Nägeln geschmückt sind die sizilianischen Gold- bänder der Fanones. Inschriften sind nicht vor- handen. Ähnlich ist auch eine der Mitren im Dom- schatz von Monza. Goldborten und Fanones, mit stilisierten Tieren geschmückt, sind in circulo et in titulo auf weißer Seide angebracht". Eine Gruppe von Mitren, wohl aus dem vierten Viertel des 12. Jahrhunderts, hat gestickte figür- Iiche Darstellungen. Es handelt sich um Märtyrer- szenen, unter denen mehrmals das Mortyrium des hl. Thomas Becket, gestorben 1170, vorkommt". Sie sind ein frühes Beispiel für den Export engli- scher Stickereien vor dem Opus Anglicanum. Mit Heiligenfiguren in Medaillons bestickt ist eineMitra in San Zeno von Verona, die wohl eine italienische Arbeit ist. (Bock II, T. 24 1. s. Anm. 3.) - Eine andere Gruppe ist mit Ranken oder Me- daillons oder beidem reich mit Perlchenstickerei verziert. Hiervon gibt es ein sehr schönes Bei- spiel im Domschatz von Salzburg mit Darstel- lungen von Evangelistensymbolen in Medaillons (wohl „um 1200"). Andere sind in Regensburg, Bamberg, Halberstadt bewahrt". Auch in Italien, Frankreich und Spanien sind Mitren aus dieser Zeit erhalten". Die genannten Beispiele sind natürlich keineswegs ein vollständi- ger Katalog. Sie zeigen jedoch, daß sich für den Schmuck der Mitra keine spezifische Ikonogra- phie herausbildete. Nach bildlosen Anfängen werden vom 12. bis zum 14. und 15. Jahrhundert verschiedenste Bilder auch auf der Mitra ange- bracht: Märtyrerszenen, Zyklen von Heiligen- medaillons, Maria und Christus allein oder in verschiedenen Darstellungen aus ihrem Leben. In der Spätzeit herrscht wieder der reine Schmuck, meist mit kostbaren Edelsteinen. Schließlich sei noch eine Mitra in den Kreis dieser Betrachtungen gezogen, die meist aus äußeren Gründen in das zweite Drittel des 13. Jahrhunderts datiert wird. Sie stammt auch aus der Abtei Sankt Peter zu Salzburg und ist heute im Metropolitan Museum (The Claisters) in New York. In der Kunsttopographie von 1913 erwähn- te Tietze, doß die Äbte von St. Peter erst 1231 das Recht zum Trogen der Mitra erhielten. Ro- rimer fügte hinzu, doß sie es 1266 wieder ver- loren". Wir sahen iedoch schon oben, doß die aus St. Peter stammende Mitra der Abegg- Stiftung zweifellos in das 12. Jahrhundert zu setzen ist. Es ist daher geboten, auch die Da- tierung der in New York befindlichen Mitra neu zu überdenken. Dies ist interessant und wichtig, weil sie nach der Ruperti-Mitra (abge- sehen von den nicht mehr leserlichen Fanones der New Yorker Mitra des seligen Hartmann) die einzige mir bekannte mit einer Inschrift ist. Diese lange marianische Inschrift, in welcher Maria unter anderem als Stello maris angerufen wird, befindet sich an den Rändern der Borte in circulo et in titulo. Sie wechselt da mit einem merkwürdig schriftähnlichen Ornament ab, das immer wieder absetzt und eher an kufische Schriftzeichen erinnert als an die Capitalis der Inschrift. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die inschriftgeschmückten Goldborten der Rupertus- Mitra hier vorbildlich waren. Im Hinblick auf die niedrige Form und die fast rechtwinklige Spitze möchte ich lieber eine Dotierung „um 1200" vorsdwlagen. Dem wiedersprechen auch die Or- namente nicht". Borten und Bänder. Borten und Inschriften sind keineswegs eine Er- findung des inschriftenfreudigen 12. Jahrhun- derts. Als lnkunabel bezeichnet S. Müller- Christensen das brettchengewebte Zingulum des Bischofs Witgarius im Augsburger Diözesanmu- seum. Es ist laut Inschrift ein Geschenk der Königin Hemma, gestorben 876. Aus der glei- chen Zeit sind mit Inschriften bestickte Gold- borten erhalten, mit denen die Stoffe geschmüdd sind, die bei der zweiten Bestattung des hl. Remigius 852 in Saint-Remy in Reims verwendet wurden. Auch sie wurden von einer karolingi- schen Fürstin gearbeitet". Gewebte Goldborten und -bänder aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts wurden auch in dem Bamberger Grabe des Papstes Clemens' II. gefunden, von dessen Mitra schon oben die Rede war. Sie wurden genau von S. Müller-Christensen untersucht und mit anderen ähnlichen Bändern zusammengestellt, die sich an süddeutschen Ge- wändern aus dem 11. Jahrhundert befinden. Sie kommt zu dem Schluß; „Wenn auch zur Her- stellung dieser kostspieligen feinen Gewebe in Gold und Seide eine große technische Perfek- tion erforderlich war, so glaube ich