riiieiiipiinirie
unendlich viele, dds Aiiee kann sich beliebig Punkfl
iidib des Obiekies, in der Fläche oder entlang der
iiriie suchen. Der wurrei wird einrden diireii ein
wiedergegeben. Die Vorstellung iciiiri IUtTt Hi
sehen", lur aeirdeiiiiirid VON RCIUM durch ein
vergleiche Fig.
Fig. Die Skizze ibt des Prinzip der Perspektive
mit deren i-iiiie im enirdiri der Hcuplslerne die Var
vom xiippei ewölbe hervorgerufen werden kann,
vielen sierniiedren in der fülienden Ornamentik
letzien Endes ClUf Himmelsgedanken"
Fig. 3a Schema der Abwinkelungen, mit deren
Blick über die Lanzetiblätter in die Tiefe geführt wirr
Fig. ii seiieindiiseiie Skizze des Aclifeckzenfrulster
den in ein Okldgtdrrim Gusiduferiden sandern Ul
gleiche mit Scitmutkfßrmett GUS der Architektur muC
Zugrunde liegende Idee deiiiiieii
Fi Skizze aus einer KU pel der FreilUgSmOS
isglltliln iridsii Eric seiirdeder, 1022i
Vielleicht haben persische Meisier, die dn den Md
hof ndeii Kdirb berufen wurden, dn den Eniwurien
Sternteppiciien mitgewirkt. Mdneiies deuiei ddrdiit iiii
Fig. Zu den Streben in 8382 gibt es entspr
Scheinrippen im Kuppolgewölbe der Freitagsmoscl
Abarquh nach A. U. Pope, Survey af Persian Art ll,
Fig. Die Konturen vom Hau tstern des Seidentepp
uuslaufendem Oktagramm, au gesetziem Paneel und
sprechen eine erhabene architektonische Sprache
Fig, Die Zai-Jcen" des Zackensternes 8332 sin
anderes als die Umrisse van Ziernischchen Mukai
einem Mihrab-Giebel Gebetsnisctie in einer Moschee
Fig. v. Grundsöizliciies Zur Ornamentik von einen
bekannten und beliebten Motiv wird nur ein Teil OC
eiien ipdrs pro tato gezeigt, die Ergänzung ist du!
ken. Arri zenirdisiern und in den Eckfüllungen des
teppichs zielen Spilzwinkel ins zeriiriirri, deren verid
gen Oktagtamme ergeben Fig. 10
Fig. 11 und 12 Ausgeführte und unausgefütirte pal
Formen
Fig. 13 Als unausgeführte Andeutung palvgonal
bindungen aus Fliesen- oder Flechtmustern läßt si
das Y-Mativ erklären
rip, Reliprakes Y-Motiv VON den Nebenbarl
ridiipibdrdiire des Seidenteppichs
iri einigen Motiven gidubie rndn verwdndrsriidii
yptisdien Hieroglyphen entderken, sd lWiSCll
le0gr0mm für PdpylUS5lGUde" dnd dem Schi
mativ, Fig. 15 bis 17
Fig. 15 Das altägyptische ldecgramm ii-ir Pdpyrlli
Fig. u. uds Schirmblattmotiv"
Fig. 17 Schirrnblattrriativ vom Seidenleppich
Fig. 18 Den Schirrriblättern läßt sich mÜilelOS ein
drdrnni ixbniiiriiriierien der VENUS in fünf edreine
genden idiiren unterlegen
Fig. w. Das Zeichen nir
iiint Zucken nach Gardinerl
Der Ariiridrig in der Linienführung V00 Schilfrispe
Lan1ettblättern" irdppieri, ist dber vielleicht niir
entstanden. Die Lanzettbiäiter haben eine bestimmt
tion sie sollen den Blick in die Tiefe leiten.
,Stern" im Altägvptische
Fig, 20 Anordnung der Lanzettblätter im Eckstr
T8382
Fig. 21 Brote als Opfergaben auf einem Tischi
altögyptischar Darstellung indeii edrdineri
Fig. 22; Schilfrispen im Mißverstündnis für Opferbrcl
Fig. 23 Schilfrispen im ldeogrcmm für Surnpflund
Gardiner
Fig. 24 Die Lanzettblötfer in herkömmlicher wr
iiiiiendes Ziermotiv in der Zwisciienbardüra des lnni
drri Seidenteppich
Fig. zsi Kleinmotiv vom Seidenteppicii
Fig. 26 Motiv auf einem koptischen Stoff nach Or
S. 20
Im 13. Jahrhundert scheint es eine unauffällige,
rende Welle gegeben zu haben
Fig. 27 Tischctien mit Vasen in altü yptischer Mai
dem Blatt einer Galen-Handsclirift er Nationalbi
in Wien nach Horari
Fig. 2B ldeogramm eines Tischcliens mit Krug und
brdien im Altägyptischen iriddi Gardiner
Das Erbe Kleinasiens. Kleiriasien war seit ehedei
seine Teppidierleugurig berriiiini. unier den SelC
in Vorderasien ca. 1039 bis 1302 n. Chr. blühte de
in alle Länder. Man liebte und verstand sich besoni
geometrische Muster. Sicherlich sind mit mundie
nisdien Errungenschaften auch manche künstlerisch
nddi Ägypten gaströmt und haben betructiiend
Gestaltung unseres Siernenteppiciis mitgewirkt.
Fia. 29 Kleinmativ vom Seidenteapich Stern in
iiiiiiinpi
Fig. 30 Motiv von einem Fragment aus dem 13. Jahi
nddi Asidndpdi
Fig. 31 und 32 Klare Zeichnung der Sternformen
menten aus Beysehir im Museum von Kanya; nar
napa
Fig. 33 Motiv van einem Te pichfragmont des 13.
derfs aus Konya, heute im onya-Musaum nach
Holzarbeiten zur Anwendung gelangte Fig. 10.
Das Prinzip, einen Teil für das Ganze pars pro
tato zu setzen, wurde an unserem Teppich sehr
häufig durchgeführt. Allenthalben trifft man Häk-
chen oder Spitzchen, in die man die Winkel
von Oktogonen oder Oktagrammen auslaufen
ließ. Sie sind der Figur entsprechend angeordnet.
Das Oktogon etc. selbst ist aber nicht zu sehen,
die Linien dazu sind zu denken.
In den Eckfüllungen des lnnenfeldes erscheint
endlich ein Schema, in dem wir vielleicht eine
bewußte Andeutung auf eine astrologische Kon-
stellation erblicken dürfen die GüV-Polygone
und der Zentralstern dort sind nach dem System
der fünf Augen eines Würfels angeordnet. Dies
entspricht symbolisch dem Kreis der Hyaden mit
dem strahlenden Aldebaran in der Mitte".
Die Eckfüllungen stellen eine Wiederholung des
Hauptsternes mit seinen vier Trabanten" dar.
Die Musterung der Bordüre enthält einzelne,
geschwungene Lanzettblötter, die sich später un-
ter der osmanischen Schirmherrschaft so macht-
voll entfalten. Daneben in Hülle und Fülle das
30 31
Schirmblattmotiv". Die Blättchen werden in ver-
wirrendem Spiel der Linien geführt, sie finden
aber doch immer wieder zu anmutigen Sternfi-
guren zusammen, so den Blick in der gleichsam
unendlichen Abwicklung zu Plätzchen stillen Ver-
weilens leitend.
Das Schirmblatt spielt unter den füllenden Mo-
z... i........r..i,i ....,. ...,.n,. DAIIA c.
41...... ,....i.
Übernahme eines Zeichens aus dem Altögypti-
schen dem ldeogramm für die Papyrusstaude".
Aber auch hier wird man vorsichtig sein müssen
und mit Sicherheit kaum mehr als die Übernahme
der ideellen Linienführung im Rhythmus der
Fünfzahl Pentagramm zugestehen können.
Das Zurückgreifen der Meister auf Ideen aus der
Pharaonenzeit erscheint durchaus plausibel. Die
Mamluken standen im Kampf um die Selbständig-
keit des Landes und mochten sich, indem sie aus
der großen Tradition der Vergangenheit schöpf-
ten, moralischen Rückhalt erhofft haben. Der
historische Aspekt unterstützt die Theorie von
der Entstehung der Teppichgruppen in Ägypten.
Wie die Papyrusstauden mochte ein anderes Mo-
tiv ebenso Einfluß gewonnen haben. Es schimmert
in der geradlinigen Ordnung der Lanzettblätter
nebeneinander durch. Hier mag die Linienfüh-
rung von Schilfblättern" Rispen übernommen
worden sein. Die Rispen stehen oft mißverstönd-
Iich für Opferbrote und wurden nebeneinander
auf Opfertischchen gezeichnet. Ebenso stehen sie
im ldeogromm für Sumpfland" nebeneinander.
32
Die Anordnung haben die muslimischen Künstler
anscheinend übernommen, die Linienführung in
ihrer erhabenen Strenge genutzt, aber doch die
neue Zeit hervorgehoben, indem sie anstelle der
Rispen ihre Lanzettblätter zur Durchführung ihrer
Ideen benutzten sie sollten den Blick in die Tiefe
gleiten lassen.
Das Lanzettblatt hat eine lange Entwicklung hin-
ter sich gebracht, ehe es unter den Händen mus-
limischer Künstler allen Anforderungen genügte.
Eine Richtung unter den Gelehrten bringt es mit
dem antiken Akanthus in Zusammenhang". An-
dere leiten es vom Weinblatt ab, wie es z. B. auf
koptischen Textilien aus dem 4. und 5. Jahr-
hundert vorkommt". Bei dieser Ableitung mochte
wieder das Prinzip von der Darstellung des Teils
für das Ganze zur Geltung gekommen sein. Der
muslimische Künstler dem die Weinsymbolik
fremd sein durfte brauchte nur die Hälfte des
einmal so entwickelten Weinblattes, und er hatte
sein Lanzettblatt. Weinblätter haben sich aller-
dings auch weiterhin erhalten. Wir finden sie in
Miniaturen und auf Bordüren und Paneelen
33
anatolischer Teppiche. Ein neugefundenes oder
aus einem alten weiterentwickeltes Ornament
verdrängte in der islamischen Kunst keineswegs
altüberkornmene Formen, die man als schön
empfinden gelernt hatte. Das Lanzettblatt stellt
einen eigenen, abstrakten Zweig in der Entwick-
lung dar. Es ist zum reinen Ziermittel geworden
.....i .......i.. -1. -,...,....,. kßtvnr-lsßßt -1.-. n.-.
Am 17. Februar 1977 eröffnete man im Osterreichi-
sehen Museum lür angewandte Kunst in Wien die
Großausstelluny Ikonen aus Bulgarien vom 9.- 19.
Jahrhundert". Diese vom Nationalen Historischen
Museum. Solia, veranstaltete Ausstellung liel bereits
Aus dem reichen Schatz der lkonenmalerei Bul-
gariens sind hier an die zweihundert Werke sa-
kraler Kunst noch bis zum 30.Mai 1977 zu sehen.
Diese sind Zeugnisse einer tausend hrigen Kul-
tur und alter Traditionen. Sie stammen vorwie-
gend aus Museen, Klöstern und Kirchen der bul-
garischen orthodoxen Kirche. Die Kunst der Iko-
nenmalerei, eine religiose Malerei, ist wesent-
erfolgreich in Sofia. Paris, Leningrad, Moskau und
Berlin. Wesentliche Gruppen derAusstellung Ikonen,
Ikonostasen, Freskenfragmente. Skulpturen, Reli-
quiare, Altar- und Prozessionskreuze, Kelche, Pate-
nen, Bucheinbände, Fahnen und ultgewänder.
Im Jahre 865, als sich Bulgarien zum Christentum
bekannte, liegen die Anfänge dieser Kunst, de-
ren reicher Bestand heute starken Anteil am kul-
turellen Erbe Bulgariens hat. Die bulgarische
lkonenmalerei entfaltete sich im engsten Zu-
sammenhang mit den historischen Ereignissen.
Wir zeigen hier zwei Beispiele der in der Wi
ner Ausstellung vereinigten Ikonen und zwar
Ikonen aus Bulgarien
vom 9.-19. Jahrhundert
Älus der Ausstellung des
Osterreichischen Museums für
angewandte Kunst in Wien.
Aus den Katalogerläuterungen von Doz. Dr
Praschkow
Maria Kcitaphigi. Johannes Theologos ui
Vision des Propheten Ezechiel um l395.
Zweiseitige Ikone aus dem Pogariowo-K
Holz, Leinwand, Tempera, 93l6ll3,5 cm,
lnv,-Nr. 7057. Die lkone ist ein Gescher
Kaiserin Elena Paleologas, Tochter des
des Klosters, des Despoten von Kiustendil
und Enkelin des bulgarischen Königs lwan
ander.
Die beiden aufrechten Figuren auf dar Vardersei
zu drei Viertel einander zugewandt. Das dunk
Gewand der Muttergottes und der helle Chiti
Himation Johannes des Theologen harmanier
dem goldenen Hintergrund des Hinirncls un
grünen Baden. Diese Harmonie wird vom mus
ruhigen Rhythmus der Falten der Gnwdnder und
lyrischen Stimmung aut den Gesichtern unters
Auf dem engen Raum zwischen beiden Figure
unten die Stitterinschrilt.
Die Vision der Propheten Ezecliiel und Hobaki
Wunder von Latam auf der Rückseite ist dyna
komponiert und lebhafter. In der oberen Hälllt
einem mehrfarbigen Kreis der auf einem Sterne
sitzende Christus Lagos, umgeben van den Sy
der Evangelisten, erschienen. Die Propheten
und Habakuk reagieren mit ausdrucksvollen Ges
das Wunder.
an, anspruchsvolle Farbgebung, die Virtuasit
Strichs, die starke Expressivität, die die lkan
strahlt, zeugen davan, daß sie das Werk ein
besten Meister dieser Epoche ist,
Literatur At. Baschkaw 17, At. Baschkow un
Tschernew E. Eakalowa lw. Duitschew
Miiatew 4i, 42, L. Praschkaw 53, 54, Sw. Bassilk
T. Gerassimow 20, A. Grabar 73 N. Xintapou
Kataloge 7'l, 72, 73, 74, 75, 76, 78, 79, EU.
Kam-Nr. 20 der Ausstellung
Heiliger Johannes der Täufer mit Heiligen
l604. Aus der Kirche Heiliger Nikolal
Wratza, Holz, Tempera, 97,5l65l3 cm, NK
tia, lnv.-Nr. 95
x...x.x.x...vxv.l1vv, ...
DUÜIU DlUPIUI
Hubert Sattler, ein Reise
maler des 19. Jahrhunde
Hubert Sattler wurde am 27. Jönner 1817 in
Wien als Sohn des Malers Johann Michael Satt-
ler und dessen Frau Maria geb. Kittenberger ge-
boren. Die Familie stammte aus der Gegend um
Herzogenburg, wo sie als Bauern und Weinhauer
ansässig war. Der Vater, der schon als Schüler
des Augustinerchorherrenstiftes Herzagenburg
durch seine zeichnerische Begabung aulfiel und
später die k. k. Akademie der bildenden Künste
besuchte, förderte die Neigungen des Sohnes
Hubert und war ihm lange Zeit verständnisvoller
Lehrer. Hubert Sattler hatte das Glück, ausge-
stattet mit dem Erbe des väterlichen Kunsttalents,
in einem künstlerischen Milieu aufzuwachsen.
Seinen Taufnahmen verdankte er dem Pflege-
vater seiner Mutter, dem Historienmaler Hubert
Maurer, der auch hochgeschötzter Lehrer seines
Vaters war'.
1819 übersiedelte die Familie nach Salzburg;
der Beweggrund ist unbekannt, doch Johann
Michael war vornehmlich Landschafter, und
wahrscheinlich zog ihn die Schönheit der Stadt
und des Landes in ihren Bann. Das Ergebnis war
das große Rundpanorama von Salzburg, das er
zusammen mit dem Landschaftsmoler Friedrich
Laos und mit dem Londschafts- und Historien-
maler Johann Jakob Schindler ausführte'.
Mit diesem Werk ging Johann Michael Sattler
häufig auf Ausstellungsreisen; die Familie nahm
er mit sich. Für Hubert war dieser frühe Kontakt
mit fernen Ländern ausschlaggebend; er machte
das Reisen zum Lebensinhalt. Nachdem Hubert
Sattler in Wien zur Schule gegangen war und
bei J. J. Schindler an der Akademie studierte,
trat die Familie 1829 von Salzburg aus die große
Tournee durch Europa an, auf der das Rundbild
seines Vaters ausgestellt wurde und die den
Charakter einer ausgesprochenen Salzburg-
Werbung" erhielt".
Nach zehniöhriger Abwesenheit, während der
Hubert zahlreiche Städte in Deutschland, Hol-
land, Norwegen kennenlernte, London besuchte'
und bis zum Nordkap gelangte, kehrte die Fami-
Iie Sattler wieder nach Salzburg zurück.
Eine große Anzahl von Skizzen, vor der Natur
gemalt, brachte Hubert Sattler mit, um sie für
eine Kosmoramenschau in UI auszuführen. 1841
kannten schon Ausstellungen in Linz und Wien
stattfinden, die bei den Kritikern positives Echo
fandens.
Schon ein Jahr später begab er sich neuerlich
auf Reisen. In einer kurzen Lebensbeschreibung
zählt der Maler seine einzelnen Stationen auf
Konstantinopel, Brussa, Troia, Smyrno, Ephesus,
Magnesia, Kleinasien, Rhodos, Zypern, Beirut,
Libanon, Antilibanon, Damaskus, Baolbeck, Tri-
polis, St. Jean d'Acre, Cäsarea, Jaffa, Ramle,
Hubert Sattler, Die 60 Fuß hohen Kolosse des
Memnon zur Zeit der Überschwemmung in Ober-
ägypten, 1846. UllLeinwand
Hubert Sattler, Das westliche Theben. Bleistift,
Tusche
Hubert Sattler, Cadiz, Standpunkt von Therme
Tawiro. Ansicht nach Süden, 1869. ÖllLeinwancI
Anmerkungen 1-6
'Johann Michael Sattler, Lebensgeschichte des
Maurer, Wien 1819.
F. Laos war für den landschaftlichen Teil, J. J. Schindler
für die erforderliche Staffierung und J. M. Sattler selbst
für den architektonischen Teil des Panoramas verantwort-
lich. Ab April 1977 wurde das Rundbild am Mönchsberg in
Salzburg der Uffzntlichkeit zu änglich gemacht.
"J. Gassner, J. Sattler um? sein Panorama von Salz-
burg, aus Salzburger Museum Carolino Augusteum Jahr
resschrift Bcl. 1958 p. 106; Lit. zu J. M. Sattler S. Lund-
wall, J. M. S. und sein Werk. Mit einem Exkurs Über die
Panorama-Malerei, Phil. Diss. Innsbruck 1964.
1933 fand die Krönung der Königin Viktoria in der West-
minster-Abtei statt, an der Hubert teilnehmen kannte In
Eriririeriirrg daran malte er später ein Ulgemölde, das sich
ietzt im Martin-m-Wogrier-Museum der Universität Würz-
burg befindet.
Wiener Thaütarleiturlg v. 9. U. 10. Juni 1241, p. A14.
Aus dem Leben der Maler Sattler, Feuilleton in Montags-
post, Wien, 5. Juni 1909.
Hubert
Jerusalem, Bethlehem, Totes Meer, St-Saba-Klo-
ster, Jordan, Nazareth, Berg Tabor, Tiberios, Sur,
Tyrus, Saida, Ägypten, Athen, Korinth, Patras,
Korfu, Triest".
