Glücklicherweise war das Schicksal dem eKarlslu- ster Tisch-r freundlicher gesinnt als seinem Gegen- stück im Wiener Museum. Denn. - obwohl Schlot! Karlslust wegen seinereinsamen Lage in den weiten Wäldern entlang der Thaya, an der nördlichen Grenze Niederösterreichs. während der ersten wir- ren Jahre der Nachkriegszeit höchst gefährdet war- blieb das Schloß ohne nennenswerten Schaden und das für uns so wichtige Tischchen völlig intakt. So konnte es 1965. wieder anläßlich einer Ausstellung zum Gedenken des Wiener Kongresses. als Haupt- stück unter der ausgewählten Gruppe von Möbeln gezeigt werden'. Diesmal wurde aber nicht ver- säumt, den Wortlaut der Signatur im Ausstellungs- katalog festzuhalten: B. HOLL BDM WIEN (Abb. S). Schließlich hat dann Georg Himmelheber mit vor- bildlicher Gewissenhaftigkeit auch die Stempeiung der Signatur und ihren Platz "auf der Kante einer Schubladenseiterr vermerkt". Von da an wußte man also wenigstens überdie Art. wie Holl seine Arbeiten zu signieren pflegte, genau Bescheid und kannte den Anfangsbuchstaben seines Vornamens. Seine Person allerdings blieb nach wie vor im Dunkel und rätselhaft. Die Wendung brachte - wie schon so oft -ein purer Zufall, weil der erste Hinweis von einer Seite kam, von der man ihn niemals erwartet hätte. Wiederum betrifft es eines der schönsten Möbel aus der Samm- lung des Österreichischen Museums und nochmals einen Damenschreibtisch, dessen Charakterisie- rung sich einstmals nur in Superlativen ausdrücken ließ. das aber nach dem Krieg am Bergungscrt so brutal und sinnlos zugerichtet wurde. daß die Be- schädigung einem Totalverlust nahekam (Abb. 7. 8 9)9. Als dennoch nach langem Zögern wenigstens eine Konservierung ins Auge gefaßt und zu diesem Zweck das Möbel einer genauen Überprüfung un- terzogen wurde. machte der in den Werkstätten des Museums damit betraute Tischler" eine unerwar- tete Entdeckung. An der Unterseite einer Ablage. die sich seitlich aus dem herunterklappbaren Schreib- pult herausziehen läßt (Abb. B), um Kerzenleuchter oder Schreibutensiiien daraufzustellen. fand sich ein Zettel mit folgender Inschrift aufgeklebt: wBene- dickt HolLlBürgl: Dischler meisterlin WienlAnno 1799er (Abb. 10). Aufgrund dieses Vermerks. der nicht nur den so lange unklar gewesenen Vornamen enthielt, son- dern auch die Abkürzung BDM eindeutig entschlüs- selte - bisher waren für deren Auflösung zwei Ver- sionen offen gewesen. die entweder "Bürgerlicher- oder Befugter Dischler meistere lauten konnten -. aufgrund dieses Vermerks also waren endlich die Voraussetzungen gegeben. mit Archivforschungen 2 4 zu beginnen. um der Person Holls auf die Spur zu kommen. Sie haben folgendes Ergebnis erbracht. Benedikt Holl war kein gebürtiger Wiener. Vielmehr war er aus Ellwangen in Württemberg zugewandert. Am 24. März 1791 hat er das Bürgerrecht in Wien i-ausgerichta" und am 2. Jänner 1796 im Dorn zu St. Stephan die --J(ungfer) Catharina Riglerin, eine Dienstmagd. gebürtig vonZirstorf(Ziersdorf) in Uzö: (Unter Österreich : Niederösterreich)" geheiratet". im Trauungsbuch wird er als rrDer ehrengeachte H: Benedikt Holl. ein bürgl. Tischlermeister gebürtig von Elwangen (sic) im Reiche bezeichnet. Als Alter gab er41 Jahre an. Gestorben ist eram 5. März1B33. mit 80 Jahren. wie es im Totenbeschauprotokoil