doch nicht, daß diese Goldbänder das Monopol eines indu- striellen Zentrums - wie etwa die gegen Ende des I1. Jahrhunderts aufkommenden „Polermo- borten" - gewesen sind. Das organisierte Kunst- handwerk im Bereich der höfischen und kirch- lichen Hauptplätze bot vielerorts entsprechende Herstellungsmöglichkeitenfa." Das gleiche gilt zweifellos für das 12. Jahrhun- dert. Neben den Borten aus Palermo, die immer wieder die gleichen Motive wiederholen, gab es auch Gürtel und Borten, die in Deutschland und vielleicht auch in Österreich hergestellt wur- den. Naturgemäß ist leider nur sehr wenig erhalten, doch geben die Halberstädter Bildteppi- che - mit Inschriften am Rande - einen Begriff von der Höhe des Könnens". Die Produktion von Palermo muß zunächst an den Gewändern studiert werden, die dort aus den Gräbern geborgen wurden, und an den sizilianischen Gewändern der Herrscher, die durch Inschriften gut datierbar sind. Das sind besonders iene, die sich heute in der Schatzkam- mer in Wien befinden". Den Fanones unserer Mitra verwandt ist eine Borte, die an den Kränungsschuhen verwendet wurde. Sie wird in die zweite Hälfte des12. Jahr- hunderts oder Anfang 13. Jahrhundert datiert. Sie hat Tiere und Meeriungfrauen in Kreisme- daillons. Auch im Grabe Heinrichs VI. wurde eine ähnliche Borte gefunden. Der Gurt des Reichsschwertes wurde - wie die nachträglich eingefügten Emails - wahrscheinlich in Palermo in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts gear- beitet. Er hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Schriftborte der Mitra. Die eingewirkte Inschrift wiederholt die Schrift auf der Rapierstange des Schwertes. In der Mitte wiederholen sich iedoch die berühmten buntfarbigen Bäumchen und Tier- chen, die den palermitanischen Borten gemein- sam sindu. Ähnliche, wohl auch palermitanische Goldbor- ten hat eine Kasel aus Sankt Peter in Salzburg, Kasel des heiligen Rupert genannt, auf deren Anmerkungen 13-18 (Anm. 19ff.-27 s. S. 14] "Glovanni Rigamonti, Tresor du Dome a9 Monza, Manza 196a, Abb. . 1. lm gleichen Schulz gib! es noch eine zweile Milra, wohl aus dem 13. Jahrhundert Beide bei Rohaull des Fleury, pi. DCL " München, Bayerisches Nalionalmuseum, Abb.: Gewänder, Nr. 62, KaL-Nr. 51. - Sens, Sdiall der Kathedrale. Tarra- ana, Namur, London. Alle sind abgebildet bei Chrislie s. Anm. 3), Pl. Xll f. Wahrsdi ' idi isl auch eine der Milren im Schulz von Agnani hier anzuschließen, Abb. Braun 1907, S. 469, Bild 229. " ln Regensburg, Sankt Emmeran, sind nadi mehrere Mifren erhallen, die mil dem hl. Wall ang in Verbindung ge- brachl werden (Dreger 75a). lm omscharz van Bamberg wird eine M. nach dem hl. ONo benannl, Gewänder Nr. 54, Abb. 61. Abb. des Bandes zwischen den Hörnern dieser Milra bei Müller-Chrisrensen, Clemens, Abb. 102, zu Halbersladl: J. Flemming, E. Schuberr und E. Lehmann, Dom und Damsdiafz zu Halbersladl, Berlin 1773, Abb. 160, muß Braun "W07, 471, Bild 231. Salzburger Milra reiiosa, Kalalo? 1974, Nr. 12, Abb. 7, „Ende 12." ÜKT X, T. XV, Xlll, , wo sie in die zweile Häliie des 15. Jahrhunderts dalierr wird. Aus der erslen Hällle des 13. Jahrhunderis gab es noch Sneadrirle mir Slernen beslidde Milra: UKT Xll, T. Xlll, r. . 1' Beispiele in Frankreich; Chalons-sur-Marne, Katalog, Tresors . . . (s. Anm. 3) 126. Sainl-Berlrand-de-Camminges Tresor: 439. Sainl-SerninAde-Toulouse. Beauvais, Musee Ardieologique. Sens, sog. M. des Themas Becker-Bock I1, T. 23, 1. - Lyon, Kathedrale, Dreger S. 174. Beis iele in Spanien nach Kalalag, Arie mmanica 196i: Nr. 1 04: M. de San Valera, weiß mil gelnuslerlen Goldborien. Nr. 1705: M. de San Raman mit Medaillans, darin Agnus Dei und rnanus Dei; beide im Karhedralmuseum von Roda de lsabena. Beispiele in llalien: Agnuni, Ceechelli (s. Anm. 3, S. 334] in Rom, San Marlina ai monli, M. das Puasles Silvesrer mit Stickereien: Madonna mit Kind, Engel, Srerne, um 1720, Kal. Barcelona Nr. 383a. " Rarimer, s. Anm. 11. Ders. Kafala der Cloislers, N. York 196W, S. 153. Er datiert zwischen ?231 und 1266. Katalog, Salzburg, 1'735, Nr. 55: „um 1200" (das isr wohl richlig. OKT XII, T. Xll, Mitra Nr. 1. " Vgl. I. B. das Goldfiligran auf dem Reidisaplel, der all- ernein in das 11. Jahrhunderl dalierl wird. "gingulum des Wifgarius, Müller-Chrislensen, Gewänder, Kai. 4, Abb. 1. - Stoffe aus dem Grabe des h]. llemigius: Kalalog, Tresors, (s. Anm. 3), Nr. 154. Die