1843 verehelichte er sich mit Maria de Toda,
die ebenfalls aus einer künstlerisch vorbelasteten
Familie stammte. Sie war direkte Nachfahrin des
Münzeisenschneiders und Medailleurs an der
Wiener Münze Giovanni Antonio de Toda.
Gleich nach der Geburt seines ersten Sohnes
Hubert 1844 trat er neuerlich eine große Fahrt
an, diesmal Nubien, Arabien, Sinai. 1846 wurde
ihm der zweite Sohn Anton geboren.
Hubert Sattler gelangte auf späteren Reisen
bis nach Nord- und Südamerika. 1848 noch be-
kam er, während eines Aufenthaltes in Hanno-
ver, vom Vater des Königs den Professorentitel
verliehen.
Reisen Malen Ausstellungen auf diese
Weise erwarb sich Hubert Sattler mit der Zeit
Ansehen und Vermögen. Neben Kunstgemäl-
den" malte er, zunächst praktisch orientiert, Kos-
moramen, mit denen er fast ganz Europa durch-
reiste, wobei er sie in einer zusammenlegbaren
sogenannten Kunsthütte" für Eintritt präsentier-
te. Seiner Wahlheimat Salzburg schenkte er sein
schönstes Kosmorama" ca. 300 Ansichten, die
ein Gebäude dafür errichten ließ. Dieses hatte
polygonalen Grundriß, an dessen Front sich ein
kleiner Vorbau mit Sgraffitomolerei befand. Das
Innere war mit einer Glaskuppel überwölbt. Zwei
ringsum laufende Wände bildeten einen Gang,
dazwischen befanden sich die Ölbilder, deren ie
25
26 hinter Guckkästen mit optischen Linsen auf-
gestellt waren. Die Gemälde mit Landschaften
aus allen Erdteilen kannte man sitzend und mit
einem Tuch bedeckt von dem oben erwähnten
Gang betrachten. In der Mitte der Rotunde be-
fand sich das Rundbild von SaIzburgÄ
1875 beschloß der Gemeinderat Hubert Sattler
zum Dank für die großzügige Schenkung und die
mit großem persönlichem Einsatz vollführte Re-
stauration des Rundpanaramas seines Vaters,
die Parallelstraße zur Franz-Josephs-Straße nach
ihm zu benennen'.
Im Jahre 1897 ehrte ihn die Stadt Salzburg noch
einmal, indem sie ihm zum 80. Geburtstag das
Ehrenbürgerrecht verlieh.
Sattlers Frau starb bereits 1900; sein erster Sohn,
Hubert, wurde Professor für Augenheilkunde in
Leipzig. Sein zweiter Sohn, Anton, zeigte wie
sein Vater ebenfalls großes zeichnerisches Ta-
Ient, er wurde jedoch von der Familie in dieser
Hinsicht nicht unterstützt, so daß mit dem Tode
Hubert Sattlers am 3. April 1904 die Künstler"-
familie ein Ende fandÜ
Die künstlerische Bedeutung Hubert Sattlers zu
seiner Zeit Iäßt sich an Zeitungsberichten ab-
lesen; 184i erschien in der Wiener Theaterzei-
tung eine Notiz; ... Herr Satler hat sich die
Aufgabe gestellt, dieses Geistige der Natur poe-
tisch aufzufassen und mit dem Farbenzauber auf
26
dem Bilde festzuhalten. Er hat nach dem Beispiel
eines echten Landschaftsmalers die Natur nicht
nur in der Bildergalerie, sondern in dem großen
Wundersaale der Schöpfung studiert, daher in
allen Einzelheiten der Beleuchtung, Luftperspek-
tive, Farbenhaltung und nicht eine verrenkte Ma-
nier, sondern eine daguerrotypieähnliche Wahr-
heit anzutreffen istm".
1875 schreibt die Salzburger Zeitung; ... Von
den Cosmoramen, welche die gegenwärtig erste
Serie zur Anschauung bringt, können wir nur das
Eine sagen, daß sie mehr oder weniger sämtliche
gleich vorzüglich, gleich sehenswert sind"?
Zwar anerkennend, aber durch die Wandlung
des Jahrhunderts und der Technik nüchtern ge-
worden, die Historie einbeziehend, blickt H. Wid-
mann auf die Bilder Sattlers ... Trotz aller
Richtigkeit der Zeichnung und Perspektive lassen
sie uns kalt Seine Architekturbilder sind pein-
lichst genaue Abschriften der Wirklichkeit, woran
auch kein Titelchen fehlen darf. Sie zeigen uns
alles Detail, das selbst dem kräftigsten Auge sich
verbirgt. infolgedessen fehlt den Bildern das,
was wir Stimmung nennen ."".
Diese Anschauungsbeispiele zeigen, daß Hubert
Sattler weder vollends in die Stimmungsroman-
tik und in den beschaulichen Spätklassizismus
einzuordnen oder gar in einer panoramaartigen
Vedutenmalerei, im Sinne trockener Topogra-
phie, gänzlich aufzulösen ist. Zwei kam
Wirkungselemente machen die Einheit ii
Vielheit Sattlerscher Kosmoramen aus SUbil
Empfindung und obiekte Abschilderung.
Fotografische Oberflöchenbehandlung
von Klassizisten und Idealisten geschätzt.
Fotografieöhnlichkeit von Realisten, Naturc
und Impressianisten abgelehnt. Vom Ideal
übernahm Hubert Sattler den Gegenstanr
bau, das heißt Naturtreue bei Weglassei
Kompositionshindernissen; vom Formaten
er teilweise der Vernunftsdoktrin des Kla
mus verpflichtet, obwohl er diese mit sugge
Farbstimmung überschreitet, ohne aber dt
mantischen Diktion des Farbauftrages Fol-
Ieisten. In die wissenschaftliche Sachlic'
mischt sich ein zaghaftes Stimmungsmc
das aus der Natur selbst zu kommen
und hier fotografisch verbleibt, ohne vom
Besitz zu ergreifen. Stimmung bleibt
stand, ohne die malerischen Darstellungs
selbst als Gefühlsträger zu beeinflussen.
schlaggebend waren dafür auch die
lungstechnik Guckkastenl und das davoi
hängige Kunstwollen Sattlers.
Nicht nur stilistisch nimmt er Rücksicht Ol
Präsentationsart, auch die Motivwahl ist
abgestimmt. Im Zeitalter der Sehenswürd
ten" kann vieles als sehenswert geboten
Naturschönheiten Schluchten, Wasserfälle
birge, Seestückel, Menschenwerk Städte,
logische Stätten, auch Genreszenen aus
Ländern, im Sinne des Exotismus".
In Sattlers Kosmaramen wechselt die topog
sche Genauigkeit mit dem Malerische
scheint, als würde sich die Sehenswürdit
aus dem Streben nach Bildungsgut ergebe
Sensatian" aber als eine rationalisierte Vi
te des romantischen Schauerns" aufzul
sein. Sehenswürdigkeiten sind also eher
graphisch aufgenommen Abb. Memnon-l
se, Exotisches,Sensationelles wird malerisc
gelöst Abb. Sturm auf der Nordsee.
Unrichtig wäre es, Sattlers Kosmoramen
ner Abschilderung" abzuwerten. Er war
wohl lockerer Pinselführung fähig, aber di
dem Klassizismus stammende Präzision ents
seinem Kunstwollen und der Tatsache, da
seine Darstellungsgenauigkeit unter dem
scop zu plastischer Wirkung steigerte".
Beispiele malerisch hochwertiger Mame
nahmen sind z. B. Distant view of the
Mountains" und Das westliche Theben"
Sattler selbst bezeichnet. In beiden Aqua
erfaßte er in zarten Tönnen das Kennzeichi
der Atmosphäre einmal klare Weite,
drückende Hitze. Ein interessanter Aspek
Kunst Hubert Sattlers ergibt sich beim Betrr
einiger seiner Stadtpanaramen wie z. B.
Anhand dieser Bilder Iäßt sich beweisen,
nach Fotografien zu arbeiten gewohnt wa
Ausschnitte sind so verzerrt, daß Aufnahmi
Weitwinkelabiektiv anzunehmen sind, die
bald nach der Erfindung der Daguerrei
konstruiert wurden".
Hubert Sattlers Kosmoramen koppelten de
dermeierlichen Stimmungsrealismus mit
spätklassizistischen Bildtypus der Genres
Sie waren Abbilder, die nicht als selbstä
Bildwerke gelten sollten. Der Blick des Be
ters hatte sich nicht in der Leinwandstrukt
Pinselstrich, in der Pinselführung oder den
tönen zu fangen. Das Kosmorama war
zum Zweck der Illusion. Entscheidend dafi
ren Perspektiven, Größenverhältnisse und
Dunkel-Effekte. Verzerrungen mit extremel
spektiven und Fluchtpunkten haben ihre Urs
in der Verwendung von optischen Linse
oerr oarrler, innere nnsicnr aes mausrne.
sstellungsgeböudeskaller Nationen auf der
eltiausstellung 1862 in London, 1862. UllLein-
In
bert Sattler, Ein heftiger Sturm auf der
yrdsee, 1835. UllLeinwand
bert Sattler, Das 11.445 F. hohe Wetterharn,
der zum Gasthof Der Adler" gehörenden
nsion aus gemalt, 1863. UllLeinwand
sowohl zur fotografischen Aufnahme
ch zur Betrachtung benützt.
wie bei den beliebten topographischen
lustrationen überwog die Information das
nt der Darstellungsmittel. Sattlers Stil war
ich den sachgemäßen Forderungen des
nismus unterworfen und zeigte sich so als
rtage".
das Werk Hubert Sattlers den konven-
en Vorbildern heimischer Motive nachge-
urch die Reisethematik und Exotik erwei-
Jwenig folgte er den zeitgenössischen und
Jtionalen Stilerrungenschaften. Sie schie-
für seine Kosmoramen kaum zu eigenen.
genart der Pinselschrift hätte den illusio-
wen Guckkasteneffekt zu sehr gehemmt.
ach auftretende stilistische Veränderungen,
kungen 7-15
urger Volksblatt v. 7. Se t. 1875lNr. 107.
iinderatssitzungsprotokol v. 20. September 1575.
Äntan Anselm Sattler, der seinen Vater künstlerisch
lich übertroffen hätte, existieren noch Skizlenbücher
ualulätvollen Arbeiten. Er wurde sdtließlich Bezirks-
in Herzagenburg, starb aber schon 1883 nach einer
inentzündung.
er Theaterleitung v. 9. u. 1U. Juni 184i, p. 614.
urger Zeitung v. 6. Oktober 1l375lNr. 126.
idmann in Salzburger Volksblatt WOÄINr. 120.
scope sind Ohiektive für Panoramaaufnahmen,
ielsweise oft eineinhalb Zoll, dreiviertel Zall oder
zweieinviertel Zoll und fünfundzwanzig oder vier-
enlimeler Brennweite, bei einem Blickwinkel von 105
Das Pantascap wurde auch zum Belradilen von
rafien verwendet,
wie die extremen Verzerrungen bei Stadtpanora-
men mit neutraler Kühle und gezügelter Farbig-
keit, die diffusen Konturen mit gezieltem Licht-
strahl bei den Seestücken, Kulissenhaftigkeit und
scharfe Binnenzeichnung bei Gebirgsdarstellun-
gen und schließlich besonders trockene und luft-
leere Bilder, die auf kein Motiv beschränkt sind,
sind zeitlich nicht fixierbar und über sein ganzes
Schaffen hin verstreut. Abb. Wetterharn, Aus-
stellung London 1862.
Vielfältige Merkmale der Malerei des 19. Jahr-
hunderts finden sich in Hubert Sattlers Kosmo-
ramen die Kühle des Spätklassizismus, die Staf-
fage der Vedutenmalerei, romantisch-atmosphä-
risches, volkstümliches Genre und neutraler Ob-
iektrealismus. Die Ausstrahlung dieser Reisebil-
der ließe sich allerdings erst dann ganzheitlich
erfassen, wäre es möglich, sie unter den ur-
sprünglich gegebenen Bedingungen, nämlich in
einem dafür eingerichteten Raum mit künstlicher
Beleuchtung und optischen Linsen, zu erleben.
Der Wert der Kosmoramen und Reisebilder muß
aber auch vor allem in seiner soziologisch-zivi-
lisationsgeschichtlichen Relevanz gelegen sein.
Die von A. M. Vogt genannten drei Zivilisations-
leistungen des 19. Jahrhunderts Informieren, Re-
produzieren, Konservieren scheinen sich in Hu-
bert Sattlers Werk exemplarisch widerzuspie-
geln".
Anschrift der Autorin
Dr. Beate Stopfer,
Kunsthistorikerin,
Speisingerstraße 220,
1230 Wien
41
Renate Schostack
Auf der Suche nach dem
yerlorenen Paradies. -Zur
Asthetik englischer Gärten
Die Engländer haben weder die Rornanik noch
die Gotik noch den Klassizismus erfunden, sie
haben diese Baustile, wie die Kathedralen und
Schlösser, die Bürgerhöuser und Stadtanlagen
zeigen, verändert, ihrem Geschmack anverwan-
delt. Diese Englishness" der englischen Kunst,
wie es der bedeutende Registratar der engli-
schen Baudenkmäler, Nikolaus Pevsnerl genannt
hat, ist von hohem Reiz, sie macht iedoch deut-
lich, daß sich die visuelle Ausdruckskraft der Eng-
Iönder bis zum Ende des 17. Jahrhunderts mit
Adaptionen europäischer Architekturerfindungen
begnügte.
Wie kommt es nun, daß in der Mitte des 18.
Jahrhunderts der eigene, spezifisch englische
Beitrag zur Kunst der Welt plötzlich da ist
der englische Garten? Die Engländer haben die
Gartenkunst nicht erfunden, sie haben sie aber
zur höchsten Vollendung gebracht. Auch in
England wurden die ersten Gärten von den
Römern eingeführt, die ihre Villen damit um-
gaben. Die Angelsachsen des Mittelalters hat-
ten Wein- und Obstgärten, die Kräutergörtlein
der Klöster dienten medizinischen und kulina-
rischen Zwecken. Von Gartenkunst kann man
iedoch erst seit der Renaissance sprechen.
Das beste überlebende Beispiel ist der im fran-
zösischen Stil angelegte Garten von Schloß
Hampton Court außerhalb von London. Aus
zeitgenössischen Berichten geht hervor, daß er
ein Wald von Pyramiden, Brunnen, Stein- und
Metallfiguren war, ein Park, in dem sich das
prunkvolle Schloßinterieur nach draußen fort-
setzte. Die Gartenstile wechselten in England
mit den Herrscherdynastien. Auf den Tudarstil
von Hampton Court folgt der italienisierende
Stuortstil, der am besten im Garten von Bicton
in Devon überliefert wird. Mit Wilhelm von
Oranien macht sich der holländische Einfluß
bemerkbar.
Die Frage, ob Gärten Kunstwerke oder bloß
angewandte Kunst, also Kunsthandwerk seien,
wurde von Gartentheoretikern und -historikern
seit dem 18. Jahrhundert immer wieder disku-
tiert. Der große Gartenkünstler Humphrey Repton
erklärte in seinen Fragmenten über die Theorie
und Praxis des Landschaftsgartens" den Garten
im Unterschied zur umgebenden Landschaft
zum Kunstwerk. Zur ersten", schrieb er, ge-
hören Wiesen, Wälder, Wasser und Aussicht;
diese können durch Nachahmung der Natur
verbessert werden, aber Gärten sind ein
Werk der Kunstf". Ähnlich Horace Walpole in
seinem Essay Über die moderne Gartenkunst",
in dem Ideen Winckelmanns wie zum Beispiel
der Begriff der edlen Einfalt auf die Landschafts-
görtnerei übertragen werden".
Schiller schrieb dagegen in einer Rezension des
Gartenkalenders auf das Jahr 1795", es sei
schwer, der ästhetischen Gartenkunst ihren Platz
unter den schönen Künsten anzuweisenf" Er
sieht ihre Affinität zur Architektur nicht Malerei
wie die Engländer und Poesie, vertritt ober
die Ansicht, sie dürfe sich nicht in die hohen
Sphären der Kunst versteigert. ln einer Charak-
terisierung des Hahenheimer Landschaftsgartens,
der auf englische Vorbilder zurückging, kommt
er seinem literarischen ldyllenbegriff nahe, wenn
er ihn als eine mit Geist beseelte und durch
Kunst exaltierte Natur" bezeichnets.
Schillers Vorstellung von einer verbesserten Na-
tur war Allgemeingut des idealistischen Denkens,
wie es var allem der englische Neoplataniker
Shaftesbury formuliert hatte. Sein Ideal, eine
die göttliche Ordnung widerstrahlende Natur,
welche die Künstler nachzuahmen hätten, er-
innert in den Beschreibungen der Characte-
ristics" dann freilich oft fatal an die drama-
tisierten präromantischen Landschaftskompositio-
nen eines Salvator Rosa und seiner weniger
begabten Nachahmer. Da wird dem von Regeln
beherrschten französischen Gartenideal der
Fürsten", wie oft hinzugefügt wird, die freie"
Natur entgegengehalten mit ihren rauhen Fel-
sen, moosigen Höhlen, regellosen, natürlichen
Grotten und in Stufen abfallenden Wasserfäl-
Die berühmteste Gartenansicht Englands Das
Fantheon und die Brücke im Stil des Palladio
im Garten von Stourhead. Die Bepflanzung der
Ufer mit Rhodadendren, von Gartenpuristen"
beklagt, stammt aus dem 19. Jahrhundert, eben-
so die exotischen Bäume
Hidcote Manor Gardens, Gloucestershire. Be-
rühmt sind die beschnittenen Hecken der klas-
sischen Partien des Gartens aus Eibe, Stechlaub
und vor allem Rotbuche
Anmerkungen 1-8
Nikolaus Pevsner The English Art,
London 1'756.
Humphrey Repton Fragments on the Theory and Practise
of Landscape Gardenin including some remarks an
Grecian and Gothic Ar itecture, collected fram variaus
Manuscripts..., the whole tending to establish fixed
Principles in the respectice Arts", London 17'744; zit, nach
der Ausgabe von 1816, p. 65.
"Bezeichnenderweise heißt es beim aristokratischen Welt-
mann Walpale im Gegensatz zum bürgerlichen ldealisten
Winckelmann elegant sim licity" Essay an Modern Gar-
dening, London 1771, p. B1
Friedrich Schiller Sämtliche Werke, München a. J., Wink-
ler-Verlug, Bd. p. 709.
5A. a. O., p. 713.
tAnthony Earl of Shaftesbury, Characteristics, uazaan,
au. II. 11.39.
7A. a. 0., p. 57.
'Zit. nach Edward Hyams The English Garden, London
1966, P. 59.
Englishness of
len", die die schreckliche Herrlichkeit der Wild-
nis" besäßeni
Shaftesburys Theorien wurden von William Kent,
dem Schöpfer des englischen Landschaftsgartens
und Erfinder der drei goldenen Regeln dieser
Parks gewundene Linien, überraschende Aus-
blicke, Einbeziehung der umgebenden Landschaft
mittels unsichtbarer, grabenähnlicher Begrenzun-
gen, in die Tat umgesetzt, und zwar mit allen
bei Shaftesbury vorgezeichneten Übertreibungen,
wie etwa dem Anpflanzen obgestorbener und
dadurch pittoresker" Bäume. Die Zeitgenossen
sahen darin jedoch den großen Kunstmaler".
