Christian Witt-Dörring Die Farbgebung der Möbel am Wiener Hof während der Regie- rungszeit Maria Theresias Die lnnenraumgestaltung während der Maria-The- resianischen Regierungszeit wird durch ein deutli- ches gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis von Wanddekoration bzw. -architektur und mobiler Ein- richtung gekennzeichnet. In besonderem Maße ver- deutlicht der Konsoltisch diese Beziehung. die zwi- schen Wand und Möbel besteht. Dieser Tischtyp mit nur zwei Beinen ist nicht mehr selbständiger, beliebig aufstellbarer, bewegbarer Einrichtungsgegenstand, sondern Teil derWand. an der er befestigt ist. Seine äußere Erscheinung hat sich demnach der Wanddekoration in Material, Farbe und Dekor anzupassen. Dasselbe Abhängig- keitsverhältnis ist auch an der mobilen Einrichtung eines Raumes feststellbar. Deren Oberflächenge- staltung mußte in Material und Farbgebung mit der Wandvertäfelung, beziehungsweise Wandbespan- nung harmonisieren. Der Wiener Hof folgte hier dem damals in ganz Europa verbreiteten französischen Geschmacksvorbild der lnnenraumgestaltung, für dessen Verbreitung vor allem J.F. Blondels --L'Ar- chitecture Francaiser- von internationaler Bedeu- tung war. In seinem Kapitel über das Möbel im Rah- men der lnnenarchitektur gibt er Auskunft über die Probleme der Farbgebung: n . . .Les bois de ces meublessontdoresou seulementpeintsdela merne couleur des lambris. ce qui fait egalement un bon ef- fet, selon la convenance de la piece . . M gemacht werden. An dieser aus acht verschiedenen Sitzgarnituren bestehenden Schloßausstattung sind deutliche Qualitätsunterschiede an Dekor und Fassung bei den einzelnen Sitzgruppen festzustel- len. Zwei der acht Garnituren stechen durch die Qualität ihrer Dekorschnitzereien und ihrer aufwen- digen Goldfassung aus der gesamten Schloßhofer Ausstattung hervor. Während die sechs anderen Sitzgarnituren eine einfache weiß-goldene oder graublau-weiße Fassung erhielten. sind die beiden vorhererwähnten Garnituren in Weiß und zweifarbi- gem Gold gefaßt. Außer durch die kostbarere Fas- sung unterscheiden sich die beiden Gruppen noch durch eine exklusivere Sitzmöbelzusammenstel- lung von den übrigen. So setzt sich heute die erste Gruppe aus einer Ottomane (Abbß), drei Armlehn- sesseln, 7 Sesseln und 6 Taburetts zusammen; die zweite besteht aus einer "Duchesse en bateauu (Abb.2), vier Armlehnsesseln, einem Fluhebett und 7 Taburetts. Diese zwei Sitzgarnituren können da- her durch die kostbare Fassung sowie durch die vorhandenen Armlehnsessel, die Ottomane und die Duchesse (alles Sitzmöbeltypen, die nur den rang- höchsten Personen zustanden) als ursprünglich zur Einrichtung der kaiserlichen Wohnräume in Schloßhof gehörend angesehen werden. Billige Weichholzmöbel. die für untergeordnete Räumlichkeiten, wie Dienerwohnungen oder Büro- räume. in Verwendung standen, wurden entweder einfärbig oder in der Art verschiedener Holzarten gestrichen. Unter den einfarbigen Fassungen er- freute sich das Grün besonderer Beliebtheit. Als Beispiel dafür können die 1743 in die heutigen Schatzkammerräume transportierten alten grünge- strichenen Kästen angesehen werden: w . . . ltem die I Konsoinscn, unoe Dlllll geiaui, iiscnpiaue ienn, lau! 62,5x77,5 cm, Wien 1769170, Entwurl von Johann Bergli); ehemals in den Schönbrunner Bergl-Zimmern aufge stellt, letzt lm Bundesmobiliendepot. 1 Martin van Meylens, Kaiser Franz l., Maria Theresla und elf Ihrer Kinder; Wien, Schloß Schönbrunn. Das Hofzeremoniell setzte zur Akzentuierung und genaueren Bestimmung gesellschaftlicher Rangun- terschiede die mehr oder weniger kostbar ausge- führte Fassung der Möbelstücke ein. Am besten läßt sich dies an Hand der diversen Sitzmöbel verfolgen. Als eines der prägnantesten Beispiele kann hiefür der Thronsessel angesehen werden, der durchwegs die kostbarste Fassung. nämlich ganz in Gold. auf- wies. Erhalten hat sich am Wiener Hof kein einziges Exemplar eines Thronsessels. Aus diversen zeitge- nosssischen bildlichen Darstellungen und archivali- sehen Quellen ist man jedoch über deren Erschei- nungsbild informiert (Abb.1). Auch kann die gleiche Beobachtung an der in den 70er Jahren des 18. Jh.s für Schloßhot gelieferten Sitzmöbelausstattung 8 obbemelte Kästen in der Schaz Camer grien anstrei- chen lassen, 9 Kästen allenthalben. ltem den groß- ßen langen Kasten mit 6 Thiren. und ein Kasten mit dem neuen Fuß allenthalben angestrichen, und außgebessert. dem anstreicher darvor be- zahlt. . .9 Fl. 30 xrF-i Weiters ist ein am 7. Mai 1743 vom Kammertischler Peter Kofler in das Kammer- zahlamt gelieferter wgroßer Schreibtisch für 2 zu- schreiben gemacht mit 2 Schubladen. die Laden mit 2 Schlösser und 2 Schlißßl darzur angeschlagen oben herum mit einem Geländer diesen grien an- streichen lassen . . überliefert." Das Anstreichen der diversen Möbelstücke nach Art verschiedener Holzarten warwährend dergesamten Regierungszeit Maria Theresias am Wiener Hof ver- Anmerkungen 1-12 In den Anmerkungen verwendete Abkurzungen HHSA Haus-Hol- und Staatsarchiv HWI' Hulwirtschaftsamt [HHSA] HKAB. Obersthotmeisteramt: Hofkonlrolloraml. Hot-Controlor Amts Auszug Buch (HHSA) HKA Holkammerarchiv ' J.F.Blonda , [Architecture Francaise, Pans 1752,1.Bu.,s 1221i HKAB. 1741-43. 001.246 und 1743-46 101.63 Eine exotische Hulzarl. die lur die Tatelung des Schonbrunner "Mllllonenzimmers" verwendet wurde Als "Indianisches Hclz- wurden im 1a Jh die meisten exotischen Holzarten bezeichnet. aus: meas, reise ums; 174346; l0l.32v. HKAE. 1743-45, loLClCiv. ' HKAB. 174143, 101 186V. "' Hwl. rote Nr2(176B], fol.147v. " Hwl. rote Nr.1 (1766-57). iul.l21v. " HWI. rote Nr.1 (1765-67), fdl.121v.