. Österreichisches Museum für angewandte Kunst
l
Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung
Besucherstatistik der staatlichen
Museen und Kunstsammlungen
1976f77
Das Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung gibt bekannt, daß in den ihm
unterstehenden staatlichen Museen und
Kunstsammlungen in den Monaten
Februar 118.511
März 142.142
April 176.961
Besucher gezählt wurden.
Blickpunkte
Schweizer Fotografen von m0 bis heute:
Bei Redaktionsschluß war man mitten im Aufbau einer
Ausstellung, die das Museum gemeinsam mit der Stiftung
„Pro Helvetia" veranstaltet. Eine Ausstellung, die bereits
in zahlreichen Städten Europas lief, ausgehend von
Zürich, zuletzt in Amsterdam und London. Diese in
weiterer Zusammenarbeit mit der sdlweizerischen "Stiftung
für die Fotografie" erstellte Exhibition hat Pianiercharakter.
Anhand von 300 Fotos von 117 Fotografen entsteht über
den Zeitraum van bald 140 Jahren so was wie eine
Geschichte der Fotografie in der Schweiz. Der didlte
Programmablauf bedingt eine Straffung der Öffnung in
Wien nur bis Ende Juli.
Zwischen Industrie und Kunst:
Eine weitere auf das Design der Gegenwart bezogene
Ausstellung wird zur Drucklegung eingerichtet, Es ist
dies eine Überschau und eine Art Rechenschaftsbericht der
Textilabteilung der Stuttgarter Akademie, die seit 1'757
unter der Leitung des Wiener Prof. Leo Wollner steht.
Wie bekannt, wirken in Stuttgart auch Rudolf Haflehner
und Alfred Hrdlicka an der Akademie. Leo Wollner,
Sdiüler von Prof. E. Wimmer-Wisgrill und Mitarbeiter
Josef Hoffmanns, versucht mit ausgesudtten Arbeiten
seiner Textilklasse ein Bild zu geben van seiner [refer-
mierenden und aufbauenden) Tätigkeit in einem Zeitraum
von zwanzig Jahren. Mit dem Titel „Zwischen Industrie
und Kunst" ist der Bereich umrissen, in dem der heutige
Designer wirkt.
Außenstellen:
Schloß Holbturn: Die „Kunst des Islam" ist, wie angekündigt,
seit dem 2B. Mai 1977 geöffnet. In den zur Verfügung
stehenden Räumlichkeiten wurde vom Prof. Schlesinger und
Arch. Huber und Huber eine sehenswerte Schau einge-
richtet, deren Schwerpunkt auf den orientalischen Knüpf-
teppichen des Museums liegt. Jedodl auch die ausgesuditen
Beispiele von Keramiken, Fayencen, Gläsern, Moschee-
Iampen und Metallarbeiten runden das Bild des Islam und
seiner Welt ab. Bilddokumeritationen, eine Karte, Text-
erlüuterungen und ein umfangreidler, gut ausgestatteter
Katalog tun ein weiteres, dern Besucher Unterstützung und
Information zum Thema zu geben. Ein lohnendes Aus-
flugsziel für Kunstfreunde.
SchloB Grafenegg: Die „Große Welt von gestern" ist
das Hauptthema der bisherigen Ausstellungssaison. Emil
Orlik ist mit seinen Zeichnungen das zentrale Thema.
Anhängig ein exquisiter Obiekte-Kreis von Kostümen,
Schmuck, Glas und Keramik des Museums. Daneben lauft
weiter die Schau „GoId- und Silberschätze in Kopien des
Historismus" sowie „Metallarbeiten des Historismus".
Sdtloßmuseum Riegersburg: Zugleich mit der bereits
angekündigten Ausstellung „Holzschnitzereien und lntarsien
aus 5 Jahrhunderten" ist u. a. nach wie vor die ständige
Ausstellung „Religiöse Kleinplastik vom 16.-18. Jahrhundert"
zu sehen.
Schloß Petronell: Hier ist es nach wie vor der reiche
kunstgewerbliche Bestand des 15.-13. Jahrhunderts aus
den Sammlungen des Museums, der auch im Sommer über
dem Besucher affensteht.
Gevmüller-Schlössel - Sammlung Sabeki
Entgegen anders lautenden Meldungen bleibt diese auch
für das allgemeine Publikum attraktive Sammlung von
Empire- und Biedermeiorinterieurs und Altwiener Uhren
nun weiterhin zu den fixen Führungszeiten ieweils an
Sonntagen um 11 und 15 Uhr sowie von Dienstag bis
Freitag nach Vereinbarung zugänglich.