Hier wurde die tödliche französische Geometrie
aufgehoben, symmetrische Wasserflächen durch
Seen von unregelmäßiger Form ersetzt, statt
gerader Wege wurden gewundene Pfade ange-
legt, Garten und Umgebung sollten eine Einheit
bilden, deren Vorbild die idealisierte Landschaft
der römischen Campagna war. Kent", schrieb
Walpole in dem zitierten Essay, übersprang
den Zaun und sah, daß die ganze Natur ein
Garten war... Die großen Prinzipien, nach
denen er arbeitete, waren Perspektive, Licht und
Schatten... Damit verwirklichte er die Kompo-
sitionen der größten Meister der Malerei'."
Tatsächlich verbindet Kent die visuelle Sensibili-
tät des Künstlers er war Maler mit den
Vorstellungen der Philosophie und Literatur.
Denn der englische Garten war längst vor seiner
Verwirklichung von Literaten und Philosophen
in ästhetischen Überlegungen vorweggenommen,
und er war von Anfang an mit der ldee der
Wiederherstellung des Paradieses in Zusammen-
hang gebracht worden.
Der Garten-Essay des elisabethanischen Philo-
sophen Francis Bacon von 1597 beginnt mit
dem Satz Gott der Allmächtige pflanzte als
erster einen Garten, und dies zu tun, ist in der
Tat eines der reinsten Vergnügen des Menschen."
Bacon verteidigte allerdings, wenn er auch vor
gewissen Übertreibungen warnte, den zeitge-
nössischen Gartenstil der Renaissance. Gegen
diese geometrischen, durch Gartenarchitekturen
und beschnittenes Baum- und Buschwerk charak-
terisierten Gärten schrieben Schriftsteller wie
Alexander Pope, Addison und Steele ihre
Attacken. Die englischen Aufklärer verkündeten
iedoch kein bloßes Retour la nature", san-
dern eine praktische Verbesserung der Natur.
Ästhetische Theorien der Malerei und Dichtung
wurden dabei mitberücksichtigt, wie etwa ein
Traktat des ltalieners Bellori Eine Parallele
von Poesie und Malerei", die von dem Dichter
Dryden ins Englische übersetzt wurde. Darin
heißt es, es gehe darum, den göttlichen
Schöpfer nachzuahmen, sich ein Modell der
höheren Schönheit anzueignen, die gemeine Na-
tur zu verbessern und zu verschönern und so
darzustellen, wie sie zuerst geschaffen worden
war." Am nachhaltigsten wirkte sich ein Werk
der Literatur aus, nämlich Miltons Verlorenes
Paradies" 1667. Dieses letzte große europäische
Epos, dessen Wirkung bis hin zur Vossschen
Homer-Übertragung und den Gartenschilderun-
gen in Goethes Hermann und Dorathea" reich-
te, nahm hundert Jahre vor seiner Verwirklichung
den englischen Landschaftsgarten vorweg. Milton
29
preist die regellase Wanne" der paradiesischen
Natur, die keiner verzärtelten Kunst" unterwar-
ten sei.
Überspitzt kann man sagen, daß schon dort
klammert man die Pflanzen aus, die im engli-
schen Klima nicht gedeihen der einzige große
überlebende Landschaftsgarten des 18. Jahrhun-
derts, nämlich Stourhead in Wiltshire, geschildert
ist. Da werden ausdrücklich die beschnittenen
Hecken der Tudor- und Sfuartgärten, die Blumen-
beete der Oranier verworfen, das Paradies,
der glückselige Garten", ist nicht einfach ein
lacus amoenus, wie er in der Literatur der Zeit
unzähligemal mit feststehenden Metaphern be-
schrieben wird, sondern sieht präzise folgender-
maßen aus Dazwischen sah man Wiesen,
flache Auen und Herden Viehs, welche die
zarten Kräuter abweideten, Palmenhügel oder
Park von Bodnant, DenbighshirelWales. Terras-
sen im italienischen Stil, an elegt 19054914
Park von Blenheim Paloce, xfordshire. Wasser-
terrassen und künstlicher See, angelegt von
Capahility Brown, der die Ideen von William
Kent in die Praxis umsetzte. In der Nähe des
Schlosses wurden die formalen Elemente beibe-
halten, während die Umgebung in einen typisch
englischen Landschaftspark umgestaltet wurde
Park van Blenheim Palace, Oxfordshire. Wasser-
terrassen und künstlicher See. Hier zählen die
Linie, die Masse die Kontur, nidlt die Farbe.
Wenig Blumen.
Hidcote Manar Gardens, Gloucestershire. Wech-
sel einer Serie kleiner in sich geschlossener
Gärten, in denen jeder in anderem Stil gehalten
ist; Wechsel von Farmalitüt und lnformalität
Der Garten ist berühmt für die glückliche
bindung ästhetischer und botanischer Qualita-
ten. Er wäre ahne die Kunst der Gärtner des 19.
Jahrhunderts nicht denkbar. Angelegt zu Beginn
des 20. Jahrhunderts
Park von Bodnclnt, DenbighshirelWales. Terros
sen im italienischen Stil, angelegt l905-l9l4
Walpole bilden. Sein Zentrum ist ein
hügeligem Gelände umgebener, aus einer
von Fischteichen geschaffener See, um der
einige Architekturstücke gruppieren, die
der klassischen, teils der romantischen lma
tion zuzuordnen sind.
In Stourhecid kulminiert nun alles, was bis
über die Gartenkunst gedacht und geschri
worden war. Hier sind die literarisch-Eis
schen Theorien in die Praxis umgesetzt,
finden sich, auf einem genau festgelegten
gang Husseys Kunst des Reisens", die
lierten Durchblicke und Überraschungen
Malerei und Literatur gehen in gemeinsc
Bezug auf Vergils Äneis" eine innige Ve
dung ein. Kenneth Waodbridge hat nä
nachgewiesen, daß die berühmteste engl
Gartenansicht der Blick über den See hi
den blumenreichen Busen eines wohlgewässerten
Tals, der seinen Schatz ausbreitete, tausend-
farbige Blumen und die Rose noch ohne Dorn.
An der anderen Seite sah man schattige Grotten
und Keller mit kühlen Gemächern, über welche
die Ranken des Weinstocks ihre Purpurtrauben
ausbreiteten und mit geilen Schoßen langsam
fortkriechen. Murmelnde Wasser fallen mittler-
weile quer über die Hügel hinunter, verteilen
sich in Bäche oder sammeln sich in einem großen
See, welcher dem Gestade, das mit Myrten
gekrönt ist, seinen Kristallspiegel vorhält'." Wal-
pole spielt in dem genannten Essay sogar
Milton gegen Claude Lorrain aus, der mit seinen
idealisierten, lyrischen Landschaften das große
Vorbild der englischen Gartenkunst war, wenn
er schreibt, der Dichter habe in seiner Beschrei-
bung von Eden ein wärmeres und zutreffenderes
Bild des gegenwärtigen Stils gegeben, als Claude
es von Stourhead gemalt haben könnte. Stour-
head, im Südwesten Englands gelegen, ist ein
Meisterwerk von europäischem Rang. Hier ist,
wie C. Hussey in seinem 1927 erschienenen
Traktat über das Pittoreske schreibt, die Ver-
bindung aller Künste durch die bildhafte Einbe-
ziehung der Natur so eng, daß Poesie, Malerei,
Gärtnerei, Architektur und Kunst des Reisens
zu einer einzigen Kunst der Landschaft ver-
schmolzen sindm." Ein Gesamtkunstwerk also.
Der Park gehört zu einem abseits gelegenen,
im Stil des Palladio erbauten Landhaus, das sich
ein reicher Londoner Kaufmann und Bankier,
Henry Hoare, erbauen ließ. Der Garten, den
Hoare selbst anlegte begonnen 1738, sollte
ein Gegengewicht zur Rationalität des Hauses"
30
Anmerkungen 9-11
'Zil.g14ach der Bodmerschen Übersetzung von 1742, Buch IV,
p.
Zit. nadi Kenneth Waodbrid Henry Hoare's Paradise,
in The Art Bulletin, Bd. Xl. ll, 1965, p. 97. Siehe auch
Kenneth Waodbridge The Stourhead Landscape, 1971.
Rayner Banham vertrat in einem Aufsatz im New
Statesman" vom 7. Dezember 1962 allerdings die Ansicht,
doß die klaren Linien von Stßllflledd eher GUT Poussin
als auf Claude LDrrain verweisen. Sie sind jedoch heute,
durch eine umstrittene Bepflanzung in viktorianischer Zeit
vor allem mit Rhodadendren, etwas verwischt.
zu einem dem römischen Pantheon nachem
denen Gebäude am ienseitigen Ufer
Gemälde des Claude Lorrain Küstenansich
Delos mit Äneas" heute in der Londoner
nol Gallery entnommen wurde". Aus de
Buch des Äneis" stammt die Inschrift am gi
überliegenden Tempel der Flora Proci
pracul este profani." Wooclbridge geht in
Interpretation des Gartens so weit, eine Pan
zwischen Vergils Epos, das die Gründung
feiert, und der Etablierung von Haares Eo
in Staurhead zu ziehen.
Der Garten enthält noch mehr literarische
spielungen, etwa in einem von Pope aus
Lateinischen übersetzten Gedicht auf die
nennymphe der Grotte, und weitere antikisi
de Elemente, wie den Tempel des Apollo
der Statuen des Pantheon, die den Methodi
begründer Jahn Wesley zu der mißbillige
Feststellung veranlaßten, es würden hier
nische Teufel gefeiert. Dabei lag dem Ga
gründer sein Milton viel näher. An den
schrieb er, daß man in Stourhead, das
übrigen ein Beispiel der Vollkommenheit"
auf den zauberhaften Pfaden des Paradi-
wandle.
Trotzdem fällt Stourhead nicht unter das,
Gartenhistoriker heute in engerem Sinn
Paradiesgarten" nennen, nämlich den in
natürlich schöne, das heißt von Menschen
gestaltete Landschaft eingebetteten Park, in
Pflanzen zusammengebracht sind, wie sie ll
Natur nicht nebeneinander vorkommen. Hi
beispiele sind die Waldgörten, die sich ar
vom Golfstrom umspülten Süd- und West
Vom 25. Oktober 1976 bis zum 28. Februar 1977
beherbergte die Orangerie des Tuileries die
große Ausstellung La peinture allemande
Fepoque du Romantisme". Und im Grund Palais
waren, nachdem dort bis Juli 1976 die Wander-
ausstellung Symbolisme en Europe" gezeigt
worden war, vom 21. November 1976 bis zum
14. Februar 1977 die Werke des Symbolisten
Puvis de Chavannes zu sehen.
1821 vollendete Caspor David Friedrich sein Bild
Die gescheiterte Hoffnung", in der Pariser Aus-
stellung eigenartigerweise Mer de Glace" ge-
nonnt. In dieser Konzeption einer monumentalen
negativen Schönheit entfesselter Elemente ver-
schmelzen schneidende Aggression und abso-
lute Einsamkeit auf sontderliche Weise zu einem
Guß. Der Galgen im Sturm" von Carl Blechen
1835 ist eine der melodramatischsten Ansichten
des romantischen Grabmal- und Todesstrafen-
themas.
1829 gestaltete Joseph Anton Koch Macbeth
und die Hexen". Kochs Gefolge der Phantame,
innerhalb der alles umkreisenden entfesselten
Natur in Opposition zu den sich aufbüumenden
Tieren und den vor den Urgewalten schutzlosen
Menschen, gehört zu den schönsten Interpreta-
tionen des literarischen lmpulses.
Mechtild Wierer
Bilddokumentation zu
Pariser Ausstellungen
1810 veröffentlichte F. Creuzer seine Sym
und Mythologie der Völker", 1814 folgte
Symbolik des Traumes" von G. H. SClH
Puvis de Chavannes verwendete in seinen
zeptionen ab 1883 das Wort symbolistisch",
rend der Begriff Symbolismus" erst 1886
ziellen Charakter für die neue Kunsttenden
nahm. 1872 hatte er Les ieunes tilles et la
gemalt. Die jungen Mädchen bewegen sicl
mutig, wie nach musikalischen Weisen, auf
romantischen Wiese, und der Tod kauer
seiner Sense schlafend im Grase. Gustave
reau verband 1876 in L'apporition" das Sy
der Gewissensbisse mit Salome, die in sich
schützen wollender Abwehrgeste vor der
Zentrum des antiken Tempelbaues schwebe
strohlenumkrönzten Haupt des St. Jean-Ba
alles irdische Entsetzen in sich aufsteigen fül
Puvis de Chavannes malte 1879 für den S1
an seinem Frauenthema weiter. Jeunes till
bord de la mer" symbolisiert in der physii
Trinitöt der drei Lebensphasen die psych
Unität. Diese Komposition beeinflußte
viele Zeitgenossen, unter anderem Gauguir
Maurice Denis. 1887 schuf dann Puvis de
vannes mit der Famille de pecheurs" eine
gorie des Lebens und des Todes.
Puvis de Chavannes Pierre, Inspiration Chre-
tienne". Ullpa ier co lelLeinwand, 105x132 cm.
The National allectian cf Fine Arts, Washington
Puvis de Chavannes, Les ieunes filles et Ia
mart", 1872. UllLeinwand, 146x117 cm, Collec-
tion of Sterling and Francine Clarc Art Institute
WilliamstownlMassachusetts
Puvis de Chavannes, Famille de pächeurs",
1887. UllLeinwand, 82,6x71,2 cm. Callection
Chicago Art Institute
Caspar David Friedrich, Die gescheiterte Haft-
nung". Kunsthalle Hambur
Joseph Anton Koch, Macieth und die Hexen",
1829. Basel, Kunstmuseum
Carl Blechen, Der Galgen im Gewitter", 1835.
Dresden, Gemäldegalerie, Neue Meister
Friedrich Overbeck, Italien und Deutschland".
Dresden, Gemäldegalerie, Neue Meister
J. Ferdinand Willumsen, nApres la tempete",
1905. Oslo, Nasional-Galleriet
Gustave Moreau, L'apparition", 1876. Musee
Gustave Moreau
D. G. Rossetti, La ghirlandaia",1873
Anschrift des Autors
Mechtild Wierer
Schleißheimer Straße 152a
SVMÜnchen 40
Für den Kunstsammler 311670196 1-15
Antiker Mädchenkopf, römisch, Ende 3. Jh. n.
Chr. Weißer Marmor, Höhe 26,5 crn, Breite 20 cm
Beispiel aus einer Sammlung von zehn Exponaten
Herbert Asenbaum, Antiquitäten
Wien Kärntnerstraße 28
Vesperbild, Friaul, um 1430 -1440?
Steinguß, Höhe 80 cm Literatur Stabat Mater"
Ausstellung Salzburg, 1970. Kat.-Nr. 41lAbb. 27
Galerie St. Raphael
1010 Wien Doratheergasse 12
.. Madonna mit Kind, Niederösterreich, um 1510
Wlener Kunst" und Anhqultulenmesse 1977 Lindenholz, Originalpolychromierung, 90 cm
Die schon zur Tradition gewordene Wiener Kunst- Häfgulerie Dh Wolfgang Hofsiäige,
und Antrquitätenmesse präsentiert sich dieses Wien Spiegelgasse 14
Jahr sowohl räumlich als auch nach der Zahl der
Aussteller wesentlich vergrößert. Dadurch konnte
der Wunsch weiterer Kunsthöndler, an der Messe
HI. Jasef, Anfang 18. Jh., Lindenholz, natur
Werkstatt des Marion Rittinger, 34 cm
teilzunehmen, erfüllt werden. Es ist zu erwarten, Ems. Mehfingefr Kunsf und Anfiqulfüfe"
daß die Jury dafür sorgt, daß die Vergrößerung 3520 5911140900" Murkßllfuße 13
kein Absinken des Niveaus nach sich ziehen wird. Abmham de Verwe, Amsterdam 16004650
Damit dokumentiert die Wiener Kunst- und Anti- "Marine", sigma" und dqfieff 1644 Qmeinwqnd,
quitätenmesse wiederum, daß sie die Hauptmesse 100 X175 cm, Gufachjen DL 59m1
und eigentliche Leistungsschau einer Berufssparte Kurmguierie Tomasz Megtewicl
für ganz Österreich darstellt, die internationale wie" Seilergasse 14
Vergleiche nicht zu scheuen braucht. Die Messen
Dirck van der Lisse Breda 1669 Den Haag
Waldlandschaft mit Staffoge. OllHolz, 33 49 cm
Josef Winkler, Galerie Alter Meister
Wien Seilergasse 14
in Salzburg und Innsbruck haben damit ver-
glichen mehr regionalen Charakter.
Die Probleme einer derartigen Unternehmung
liegen heute mehr denn ie in der Beschaffung der
Obiekte. Die laufende Inflation hat zu einer nun Nimlos Amoine Tuunuy Lgndschuf's.l Genre.
schon Jahre andauernden Flucht in die Sachwerte und Schluchyenmqler, Paris 1755-1830
geführt und zu einer Scheinkoniunktur, die viele Qmejnwund, 24 32 cm
Händlef lüufend "W191i die immer kYWPPeV Galerie St. Lucas Palais Pallavicini,
werdenden Obiekte zu höheren Preisen nachzu- wie" 10555591511
kaufen, als sie etwa vor zwei Jahren verkauft
wurden. Dies führt zu einem laufenden Substanz-
verlust. In den Händen der Privatinteressenten
werden vielfach die Obiekte aus Gründen der
Geldanlage gehortet, und immer weniger kommt
in den Kreislauf des Handels. Der Einkauf setzt
Friedrich Gauermann 1807-1862
Das Füchslein", sign. F. Gauermann, re. unten
ÜllLeinwand 42,5 32 cm
Wolfgang A. Siedler, Skulpturen und Kleinkunst
Wien Spiegelgasse
viele Reisen ins Ausland voraus und eine ständige Dqmenbijro, Louis XV., Grenoble, Rosenholz,
Beobachtung des immer mehr zunehmenden mit Früchtghöllern reich eingelegt
Auktiansmarktes. Höhe 81, Tiefe 50, Breite 109 cm
Die Messe gibt dem Interessenten Gelegenheit, Galerie Neumqnn, eher", Hof.
in reichern Maße die klassische Antiquität vor sich Kunsihgndlung Wien Kahlmarkt 11
zu haben. Durch die weitverbreitete Erweiterung
des heutigen Handelsgutes auf spätere Epochen,
wie den Historismus, ist vielfach das Angebot
in den Geschäften überwuchert von Erzeugnissen
des beginnenden lndustriezeitolters im späten 19.
10 Gefoßte Barock-Poudreuse, Genua, Mitte 18. Jh.
grüner Fonds,gelbe Kartuschen und bunte Blumen
Reinhold Hofstätter, Kunst und Kunstgewerbe
Wien Dorotheergasse 15 und Bräunerstraße 12
Jahrhundert. Die Messe setzt sich die Aufgabe, 11 Sekretär, Frankreich, Directoire
die klassischen Sammelstile bis zum Biedermeier Kirschenholz. 140, 41, 79 cm
herauf in reiner Form darzustellen. Diese Leistung Friedrich Kratschmunn, Antiquitäten
ist zur Geschmacksbildung und zur Heranziehung Wien Spiegelgasse 14
neuer Sammler von großer Wichtigkeit. Dem
Unternehmen und allen Ausstellern sei ein glanz-
valler Verlauf und ein Verkaufserfolg gewünscht,
der die großen Unkosten und Risiken rechtfertigt.
Wir verweisen auf den Artikel von Reinhold
Hofstätter zu diesem Thema im letzten Heft Nr. 150.
12 Zwei Deckelhumpen, Silber vergoldet, getrieben
und ziseliert; links Drei Vögel im Rankenwerk,
Augsburg, Ende l. Jahrhundert. Meistermarke
CP Nr. 454, 13 cm, rechts Allegorie der
Kontinente. Siebenbürgen, l. Hälfte 17. Jh.
