. Österreichisches Museum für angewandte Kunst Blickpunkte Im Zuge einer allgemeinen Entwicklung und als eine kunstpolitisch gesehen äußerst erfreuliche Erscheinung ist die der -Kindertührungen- in Museen zu betrachten. Auch das Österreichische Museum für angewandte Kunst kann sich ab nun in die Reihe aller jener Institu- tionen stellen. bei denen r-Kinderführungen" zum festen Bestandteil ihres Programms zählen. Dr. Angela Völker. die Leiterin der Textilsammlung des Hauses. hat hierin die Initiative ergriffen und will in regelmäßigen Abstan- den unter dem Thema nKunst für Kinder im Museum" damit beginnen. ein Fundament zu legen. das dem Kind ermöglicht. von früh an ein beziehungsreicheres Verhältnis zur Kunst und ihren Äußerungen zu bekom- men. Denn nur so bildet sich das dann verständigere Publikum von morgen. Soweit bekannt. werden diese Kinderfuhrungen an jedem ersten Sonntag im Monat stattfinden. Stammhaus: In Vorbereitung derzeit die Ausstellung i-Franka Lechner. Bildteppiche und Gouache-Collagens. Eröffnung am 9. 3. 1978. Knapp vor Redaktionsschluß erfolgte am 27. 2. 1978 die Eröffnung einer von der Hochschule für angewandte Kunst etablierten Schau in der Ausstel- lungshalle des Neuen Hauses r-Der Architekt Oswald Haerdtl". Eine Exklusivveranstaltung. eine Modenschau. "Laghani präsentiert Laura Biagiotti. Rom". fand am 23. 2. 1978 im Säulenhof statt. Als Novum im Bereich der gefragten Porzellan-Seminare gibt es 1978 -Seminare für Ausländers: -Meißener Marken" vom 17.-19. 6. 1978 und i-Wiener Porzellan - echt oder gefälscht?" vom 7. -9. 10. 1978. Die Fotoabteilung setzt ihre bereits hier in Vorheften angekündigten drei Seminare für Kunsterzieher und bildende Künstler weiterhin fort. Im Eitelbergersaal hat sich nach Schließung der Ausstel- lung "Original-Kopie-Fälschung. Europäisches Porzellan und Keramiken der Pariser Firma Samson" im Übergang eine weitere kleinere Spontanschau "Der Bildhauer und Keramiker Hugo F. Kirsch (187}1961)i- etabliert. Auch sie soll Begonnenes fortführen. Kontakte zum . Publikum herstellen. In gleicher Weise wie bisher sind Sammler und Kenner sowie Liebhaber und Interessierte eingeladen. eventuell in ihrem Besitz befindliches Samm- lungsgut über diesen vielseitigen Künstler im Austausch zu Demonstrationszwecken zur Verfügung zu stellen. Außenstellen: In zwei Fällen. dem Geymüller-SchlössellSamrnlung Sobek sowie dem Kunstgewerbemuseum Schloß Petro- nell. wurde die Winterpause beendet und mit den im Vorjahr. 1977. gezeigten Ausstellungen und Sammlungs- gruppen die Saison am 1.3. 1978 eröffnet. Das Schloß- museum Riegersburg ist ab 1. April 1978 wieder für den Besuch offen. Schloß Gralenegg. die Quasi-Außen- stelle. wird heuer die vom Museum zum Teil ganz oder teilweise beschickten Ausstellungen der Vorjahre weiter oflenhalten und als niederösterreichische Gastausstel- Iung die eGermanen. Awaren. Slawen in Niederöster- reich." beherbergen. Dazu wie bisher über das ganze Jahr bis in den Dezember eine Reihe von Sonderveran- staltungen. die in dem historisch prächtigen Rahmen einen besonderen Reiz auszuüben vermögen. Aus den Anfängen des Jahres heraus hat das Museum unter seinen zahlreichen Vorhaben das Projekt der sogenannten "Biedermeier-Ausstellung in London- in Bearbeitung. Diese vom Victoria and Albert Museum. London. initiierte Schau vereint eine Reihe österreichi- scher Institute zusammen mit dem Österreichischen Museum in einer Aktion. in Kooperation mit der Albertina und der