Original - Kopie - Fälschung:
Diese Ausstellung schloß spontan an die derzeit im Linzer
Nordico laufende Schau „Wiener Porzellan - edlt oder
gefälscht?" im Eitelbergersaal an. Sie berührt die Proble-
matik und Charakterisierung der unterschiedlichen Begriffe
Original - Kopie - Fälschung anhand von Beständen an
„Europäischem Porzellan und Keramik der Pariser Firma
Samson". Diese Fortsetzung der Urschau „Wiener Parzel-
lan - ectlt oder gefälscht?" ist dazu angetan, über den
Kreis von Fachleuten und Sammlern hinaus Interesse aus-
zulösen. I. n.
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Far West - Indianer und Siedler
im amerikanischen Westen
Neues Haus, Ausstellungshalle und
Parterresäle
Wien 1., Weiskirchnerstraße 3
2B.1.-11. 4.1977
Var einem Siedlerbild, einer Fotografie von
Anderson, um 1880-1890, wird die letzte Illusion
obgewürgt. Die vom fernen, fälsdllich romantischen
„goIdenen" Westen. Das Kind am Arm, sich auf
die Rifle stützend, eine der Urtypen des
amerikanischen Siedlers. Kahlköpfig, bartig,
hosenträgerbewehrt, vor seiner Hütte „Sunnyside".
Sonne kaum spürbar. Karger Boden, eine
Gruppe „Weißer". Frauen, Männer und Kinder,
ein Hund - Habit desolat. Ausdruck vor der Kamera
eher stoisch bis gleichgültig. Die Keuschler
des fernen Westens. Und dann das gemalte Bild
eines indianischen Zeltlagers. Zwar nomadisch,
iedadl geordnet und mobil bis zum Wigwam.
Squaws mit dem IftEIIUttiSd19n Kind auf dem
Arm, federgeschmückt, rundum kauernd pfeifen-
rauchende Indianer, Hunde. - Wie sich doch Bilder
gleichen. Aber was im ersten Kontakt dem
Tausche diente, förderte späterhin den Kampf.
Und es entbrannte das Ringen um den
urlkultivierten Baden der Ureinwohner, der Indianer.
Angefacht durch die Anmaßung der Eroberer über
den Eingesessenen, der seit 17.000 Jahren dieses
weite Land ohne Einschränkung durchzog, darin lebte.
In schrankenloser Freiheit diesesunermeßliche
Land sein eigen nannte. Der Indianer, allmählich
den „Segnungen" der Eindringlinge erliegend,
erlitt in vielen Waffengängen schließlich eine totale
Niederlage. Obwohl er sich mit letzter Kraft
wehrte, um seine Territorien kämpfte. Die
materielle und personelle Übermacht des weißen
Mannes erdrückte ihn vollends. Heute ist er zu
völliger Bedeutungslosigkeit herabgesunken.
„Stars and Stripes", das Sternenbanner, flatterte
über dieser Ausstellung vor allem der Jugend und
Kindern. 200 Jahre USAI - Amerika schidrte zu sei-
nem großen Jubiläum u. a. diese Exhibition, keine
Kunstausstellung, eher völkerkundlich ausgerichtet,
in die Welt. Noch einmal durften die Indianer
vor den Siedlern an erster Stelle stehen. Im Titel.
Das gesamte Bild der Ausstellung zeichnete in
friedlichem Beieinander ein reiches Szenarium vom
Kult- und Gebrauchsgerät ausgehend von der
prökolumbischen Zeit. Kunstgewerbe, Gemälde,
Aquarelle, Zeichnungen, Litographien, Stiche und
vor allem viel Fotografien. In allem
festgehalten Werden und Wachsen Amerikas,
herauszulesen aus vielen einzelnen, oft geringen
Geschehen. Da waren neben Gefahren und
Schrecknis der Kolonisierung auch Momente mit
Anflügen von Behaglichkeit angesichts
schlichter Möbel oder Textilien festzustellen. Zwar
eine dürftige Heimeligkeit, die aber doch nach aller
äußerlichen Unbill so was wie Siedlerluxus
statuierte.
Wesentlich neben dem stehenden Bild dieser
Ausstellung war die hervorragende Führergabe
Dr. Christian Feests - ebenso entscheidender Mann
bei deren Installierung - für die zahlreiche Jugend.
Er zog sein Publikum in unablässigem Interesse
durch die Ausstellung und erweiterte diese gekonnt
über Bild und Gegenstand hinaus in ienen
imaginativen Bereich, der gerade hier seine
besondere Wirkung erreidlte. Der ferne, wilde
Westen! Er spann, ohne es eigentlich zu wollen,
noch einmal diese große romantisierende
Faszination aus, die in uns Europäern über Amerika
nach wie vor vorstellig ist. Höhepunkte und
beliebte angepeilte Sonder-ziele u. a. das hohe
Pfostenbett des Bürgermeisters von Salt Lake City,
Ohio, aus Kiefernholz mit aufgemalter lhierzuland
Iasierter) Eichenholzmaserung, 1860-1870.
