7 Frank Kupka. "Nocturneu. 1910. Ol. 86x66 cm 8 Hans Staudacher, Aktionsmalerei autoritärer Systeme der Zwischenkriegsepoche; mit Kasimir Malewitschs "Schwarzes Quadrat-- (ca. 1913) war das extremste Nein zum Menschen als Mittelpunkt gegeben. ln Österreich war offen- bar zu jener Zeit kein rechter Boden für diese letz- ten Konsequenzen. Offensichtlich ein Erbe katho- lisch-barocker Lebens- und Leibesbejahung. Die wenigen abstrakt arbeitenden Künstler jener frü- hen Jahre. etwa Johannes ltten (1916-1919 in Wien) und der Oberösterreicher Herbert Bayer wanderten sehr bald nach Deutschland aus und fanden sich im Bauhaus wieder. Erst in den Jahren nach der deutschen Okkupation schuf eine ganze Anzahl junger Österreicher, wie in einem großen Nachziehverfahren von Versäum- tem, freie Figurationen. Johannes Fruhmann ge- hörte mit seinen 1950 entstandenen Kompositio- nen zu den ersten, die mit abstrakten Bildern her- vortraten, ebenso Maria Lassnig und Arnulf Rainer, Diese Bilder gingen einerseits aufeinen Akt der Be- freiung von dem faschistischen Druck zurück, wa- ren eine Dokumentation der gewonnenen Freiheit und des subjektiven Willens zu Neuem, anderer- seits aber auch ein Zeugnis des in den Jahren des Grauens verlorenen Glaubens an den Menschen, Nur bedingt können Jose1MikI und Wolfgang Hol- lega hier genannt werden. immer bleibt ihre Bin- dung zum Gegenstand. bei Mikl in seinem Röhren- system, zur menschlichen Figur gegeben. Unbe- dingt aber sind die Objekte Hans Bischoffshausens hier zu erwähnen und die Aktionsmalereien von Hans Staudacher. Beide Künstlersind ausgeprägte Individualisten, die ihre eigenen Wege gehen. in der Gruppe Theo Braun. Ludwig Merwart und Günther Kraus treffen wir schon auf geordnete. zu geometrischen Formen führende Kräfte. die, ähn- lich wie die Schöpfungen der Bildhauer Karl Prantl und Fritz Hartlauer. irrationale, oft auch metaphy- sische Hintergründe anpeilen. Ein ikonoklasti- sches Element scheint stark vorherrschend. es ist puritanisch und im Grunde genommen der öster- reichisch-barocken Lebensauffassung eher fremd, Gerade bei den Plastikern gibt es aber auch etliche Künstler, die sich entschlossen haben. gewisse Ei- genschaften des heutigen Lebens, Erscheinungen. die in unserer Welt eine große Rolle spielen. in eine sichtbare, alle Menschen berührende Form zu gie- ßen. Etwa Rudolf Hoflehner die Kraft, Wander Ber- toni die Bewegung, Josef Schagerl die Strahlung. Franz Katzgraber die Verletzbarkeit und Mathias Hietz und Hermann Walenta das Wachstum. Eine wichtige Ankündigung der Wende im Kunst- verständnis unserer Zeit war die Ausstellung "Die figurative Malerei in Europa" des sPremio Marzot- to-Europa per la Pittura" in den Räumen des Oster- reichischen Museums fur angewandte Kunst in Wien im Jahre 1968. International anerkannte Künstler aus vielen Staaten waren vertreten. Die Wiener Kritik reagierte nur zögernd und uneinheit- lich. erfaßte durchaus nicht, was sich hier ankün- digte. Den Durchbruch der neuen Gegenstandlich- keit und die Auferstehung des Leibes brachte dann eine Ausstellung in der Hauptanstalt der Zentral- sparkasse der Gemeinde Wien im Jahre 1969. die den Titel "Figur-r führte und die Werke von Georg Eisler. Alfred Hrdlicka. Fritz Martinz, Rudolf Schonwald und Rudolf Schwaiger zeigte. Ganz bewußt und provokant stand der Leib der Menschen sehr realistisch und übergroß im Blick- feld, und dieser Leib war geschunden, deformiert und von den verschiedensten Geschehnissen die- ser Welt - es scheint durchaus nicht die beste aller Welten zu sein - gezeichnet. In Eislers Aussage tritt das Politische in den Vor- dergrund. Der Mensch als Verfolgter eines Terror- systems. Schonwald kennzeichnet die Auswüchse der Verirrungen im Sozialgefüge und übersteigert, karikiert den Leib des von seiner Position gepräg- ten, Martinz stellt in riesigen Bildern das nackte