Meistermarke HI mit Krone, Höhe 20,5 cm
Czeslaw Bednarczyk, Kunst und Antiquitäten
Zur Problematik der Kunstmessen wie" Doroiheergosse
entnommen den Miscellanea Dm Heuserl 13 Terrine, Prag, um 1773. Silber, innen vergoldet
Meisterzeichen IGB Joh. Georg Bruller
Otto Buchinger lnh. Karl Pöhlmann
4020 LinzlDonau, Bethlehemstraße
Vlarxen am Berge
Rührige Messeunternehmer versuchen zur Zeit,
unsere Stadtväter zu überzeugen, es sei für den
Ruf unserer Städte von Nutzen, wenn man in 14 Anton Romako Wien 1832-1839 ln den Abruz-
ihren Mauern Antiquitätenmessen veranstalte. zen" sign. ,Romako Roma', ÖllLeinwand,
Da ist von Nostalgie die Rede, von Antiquitäten 42 55 cm
für den kleinen Mann" und, um der Sache noch Galerie Haslauer-Gemülde, Antiquitäten,
einen gesellschaftspolitischen Anstrich zu geben, 5020 Salzburg, Getreidegasse 34
spricht man von den Millionenmessen" in München, 15
Hannaver-Herrenhausen und der Westdeutschen
Kunstmesse in Köln und Düsseldorf, denen man
eine Schau von Antiquitäten der Mittelklasse"
entgegensetzen wolle.
Der Bundesverband des Deutschen Kunst- und
Lorenzo Butti Hofmeister Kaiser Ferdinands
Fischer var dem Hafen von Dordrecht", sign.
UllLeinwand, 42 60 crn
Galerie Josefstadt, Mag. Peter Kovacek
Wien Josefstädter Straße 20
Antiquitätenhandels hat gut daran getan, schon 16 Johann Nepomuk Geiler 1860-1945
vor Jahren seinen Mitgliedern, den sieben Landes- Wochenmarkt in Budweis", re. u. sign.
Verbänden, seine Zustimmung zu Gründungen UllLeinwand, 94 140 cm, ehem. Slg. Dr. W. Rob
weiterer lokaler Messen zu versagen. Er sieht nicht Galerie Krugerstraße 12
allein eine Gefahr für einen gesunden Markt, Wien Krugerstraße 12
Fortsetzung Seite 47 13
34
Künstlerprofite
Anton Bachmayr
im m. ,..., 4..
11.7.11 die
Der 1904 in Vöcklamarkt geborene Anton Bachmayr
war bereits während seines Studiums an der Wiener
Akademie am Schillerplatz 1924-1928 Mitarbeiter
van Anton Faistauer bei dessen großen Fresken-
zvklen. Dies mag zwar für manche ebensowenig
neu sein wie die Tatsache, daß die Werke Bach-
mayrs seit der ersten Ausstellung 1935 im Salzburger
Künstlerhaus wie in denen anderer Städte die
Aufmerksamkeit vieler Kunstfreunde auf sich ge-
zogen haben. Ohne in irgendeiner Form von
Einflüssen" zu sprechen, war die Zusammenarbeit
mit Faistauer wohl mit ein Grund, daß für Bachmayr
Form und Farbe stets das und das für sein
Werk blieben; selbst in seinen Federzeichnungen
spielen manchmal farbige Papiere eine nicht zu
unterschätzende Rolle. Die Verbindung zur Ge-
schichte der Malerei hat Bachmayr nie abreißen
lassen. Dies führte iedoch nicht, wie bei manchen
anderen, zu epigonalen Zügen in seinen Arbeiten,
er bewahrte sich vielmehr seine Eigenständigkeit,
wurde aber als freier Mitarbeiter des Bundesdenk-
malamtes ein vielbeschäftigter Restaurator.
In den iüngst vergangenen zwei Jahrzehnten wen-
dete sich Bachmayrs Interesse immer mehr zwei
wichtigen künstlerischen Techniken zu dem Aquarell
und besonders der Federzeichnung mit Druck-
graphik will er nichts zu tun haben". Waren etwa
für seine Salzburger Ausstellung von 1962 Rohr-
federzeichnungen österreichischer Landschaften
beherrschender Rahmen, so galt sein Bemühen in
den folgenden Jahren dem spötimpressionistischen
Blumenaquarell. Als er im Februar 1973 in den
Räumen des Kunstvereins in der Residenz ausstellte,
wurde durch Verarbeitung der verschiedensten
Anreize aus allen möglichen Kunstströmungen
unserer Zeit deutlich, daß sich Bachmayr auf einem
Weg des Suchens befand.
lm Herbst 1974 war dann Bachmayr beim Lesen
des Buches Alexis Sarbas" von Nikas Kazant-
iakis Abenteuer auf Kreta" wie er selbst sagte
sehr gefangen". Kleinformatige Skizzen ent-
standen vorerst in rascher Abfolge auf Grund
der verschiedenen Begebenheiten des Textes,
hingezeichnet als Verbildlichung des Gefangen-
nehmens von Geist und Seele. Die dadurch fixierte
Komposition ging dann in darauffolgende groß-
formatige Blätter ein ein Arbeitsprozeß war
gefunden, dem im Laufe der Zeit bis heute Hunderte
bedeutender Blätter, vor allem zu Texten von
Gogol, Poe und E. T. A. Hoffmann, ihr Dasein
verdanken.
Mit sicherer Feder und mit manchmal gleichmäßigen,
manchmal sich verdichtenden Strichlagen auf
feinem lngres-Bütten erreicht Bachmayr ohne iedes
Lavieren eine MühelosigkeiW und eine Dichtheit
der Aussage, die überrascht und hohe Ansprüche
befriedigt. Das Umstülpen der Seele nach außen,
das Einfangen der Eindrücke aus den Gestalten
der Texte, die zweifelnde und immer tragende
Wißbegierde an die letzten Dinge des Seins, die
Einkleidung der Aussprüche und Texte in ihre wenn
auch oft direkte Symbolik, alles das ist lnstrument",
Einzelzeichnungen wie ganze graphische Zyklen
van persönlicher Eigenart und hoher Qualität
entstehen zu lassen.
Bachmayrs expressiv und virtuos gehandhabte
Zeichentechnik schafft nicht nur Illustrationen im
üblichen Sinn zu einem literarischen Text. Mit
anderen Mitteln veranschaulicht Bachmayr dasselbe
Thema, die Zeichnung spiegelt im gleichen Geist
das gleiche Ereignis so wird der Maler zum
confrere", zum Mitbruder, zum Vertrauten des
Dichters. Franz Wagner
Illustration zu Lyrik von Erwin
Grimmelsberger, 1976
Illustration zu A. Poe
Der schwarze Kater", 1975
Illustration zu E. A. Pan Der
Untergang des Hauses Usher"
Illustration zu Kazantiakis
Alexis Sorbas
Anton Bachmayr
u-sww-t
GALERIE ST. RUPERTUS
SALZ URG
Gisclakai 15
Johann Drechsler Wien 1756-1811
rechts unten signiert und datiert Joh. Drechsler, f. 1804".
Ursprünglich im Besitz des Königs von Sizilien
Aktuelles Kunstgeschehen Österreich
Wien
Museum des 20. Jahrhunderts
Junggesellenmaschinen
Eine Schau, die schon seit 1975 in den verschie-
densten Museen gezeigt wurde, die mit Leonardos
Maschinen beginnt und bis zu maschinellen
Konstruktionen zur sexuellen Selbstbefriedigung
reicht. Es ist viel, das dazwischen liegt, und immer
wieder ist das Problem der Erotik und Sexualität
dabei, die Maschine als ldol und die Maschine
als Teutelswerk, als Lust- und Todbringer. Stark
beschäftigt sich Dada mit diesem Thema. Wir
finden Werke von Marcel Duchamp, Picabia, Man
Ray, Dominguez, Max Ernst. Die Surrealisten haben
dieses Gebiet nur am Rande behandelt. Eine über
manche Passagen sehr interessante Schau, die zum
Nachdenken anregt. Die im Grunde zur Erkenntnis
führen müßte, daß nur eine personelle Ich-du-
Beziehung aus dem Teufelskreis einer maschinellen
Erotisierung führen kann die schließlich paranoisch
enden muß. 2. 28. 2. 1977 Abb.
Künstlerhaus
lnge Dick und Kurt Spurey
Weiß in Weiß mit einigen hellblauen Einstufungen,
so könnte man diese Schau Überschreiben. In
einem von den Künstlern geschaffenen weißen
Environment, selbst der Fußboden ist weiß, hängen
die Bilder und Reliefs. Das sieht alles, vielleicht
noch durch die Aluminiumhalterungen der Steh-
wönde betont, sehr klinisch und steril aus, und es ist
fraglich, ob das die beiden Aussteller auch
bezweckten. Die Bilder der Dick geben Meditatians-
punkte, hier vervollkommnet sie ihre Technik. Am
besten scheint mir in dieser Richtung ienes Bild,
das gerade noch eine schwache senkrechte Beto-
nung zeigt. Kurt Spurey bietet uns kurvige Formen
in Weiß. Sie sind kräftiger, regen aber weniger
zur Versenkung als zum Abtasten an. Dazu sind
sie aber freilich dem Material nach nicht geschaffen.
2. 12. 1976-9. l. 1977
Künstlerhaus
Russischer Februar 1977 Wien
Es war die dritte Ausstellung nonkonformistischer
russischer Künstler in diesem Haus. Dieses Mal
sind 13 Maler, Graphiker und Plastiker vertreten
gewesen. Bei manchen merkt man den westlichen
Einfluß mehr, bei anderen weniger, bei fast allen
konnte man von einem Anschluß an die russische
Tradition sprechen. Selbst die rein abstrakten
Gebilde eines Garry Faif, schwebende Plexiglas-
und Metallkörper, greifen auf die konstruktivistische
Schule eines Tatlin zurück. Noch viel weiter müssen
wir bei Wladimir Bougrine zurückblicken. Bei
seinen sehr farbintensiven großen Bildern steht
die lkonenmalerei im Hintergrund, wobei ein
starkes religiöses Motiv fast bei allen Bildern
durchschlägt. Michail Chemiakine zeigte saubere
Druckgraphiken mit magischen Gestalten. Valentina
Shapiro arbeitet duftig leicht, fast impressionistisch.
Adam Samogit zeigte eine ebenmäßige Holzplastik,
die einem Fruchtbarkeitsidol nahekommt. Am
extremsten schien Michail Koulakov aus Leningrad
mit seiner Spontanmalerei, die wir in der Nähe
iener des Kärntners Staudacher ansiedeln würden.
Natürlich fanden wir auch surreale Arbeiten, etwa
Victor Koulbaks sehr feinteilige Graphiken. Sehr
ausdrucksstarke, von der Volkskunst herkommende
Keramiken und Plastiken bot Alexander
Neidanov. 13. 1.-6. 2. 1977i Abb.
Heinrich Sussmann
Der 1904 geborene Künstler wollte wohl ein recht
breites Spektrum seines Schaffens vorlegen, es
waren daher Aquarelle, Gouachen, Bleistift- und
Tuschezeichnungen, Photomontagen und Ulbilder
ausgestellt. Sehr diszipliniert und gekonnt wirkten
die Entwürfe für die Zeremonienhalle des Wiener
Zentralfriedhofes. Viel weniger überzeugen die in
Mischtechnik gemalten flächengefügten Figuren,
die in Hutterschen Zuckerlfarben gehalten sind.
Die Graphiken sind meist skizzenhaft. Am meisten
beeindruckten die Ulbilder. Hier nimmt Sussmann
38
alles Heftige und Schreiende zurück. Hier spürt
man den großen Atem eines Valkes, das viel
gelitten und viel erfahren hat. ln diesen schemen-
haften Gestalten scheint uns ein Teil iener Kraft
wahrhaft verwaben, die in allen Verbannungen
und allen Ghettos den Söhnen Israels iederzeit nahe
war. 13. 1.-6. 2. 1977 Abb.
Galerie Würthle
Karl Stark
Der Kärntner Maler zeigte Ulbilder, Gouachen
und Zeichnungen. Es ist eine kraftvolle, starke
Hand am Werk. Das beginnt schon beim festen
Strich der Graphik, wird am deutlichsten bei den
Ulbildern, wo aber gerade wieder die Gefahr
aufscheint, daß die Stärke in Steifheit umschlägt,
kulminiert aber deutlich in den Aquarellen. Be-
sonders gelungen sind die Landschaften. Die
heftigen Farben des südlichen Berglandes ver-
fließen mit ienen der schweren Himmel. Die saftigen
Grün der Almen haben, fern ieder Monotonie und
Flöchenhaftigkeit sonstiger Landschaftsbilder, eine
wundervolle Leuchtkraft. 2.-24. 12. 1976 Abb.
Galerie auf der Stubenbastei
Linde Waber
Unter dem Titel Waber sieht Wien" gab es 26
Graphiken, Zeichnungen, Siebdrucke und Holz-
schnitte, zu sehen. Oft waren die Blätter auch mit
Aquarellfarben reizvoll gehöht. Die Drucke haben
durchwegs nur eine Auflage von oder Stück.
Allein die Zeichnungen beweisen schon, wie kon-
zentriert die Waber arbeitet. Ihre Striche sind
energischer geworden, hageln oft in engem
Nebeneinander in die Tiefe oder verdichten sich zu
dunklen Flächen. Zufälliges wird nun auch einbe-
zogen, das Lidit und Dunkel ist abgemessen.
8. 12-8. 1. 1977 Abb.
Galerie Alte Schmiede
Rudolf Haybach
Zum 90. Geburtstag des Meisters wurden über 30
meist kleinformatige Ulbilder gezeigt. Holzschnitt-
artig sind die Dinge auf die Malebene gesetzt.
Zwischen Neuer Sachlichkeit und Expressionismus
angesiedelt, bekommen die Landschaften, um solche
handelt es sich hier fast ausschließlich, etwas
Statuarisches, Erstarrtes. Die Farben sind kraftvoll,
satt, aber meist ohne irgendwelche Lichtquellen
und Kontraste. Die große Eruption scheint Haybach
ferngelegen zu sein. 24. 11. 1976-8. 1. 1977
Abb.
Lieselott Beschorner
30 Bilder und Collagen präsentierten das Werk
der bekannten Wiener Künstlerin, besonders die
Collagen sind eine Art Wiederholung oder vielleicht
Variante der erschreckenden Schädel, die uns die
Malerin immer wieder zeigt und aus denen uns
Gier, Blödheit und Maßlosigkeit des Menschen
entgegenblicken. Denn das ist es, das uns da
anschaut. Auge in Auge. Es sind unsere Zeitge-
nossen, die Wohlstandsbürger unserer nächsten
Umgebung. Warum freilich auf manchen Blättern
solch heitere Couleurs die Folienmuster abgeben,
war uns bei der Beschorner noch nie klar. Da
finden wir ihre neuesten Kreationen, die grotesken
Köpfe aus Ton, treffender in der Farbgebung. Hier
stimmt alles zusammen. Die dämonischen Physio-
gnomien, die Summierungen des Unheimlichen, das
zur Maske erstarrte Gemeine. Hier ist ieder
Betrachter betroffen. Mit den 38 keramischen
Arbeiten ist der Beschorner ein großer Schritt nach
vorne geglückt. 19. 1.-23. 2. 1977 Abb.
Galerie in der Blutgasse
Ange und Ange
Besonders die kleinformatigen Zeichnungen
dokumentieren, daß hier mehr Wollen als Können
am Werk ist. Wenn schon manchen iungen
Menschen iede Selbstkritik ermangelt, was noch
durchaus verständlich ist, so müßte eine verunt-
wortungsvolle Galerieleitung doch ernstere Maß-
stäbe anlegen und unbeholfene Gehversuche zurück
auf die Gehschule verweisen. 10.-30. 1. 1977
Galerie Basilisk
Cecco Bonanotte
Der 1942 geborene ltaliener studierte auf der
Akademie in Rom. In Rom lebt und arbeitet er
auch heute noch. Hier wurde er etwa auch mit der
Gestaltung der Heiligen Pforte neben iener Manzus
betraut. In der Wiener Ausstellung dominierten
die kleinen Freiplastiken. Der Künstler modellierte
seine Formen durchwegs in Wachs und gießt dann
im Ausschmelzverfahren die überaus zarten und
grazilen Figuren. Es sind sowohl bei der Einzelfigur
als auch bei den von Bonanotte bevorzugten
Gruppen starke Bewegungsmotive vorherrschend.
Die eher nur strukturell erfaßten Gestalten sind
gleichsam von einer inneren Unruhe getrieben,
und auch im Sturz des Ikarus ist noch ein flammen-
des Geflecht von Leib und Maschine. Nur in den
tödlich Getroffenen ist zusammenfassende Gebörde
gleichsam in einer Umrißlinie eingeholt. Oft
arbeitet der Künstler mit dem Kontrast des leichten
Körpers seiner bewegten Figuren vor einer
schweren Hintergrund- oder Bodenplatte. 7. 1.-
20. 2. 1977 Abb. 10
Galerie Modern Art
Gerlinde Wurth
Materialbilder. Auf Faserplatten hat die Malerin
Jute, Schnüre, dicke Acrylfarben, vereinzelte
Schrauben, aber auch gefältelte oder geschichtete
Leinenstücke montiert. Sie legt dann immer wieder
neue Farbschichten darüber, meist sehr wenig, aber
recht gefühlvoll nuanciert, oft auch fast nur Weiß
gehalten, dann wieder in dunklen erdigen
Tönungen. Besonders die kleinen Formate, im
Zwischengang und auf den Pulten aufliegend,
zeigten subtile reliefartige Formen. Eine Malerin,
die es verdient, mehr bekannt zu sein. 19. 1.-
5. 2. 1977 Abb. 11
Galerie am Rabensteig
Elisabeth Kodre-Defner
Eine reiche Auswahl verschiedenster Schmuckgegen-
stünde in kleinen Vitrinen. Sah man im Voriahr
von der Künstlerin in der lnterkunst 76 über-
raschend neue Formen, so ist sie bei dieser
Präsentation wieder zu den alten zurückgekehrt,
was aber vielleicht auch mit dem bearbeiteten
Material zusammenhängt. Dort stellte sie nur
Silber- und hier nur Goldschmuck aus. Es gab
besonders viele Anhänger, und die Verwendung
von edlen Steinen setzte reiche Glanzpunkte.
Florale und zoomorphe Darstellungen herrschten
vor. Es waren fast durchwegs außerordentlich
zarte, fragile Gebilde, die nur zu einer großen
Abendtoilette passen. 30. 11. 1976-261 1977
b. 12
Alois Vogel
Salzburg
Bildungshaus St. Virgil
Werner Persy
In der großen Säulenhalle des durch Wilhelm
Halzbauer neu erbauten Hauses werden unter
Verantwortung von Hans Spatzenegger laufend
Kunstausstellungen veranstaltet, die eine wesent-
liche Bereicherung des künstlerischen Lebens in der
Stadt Salzburg darstellen.