Ein wild aussehender Lehnstuhl aus Stierhörnern und
Jaguarfell, 1850-1890, aus Texas. Bemalte
Truhen, aber auch Mobiliar und Gerät sowohl der
Siedler wie auch der Indianer. In individuellster
Machart, aus schlichtestem Material, und in
gebrauchsbedingter Einfachheit.
Wir haben erwähnt, daß diese „populare"
Ausstellung eher iene Publikumsschichten
ansprechen konnte, die man nicht zu reinen Kunst-
Iiebhabern zählt. Man konnte mit ihr aber einer
Klischeevorstellung begegnen, iener, daß Amerika
als Auffangterritorium der Vor- und Vorvorväter
nur voll dunkler „GründeW-Existenzen war.
Dieses erst iunge Land, damals Neuland, hat durch
alle Wirrnisse und Schrecken auch viel
Verheißungsvolles integriert. Ungestümen Drang zu
Demokratie, Selbstkritik und bedingungsloser
Freiheit. Man könnte sagen, daß hier in
konzentriertem Maß ein reales Bild aus der Gründer-
zeit diese iunge Nation Amerika verdeutlicht hat. -
Ein Wort noch zu den bereichernden Fakten der
Schau. Man zeigte Filme, spielte ein
düsteres Melodram, spielte und sang Country and
Western Songs. Ganz „Kleina" konnten, wie vor
manchen europ 'schen „Drugstores",
um einen Schi tng, hier umsonst, auf einem
Pferdchen Indianer sein. Ein Riesen-Wigwam mit
etwas steifem Indianerhäuptling zu Pferd,
vorgezeichnete Siedlerszenerie in freier Landsd1aft,
rundeten das Entreepanorama ab. Man tat alles, um
auf natürliche Weise, vor allem des kleinen und
iugendlidlen Besuchers wegen, Eingang in
diese Frühperiode des iungen Amerika finden zu
lassen. Optimale Gestaltung der Schau durch das
bewährte Team Prof. Norbert Schlesinger und
Arch. HuberlHuber.
Letzten Endes immer wieder ein Kriterium ist es,
Besucherzahlen als „Erfolgsziffer" ins Treffen zu
führen: an die 70.000 Besucher. Als Detailergebnis
u. a. 599 Schulklassen aus Wien und den
Bundesländern bei dieser Schau.
Mit der Innenseite des Prospektes, einem „Blick
von den Wind River Mountains, Wyoming",
1860, hatte der Besudler, der die Ausstellung
verließ, wieder seine Illusion von „Far West", dem
weiten grünen Tal im sannengoldenen Westen und
ein paar „Rothäuten" im felsigen Schatten
im Kleinformat in der Tasdle für zu Hause
mitgenommen.
Ikonen aus Bulgarien
vom 9.-19. Jahrhundert
Katalog, herausgegeben vom
Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung
Altes Haus, Säulenhof, Saal I
Wien 1., Stubenring 5
17. 2-30. 5. 1977
Nach der bulgarischen Großausstellung „Gold-
schätze der Thraker" beherbergte das Museum eine
konzentrierte Ausstellung von Ikonen aus
Bulgarien aus einem Zeitraum von tausend Jahren.
Zweiundvierzig bulgarische Museen liehen
insgesamt zweihundertvier Obiekte aus Kirchen und
Klöstern des Landes. Auch diese Ausstellung
stand unter dem Ehrenschutz des Herrn
Bundespräsidenten, Dr. Rudolf Kirchschläger, und
wurde von einem beidseitigen ministeriellen Ehren-
komitee, das aus fünf Mitgliedern bestand,
vom Bundesminister für Wissenschaft und
Forschung, Dr. Hertha Firnberg, angeführt.
Immer wieder erstaunlich ist es zu sehen, wie
vielseitig die Zuordnungs- und Ahoassungsfähigkeit
der festen Architektur des Säulenhofes ist. Sie
trug wesentlich bei zu einer sakralen Grund-
stimmung, die diese Schau wesentlich prägte.
Dem konnte das notwendige Einfügen sperriger
Wandelemente kaum Abbruch tun. So schritt der
Besucher durch obskures Dunkel, das man von
Gotteshäusern kennt. Ausnahme, jedoch zum
Guten für die einzelnen Ikone, der helle Unter-
grund der Kompartimente. Um so differenzierter
kontrastierte und hob sich ab der golddurchsetzte,
palydtrame Charakter der Ikonen. Vor allem
brachte diese Ausstellung erneut die besondere
Stellung der Ikone, des heiligen Bildes als solches,
ins Bewußtsein. Wenn man sich dazu in Erinnerung
ruft, daB das Bild in seiner letzten Konsequenz in
der zweiten Hälfte unseres Jahrtausends umstritten
war. Der Ausstellungskörper umfaßte Ikonen,