Osterreichischen Galerie. den Museen der Stadt Wien sowie Privatsammlern sind unter anderem Gemälde von Füger. Krafft. Daffinger. Gauermann. Waldmuller. Ender. Fendi u.a. sowie von Museumsseite Möbel. Glas. Porzellan. Uhren u.a. hiefür vorgesehen. Die Vorbereitung wird konkret mit der Abgabe der Katalogtexte der einzelnen Sachgruppen Ende Juli 1978 vorläufig im wissenschaftlichen Bereich enden. jedoch in den restauratorischen und konservatorischen Belangen sich bis zum Ende des Jahres ausdehnen. Auf die nächsten Aktivitäten noch kurz eingehend; dem Rektor der vergangenen Jahre in der Hochschule für angewandte Kunst. Prof. Carl Unger, wird eine größere Ausstellung gewidmet werden. in der dieser vom 28. April bis 18. Juni 1978 Malerei. Graphik und Entwürfe zeigen wird. Die Bibliothek und Kunstblattersammlung bereitet eine Ausstellung unter dem Titel -Herrn Eiedermeiers Wunschbillett" aus eigenen Bestanden vor. die am 8. Juni eroflnet werden wird und voraussichtlich bis zum 29 Oktober dauert lrri Frühsommer wird eine weitere Ausstellung. "Gobelins von Fritz Riedl". in der Ausstellungshalle des Neuen Hauses eröffnet werden. l.n. 60 Eduard Bäumer 1892 - 1977) lbilder. Aquarelle, Grafiken Neues Haus, Ausstellungshalle Wien l.. Weiskirchnerstraße 3 2.12.1977-29.1.1978 Eduard Bäumer war es nicht vergönnt. diese stille Weihestunde der Eröffnung seiner großen Ausstellung noch selber zu erleben. Wie bekannt. riß ihn ein tragi- sches Schicksal aus seinem späten. noch so intensiven Künstlerleben. 1892 in Castellaun im Hunsrück zur Welt gekommen. hatte er eine unruhige Jugend. machte früh schon über seine Lehre Bekanntschaft mit seinem späteren Metier. erfuhr früh die Größe der Philosophen. lernte rasch. auf eigenen Beinen zu stehen. Wechselhaft verlief in diesen frühen Berufsjahren sein Leben. bis er allmählich über Schulen - u.a. die Städelsche - und Studienreisen zur freien Malerei fand. Von früh an suchte er seine künstlerische Heimat. fand sie im Süden. in Italien. Sich als Deutsch-Römer bezeichnend. offenbarte sich ihm ahnlich Goethe und Tischbein. deren Seelen dem Mediterranen weit offenstanden. der Zauber dieser lichten Welt. Bäumers Wesen konnte man anhand des zur Ausstellung gezeigten. ihm gewid- meten Dokumentarfilmes gut nachspüren. Da lebte und ging er völlig auf. in der wild-jungfräulichen Land- schaft Kalabrlens. Man empfand. daß er unausgesetzt Natur. Landschaft. gleichsam mit den Augen im Vorüber- streifen malte. auch ohne den Pinsel in der Hand zu haben. So erspürte er dann - randvoll mit Natur - vor der Leinwand das Bestimmende einer Landschaft. aus für ihn sichtbaren Strukturen und Farben. die er zu eigener Sprache brachte. Schafft in der einmal gefun- denen malerischen Sprache wie im Sinne Rilkes. der da meinte: w. . . wie sehr das Malen unter den Farben vor sich geht. wie man sie ganz allein lesen muß. damit sie sich gegenseitig auseinandersetzen. Ihr Verkehr untereinander: das ist die ganze Malerei." - Eläumers Bildern. vor allem seinen späten. haftet jene reife Verklä- rung des zutiefst erfahrenen Künstlers an. die sie so Iicht. spontan. doch gefügt in einer großen kompositori- schen Ordnung erscheinen lassen. Bäumer moduliert Helligkeit. und seine Bildräumlichkeit lebt aus der farb- starken Aussagekraft. den Spannungsreizen strukturaler Gesetzlichkeiten. Nichts ist dramatisch gesehen und dennoch dramatisch in der Pastosität und im Duktus eines festen. instinktiv bewußten Pinselstrichs. Statt Bewegung schafft