Der 1924 in Trier geborene und dort lebende
Werner Persy erwies sich mit seinen gezeigten
Arbeiten als einer der wichtigen Holzschneider
unserer Generation. Auch als Entwerfer von textilen
Wandbehängen wie von monumentalen Kirchen-
fenstern hat sich Persy bereits einen guten Namen
geschaffen. 9. 13.-24. 4. 1977
Museumspavillon
Antonio Maro
Die subtil gemalten Gouachen des 50iährien
peruanischen Malers sind in ihrer Thematik von
indianischem Mythos ebenso beeinflußt wie von der
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 4. 3.-27. 3. 1977
Galerie Armstorfer
Herwig Bayerl
Der 27iährige Salzburger scheint in der Reihe
folge 1-12
vnggesellenmuschinen im Museum des 20. Jh. Blick in die Ausstellung Junggesellenmuschinen, Gorry Fuif, Obiekl in der Ausstellung Russischer
lcques Cavelmun, Die Liebesinspiriermuschine relchlä Hsinrifclntllmgsmuschine nach Franz Kafka Februar 1977
er trc oonie"
lolnik Alexander, Grauer Himmel Heinrich Sussmann, Bellelrnönche New York 1970. Tusche Karl Stark, Herbsllundschcfl im Druuml, 1976
nde Woher, Operngcsse mi! Verkehrsbüro, 197a.
aichnung, Tusche
ecco Bonanone, Volo NoNurno, Annie Variaxione
176. Silber, Bronza
Gerlände Wurlh, Sundbild Schwan-weiß, 197a.
Holzfnserplahe
11 Elisabeth Kodre-Defner, Kreuiiver Schmuck
39
IAktueIIes Kunstgeschehen Österreich
ener stehen zu wollen, die nun schon seit dem
Beginn unseres Jahrhunderts versuchen, von
ienen herkömmlichen Elementen loszukommen, die
der historischen Kunst als Nährboden gedient
hatten. 2. 3.-27. 3. 1977
Galerie Academia
Konrad Oberländer
Der 1938 in Ungarn geborene und seit 1960 in
Augsburg lebende Autodidakt vermittelt, wie
Markus Valazza im Katalogvarwort schrieb,
nicht nur eine bis ins Detail ausgeführte Topo-
graphie einer von Menschen fast unberührten
Natur, sondern auch iene verloren geglaubte
,Stimmung' von besinnlicher Ruhe, Stille und Ein-
samkeit, die noch vor Jahrhunderten Einsiedler
und Mönche auf ihren Wanderungen begleitet
haben mag". 10. 2.-1. 3. 1977 Abb. 13
Hans Staudacher
Werner Hofmann hat den 55iährigen Kärntner als
Künstler charakterisiert, der im Leben die Fülle
und nicht die Regel sieht". So ist es auch nicht
eindeutig, Staudacher etwa auf ein lyrisches
lntormel" festzulegen. Seine explosiven Arbeiten
mit ihrem unerschöpflichen koloristischen Reichtum
beeindruckten viele Besucher. 3.-27. 3. 1977
Abb. 14
Galerie Welz
Yoshi Takahashi
Während gleichzeitig in den Erdgeschoßräumen
der Galerie Farbholzschnitte des klassisd1en"
Utagawa Kuniyashi zu sehen waren, waren im
ersten Stock Arbeiten des 1943 in Tokio geborenen
und seit 10 Jahren im Salzburgischen lebenden
Yoshi Takahashi zu sehen. Siehe dazu Seite 42
in Heft 122 dieser Zeitschrift. 9. 2.-6. 3. 1977
Markus Valazza
Vallazzas Arbeiten wurden in dieser Zeitschrift
schon mehrfach besprochen. Nun hat er als Thema
seiner virtuosen Variationen Pinocchio, den hölzer-
nen Bengel aus dem italienischen Märchen, der
nicht vernünftig und nicht erwachsen werden will,
gewählt und hat damit einen erneuten Beweis
seiner hervorragenden Zeichenkunst geliefert.
7. 3.-3. 4. 1977 Abb. 15
Franz Wagner
Tirol
lnnsbrucklGalerie Krinzinger
Turi Werkner
Der mit dem Preis der Stadt lnnsbruck ausgezeich-
nete Tiroler Künstler, der hauptsöchlich in London
lebt, zeigte absolute Graphik, die anscheinend
hauptsächlich von reinen Impulsen getragen wird.
Was im kleinen Format noch interessant und
anschaulich sein kann, wird in gebotenen Riesen-
formen langweilig, vielleicht auch ein wenig
manieriert. 26. 11.-18. 12. 1976 Abb. 16
InnsbruckfDogana-Kongreßhaus
Lois Egg
Von dem lnnsbrucker Bühnenbildner waren Skizzen,
Modellentwürfe, Bühnendekorationen zu sehen.
Fern ieder extremen Art, sind diese Arbeiten eine
Möglichkeit Abstraktion und barocken lllusianis-
mus" zu vereinen Dr. M. Hromotka. Daß bei der
Fülle der Entwürfe auch manches ins Hübsche und
Gefällige umschlug, mit Notenzeilen unzureichende
symbolische Tupfen gesetzt werden, kann, um nur
ein Beispiel nennen, nicht die Leistung der
schlichten und vorbildlichen Lösungen bei der
Gestaltung der Ausstattung eines Bildes wie jenes
zu Horvaths Der iüngste Tag" tilgen. Eine Fülle
von Arbeiten von Qualität. 26. 11.-15. 12. 1976
Oberösterreich
LinzlNeue Galerie
Reimo S. Wukounig
Der Künstler wurde 1943 in Klagenfurt geboren.
Er besuchte die Kunstgewerbeschule und die
Akademie in Wien. Innerhalb der letzten Jahre
40
entwickelte er sich zu einem der eigenständigsten
Maler unseres Landes, der einen zeitnahen,
unter die Haut gehenden Realismus vertritt. lm
Rahmen der Ausstellung ist auch der Zyklus
Zöglinge" zu sehen, mit dem Wukounig Osterreich
auf der letzten Biennale von Venedig vertrat.
2. 12. 1976-22. 1. 1977 Abb. 17
Peter Sengl
Die fast 100 Blätter in Mischtechnik und Bilder
1970-1976 des 1945 in der Steiermark geborenen
Künstlers zeugen van dessen großem Phantasie-
reichtum. Mit unglaublichem Witz und oft bis
ins Absurde gesteigert, erfindet Sengl immer neue
Wesen, die, sucht man einen Vergleich, zwischen
Herzmanovsky-Orlando und dem Maler Attersee
angesiedelt sind, letzteren aber an Tiefgang über-
holen. Sengl hat, bei aller Grausamkeit und allen
Zwängen in seinen Bildern, Humor. Er macht
sich über unser Leben Gedanken, sieht und zeigt
die Übel, übersteigert und verzerrt sie ins Groteske,
so daß wieder eine Befreiung daraus erwächst.
27. 1.-26. 2. 1977 Abb. 1B
LinzlStadtmuseum Nordica
Klemens Brosch
Der 1894 geborene und 1926 freiwillig aus dem
Leben geschiedene Linzer war ein von seiner
graphischen Gestaltungsweise Besessener. in einer
der Neuen Sachlichkeit verwandten Art drückte er
doch mehr und oft Hintergründiges, Surreales
aus. Es ist einzigartig, mit welcher fotografischen
Schärfe und Exaktheit, bei der Wahl von unge-
wähnlichen Perspektiven, die Erfassung der realen
Sicht einzig mit dem Graphitstift bei diesem Künst-
ler gegeben ist Die Ausstellung umfaßte nur
Werke, die sich im Besitz des Stadtmuseums Linz
befinden. 16. 12. 1976-9. 1. 1977 Abb. 19
Steiermark
GrazlKulturhaus
Franz Xaver Messerschmidt
Grimassenköpfe und Florentina
Pakosta Gesichtsbildungen
Die Pakosta stellte schon vor Jahren in Wien, in
der Galerie auf der Stubenbastei, Graphiken aus,
die das menschliche Gesicht zum Thema hatten,
und schon in dieser Ausstellung waren viele der
Gesichter zur Grimasse verzerrt. Bereits damals
wurde der Vergleich mit dem berühmten Plastiker
des ausgehenden 1B. Jahrhunderts gezogen. Hier
gelang nun tatsädilich eine Gegenüberstellung der
beiden CZuvres, wobei gesagt werden muß, daß
die Pakosta sich schon vor der Konfrontation mit
Messerschmidt mit diesem Thema beschäftigte.
Sie holt bei ihren Radierungen immer wieder aufs
neue aus dem Dunkel des Grundes das menschliche
Antlitz, das oft bis zur Fratze verzerrt ist und in
dem dann das Abgründige im Menschen zum
Ausdruck kommt. Der Ausschnitt, die Beschränkung,
die Einschränkung der Freiheit, das sind nur einige
Anmerkungen, die beim Betrachten dieser Blätter
gegenwärtig werden. Auch von Messerschmidt
war eine Anzahl einmalig treffend gestalteter
Köpfe zu sehen, die leider sonst nur in Depots
verstauben. 13. 1.-5. 2. 1977 Abb. 20
Niederösterreich
St. PöltenlStadtmuseum
Fellerer Hietz Hollemann
Die drei Niederästerreicher arbeiten sehr unter-
schiedlich, und gerade das, so scheint es uns, machte
den Reiz dieser Ausstellung aus. Fellerer, der
Jüngste, zeigte 23 Graphiken, die man einem irani-
schen Realismus zuordnen könnte. Auf sauber
abgegrenzte Flächen wird mit feinen Linien
eine absurde Situation gezeichnet, die aber mit
satirischen Formulierungen zur Wirklichkeit Bezug
nimmt. Hietz stellte 14 kleinere Plastiken, Messing,
Aluminium und Chromnickelstahl, aus. Es geht ihm
hier, wie ia auch bei seinen Steinskulpturen, immer
um ein Aufbrechen, Uffnen eines Kernes, um
einen Wachstumsprozeß. Hollemann war mit 16
Blättern vertreten. Ein erfreulich informativer
Querschnitt durch das durch Zeitkritik geprägte
Werk, das wir in diesen Heften schon äfters
besprochen haben. Eine gutgebaute Ausstellung,
die das Institut zu weiteren ähnlichen Unterneh-
mungen anspornen sollte. 7.-30. 1. 1977
Abb. 21
Schloß Schallaburg
Das Wiener bürgerliche Zeughaus
Rüstungen und Waffen aus fünf Jahrhunderten
sind hier vereint, etwa dreitausend Obiekte.
Viele von diesen werden das erstemal öffentlich
gezeigt. Dr. Günther Dürigl vom Historischen
Museum der Stadt Wien, der diese Ausstellung
mit großer Sorgfalt und viel Fachkenntnis organi-
sierte, läßt den Betrachter die Obiekte als Zeug-
nisse der Geschichte Wiens erleben. Die ausge-
stellten Waffen geben nicht nur van der leidvollen
Tatsache menschenmordenden Geschehens Kunde,
sie bezeugen auch ein großartiges kunsthandwerk-
liches, überwältigendes künstlerisches Gestalten.
Besonders wertvoll und einmalig sind die spätgo-
fischen beinahe mannshohen Setztartschen, Schilde,
die in der Art spätgotischer Tafelmalereien ausge-
stattet sind; der Bestand des Wiener Historischen
Museums ist sowohl an Qualität als auch an
Quantität hierin auf der ganzen Welt führend.
Ein aus Mailand stammender Raßharnisch,
der um 1450 angefertigt wurde, gilt als das älteste
italienische Roßzeug eines schwer gepanzerten
Ritters. An Rüstungen sind weiters die von Koloman
Helmschmid um 1522 in Augsburg für Ferdinand l.
hergestellte und der mit reichen Galdätzungen ver-
sehene Harnisch für Kaiser Rudolf ll. besonders
zu nennen. Eine eigene wichtige Gruppe bilden
die Waffen, die durch die verschiedenen Türken-
kriege in das Wiener Zeughaus gelangt sind, wobei
man bei diesen, auf Grund der Ausstellung oft zu
ganz neuen Erkenntnissen und Datierungen ge-
kommen ist. Die Schau, die auf Einladung des
Landes Niederösterreich vom Museum der Stadt
Wien durchgeführt wird, findet in den Räumlich-
keiten des Schlosses ein ideales Ambiente, das sich
nach Passieren des Tores im Terrakottahof steigert
und zu den Schauräumen führt. 14. 5-30. 10. 1977
Abb. 22
Burgenland
EisenstadllLandesgalerie im Schloß Esterhäzy
Anton Watzl
Der Linzer Graphiker hatte Zeichnungen zu Henry
Millers Big Sur und Porträts bekannter Persönlich-
keiten aus aller Welt gezeigt. Es war eine sehr
umfangreiche Schau, der auch ein sehr aufwendiger
Katalog mit farbigen Wiedergaben beigegeben
war. Sind die Zeichnungen zu Miller von einer dem
Text adäquaten lmpulsivität, so finden wir bei
den Porträts ein einmaliges Eingehen auf den
Charakter des Dargestellten. Das macht sich sowohl
in der Konsistenz des Striches als auch in der
Strenge oder Gelöstheit der Linien bemerkbar.
10. 12. 1976-23. 1. 1977 Abb. 23
Wil Frenken
Umgebungsdrucke nennt der in Breitenbrunn in
einem alten Haus wohnende, arbeitende und auch
immer wieder andere kreative Menschen um sich
scharende Frenken eine Serie seiner Arbeiten.
Es sind dies Abdrucke gewöhnlicher Dinge
seiner Alltagswelt, eines Stuhles etwa. Diese ganz
gewöhnlichen Dinge" werden durch ihren Abklatsch,
viel mehr als durch den täglichen Gebrauch,
dem Betrachter in einer ganz neuen Weise ein-
dringlich in das Bewußtsein gerückt. Auch ihre
Mehrdimensianolität wird auf diese Weise durch
die Abdrücke der verschiedensten Seiten bekundet.
Immer wieder erleben wir bei Frenken auf dem
Umweg über das Denken den Prozeß des
archaischen Zeugnisgebens, der dann oft ins
Magische umzukippen scheint. 2. 2.-6. 3. 1977
Abb 24l Alois Vogel
Berichtigung von Heft 150.
Siegfried Strasser stellte im Wiener Künstlerhaus und nicht
in der Galerie Spectrum aus.
Bildfolge 13-24
"I3 Konrad Oberldnder, Buumgruppe, 1976. Kohlezeichnung
Hans Smudacher, Nu-Poesie, 1960. Gauuche
15 Markus Vallazza, KluppvPinocchio, 1976. Mischtechnik
16 Turi Werkner 17 Reime S. Wukounig, Vevsuchsobiekr- Gealtertes ldoi-
Ein Magischer Clown 1971. UllLwd.
19 Klemens Frosch, Eiick durch die Glastüre, 1915. 20 Florenvina Pakosiu, Die Zunge zu zeigen ist verbalen",
Bieistifileichnung 1976. Mezzoiinin
22 Ausslellung, Das Wiener bürgerliche Zeughuus, Schloß
Schallahurg. Plun engesfech Kaiser Rudolfs Il., Rüstung
vergoldet Beim esluurieren im Hislorischen Museum 23 Anion W092i, Nach Big Sure von Henry Miller
der Stadt Wien
Z4 Wil Franken mit seinen Umgebungseindrüden
41
Notizen
Basel Antikenmuseum
und Kunstmuseum
Antikenmuseum Einem Glücksfall ist es zu ver-
danken, daß man hier erstmals eine archaische
griechische Marmorskulptur, einen wohl zu einer
Mädchenstatue Kore" gehörenden Kopf, um
530 v. Chr. auf der Insel Thosos geschaffen,
erwerben konnte. Trotz Beschädigung ist dem Werk
wie allen aus der Antike auf uns zugekommenen
Werken eine starke Ausstrahlungskraft eigen.
Knapp nach dem ersten Weltkrieg noch in
Schweizer Privatbesitz, kann es nun im Antiken-
museum der breiten Offentlichkeit gezeigt werden.
Kunstmuseum lm Jubiläumsiahr Arnold Böcklins,
zu seinem 150. Geburtstag, wird Basel vom 11. Juni
bis 11. September eine große Jubiläumsousstellung
zu Ehren des Künstlers veranstalten. Wie man weiß,
war die Aussicht auf einen großen Wandbildauftrog
mitbestimmend für die Rückkehr des Künstlers
1866 von Rom nach Basel. Fünf Jahre weilte Bäcklin,
mit mehreren Aufträgen beschäftigt, in den Mauern
der Stadt und schuf iene Fresken im Treppenhaus
des Museums, die zum Anlaß der Feierlichkeiten
restauriert wurden. Da man seit langem keine
Böcklin-Ausstellung im europäischen Raum
veranstaltet hat, wird Basel sicher für diese Monate
Anziehungspunkt der Freunde und der Anhänger-
schaft des Künstlers sein Abb. 7.
Berlin Sanierung der Stadt
Immer mehr greift der Wunsch, vor allem der
großstädtischen Bevölkerung, um sich, die eigene
Stadt mitzugestalten und mit teilzuhaben an ihrem
neuen, besseren Gesamtbild. So auch in Berlin, wo
unter Karin Carmen Jung und Dietrich Worbs
unter dem Titel Was halten die Bürger von
Sanierung und ihrer Beteiligung daran?" unter
starker Publikumsbeteiligung zum Forschungsthema
Bürgerbeteiligun an der Planung" mehrere
Sessionen stattfanden. Grundsätzlich sollte darüber
diskutiert werden, welche individuellen und struk-
turellen Bedingungen denn eigentlich die Bürger
Berlins in den Stand setzen, überhaupt bei der
Stadt mitzuplanen, d. h. im Konkreten, welche
Möglichkeiten der Mitbestimmung bei Zielvor-
stellungen, Planungen, bis herunter zu den
exekutierenden Maßnahmen der Durchführung der
einzelne hat. Die Proiektgruppe, die seit 1973
arbeitet, will versuchen, die breite Vermittlung aller
Forschungsergebnisse mit Daten der amtlichen
Statistik und Daten aus Expertengesprächen zu
verknüpfen. So sehr alle diese Bestrebungen, die
vom einzelnen Bürger ausgehen, unterstützt sein
sollen und wollen, damit er innerhalb seiner Stadt
nicht vor ungute vollendete Tatsachen gestellt wird,
so sehr will auch, wie wir meinen, der Standpunkt
des Planenden, des Architekten, des Soziologen,
der auf der Wissenschaftlichkeit basiert, haupt-
sächlich zum Tragen kommen. Wir haben nichts von
Städten, denen, durch Jahrhunderte gewachsen, für
die Zukunft das große Konzept, die große Linie
fehlt. Nicht immer kann der einzelne Bürger,
sachlich doch unwissend, mitbestimmen!
Chicago University of Chicago
Die von Edward Moser, dem Ordinarius für
Kunstgeschichte an der Universität von Chicago,
geleitete David and Alfred Smart Gallery an dieser
Universität hat im Jönner und Februar 1977 eine
Ausstellung The Cleveland Tuti-nama Manuscript
and the Origins of Mughal Painting" veranstaltet.
Das Auftauchen der Miniaturen und ihre Entdeckung
durch Sherman E. Lee, dem Direktor des Cleveland-
Museums, sowie ihre Erforschung durch Dr. Pramod
Chandra von der Universität Chicago ist ein
Stück aufregender Wissenschaftsgeschichte, das
schließlich zu der hervorragenden Faksimile-Edition
durch die österreichische Akademische Druck- und
Verlagsanstalt" in Graz führte Abb. 3.
Coburg Coburger Glaspreis 1977
Für- hervorragende und richtungweisende Arbeiten
auf dem Gebiet der zeitgenössischen Glaskunst in
Europa wurde der Coburger Glaspreis 1977" für
42
moderne Glasgestaltung in Europa gestiftet.
Initiiert und angeregt von den Kunstsammlungen
der Feste Coburg, haben Stadt Coburg und Coburger
Landesstiftung einen Wettbewerb ausgeschrieben.
Dessen Ergebnis wird im Sommer 1977 in einer
Ausstellung der Preisträger und weiterer Künstler
auf dem Gebiete des modernen Glasschaffens
seinen Niederschlag finden.