heißt". Stellt man dieser Eintragung jene im Trau- ungsbuch gegenüber. so ergibtsich darauseine Dif- ferenz von zwei Jahren. Nach dem Totenprotokoll wäre das Geburtsjahr 1753 gewesen. bei dem im Trauungsbuch von 1796 verzeichneten Alter von 41 Jahren kommen wir jedoch auf das Geburtsjahr 1755. Leider konnte bisher das exakte Datum nicht in Erfahrung gebracht werden". ÜberHolls Besitzverhältnissewurde in das Formular der irSperrs-Reiation-r. der Verlassenschaftsab- handlung. eingetragen: r-Vermögen keines. indem der Verlebte (Verstorbene) Alters halber zur Arbeit unfähig. und von seinen Kindern unterstützt worden ist. Es konnte nichts weiterfürgekehrt werdende An- stelle eines Vermögens gab es nur Schulden in der Höhe von 27 Gulden 30 Kreuzer CM. weil seit 1831 die Zahlung der Erwerbsteuer unterblieben war. Dazu gab die Witwe als Erklärung zu Protokoll, r-daß der Verlebte seit dieser Zeit (1831). sein Geschäft nicht mehr betreiben konnteßs. Soweit die aus den Archiven erhobenen Daten und Fakten zum Leben von Holl und seiner Familie sowie über seine Werk- statt. Wie verhält es sich nun mit der Datierung jener Mo- bel. durch die der Name Hoil in die kunsthistorische Literatur Eingang fand. und welche Rückwirkungen ergeben sich aus der Beantwortung dieser Frage für die zeitliche Einordnung anderer Wiener Kleinmö- bel. die oft im Zusammenhang mit den Hollschen Arbeiten genannt werden? Ausgangspunkt für diese Untersuchung muß Holls vorläufig einziges datiertes Werk. der Schreibtisch von 1799. sein (Abb. 7. B). Eine Formalanalyse des Möbels läßt sich in zwei Begriffe zusammenfassen: die aufwendige Dekoration. die sich feinst durchge- bildeter. z.T. naturalistischer Ornamente bediente. Anmerkungen 7-15 (Anm. 3 (-6 s. Text S. 29) wegen des Kriegsverlustas wurden in neueren Veroffentlichungen enstelle des wiener Möbels zwei andere. setir verwandte Stucke publiziert: ein Sekretär aus setildrl seriwetzingen [bereits in a. C aul Tal. 2l abgebildet] und einer aus dem Landesmuseum Joan- neum in Graz. Nun aber erfolgte im Vergleich zu lriitier eine ziem- Iich betrachtliche umdatierung. oa im vorliegenden Aulsetz eine andere Malnung vertraten wird. sei auch diese Literatur der Voll- slandigkelt rialber angegeben. g Georg Htmmelheber. oie Kunst des deutschen Mbbels. Bd. a. KlassizismusrHrstdrismusldugendstil. München 191a. Sekretar aus sdtiwetzingen- Abb. 365. Text s. 94. Dat.: um 12125130; era- zer Mbbül nur im TEX! erwähnt. n Georg Himmeltiebar. eiederrneiar Furnlture. London 1914: se- kretär aus Schwetzingen. Farblat. A. Text s. 5a. bal- vienna. ebbut 11125 ta lsclo. in ttie style dl Hdll. e setrretar aus craz. Abb. 11. Text s. ss. Dat.. vierine. abeut la2s. by Hall (1). Über die Gründe. die vermutlich den Anlaß zur apateren oatierung gaben. sierie Anm. 21. a. Franz Windisch-Graelz. senlbla Kartslust. ein Jagdsdtitdll aus dem Ende des ls. Jahrhunderts. in: alte und moderne Kunst. wien. l Jg.. 195a. Nr. 4. s. 2-1. Blumenesche. dunkel gebetztes Birnbaumholz (Einfassungen usw.). Ebenholz (Galerie). Stahlbeschlage. Alabasterfigurchen: 4 Gouachen vdn BalthasarWigand milAnsichten ausderumgebung vdn Wien. - Maße. 101 x 15.5 x 50 cm a Joseph Folnesics. lnnenraume und Hausrat der Empire- und eiedermeiarzeit in Österreich-Ungarn. wlen 190a; Abb. Tat. 41. Dat.. Um 11420; Text s cla. oat. um 1190 (sic). b A. Feulner. sietie Anm. s. e; Text s. 59a. bat; um 1215 c Der Wiener Kongress. Ausstellung. Wien 1965. Kat. Nr. xxlrl. Abb. so. Dat.: um 1010. d o HimmeltiebensietieAnm.s.g.Abb.asa.Texts.s4 Dat Um 1325. a ealttiasar wigand (1110-1846). 