er urgründige Ruhe. malte nicht aus der Oberfläche. sondern aus der immanenten Tiefe. Schafft das Essentielle. Elementare der Natur. fügt im Verein mit dem Kosmischen alles zu einem festver- schränkten Bildorganismus. Eine ganz besondere Beziehung hatte der Künstler zum Meer. Er sagt: -Das Meer ist ja eigentlich - ich könnte fast sagen - das wichtigste." Und doch in nur ganz wenigen Werken ist das Meer füllendes Thema. ihm zwar tief vertraut. doch fast ehrfurchtige Scheu hinderte ihn. dieses öfter zu malen. Weil er es so sehr liebte. weil Himmel und Meer so sehr eins waren in ihm? Traurigstes Kapitel in Bäumers Leben. das. was er die gute Mitte seines Lebens nennen sollte. war in seiner Künstlerschaft. verdammt zu sein. Als "entartet" verdammt zu werden. Trug in der wohl kritischsten Phase seines Lebens jenes Stigma. das einen Künstler. der so sehr schaffen mußte wie er. wohl tief im Innersten verzweifeln ließ. Gewiß stand er mit diesem ideologisch-temporären. nfürchterlichen Makel" behaftet in einer Reihe Großer wie Kokoschka. Dix. Kandinsky. Klee. um nur einige zu nennen. Zu lose aber waren damals die Verbindungen der Künstler untereinander. um sich solidarisch manife- stieren zu können. Daß es den Begriff "entartete Kunst" heute noch und wieder gibt. beweisen jüngste Äußerun- gen von Personen aus Staaten. die Kunst nur als eine im Dienste des Staates oder der Staatsform getragene sehen wollen. Man verlauft sich dabei. solche entartete Kunst als abwegig. als Kunst. die in das Irresein fuhrt. abzutun. Wir vermögen kaum zu erahnen. wie sehr das zusammen mit Entbehrungen seiner früheren Zeit Bäumer treffen mußte. Ein Wunder. daß sein eher puri- tanisch-ordnendes Naturell nur mehr in seiner Malerei Sinn seines Daseins erkennen wollte. Bei der Einrichtung der Ausstellung. die das Werk des Künstlers erstmals so lebenumfassend präsentieren sollte. standen 300 Werke zur Wahl. Man reduzierte in Verein mit Angelica Bäumer. der Tochter des Künst- lers. später auf 250 Bilder. Aquarelle und Grafiken. Eduard Bäumer erhielt so eine lichte. lockere Schau ohne Pathos. wie das seinem Leben und seiner Person entsprach. K ker verstiegen sich dazu. "von einer schönen ÄLISSIGIIIJTIQK ZU berichten. Eduard Bäumer war. wir setzen diese Hauptsache ans Ende. Lehrer an der Akademie für angewandte Kunst durch volle 15 Jahre. 1948 -1963. Und er war einer der denkbar besten. denn er wurde von seinen Schulern wirklich verehrt und geliebt. Das will etwas heißen in einer Zeit. in der alles immer flüchtiger. unpersönlichen oberflächlicher wird und im Grunde nichts mehr so richtig unter die Haut geht. Bäumer war ein guter Nach- bar des Museums. den man wenig bemerkte. dessen Begegnung jedoch stets erfreulich war. Er zog durch seine stille Vornehmheit. seine Natürlichkeit einen in den Bann und lebte so. wie er malte. und malte so. wie er lebte. am liebsten in seiner Natur. oft dort auch mit seinen Schülern. Zuletzt aber verlor er nicht nur seines hohen Alters wegen. sondern sicher auch. weil sich alles in der Welt und rundum so sehr zum Unguten änderte. die Freude an seiner südlichen Wahl- heimat. Sein Tropea entbehrte vollends der Reinheit. des Wunderbaren jener ersten Begegnungen. und die Freude an seiner Künstlerschaft verfiel mit der zunehmenden Technisierung. lnfernalisch schon dröhnte das Rattern der Motoren. das Aufheulen der Vespas in seinen Ohren. Ein weises Schicksal scheint Eduard B'aumer zur rechten Zeit abberufen zu haben. Der Mor- genmensch Bäumer ging riauf Taubenfüßen" (Nietzsche). im Geiste Fenelons ß-Cest avoir Dieu que de Vattendre". Magda E. Paszthy Raum- und Wandtextilien Katalog Neue Folge Nr. 48 Altes Haus. Saal l Wien l.. Stubenring 5 18. 