Duisburg Wilhelm-Lehmbruck-Museum
Der als Maler und Mitbegründer der Tachisten-
Gruppe Cobra" international bekannte Willem de
Kooning zeigte Anfang des Jahres Plastiken und
Graphiken erstmals in der Bundesrepublik. Die
Ausstellung im Studio des Museums wurde vorn
Stedeliik Museum Amsterdam zusammengestellt
und geht dann nach Genf und Grenoble.
Düsseldorf Hetiens-Museum,
Galerie an der Düssel
Zu dem breiten Komplex der nach dem zweiten
Weltkrieg erworbenen Sammlungen und kostbaren
Einzelstücke des Hetiens-Museums konnte ietzt
in London eine weitere Gruppe von elf bedeutenden
Spitzenwerken chinesischer Keramik der T'ang-
und Sungzeit erworben werden. Damit kann
die weltweit bekannte Sammlung ihren Freunden
neue Ostasiatica-Akzente vermitteln.
Der Wiener und Altösterreicher Michael
Coudenhove-Kalergi setzte die Reihe der in der
Galerie an der Düssel präsentierten österreichischen
Künstler mit einer Ausstellung vom 16. März bis
30. April fort. Die skurrile Phantastik und der über
die Maßen hohe Einfallsreichtum des fabulierfreudi-
gen Künstlers sind aus Quellen gespeist, die ihm
nur so im Vorübergehen aufzuspringen scheinen.
Sie sprudeln gleichsam permanent aus seiner
Künstlerseele und füllen im einzelnen randvoll
seine eigenwilligen Blätter, deren iedes voller
Surprisen ist Abb. 4.
EsslingenlRegensburg
Künstlergilde Ostdeutsche Galerie
Mit einer Reihe von Ausstellungen setzt die rührige
Künstlergilde ihre Aktivitäten auch 1977 in vollem
Umfang fort Esslingen, Villa Merkel, noch bis
15. Mai lda Kerkovius". lm Alten Rathaus war bis
8. Mai eine Ausstellung von Bildhauern und
Zeichnern der Künstlergilde, im Schloß Hamburg!
Wiehl ist der Österreicher Hans Fronius noch
bis 15. Mai zu sehen.
Regensburg, Ostdeutsche Galerie, bis 15. Mai
Nidden" in der bildenden Kunst, ebenfalls bis
15. Mai Ernst Mollenhauer. Vom 26. Mai bis
10. Juli wird die Jahresausstellung der Künstlergilde
1977 dem Thema Landschaften" gewidmet sein,
zur gleichen Zeit auch eine Ausstellung von
Plastiken von Herbert Volwahsen stattfinden.
Aus österreichischer Sicht ist erstaunlich, wie dicht
das Ausstellungsprogramm von Hans Fronius ist,
der heuer unter anderem die Ehre hat, im Pariser
Cabinet d'Estompes mit seinem Werk
präsentiert zu werden.
Frankfurt a. M. Werkstätte Molnar
Einen etwas ungewöhnlichen Weg beschreitet der
1940 geborene Pavel Molnar, Absolvent der
Glasfachschulen Eisern, Brad und Gablenz, der
auf der diesiährigen internationalen Frankfurter
Messe inmitten der Geschäftigkeit und dem reichen
Anbot von Industrie, Wirtschaft und Gewerbe seine
künstlerischen Gläser zeigte. Inspiriert vor allem
durch altes römisches Glas wie auch von solchem
des Jugendstils, hat sich Molnar auf seine Weise
profiliert, was nicht zuletzt auch auf seine seit 1968
währende freiberufliche Tätigkeit im Deutschen
Museum München zurückzuführen ist.
Hamburg Museum für Kunst und Gewerbe
ln der Reihe der europäischen Kunstgewerbemuseen,
die das Jubiläum hundertiöhrigen Bestehens
feierten kürzlich das Osloer steht nun das
Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg im
Jahre 1977 vor dieser stolzen Aktualität.
1877 wurde es als Vorbildersammlung der besten
Zeugnisse der Kunst und des Kunsthandwerks
vergangener Zeiten und der Gegenwart" von
Justus Brinckmonn gegründet. Wie immer lebt ein
Museum nicht nur von den Ankäuten, die es tätigen
kann, sondern und vor allem von hochherzigen
Stiftungen. So auch das Hamburger Museum.-
Es knüpft nun im Jubiläumsiahr an diese Über-
lieferung, seine Bestände auch aus Schenkungen
zu bereichern und zu erweitern, an und wendet
sich verstärkt an seine Freunde und Gönner,
ihm dabei zu helfen. Dabei nimmt man den
80. Geburtstag des Präsidenten der Justus-Brinck-
mann-Gesellschaft, Eberhard Thast, einem
besonderen Förderer der Kunst des 20. Jahrhunderts,
zum Anlaß, in diesem Sinne an alle zu appellieren.
Das Österreichische Museum für angewandte Kunst,
das seinen Hunderter" bereits 1964 beging,
schließt sich der Reihe der Gratulanten herzlich an.
Karlsruhe Badisches Landesmuseum
Aus einer Reihe von Neuerwerbungen möchten wir
hier auf ein Meisterwerk französischer Porträt-
plastik hinweisen. Es ist dies eine Büste eines
Ordensritters, Frankreich, um 1700, aus Kalkstein.
Geschaffen von einem Künstler des Umkreises
von Jean-Louis Lemoyne, stellt diese ein besonders
markantes Beispiel hochbarocker französischer
Bildniskunst dar.
Eine weitere Neuerwerbung des Badischen, eine
Mädchenbüste von Alphonse Mucha, Paris, um 1900.
Aus Bronze, vergoldet und versilbert, hat hier das
weibliche ldealbild des Jugendstils künstlerische
Ausprägung erfahren. Die dem Künstler nahe-
stehende Schauspielerin Sarah Bernhardt galt
lange als Modell dieser Büste. Mucha, der 1860 in
Prag geborene Altösterreicher, einer der führenden
Schäpfer der Art nouveau", für seine weithin
gerühmten Plakate bekannt, schuf Plastiken eher
selten Abb. 6.
Köln Galerie Vömel
Diesmal begegnet uns die Düsseldorfer Galerie
Vömel" auf der Westdeutschen Kunstmesse in
Köln-Deutz, wo sie mit den anderen Galerien
ausstellte. Zur gleichen Zeit fand im Stammhaus in
Düsseldorf, Kö-Center, eine Ausstellung des
Schweden Gunnar Norrman statt, der äußerst
subtile, feinsinnige Landschaften, fernästlich
anmutende skandinavische Transzendenzen"
hervorbringt Abb. 7.
London electrum gallery
Die electrum" präsentiert vorwiegend moderne
Schmuckkünstler. Im Februar des Jahres war der in
Venezuela lebende Pole Harry Abend mit sehr
eigenwilligen Schöpfungen zu Gast. Mitarbeiter so
prominenter Künstler wie Calder, Leger, Arp,
Vasarely und Arroyo. Stark spürbar in seinen
Kreationen ausgeprägtes architekturales
Empfinden, südamerikanisch temperiert und form-
coloriert". Im März folgte der Ägypter Emanuel
Raff, Sohn griechisch-italienischer Eltern, der über
Australien und Mailand zur Suite moderner
Goldschmiede heranwuchs. ln ihm manifestiert sich
ein Künstler weitab allen Traditionen der
Schmuckkunst. Bruchstückhafte, seltsam ineinander
gefügte obiects trouvees" von ganz starker neuer
Originalität sind das, in denen vielleicht doch
Elemente seiner ägyptischen Heimat im Untergrund
mitgeistern Abb. 8.
München Neue Sammlung
Einer der hervorragendsten Künstler auf dem
Gebiete der künstlerischen und ornamentalen
Schrift, Jan Tschichold, der 1974 im Alter von
72 Jahren verstarb, war mit einer Ausstellung in der
Neuen Sammlung des Staatlichen Museums für
angewandte Kunst posthum hier zu Gast. Untertitel
der Schau Typograph und Schriftgestalter".
Jan Tschichold muß als einer der wichtigsten
Vertreter einer Spezies gelten, die nach und nach an
Nachwuchsmangel zu kranken beginnt. ln Zeiten
des Computers und der Datenverarbeitung flattert
das Banner der Schriftkünstler immer matter. Um so
mehr ist es zu begrüßen, daß man hier die Gelegen-
Bildfolge 1-8
irnahm, einen verdienten Mann, der
he profunde Publikationen hinterläßt, mit
stellung seines Werkes der Vergessenheit
ißen.
erg Kunsthalle
am Titel ars viva 76" Künstler arbeiten
triebetrieben" stellte sich die hiesige
lle in den Dienst iener Künstler, die ihre
tigkeit ausschließlich im industriellen
aben. Mit dieser Ausstellung des Kultur-
Bundesverbarid der Deutschen Industrie
meinsam präsentierte man aus dem
iener Doppeltätigen", denen aus und
der Arbeit Musisches zur Notwendigkeit
iter dem Titel Geh, Gedanke..." las
einer Reihe namhafter Autoren zur
ig. Daß man sich hier auch dem immer
werdenden Trend, sich soziologischer Fragen
wenprobteme anzunehmen, unschloß, Kopf einer Mäddienstatue, ,.K0re', 530 v. Chr. Arnold Bödrlin, Ruhe auf der Flucht, 1868. Basel,
die Kunskhalle der Ausstellung Griechische Marmarskuipturllnsel Thasas. Kunstmuseum, Freska im Sarasinschen Gartensaal.
nborn The Amazon Basin", in der das
asbecken soziologisch und ökologisch
und einer Untersuchung ist.
ig Kloster Santa Apollonia,
Jrca
wird vom 28. Mai bis 31. Juli 1977 eine
urig über die Pferde von San Marco" in
an Benediktinerkloster Santa Apollonia
ergen. Hauptaspekt, das berühmte Vier-
archäologisch, historisch und wissenschaft-
lurchleuchten. Drei Jahre lang hat eine
inte Kommission dieses Thema eingehend
und analysiert und alle Vorbereitungen
dieses dem Publikum wirksam
echt zu machen. Von vorwiegend
chem Charakter wird die Exhibition über
enblicklichen Forschungsstand Rechen-
blegen. Einmal mehr erweist sich, daß gsßal
X5810" wer man Suche. engagle", ulfch Dfa Muagugcl ephäin'älrt'lgflti.trlgfät?enydülltjSgtrzlußll sacrrixulehekeigiägirä? atme Coudenhave Kalergl, Traum am av Lein
zu verzeichnen hat. ln diesem Falle die Akbar um 1560-1565.
La Stampa", die seit 1970 für die
iige Instandsetzung der Pferde von
rco eintrat. Sa wird ein internationales
ri im Venediger Sammer des Jahres 1977
eressante Schau erleben, die vom Leben
de dieser Stadt vom Zeitpunkt ihrer Über-
durch den Dogen Enrico Dandala
bis zur Gegenwart mit ihren freimütigen
onen und Debatten über ihre Erhaltung und
ietzung Zeugnis ablegt. Gleichzeitig blickt
er schon weiter, denn man wird diese
an, in dem neurestaurierten Kloster
ita Apollonia zur Ausstellung in acht Sälen
iert, einem in Entstehung begriffenen
der Diözese für religiöse Kunst
in einverleiben. leapold netopil
i...
Büste eines Ordensritters, Frankreich um 1700. Kalk- Alphonse Muctia, Mädchenbüste, Paris um 1900. Bronze
stein, Höhe mit Snrkel 98 cm. vergoldet und versilbert, Höhe 70 cm.
idesministerium für Wissenschaft
Forschung
ucherstatistik der staatlichen
seen und Kunstsammlungen
6177
Bundesministerium für Wissenschaft
Forschung gibt bekannt, daß in den ihm
zrstehenden staatlichen Museen und
stsammlungen in den Monaten
ember 92.801
ner 91.324
ucher gezählt wurden.
Gunnar Norrman, Frßhlmgsngan 1776. Kulmadel.
Hurry Abend, Maquulha 1975. Skulptur, Messing.
43
hoFq aleme
mmwolrqamq hOFSTÄTTGR
Prunk-Renaissanceschrank. Ulm, um 1600
Edel- und Hartholzimarsien, originale Beschläge und Kapellenschlössev
Höhe 220 crn, Breite 160 cm.
Die Galerie für den
Sammler und Kenner
Kunst des Mittelalters
und der Renaissance
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KUNSTABTEILUNG, WIEN, l., DOROTHEERGASSE 11,
Telefon 52 3129
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14., 15., 16. und 17. Juni 1977,
14 Uhr
Gemälde, Graphik,
Skulpturen, antikes Mobiliar, Antiquitäten,
Asiatika, Waffen.
Jugendstil.
Besichtigung
9.,10., 11. und 13. Juni 1977,von 10 bis18 Uhr,
Sonntag, 12. Juni 1977, von bis13 Uhr
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A-1011 Wien Dorotheergasse 11,
Telefon 52 3129
Für den Kunstsammler
Antiker Uschak-Gebetsteppich, 1965x139 cm
Anfang des 18. Jahrhunderts entstand dieser Uschak
in der westanatolischen Stadt gleichen Namens.
Uschak ist bei den Teppichliebhabern durch die dort
zwischen 1500 und 1750 erzeugten Teppiche von
hoher Qualität bekannt.
Uschuk-Knüpfer zeigen immer eine außerordentlich
klare Komposition. Zumeist ist die Mitte durch ein
großes, stark betontes Medaillen ausgefüllt. Das
Mittelmedaillan ist in Sternform gruppiert und
manchmal mit Blottwerk oder dünnen Ranken
verbunden. Die lockeren Muster verraten den
persischen Einfluß. Die Farben sind kräftig und
schmeichelnd. Für Kette, Schuß und Flor wurde
Schafwolle, gefärbt mit reinen Naturfarben,
verwendet.
Der abgebildete Gebetsteppich Gebetsteppiche
aus dieser Region sind sehr selten besitzt ein
Gegenstück im lslamischen Museum der Staatlichen
Museen, Berlin.
Die rotgrundige Gebetsnische ist mit Blumen,
Blättern und weit ausschwingenden Wolkenböndern
gefüllt. lm unteren Teil entfaltet sich ein breites
grünes Wolkenband und umschließt auf blauem
Grund eine große Palmettblüte. ln den Seitenteilen
sehen wir stilisiertes Blattwerk.
Der Teppich befindet sich in gutem Zustand.
Bordüren, Ränder und Kelimansötze sind original
erhalten. Teppiche dieser Art stellen echte Sammler-
stücke dar. Sie sind im Handel nur bei erstklassigen
Spezialhändlern zu finden.
Der gezeigte Uschak stammt aus der Kollektion des
Hauses Adil Besim. Seit nunmehr 30 Jahren
beschäftigen sich die lnhaber mit Orientteppich-
handel. Sie sind Fachleute ersten Ranges, die sich
auf antike und alte Teppiche spezialisiert haben.
Auf ihren Reisen in die Ursprungslönder des
Orientteppichs versuchen sie, seltene Stücke nach
Usterreich zu bringen.
Des weiteren beschäftigt sich Adil Besim mit der
Restaurierung wertvoller alter Teppiche. Diese
Werkstätte ist für Europa einzigartig. ihresgleichen
sind nur im Orient zu finden.
Es liegt uns nicht daran, antike und alte Teppiche
zu verkaufen, sondern sie auch zu erhalten. Die
Kunstfertigkeit vergangener Völker, der Glanz
längst vergessener Dynastien lebt in ihnen weiter.
Teppiche sind Zeugen der großen Vergangenheit
des Orients."
Die Adil Besim OHG hat ihren Stammsitz in Wien,
1. Bezirk, Graben 30. Filialen befinden sich in
lnnsbrudc, Bozner Platz und in den USA,
Pusadena, Kalifornien,
45
C. BEDNARCZYK
KUNST
und
ANTIQUITATEN
arm KFm-ÄPP wen T77" Scmnfnrunn
"Blumenstmer
rechts unten swgmcn und danert
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erlesenes Kunstgevverbe
des 18. Jahrhunderts
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Südtirol, 17. Jh., frei stehend,
Schloßsperren mit Fixierungen,
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Tradition 1977 Fortsch ritt
Wagnefsche Univ.-Buchdruckerei Buchroithner St C0.,
Innsbruck, Erlerstraße 5-7 Telefon 052 22129761
Für den Kunstsammler
Zur Problematik der Kunstmessen
Fartsetlung van Seite 34;
dessen Kaufkraft überfordert werden könnte. Er ist
vor allem der Überzeugung, die Qualität der
angebotenen Kunstwerke könne bei einer solchen
Ausbreitung von Verkaufsmessen nur leiden, ist
doch die Zahl des Erholtenen limitiert und nicht
beliebig vermehrbar. Der Bundesverband, bemüht
um die Zuverlässigkeit des Angebots seiner Mit-
glieder, meint schließlich, daß diese Zuverlässigkeit
nicht ausreichend gewahrt werden könne, würde
die Zahl der Messen und Märkte für Antiquitäten
ständig steigen.
Was versteht man denn eigentlich unter Antiqui-
täten der Mittelklasse"? Denkt man daran, Kunst-
gegenstände mittlerer Qualität anzubieten, die
daher nicht so teuer seien? Will man damit
ausdrücken, man wolle nicht hoch" greifen wie
die Aussteller der drei Messen des Bundesver-
bandes?
Sammler und Käufer wären schlecht beraten,
folgten sie solchen Werbesprüchen. Ein Kunst-
gegenstond sollte vornehmlich unter dem Gesichts-
punkt seiner künstlerischen Aussage und seiner
Qualität, ober auch der historischen Komponenten
seiner Entstehung und damit der Persönlichkeit
seines Künstlers nach gesucht und erworben werden.
Wer umgekehrt den künstlerischen Wert nach der
Höhe des Preises bemißt, ist auf dem falschen Weg.
Und wer nur billig kaufen will, ohne die Kennt-
nisse dafür zu haben, kann leicht das Ziel aus den
Augen verlieren, eine gute Sache für sich zu
erlangen.
Der Ausdruck Antiquitäten der Mittelklasse" ist
also vieldeutig und irreführend, vor allem dann,
wenn man sich mit den drei Messen des Bundes-
verbandes vergleichen will. Wer kann denn
behaupten, daß dort nur Dinge gehandelt werden,
deren Preis in fünt- oder sechsstelligen Ziffern
ausgedrückt wird? Ja, daß überhaupt dort nur
Kunst angeboten wird, deren Wert eine tür den
Normalbürger" erreichbare Höhe weit über-
schritten hat? Es gibt Kenner, Museumsdirektoren
wie Autodidakten, die gerade an diesen Orten
schon für ein geringes Geld Kostbarkeiten haben
nach Hause tragen können.
Eine neue Schwanthaler-Plastik
Adolf Hahnl veröffentlichte auf Seite 13-16 im Heft
1361137 dieser Zeitschrift eine Arbeit über Werke
von Johann Gearg Schwanthaler in Solzburger
Sammlungen". Nun ist über den Solzburger
Kunsthandel im Privotbesitz eine freiplastische
Gruppe mit der Darstellung der Bekehrung des
heiligen Hubertus" van Johann Georg Schwanthaler
aufgetaucht, die als Nachtrag zu diesem Beitrag nun
hier abgebildet wird.
47
ANTIQUITÄTEN
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Joseph WilpertlWalter N. Schumacher Die
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seitig, sowie 144 eiten Text. Skinois mit Gold-
prägung, vierfarbig bezogener Schuber.
Verlag Herder, Freiburg Basel Wien.