51. sanderausstellung des Hist. Mus. d. siadl Wien. 1911; Kat. Nr. s. Abb. 1. Dat.: Um telo. ' a ulrien Tiiieme und Felix Becker. Allgemeines Lexikon der bilden- den Künstler. Bd. 11. Leipzig 1924. s. 366: Holl. Kunsttischler in wien. Anl. 19.Jat1rh. b Peter w. Meister und Hermann Jedding. oas sbtidne Möbel im Laufe derJahrhunderte.HetdeIberg-Munchen1958;S.359:Holl. wiener Kunstschreiner der Bledermeierzeit. VOrl dem menrere reizvolle Möbel. vbr altern Arbeitstischchen bekannt sind. ' Sieh Anm. 5. c. t siene Anm. 5. d. ' lnv. Nr. H 1502.- Mariagani; Beschlage. Ornamente. Plalratten aus vergbldeter Bronze; mechanische Einrichtung als sbtiraibtisen und Necessalre (bzw. rrilristuatrstisativ); Ausstattung mit sbtireib- gernitur und anderen utensilien. - Firmenplakette aus Email (Abb. s). e Maße: es x es x48 cm. Zeltgenossische Information iiber das Geschäft vdn Franz Mayer. a Nützliches Auskunftsbuch oder Kommerzialschema für Han- delsleute. Fabrikanten. Künstler . . .. wien 1191. s. a2: oalante- riewaarenhändler Hr. Fr. Mayer. zur stadt Karlsbad nächst dem Seitzerhol 4so (heute Kohlmarkt) b Handlungs cremien und Fabrickerl Adressen Buch. Wien 191a. s. 42; ln Gaiantsrie waaren. Fr. Mayer Victoria. unter der Firma Franz Mayer sel.. wittwe und canip.. in der üflentl Gesellschaft ist ihr Hr. senvirager cedrg earnti Mayer. waldtier auch lirmirt. dann Hr. Karl setimid. zurstadt Karlsbad nachstdem Seitzerhol. 4e0. C a.a.o. wie b. 1320 s 44. Karl sdtimid in ceselisetiall mit Stefan Syre. d Allgemeiner Harldlungs-Almanach liir den dsterr. Kaisarstaat. wlen 11:34. s. 134- ln calanterie-waaren. syre Franz. am Kohl- markt zur stadt Carisbad Nr. 1152. -Das Jahrder Einverleibung in den burgl.l-1andelsstand1a25 Fur die Beschaffung der obigen Angaben danke iali Herrn Dr. Christian Witt-Dorrirlg e Der setireibtiseti wurde 1922 vOlTl Museum aus dem Holmobi- Iiendepct (heute laundesmbbilienverwaltiing) ubernommerl. Er muß bei Hbl setir gasenetzt worden sein. denn er befand sich zu Lebzeiten der Kaiserin Elisabeth in inrem salbn in der Hermesvil- I2. l Klaus Eggen. nie Hermesvilla im Lainzer Tiergarten bei Wien. m. alte und moderne lriinsl. a. Jg.. rasa. Nr. es. s. 4. Abb. e. g Wahrscheinlich ist auch die Erwerbung des Mdbels durch den wiener Hof aul den Wunsch einer Kaiserin zuruckzuluhlen. Ats Kaiserin Maria Ludovica15D9 den Plan taßte. in der Hdlburg ein neues Appartement lur sich einnetiten zu lassen. betraute sie damit den Grafen Franz Antan Harrabti (1155-1952). Dieser riin- lerließ a Bande rriit larbigen Archllekturerltwilrlen. unter denen jene lur die Ausstattung der kaiserlichen Gemacher einen brei- ten Raum einnehmen Den Projekten zur Innendekoration sind auch elatter beigelugt. aul denen Mobel abgebildet sind. die scheinbar dem Grafen Harrach als Einrieritun sstdcke geeignet erschienen. Aul einem dieser elatter mit der bersdtiritt -Tavb- le- ist der Schreibtisch von F Mayer. bzw. von e. Hall wie- 6 ab l-l 174W"; dir. r wwtnrtsc 'l'.ttu.t:. 1 b... w. ".1... 30