J6zef Grabski Leon Chwistek und sein „Strefismus" in der Malerei Auf der bunten Kunstbühne in Polen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wo die ver- schiedensten Kunsttendenzen, Leistungen und Richtungen zusammentrafen und sich bekämpf- ten, scheint die Persönlichkeit von Leon Chwistek (1884-1914) eine derinteressantesten zu sein. Dem Wiener ist Leon Chwistek nicht unbekannt, eher aber als Professor für Logistik und Philosophie an der Universität Lemberg. Er unterhielt die engsten Kontakte mit dem „Wiener Kreis", vor allem mit Moritz Schlick, Josef Menger und F. mann. Er ist aber dem österreichischen Kunst- Kunst- von Farb-, Licht- und lnhaltszonen auf der BildflöcheDer Künstler gruppiert ieweils ähnliche Formen separat. In einer Zone sammelt er die kreisförmigen, runden und ovalen; in einer zweiten die quadratischen, rechteckigen Formen und in der letzten etwa die dreieckigen, spitzen. Die ähnlichen Formen, miteinander gruppiert, werden von andersartigen Formen getrennt. Den Formenzonen entsprechen klar getrennte Farb- zonen. Derart versucht Chwistek eine logische und klar bezeichnete Ordnung in die Bildfläche einzuführen, er sieht damit die Möglichkeit, einen neuen Stil zu schaffen. Der Strefismus und die ldeen über die Kunst und über die Be- ziehungen zwischen Wirklichkeit und Kunst von L. Chwistek ergaben sich aus seinen damaligen Forschungen im Bereich der Philosophie und Ästhetik. ln seiner philosophischen Theorie, die er „Vielheit der Wirklichkeiten" niedergeleg betrachtete Chwistek die künstlerischen Pr: und gab dort den Grundriß seiner Ästhet er später in der „Vielheit der Wirklichke der Kunst" erweitern würde. Die Theo: Strefismus gehört zu den interessanteste danken über die Kunst, obwohl sie ziemli nig bekannt ist und im Schatten der „'l der reinen Farm" von S. l. Witkiewicz ( cy)' und des Unismus von W. Strzemiriski Vom theoretischen Gesichtspunkt ist der . mus auch deswegen bemerkenswert, weil sierend sowohl auf der Analyse und di lebnis der alten Kunst, besonders der A der Renaissance und der ukrainischen lkor lerei, als auch auf dem Kubismus, Futu polnischen Formismus undderVolksmalere freunde auch bekannt. Eines seiner Werke war 1976 in der Wiener Secession bei der Ausstellung „Polnische Kunst 1900-1975" zu sehen". In letzter Zeit kann man ein immer wachsendes Interesse für das wissenschaftliche, literarische und künstlerische Schatten dieses polnischen Philosophen beobachten. Sowohl seine mathe- matisch-logischen als auch künstlerischen Tätig- keiten erwecken immer größeres lnteresse. Die immer zahlreicheren ihm gewidmeten Publika- tionen sowie die Ausstellungen seiner Malerei sprechen dafüri. Der wenig bekannte Begriff des Strefismus be- zeichnet eine interessante Leistung in der polni- schen Malerei der zwanziger und dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts, die von ihm erarbeitet und in der Praxis angewandt wurde. Der Strefismus, (von poln. „streta" : Zone, Streifen), die Zonen- theorie und ihre Praxis, besteht in der Anordnung 48 4 L. Chwistek, Festessen, 1923, Nationalmuseum, Warschau Anmerkungen 1-7 'Palnische Kunst 1900-1975, Secession und ihre Nach- wirkung, Wiener Secession, 9. Jänner bis B. Februar 1976-, Kuh-Nr. 3. 1 Die Bibliographie von und über L. Chwistek im K. Estrelcher, Leon Chwislek. Eiagratia arlyst 11884-1944), Krakow 1971, und in: J_ Grabski, Der gtrefismus in der Malerei, die Zonentheone Leon Chwisleks Kunst- doklrin und deren Praxis, Dissert. Univ. Wien 1976. J l.. Chwislek, Wielosö rzeclywistoäci w sztuce, „Prleglud Wspolczesny", Ed. IX, 1994, S. 79-95. 'S. I. Witkiewicz, Nowe formy w malarstwie, Warslawa 1919. SW. Slrzeminski, Unizrn w malarstwie, Warszawa 1928. ' Um 1915, nach- K. Estreicher, op. cit., S. 726, 7 Die künstlerische Enlwidrlung L Chwisteks in; J. Grab- ski, ap. (it., S. 63 U. Bogen bis zur rein konstruktivistischen u geometrischen abstrakten Malerei schafft. ln einer Äußerung charakterisiert Chwistel Art des Verstehens der Zone und des Stre folgendermaßen: „Unter einer Zone verstz einen Teil des Bildes, der so begrenzt is man zwei beliebige Punkte dieses Teils i den kann, ohne aus diesem Teil hinauszu Jede Form und iede elementare Farbe Schwarz und sechs Regenbogenfarben) l nur eine Zone haben. lm übrigen gibt trennte Zonen für die kleinen und große men, für das Licht (die hellen Farben], f: Schatten (die dunklen Farben) und endli konkaven und konvexen Zonen". Eines der ersten strefistischen Bilder ist Bildnis der Schauspielerin lza Kozlowskc 1922-1925]. Dem unteren Bildteil, der mit S-törmigen, dekorativen Linie, die noch V14