Sich selbst als GeburtstagsgeschenW anläßlich
seines l75iührigen Bestehens, dem Fachgelehrten
und Kunstfreund aber einen langgehegten Wunsch
erfüllend, brachte der Verlag Herder das große
Werk Joseph Wilperts über die berühmten Römi-
schen Mosaiken neu heraus. Damit hat sich der
Verlag nicht nur ein höchst prochtvolles und
ehrenvolles Geschenk bereitet, sondern auch um die
Wissenschaft größte Verdienste erworben. Ist doch
Wilperts Buch als unübertroffenes Standardwerk
eines wesentlichen Teiles der spütantiken
Kunstgeschichte anzusehen.
Die frühchristlichen Mosaiken sind hier zum ersten
Male in Abbildung und Text grundlegend bearbeitet.
Für die Abbildungen hat Wilpert ein besonderes
System der Wiedergabe der Mosaiken entwickelt,
das bis heute allen Errungenschaften moderner
Photographie überlegen ist. Er ließ
Schwarzweißvergrößerungen der Photos der
Mosaiken anfertigen und sie von dem Maler Carlo
Tabonelli Stein um Stein vor den Originalen
kolorieren. Die absolute Farbgenauigkeit der
Reproduktionen war damit garantiert.
In seinem Text erforschte Wilpert grundlegend die
lkonographie und die verschiedenen Techniken der
Mosaiken. Diese als Pionierarbeit zu bezeichnende
Forschungen Wilperts wurden für die Neuausgabe
von Prof. Walter N. Schumacher auf den heutigen
Stand gebracht und mit einer Erweiterung versehen,
in der die einzelnen Mosaiken beschrieben und
ebenso nach kunsthistorischen Gesichtspunkten wie
auch theologiegeschichtlich eingeordnet werden.
Wilperts Werk war seit über 50 Jahren vergriffen
und wurde, da es in seiner Bedeutung
unübertroffen geblieben war, von Gelehrten,
Bibliotheken, Kunst- und Romfreunden als Rarität
in Antiquariaten gesucht. Dieses Werk nun wieder
zugänglich gemacht zu haben und seine Benützbar-
keit gegenüber der Originalausgabe verbessert zu
haben, ist in ein nicht genug hoch zu wertender
Verdienst des Verlages Herder.
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57 Archiv A. Bcchmayr, 36 Chrislies Photograph
A. C. Cooper Lld., London, Filzwilliam Museum,
Cambridge, Arch. Dr. W. Hein, Wien, 17, 20, 21-
Kunslhislorisches Museum, Wien, 10-13
Louvre, Coisse Nationale des Monumenls Hislariques
des Siles, Paris, lO Foto Mas, Barcelona,
Nalionules Historisches Museum M. Enew, P. Pel-
kow, Sofia, 27, 23 Schloß Nymphenburg, Mün-
chen, 10 Ösierreichisches Museum für ange-
wondle KunsllA. Fesl, l5-l7lAkad. OR L. Neusiifler,
W. Norbull-Lieven, l. Schindler, 59 Museo Poldi-
Pezzoli, Mailand, Dr. R. Schoslack, FrankfunlM,
28-3 Sopriniendenzu alle Gullerie, Florenz,
12 Archiv Dr. B. Slopfer, Wien, 24-27 Archiv
M. Wierer, München, 32, 33.
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Für den KunstsammlerlVaria
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Auszug Ill1977
17.118. Mai Brüssel Galerie Moderne
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Berlin Galerie Bassenge
Gemälde, Möbel u. a.
Köln Kunsthaus Lempertz
558. Auktion, Moderne Kunst
Gemälde, Aquarelle, Plastik
Originalgraphik
Berlin V. Westphal KG
Gemälde, Graphik, Möbel u. a.
Berlin V. Westphal KG
Gemälde, Graphik, Möbel u. a.
Köln Kunsthaus Lempertz
559. Aktion, Ostasiatische Kunst,
China, Japan, Südostasien
Wien Darotheum
616. Kunstauktion
Gemälde, Graphik, Skulpturen,
Asiatica, Waffen, Jugendstil
Köln Kunsthaus am Museum
72. Auktion, Alte Kunst
Luzern Galerie Fischer
Gemälde, Graphik, Waffen u. a.
Brüssel Galerie Moderne
Gemälde, Möbel u. a.
München Neumeister KG
Antiquitäten, Gemälde, Graphik,
Skulpturen, Möbel, Teppiche
22.-24. Mai
25. Mai
27.728. Mai
3.l4. Juni
B. Juni
14.-17. Juni
14.-16. Juni
17.-22. Juni
21122. Juni
29.130. Juni
Köln, Kunsthaus am Museum
Aus dem reichen Auktionsangebot des Kunsthauses
am MuseumlCarola von Ham zwei Obiekte
Kinderhalbhornisch im Stile der 2. Hälfte des 16.
Jahrhunderts. Polen, 19. Jahrhundert Schätzpreis
DM 3000-.
Joseph Karl Stieler 1781 Mainz-1858 München,
König Oskar von Schweden" Schätzpreis
DM 8000-
18. Schweizer Kunst- und Antiquitäten-
messe in Basel
Bei Redaktiansschluß kamen uns letzte
lnformationen von der Vorbereitung der Basler
Messe zu. Entgegen allen bisherigen Befürchtungen
meldete man aus Basel ein erstmaliges Ansteigen
der Aussteller über die fünfziger Grenze. Demzu-
folge mußte man die Galerie der Halle mitein-
beziehen. Hauptangebot der Messe Bilder und
Stiche sowie Antiquitäten aus Silber, Zink, Glas,
Porzellan, Fayencen, Uhren und Möbel. Umfangreich
der Anteil von Kunstwerken der Antike sowie der
außereuropäischer Kulturen. Wie auf der Wiener
Kunst- und Antiquitätenmesse hatte auch Basel
im Voriahr versuchsweise einen Stand für junge
Sammler eingerichtet, der sich als erfolgreich
erwies. Daher auch heuer wieder die Einrichtung
eines Jungsammlerstandes. Eine kulturelle Sonder-
schau, heuer vom Basler Kunstmuseum gestaltet,
zeigt Skizzen und Gemälde des Schweizer Malers
Frank Buchser 1828-1890. Auch in Basel vermerkt
man es als eine der positiven Folgen der Rezession,
daß alle iene Spekulanten ausgeschieden scheinen,
die in den Jahren des Booms mit exorbitanten
Preisen Unruhe in die seriöse Abwicklung des
Kunstmarktes brachten. So scheint sich auch für
die Wiener Messe, die heuer später als sonst ihre
Pforten öffnen wird, der gute Aspekt zu zeigen,
daß sich der Kunst- und Antiquitätenhandel wieder
auf echte Sammler und Liebhaber der schönen
Obiekte aus Kunst und Kunstgewerbe einstellen
kann.
Nach dem Tode von Dr. Paul Fischer, der seit dem
Jahre 1959 der Basler Messe, also seit ihrer
Gründung, als Präsident verstand, hat nun Prof.
Herbert Cahn aus Basel dessen Amt übernommen.
Auch dieser gehört seit 1959 dem Vorstand an und
hat als Vizepräsident namentlich in den letzten
Jahren sehr aktiv an deren Gestaltung mitgewirkt.
l. netopil
Wien, Kunsthandlung Stefan Asenbaum
Neben der Vertretung moderner Kunst hat sich
G. St. Asenbaum iun. auch dern Kunstgewerbe
verschrieben. Wir zeigen ein interessantes Obiekt
Silberservice, vierteilig, Frankreich um 1925.
Wien, Galerie Krugerstraße 12
Eine Studie von Anton Hanak 1875-1934 betitelt
sich ErgriffenheiW. Um 1916117 entstanden, ist
sie aus Gips, bemalt und 84,5 crn hoch. Sie stellt
ein Entwurfsmadell für den Winkelsdorfer Ofen,
3. Fassung Landhaus Primavesi dar. n.
Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung
Besucherstatistik 1976 der Bundesmuseen
Kunsthistorisches Museum,
Hauptgebäude 316.116
Waffensammlung,
Sammlung alter Musikinstrumente und
Museum österreichischer Kultur 47.406
Wagenburg 154.570
Weltliche und geistliche Schatzkammer 264.417
Neue Galerie in der Stallburg 19.346
Naturhistorisches Museum 146.739
Museum für Völkerkunde 71.262
Graphische Sammlung Albertina 76.841
Österreichische Galerie 198.583
Museum für Volkskunde,
Hauptgebäude 9.021
Ursulinenkloster 632
Österreichisches Museum
für angewandte Kunst 34.206
Gemäldegalerie der
Akademie der bildenden Künste 7.523
Museum des 20. Jahrhunderts 33.034
Technisches Museum 174.131
Ethnographisches Museum,
Schloß Kittsee 13.356
Zusammen 1,597.183
Museum des 20. Jahrhunderts
Derzeit läuft hier bis zum 24. Juli 1977 die
Ausstellung Neue Sachlichkeit und Realismus
Die Kunst zwischen den Kriegen", die der Malerei
der zwanziger und dreißiger Jahre gewidmet
ist. Namhafte Museen haben nach Wien eine Reihe
bekannter Werke von Otto Dix, Georg Gross, Carl
Großberg, Franz Radziwill, Rudolf Wacker, Erich
Wegener, de Chirico, Picasso, Magritte und von den
Amerikanern Charles Sheeler, Stuart Davis, Edward
Happer zur Verfügung gestellt.
Alfred Gerstenbrand
Seine Persönlichkeit war unlösbar mit den Zeit-
schriften Muskete" und Simplicissimus" verbunden.
Anfang des Jahres verstarb der bekannte Maler
Prof. Alfred Gerstenbrand im hohen Alter von 96
Jahren. ln Wien geboren, wandte er sich früh
der Malerei zu, war Schüler von Myrbach. Was
wenige wissen, er war auch Staatsbeamter in der
dem heutigen Wiener Zentralbesoldungsamt vor-
angegangenen Staatsschuldenbuchhaltung in der
Singerstraße. Da begann er auch zu zeichnen
und entwickelte sich alsbald zu einem der bekann-
testen Karikaturisten seiner Zeit. Mitglied der
Wiener Secession vorerst, trat er später in das
Wiener Künstlerhaus über, wurde dessen Ehren-
mitglied. Zu seinen Freunden zählten unter
anderem Kolo Moser, Schiele, Kokoschka, Klimt
u. a. Gerstenbrand war auch begeisterter Reisender
durch ganz Europa und später auch häufig in den
USA. Jede dieser Reisen brachte ihm reiche Bild-
ausbeute, die er später verarbeitete. Ab 1944 zog
es Gerstenbrand in sein schon immer geliebtes
St. Gilgen am Walfgangsee, wo er das letzte
Drittel seines Lebens verbrachte. Er veranstaltete
eine Reihe von Ausstellungen und ist mit Werken
in verschiedenen Museen und Sammlungen
vertreten. Prof. Gerstenbrand, der mit Karl Hallitzer
zusammen 1928 in Karikaturen Wiens Köpfe"
geschaffen hat, war ein echter Chronist seiner Zeit,
der in seinen zahlreichen Skizzen, Zeichnungen und
Aquarellen das Wienerische" und Ländliche"
akzentuierte. l. n.
55
Für den Kunstsammler
Franz Wagner
Zu neuen Forschungen über die
gotische Plastik in Tirol
Theodor Müller, Honorarprofessor der Münchner
Universität und bis 1968 Generaldirektor des
Bayerischen Nationolmuseums, ist von allem An-
fang seiner wissenschaftlichen Arbeit an der
kunstgeschichtlichen Forschung in Tirol verbunden.
Seine grundlegende Monographie von 1935 Mit-
talalterliche Plastik Tirols, Von der Frühzeit bis
zur Zeit Michael Pachers" wurde zu einem nun
seit mehr als drei Jahrzehnten vergriffenen und
gesuchten Standardwerk. Hatte dieses Buch zeitlich
nur bis in das Dezennium vor den Frühwerken
Pachers gereicht, hat dann Müller den weiteren
Weg unter anderem 1948 in einem umfangreichen
Aufsatz Zur Erforschung der spötgotischen Plastik
Tirols" erschienen in den Veröffentlichungen des
Museums Ferdinandeum in Innsbruck" aufgezeigt.
Für die weitere Arbeit wurden dann die Ergebnisse
von drei Ausstellungen, welche konfrontierende
Untersuchungen ermöglichten, bedeutsam Mittel-
alterliche Kunst Südtirols" Bozen 1949, Katalogtext
von Niccalo Rosmol, Gotik in Tirol" Innsbruck
1950, Vinzenz Oberhammer und Spötgotik in
Tirol" Wien 1973, Erich Egg und Gert Ammann.
Zu einzelnen Meistern erschienen wichtige Mono-
graphien, etwa; Niccolo Rasmo, Der Multscher-
Altar in Sterzing, Bozen 1963; Gisela Scheffler,
Hans Klocker, Innsbruck 1967; Manfred Tripps, Hans
Multscher, Weißenhorn 1969; Niccolo Rasmo,
Michael Pacher, München 1969; Vinzenz Ober-
hammer, Das Goldene Dachl zu Innsbruck, Innsbruck
1970; Oswald Kafler und Kosmos Ziegler, Der
Schnatterpeck-Altar zu Lana, lnnsbruck 1970; Eva
Kreuzer-Eccel, Hans von Judenburg und die Plastik
des weichen Stils in Südtirol, Calliano, o. J.
Nun hat Theodor Müller im Athesia-Verlag Bozen
eine umfassende Publikation' über die organischen
Zusammenhänge der plastischen Produktion" in
Tirol von der frühen Gotik bis zum Ausklang dieser
Kunst in maximilianischer Zeit vorgelegt. Müller
ist es dabei in meisterhafter Diktion überzeugend
gelungen, an maßgeblichen Werken das Besondere
der Leistungen der Bildhauer und Bildschnitzer der
Gotik in Tirol aufzuzeigen" wie auf die Ver-
flochtenheit mit den gleichzeitigen bildnerischen
Kräften in Süddeutschland, in den Ostalpen und
in Oberitalien hinzuweisen. Bei allen Aussagen
können wir nicht eindringlich genug betonen, wie
sehr unsere Kenntnisse und Überlegungen durch
die Zufölligkeit der Erhaltung der Obiekte und
der Quellen bedingt sind. Wir können also nur
ein Wahrscheinlichkeitsbild entwerfen."
Wie faszinierend solch ein Wahrscheinlichkeits-
bild" sein kann, zeigt der großartige Kruzifixus
des Benediktinerstiftes Gries bei Bozen ein
signifikantes Beispiel der überregionalen Aus-
breitung des frühen ,gotischen' Stiles zu Beginn
des 13. Jahrhunderts" der sich radikal unter-
scheidet von der schweren Wucht der in Tirol so
eigentümlich geprägten spätromanischen Holz-
skulpturen. Im Zuge der zum Meditativen neigen-
den religiösen Verinnerlichung wurden damals
die herkömmlichen Bildinhalte in einer neuen
veristischen Eindringlichkeit anschaulich gemacht.
Demgegenüber stehen Werke der Steinmetzkunst
aus den Bauhütten, wie der prachtvolle hl. Niko-
laus" neben dem Südportol der Pfarrkirche in
Meran.
Als Hinweis für das schwer zu entflechtende Pro-
blem der Unterscheidung von lmpartwerken und
Leistungen örtlicher Werkstätten, wie als Beispiel
für das neue Phänomen iener isolierten Bildwerke
der Schönen Madonnen" und der Vesperbilder",
diene die anstelle des ursprünglichen Tymponons
in das romanische Portal der Marienberger Stifts-
kirche eingefügte Skulptur einer thronenden
Muttergottes, wie die Krumauer Madonna wohl in
der gleichen in Südböhmen oder in Wien zu
lokalisierenden Werkstatt entstanden".
Die eiiieea" che Kunstwissenschaft hat eiis dei Dialekt-
fOrSChUrl großen Nllfleft gezogen und sich ein reines
oigdn ür die Unterscheidung etwa rheinischen, fränkischen,
schwäbischen oder bayerischen Wesens gesehenen. Elfte
sfdmmeskurlde" dei spätmittelalterlichen Plastik in den
Alpenländern begegnet ungleich schwierigeren VGTDUS-
Setzungen. uenn das tägliche Leben und künstlerische
Schaffen in ieriem schmalen RUUITI an dei Grenle ZU
unendlich scheinender Weite wdi voll von Spannungen;
Härte, Verschlossenheit und Schwerblütigkeit können
gleichzeitig neben Milde und Sinnesfreude stehen in
den deutschsprachigen Talschaften nicht dndeis die in den
rütaramanischen und italienischen.
und dann was ist eigentlich diese Kunstlandschaft
riiewr aein aidren Meinhard ll. VOVI oeis 1258-1295,
zugleich Herzog von Kärnten wdi es gelungen, des Etsch-,
Eisack- iind lnntal in einer Hand siisdinineniiiidssen und
damit ein eiiind ndiaiiiehei iind historischer veidiis-
Setzungen das Land im Gebirge" zu schaffen-i Kaisi
xbii IV. belehnte dann 1364 Herzog Rudolf von osie
mit dei Grafschaft Tirol. Aber das Pustertal gehorte
1500 lUf Grafsdtüff GÖIZ, die Bezirke xiirsiein, Kitzl
und Rattenberg bis in die gleiche Zeit zu Oberbayer
Das Bistum Brixen war Bestandteil des Metropolitam
bandes Salzburg, der Vinschgau war in kirchlicher
Beziehung dein ßisiiiii. chii, siiiiidgen des Eiibisiiii
Mainz, einverleibt. Nimmt man dazu, daß das Bistur
Trient, zum Heiligen Romischen Reich ueiiisihei Nah
gehörend, bis ZUm nie des sdbenei beiges reichte
zum Metropalitanverbond von Äqulleid zahlte, dann
abgesehen nach vom ständigen Hin und nei an den
Paßstraßen die Vielschichti keit dei Kräfte und rd.
diieh und V01 allem im Bereic dei Künste, vollends
deiiiiieh.
Thronende Schöne Madonna, um 1400. Mar
Vinschgclu, Stift he
Zw Heilige Könige und ein Diener aus einer Ai
olisch, um 1490. Lindenholz vollrund geaibeite
Höhe des stehenden Königs 46 cm. lnnsbruck,
museum Ferdinandeum
Durch den erhaltenen Vertrag über die Errichtung
eines neuen Retabels für den Choraltar der Bazner
Ptarrkirche von 1421 war 1947 Rasmo der Nachweis
gelungen, daß dieser Altar bis 1724 bestanden hatte
und dann der Pfarrkirche in Deutschnofen gratis
überlassen" wurde. Über die Geschicke und den
Verbleib der einzelnen Teile dieses Hauptwerkes
des Hans von Judenburg referiert Müller ebenso
eindringlich wie über ein anderes, ebenso nur in
Einzelteilen auf uns gekommenes Dokument der
abendländischen Kultur 1456 vereinbarte die Stadt
Sterzing mit Hans Multscher, Maler und Bild-
schnitzer zu Ulm, die Errichtung eines neuen
Hachaltares in der Ptarrkirche zu Unserer Lieben
Frau im Moos, Die Auswirkungen der Bildvar-
stellungen und Darstellungsmethoden Hans
Multschers in der Südtiroler Malerei und Skulptur
sind aber nicht nur der Ausstrahlung des Sterzinger
Altares zuzuschreiben. Vielmehr müssen so meint
Müller mit Recht Wachstumsverflechtungen mit
den künstlerisch fortschrittlichen Kräften in Schwa-
ben in einer breiten Schicht angenommen werden.
Aber 1467 ist Michael Facher erstmals als Maler
und Bürger zu Bruneck nachweisbar, nach seinen
Lehriahren in Oberitalien wahrscheinlich 1453 bei
Niccala Pizzalo in Padua und dem damit ver-
bundenen Vertrautwerden mit der perspektivischen
Raumplastik in den malerischen Darstellungen.