11. -30. 12. 1977 (verlängert bis 15. 1. 1978) Die moderne Textilkuhst hat durch eine Gruppe von Künstlern. die sich mit sogenannter Raumplastik be- merkbar machte. neue Aspekte bekommen. Das Bestre- ben. aus dem zweidimensionalen. aus der Flache. in den räumlichen. den dreidimensionalen Bereich vorzu- dringen. kann. wie in unserem Falle bei Magda E. Pasz- thy. als der "große Sprung in den Raum" bezeichnet werden. Das Österreichische Museum für angewandte Kunst mit seiner reichen Sammlung an Textilkunst versucht. an alte Traditionen anknüpfend. auch zeitgenossischen Textilkünstlern zu Präsentationen zu verhelfen. Im Zuge des kulturellen Austauschprogramme Österreich- Ungarn kam Frau Paszthy in das Museum. um hier neuere Werke zu zeigen. Sie stellte nicht zum ersten Mal in Österreich aus. An einem der ersten Ausstellungstage konnte man folgendes beobachten. Junge Absolventinnen der Textil- fachschule Spengergasse - wie sich später herausstellte - kamen spontan. ohne Auftrag. die Ausstellung anzuse- hen. Nach der Besichtigung standen sie beisammen. ratschlagten. Auf eine Anfrage bekam man die synchrone Antwort. --Wir wollen Frau Paszthy unsere Eindrücke möglichst prägnant wiedergeben!" Ein Besucherbuch lag auf. Wir lasen nach. Eine mehrfach kontinuierlich formulierte Aussage: w. . . Leise emanzipativ tendiert. - da sie sich als Frau in der Kunstszene so aktiv zeigen. - und wir glauben. daß Ihre Arbeit Sie sehr ausfullt und sehr glücklich machtl" Anstatt Unterschriften. als kollektives Signum. ein von Violett bis in Rot nuan- cierter eingeklebter Wollknoten. Eine originelle Art. Ausstellungen zu kommentieren. vielleicht von wirkli- chem Nutzen für den Künstler. Keine Frage. daß hier nicht üblich kritisch betrachtet. daß eher emotionell. quasi von Frau zu Frau. eine amical akzentuierte kollek- tive Meinung wiedergegeben ist. Vielleicht vnur" eine kleine Begebenheit. die aus dem Routinebetrieb eines Museums etwas herausragt. So wie das Auflegen eines Besucherbuches. das Frau Pazthy sich nicht scheute. Meinungen sammelnd. vorzulegen. Altmodisch") Ja und nein. doch hierdurch ein klares Zeichen des Ver- ständnisses. ja der Zuneigung einer oft zu Unrecht als oberflächlich verschrienen Jugend manifestiert. Künstler von heute leben weniger denn je im elfenbei- nernen Turm. Im Gegenteil. sie gehen mehr und mehr unter die Leute. wollen mit Recht wissen. wie sie. wie ihre Kunstäußerung ankommt. Zur Künstlerin. Wer Frau Paszthy über ihr Werk -genau auf die Finger schaut". merkt sofort. wie wenig grob sie mit ihren so unfeinen. rohen. grobstrahnigen Materia- lien verfährt. Abgesehen von ihren großen. hängenden Formen ist sie eine exzellente Bildnerin kleiner und feinster Schlingungen und Verknüpfungen in Reliefs und flachen Stücken. die sie zu starker figurativer Wir- kung bringt. Im wahrsten Sinne des Wortes verdreht und formt. Wenn wir es genau sehen wollen. ist der in Zusammenhang mit ihrem Werk von einem ungari- schen Kunsthistoriker formulierte wgroße Sprung in den Raum" eher philosophisch zu deuten. weil hier eher von Hängen bzw. vorn Fallen die Rede sein mußte. Frau Paszthy ist völlig autark im Erspüren von Formen. die zu erarbeiten das spröde Material zuläßt. Naturgemäß stellt sich die Frage nach der Verwendung