Doch das ist das Besondere am Phänomen Pacher
Alle Eindrücke, die er in seinen Wanderjahren von
oberitalienischer und oberdeutscher Kunst aufge-
nommen hat, übersetzte er in die Gewalt seiner
eigenen Sprache. Die riesigen Dimensionen der
Werke für St. Wolfgang oder, dann noch größer,
für die Salzburger Stadtpfarrkirche konnte Pacher
in seiner Brunecker Werkstatt nur mit mehreren
Mitarbeitern bewältigen, zumal ia auch andere
Aufträge vorzubereiten und zu erfüllen waren.
Diese Kräfte, dann zu Meistern geworden, haben
das Bild der Tiroler Plastik im letzten Viertel des
15. Jahrhunderts wesentlich mitbestimmt.
Mit Hans Klockers 1490 aufgestelltem Hochaltar von
St. Leonhard in Passeier erscheint ab der block-
hatten Gebundenheit der Gestalt und ob der
scharfen, tiefen Verröumlichung der Binnenformen"
eine neue typische und persönliche Handschrift.
Mit ihr stimmt das berühmte zwischen 1482 und
1490 vom Goldschmied Valentm Schauer ausge-
führte Agnes-Reliauiar im Brixner Domschatz so
völlig überein, daß Müller mit Recht in ienem
Künstler, der 1481 vom Domkapitel pro formulari
yrrlaginem Sancte Agnetis" bezahlt wurde, niemand
anderen als Hans Hans Klocker sieht.
Das am höchsten aufragende spätgatische Altar-
werk Tirols, ausgeführt vorn Meraner Bürger Hans
Schnatterpeck, steht im Chor der Alten Pfarrkirche
in Niederlana mit den Figürchen des Rahmens
und der Nischen eine schier unüberschaubare Menge
tiet unterschnittener, extensiv bewegter Figura-
tianen". Aber dann endeten die Antriebe für
solche sakrale Bildwerke ob der radikalen religiö-
sen Veränderungen".
Und so stehen am Ende des einprägsamen Textes
von Müller wieder geschnitzte Kruzifixe wie das
von Schloß Matzerl Erwachsen aus den unmittel-
baren Traditionen der spätesten gotischen Bild-
schnitzkunst aber ist es Ausklclng, wenn nicht
schon Nachklang".
ns van Judenburg, Muslzlerende Engel vom
maligen Charaltar der Bazner Pfarrkirche, t421f22,
benholzrelief, au x40 cm, Deutschnafen, Pfarrkirche
ns Multscher, Heiliger Florian vom ehemaligen
chultar der Pfarrkirche in Sterling, Teilansicht,
s-usa. Sterling, Multscher-Museum
1s Schnatterpeck, Musizierender En el aus dem
ar in Niederlana, isoa-isov. Holz, öhe 4a cm.
velandlOhio, Museum at Fine Avts.
ilfgang Leb, Grabstein des Hans Baumgartner, um
Kufstein, Pturrkirche
"sann ili um
e. riiisiii-iicislixiia
Theodor Müller, Gotische Skulptur in Tirol. 462 Seiten,
zaa schwarzwelße und 42 farbige Abbildungen. Leinen,
550.-. Athesia-Verlag, Boxen.
57
Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Blickpunkte
Die Kunst des Islams
Knapp bevorstehend ist die Ausstellung von
orienfalisdlen Knüpfleppidien und Kunstgewerbe
des Islams, Obißkle des Usterreidiisdien Museums,
auf SdllaB Halbturn, Burgenland. Einerseits wird
mit dieser Ausstellung der Veranstalter, die
burgenländisdie Landesregierung, seine Reihe von
alliährlidlen Ausstellungen fortsetzen trennen,
andererseits das Museum wesentlichen Bestand, der
derzeit nicht im Stammhaus gezeigt werden kann,
äffentlidl zugänglich madlen. Ein umfangreicher,
ausführlidter Katalog wird zum erslenmal Obiekte
festhalten, die bisher ungenützt in Depots verborgen
waren. Dauer der Ausstellung Mai bis Oktober 1777
Abb. 71.
Holzschnitzereien und lntarsien aus
fünf Jahrhunderten;
Mit Saisanbeginn steht sowohl die Außenstelle
des Museums in SctilaB Riegersburg offen
wie eudi in deren Raurnen eine aus Beständen des
Hauses zusamrnengetragene Ausstellung 1977"
unter ebiqenl Titel. Hier werden quasi zum Jubiläum
10 Jahre Außenstelle Riegersburg" Kostbarkeiten
aus der Möbelsammlung des Hauses gezeigt,
wozu auch ein kleiner, aber doch ausführlicher
Katalog aufliegen wird. Gezeigt werden lahmen,
Kassetten und Wanddekoratianen Abb. B.
Große Welt von gestern"
Zeichnungen und Druckgraphik
van Emil Orlik
Diese auf SchIoB Grafenegg bei Krems, Nieder-
österreich, vam Adalbert-Stifter-Verein München
und dem Usterreidlisctlen Museum gemeinsam
veranstaltete Ausstellung ist irn didlten Programm
von SdllaB Grafenegg großer Hauptpunkt des
Jahres 1977. Audi hier wird das Museum aus seinen
Beständen zum in Mündhen erstellten Ausstellungs-
gut um Emil Orlik Pidkdie, Kostüme, Schmudr,
Glas und Keramik zeigen. Aus dem Heeres-
geschichllidnen Museum Wien wird ergänzend
die Manne Brest Litawsk" mit Zeichnungen der
Teilnehmer des Kongresses von Emil Orlik
präsentiert werden.
Geylmüller-Schlössel, Sammlung Sobek
Diese Wiener Außenstelle des Usterreichischen
Museums mit Ernpire- und Biedermeiereinrichtungen
sowie Altwipner Uhren ist seit März wieder
geöffnet. Nahe dem Pötzleinsdorfer SchloBpark
gelegen, kann der beliebte Anziehungspunkt in
Wien-Währing mittels feststehenden Senntaas-
führungen ieweils um 11 und 15 Uhr vom Publikum
in Anspruch genommen werden. Möglicherweise
wird das Schlüssel mit seinen sehenswerten Uhren
und Möbeln wegen Renovierungsarbeiten Juli und
August 1977 geschlossen werden müssen.
Kunstgewerbemuseum Schloß Petronell
Die Außenstelle des Usterreidlischen Museums,
1965 als Pionierinstitutian und erste Außenstelle
des Museums begründet, ist nach wie vor
Anziehungspunkt aller iener, die es donauabwarts
ins Pannonische zieht. Hier sind, immer wieder
ergänzt und erneuert, wesentliche und besondere
Obilkte aus dem reidien Kunstgewerbefundus des
Museums vom 15. bis zum 1B. Jahrhundert im
prächtigen Schlaß inmitten der stillen Aulandsdiaft
präsent.
Far-West-Ausstellung
Am Ostermontag, ll April um, ging die Aus-
stellung Indianer und Siedler im amerikani-
sdien Westen" zu Ende. Rüdrblidrend kann gesagt
werden, daß hier tetsädllidl vor allem die Jugend
und auch die Kinder im besonderen der
sprichwörtlichen Romantik des fernen oder Wilden
Westens ihren Tribut zollten. An die 671111
Besucher erlebten ein ienr didltes Programm, da!
mit Filmen, Theater und Gesangsdarbietungen im
Western- und Country-Style die Alrndsphere
echt aufbereitete. Leider liegen nidht bei allen
Ausstellungen sa viele Moglidtkeiten offen.
Immerhin bei ähnlichen Vorhaben konnte mandles
übernommen und realisiert werden.
Ikonen aus Bulgarien
ln der zweiten Hälfte sieht die nadi wie vor sehr
besudite Ausstellung der Ikonen aus einem
Zeitraum von tausend Jahren aus der
VR Bulgarien. Man kann ietzt schon sagen, daß lidt
hier ein sehr konzentrierter besonderer Publikums-
Das Bild der Antike in Renaissance
und Barock
Schriften der Bibliothek 12, Ausstellungsraum
der Bibliothek und Kunstblättersammlung
und Galerie, Altes Haus, 1. Stock
Wien Stubenring
22. 10.-31. 3. 1977 verlängert bis 31. 5. 1977
Bisweilen bedrückt die Relativität alles Schaffens
und Wirkens bei dem Gedanken, auch das für
heute und die Zukunft Konzipierte ist dem
unerbittlichen Gesetz des Uberholtseins ausgesetzt.
Hinwiederum ist es beglückend, solchem zuwider-
laufend, Positiv-Gegenteiliges zu entdecken
wie mit dieser Ausstellung. In anschaulicher
und reicher Weise macht sie deutlich, was die
Antike an Bleibendem, Unauslöschbarem im Sinne
des Allgemeinstrebens nach Prinzipien eines
neuen geistigen und schöpferischen Ästhetizismus
hinterließ. Wie sehr die Antike als ideales
Gesamtbild allen Bereichen des Srhöpferischen
die gemeinsame Basis folgender Zeiten und
Epochen war, Ausgangspunkt zu neuen Überlegungen
und Perspektiven gewesen ist. Deren ldealbild bis
tief in die eigentlich glatte, kalte und irgendwie
nebulose gesichtslose Gegenwart und hier
meinen wir nicht nur Architektur hereinleuchtet
und wirkt. Wie ein verheißungsvolles Wunschbild,
zu dem man sich fast sentimental zurücktröumt, ihm
nacheifert. Diese zwölfte Ausstellung der Bibliothek,
allein aus ihrem reichen Fundus von Hofrat Direktor
Univ.-Prof. DDr. Gerhart Egger und Dr. Hanna
Egger zusammengestellt, von einer wie immer
hervorragenden Schrift unterstützt, ist in vier
Gruppen gegliedert Antike Autoren Vitruv und
die Bücher über die Architektur Monumenta et
Antiquitotes Anfänge der Archäologie. Van Katalog
Nr. Homers Odysseae Hameri Libri Xlll, bis hin
endlich zu Winckelmanns Geschichte der Kunst des
Altertums an die 200 Nummern spannt sich der
Bogen. Unser längst an Fotografie gewohntes
und davon verwöhntes Auge erfaßt mit Vergnügen
die breite Ausdrucksskala z. T. riesiger Stich-
impressionen, die Präzision der modulierenden
Schraften und Striche, die im Geiste der sinnbild-
haften Erfassung eines Bildvorwurfes alle dessen
Vorzüge zur Geltung bringt. Ideale Ruinenansichten,
Architekturen usw. Am Beispiel des Vitruv, des im
Dienste Augustus' Stehenden, wird offenbar, wie
sehr seine Erkenntnisse aus lebensnahen
Erfahrungen, seine Lehren, nicht Nachahmung,
sondern Grundlage für neue technische
Konzeptionen bildeten. Wie tiefgreifencl der Wunsch
nach dem Aufgreifen antiker Ideale und
solchen nachzueifern war, beweist im Exkurs
folgendes Beispiel. Als man gegen Ende des
15. Jahrhunderts, genau 1485, in einem anfiken
Grabmal in einem marmornen Sarkophag die
angebliche Julia, Tochter des Claudius, fand, durch
Essenzen deren antiker Leichnam in völliger Frische
erhalten, war man von deren Schönheit
hingerissen. Die antikisdie"Julia schien so lebendig
wie eben erst gestorben und ein wahrer Kult
um diese und zu dieser schönen antiken Römerin
entwickelte sich, ia man wallfahrtete zu ihr.
Bis lnnozenz Vlll. dem Spuk ein Ende bereitete,
Julia vor Porto Pincione geheimen Orts verscharren
ließ. Sdian zu Zeiten der Renaissance also
bedingungslose Reverenz und Ehrerbietung vor
dem Antiken". Diesmal sogar vor der Gestalt
verdientermaßen, die eine Heraus- und Aufforderung
darstellt und genutzt werden sollte Abb. 2.
Carlos Riefel Ein Wiener Blumenmaler
Katalog Neue Folge Nr. 43
Altes Haus, Saal Wien Stubenring
29. 19.-28. 11. 1976
Mitunter stehen wir überwältigt vor dem großen
Miraculum Natur. Nach dem kaum begreifbaren,
übermächtigen Wunder der Erdenexistenz im
Reigen der Gestirne, in den Unendlichkeiten des
Kosmos, ein uns Näheres. Vor dem, was die Natur
hervorbringt, bewegt, aufeinander abstimmt,
zueinander auch im Kampfe in Beziehung setzt.
Einer entfalteten Blütendolde, den Blattknospen,
die frisch an einem alten, knorrigen Baum auf-
brechen. Für den wirklich Sehenden" ein solches
Wunder. Carlos Rietels Leben, ein fast ausschließ-
lich künstlerisches, das auch bis tief in die
Trivialbereiche des Alltags eines ist, ist ausgefüllt
vom Aufspüren und Festhalten ungezählter dieser
Wunder. Das beglückende Eintreten in des Künstlers
Welt ist ein abruptes Verlassen laut-hektischer
Gegenwart in klösterliche Lauterkeit, in der alles
auf das Schaffen des Malers eingestimmt ist.
Ein alter Renaissancebau mit prächtigem Garten,
der den Künstler wie eine Bastion vor Verkehrs-
strömen abschirmt. lncubus voller Stille, der den
Künstler in mänchischer Meditation am Werk hält.-
In der Geschichte der Malerei haben die Blumen-
maler einen besonderen Platz. Vielleicht, daß
man in alten Zeiten stärker den Wunsch hatte,
über den Ablauf eines Jahres Blumen und deren
reiches Blühen, zu Schmuck und Ausstattung seines
Heimes um und vor sich zu haben. Damals um so
mehr, als man nicht wie heute Gelegenheit hatte,
sich, durch Zucht möglich geworden, die
natürliche Blume zu allen Jahreszeiten im bunten
Strauß ins Haus zu holen.
ln den Läden und Fächern der Kunstblättersammlung
der Bibliothek des Österreichischen Museums
liegen wohlgeordnet zahlreiche Blätter sogenannte
Vorbilder namhafter Blumenmaler, aber auch
akribische Etüden und Studien heranwachsender
Eleven des ausgehenden 19. Jahrhunderts bis
herauf in die zwanziger Jahre unseres Jahrhunderts.
Ein Riesenkonvolut, aus dem gelegentlich
hervorgeholt, studiert wird, das abgeschlossen
quasi ein Relikt ist. Zum Teil meisterliche
Leistungen, künstlerisch voll gültig, die
Respekt abnötigen.
Carlos Riefel, über einige Umwege Wiener
Blumenmaler" aus Passion und Berufung, später
Einzelgänger dieser Spezies, führt diese Kunst-
gattung fort. Er malt Blumen vor allem,
doch auch Früchte, sonstige Pflanzen, auch Vogel.
Grillparzer beantwortete einstens die Frage, was
denn also eigentlich Kunst sei u. a. so
die Hervorbringung einer ,anderen' Natur
als die, welche uns umgibt, einer Natur, die mehr
mit den Forderungen unseres Verstandes, unserer
Empfindung, unseres Schönheitsideals, unseres
Strebens nach Einheit übereinstimmt." Riefels
Schaffen ist solchermaßen ausgerichtet. Er formu-
liert und formiert hervorgebrachte Natur und bringt
diese zu Papier. In einer durchaus eigenständigen
Weise, die ihn eben schlechthin zum Riefel"
werden ließ. In seiner Blumenwelt wird der Mensch,
ein Gebüu, ganz sporadisch übrigens nur, Staffage.
Wird beiläufig. nicht nur aus räumlichen oder
iezielt vortreffliche Kunstobiekte aus der
gen Zeit anhäuft und hortet. Vor die man
und sehbegierige Publikum zitiert, wie
sstatutenmößig verordnet ist. Kunst kann
uch nicht unpersönlich in Dosen, sprich
ien, verordnen, ebensowenig wie man
unbedingt zum Gefallen bringen kann.
ußerungen sind, in Freiheit entstanden, in
ilcher Freiheit zu offerieren. Besondere
Je musealer Institutionen sollte sein, sich
ein Publikum, seinen festen Kreis zu
H1, sondern mittels seiner Kunstwerke und
allen Gesellschofts- und Bevölkerungs-
en Interesse abzugewinnen, deren Schönheit
lssagekraft ergiebig auszunutzen, in Liebe
ist heranzuführen.
isstellung Wiener Porzellan echt oder
ht" kann als ein Unternehmen gelten, das
Schritt in Richtung dieser angestrebten
"stellung darstellt. Einwände, daß hier
und in erster Linie Begüterte bzw.
er und Kenner Interesse finden können,
zum Teil Geltung haben. Jedoch gelang es
r. Waltraud Neuwirth und deren engstem
eiter, akad. Oberrestaurator Ludwig Neu-
mit dieser von langer Hand vorbereiteten
tstrationsschau nicht nur Sammler, sondern
iele iunge Menschen vor die Obiekte und
Seminartische zu bringen. Ihre Seminare
abständen waren angereichert mit initiotiven
rungs- und Enträtselungsanstößen.
igend ging's darum, auf einfache Weise das
an Imitationen, Verfälschung und Fälschung
ennen und unterscheiden zu lernen.
xltraud Neuwirth ist, wie Eingeweihte wissen,
vährend voll Aktivität und Publikations-
ikeit. Sie legt meist alles sofort zu Druck.
dieser Ausstellung verfaßte sie eine
ition. Ihr Haupttitel Der Bindenschild als
anmarke Original, Imitation, Fälschung,
chung." Mit einer lückenlosen Reihe von
von der Autorin selbst bestens gezeichnet,
sie zusammen mit dem Wort eine profunde
diesem aufregend interessanten Thema,
Evergreen pars pro tota zu bleiben scheint.
Kusstellung legt Zeugnis davon ab, daß ein
äußerst lebendig agieren kann. Beweis,
fstockung von drei vorgesehenen Seminaren
"en sechs. Weiters eine Verlängerung der
und wie man hörte, ein nicht abreißender
sentenkreis, der die beiden Initiatoren für
Unternehmungen derselben Art zu
Len imstande ist. Ab 5. Mai wird die Aus-
Wiener Porzellan echt oder gefälscht"
dem Grazer Publikum bis zum I2. Juni 1977
ehen. Anschließend, die Bundesländer-
fortsetzend, Linz anlaufen, wo sie vom
als Sommerschau bis Ende September
an sein wird. Auch ohne die optimalen
er Voraussetzungen" ablaufend, scheint ihr
und Linz hohes Interesse sicher.
leopold netopil
znn Bernhard Fischer von Erlach, Entwurf einer
arischen Architektur in Abbildungen unterschied-
Gebäuden des Alterthums und fremder Völker etc.
zig 1725 in-fol. Rekonstruktion des Draianfarurn",
uch von den römischen Gebäuden, Tafel 7.
Robert, Aus den Ruins of the Palace of the
erar Diocletian at Spalatro in Dalmatia ets. London
Tafel 20. Das Innere des Peristyls des Palastes.
letians Palast ist ein monumenta' iertes römisches
tärlager mit erstaunlichen bautechnischen Konstruk-
en, die sich dadurch, daß die heutige Altstadt van
in den Palast hineingebaut ist, hervorragend er-
en haben.
os Riefel, blau-weißes
n. 74 61 cm.
los Riefel, buntes Blumenbild, 75 62 cm.
dedressurgruppe, Vorbild Meißner Parzellanmadell
l8 Jahrhunderts, Imitation durch Samson, Paris.
Blumenbi ld mit Schwert-
Bildfolge 1-8
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Ausgeslellt in der XXXlXJahresausstellung
des Wiener Künsxlerhauseswien, im März 1914.
Abbildung im Katalog Nr.11 als Brunnenfigur
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