gdurch Industrialisierung in die Massenproduk- Eingang gefunden hatten. sich aber die tiefe Abneigung. die man heute l dem Späthistorismus entgegenbringt, allein einer solchen gesellschaftlichen Situation her- erklären? Wohl kaum, oder zumindest nicht ichließlich. Viel entscheidender ist ganz offen- tlich die Meinung, daß der Historismus mit dem ireifen historischer Stile den Weg unschüpferi- er, kunstloser Nachahmung beschritten und sich it außerhalb der Grenzen wahrerKunst begeben a. Eins solche Auffassung ist freilich nur mög- wenn die Priorität der künstlerischen Leistung Qualitätsmaßstab wird. Dazu kam es in voller irfe aber erst im Laufe des 19. Jahrhunderts. Im elalter mußte sich eine Neuerung durch den veis auf ihre Verankerung in der Tradition legi- eren, und auch ein Barockkünstler empfand es eswegs ehrenrührig, altüberkommene Bildvor- ungen weiter zu tradieren. Der Begriff des Pla- s gewann erst später Gestalt. 1876 wurde in tschland, 1895 in Österreich durch ein Gesetz Urheberrecht auch für Werke der bildenden st geschützt. Damit sah sich der Künstler ge- ngen, Neues zu gestalten, nicht nur um Aner- tung zu ernten, sondern nicht minder um seine inhafte Position zu wahren. Die Sucht nach der rität brachte natürlich allem, was neu war, einen 'men Stellenwert und war gleichzeitig mit der achtung und Abwertung des Alten verbunden. Kunstgeschichte trug dieser Geisteshaltung Rechnung und suchte vor allem nach dem erstmali- gen Auftreten einer Kunstform, nach dem Erfinder eines Motivs, um den Neuschöpfer zu loben, wäh- rend die Weiterverwendung eines Formgedankens weitaus weniger hoch bewertet wurde. Scheinbar war damit auch ein Parameter gefunden, um künst- lerische Qualität nach objektiven Kriterien zu be- stimmen - sicher nicht der letzte Beweggrund für eine lange Wirksamkeit des Prioritätskultes. Der Historismus, der bewußt auf Stile der Vergan- genheit zurückgriff, mußte einer solchen Auffas- sung zum lnbegriff der Kunstlosigkeit werden, und konsequentermaßen bot er sich als ideales Feind- bild dar. Man übersah dabei geflissentlich, daß der Historismus zu den Stilen der Vergangenheit ein ganz anderes Verhältnis besaß. als der Jugendstil es ihm nachsagte. Er hatte es sicherlich nicht nötig, nach einem Lückenbüßer für eigene Unfähigkeit zu suchen, sondern glaubte an die Möglichkeit künst- lerischer Weiterentwicklung vergangener Stile - was als Stilrepetition verurteilt wurde. Um der er- drückenden Fülle der Geschichte zu entrinnen. strebte man nach Formen, die nicht mit historischer Signalwirkung belastet waren, und fand sie einer- seits in den biomorphen, anderseits in den stereo- metrischen Bildungen, zwei, wie es scheint, sehr gegensätzlichen Gestaltungsprinzipien. Sie waren keineswegs neu, denn fürdieeinen gab es im Manie- rismus, für die anderen im Klassizismus eindeutige Vorstufen. Aber da solche Lösungen dem vorange- gangenen Historismus fremd geblieben waren, hat- ten sie jetzt Neuheitswert und gewannen in der Ne- gation des Historismus ihre Bedeutung. Sie blieben nicht isoliert, sondern durchsetzten auch die ver- schiedenen Spielarten des Historismus - deren Zu- gehörigkeit zum Jugendstil damit evident geworden ist. Wie soll man Werke dieser Art beurteilen, wenn sich die Priorität. die Originalität als ein fragwürdiges Qualitätsmerkmal erweist? Wie überall, wo es um Qualität geht, lassen sich keine Normen festsetzen; wohl aber ist bewußt zu machen, daß man aus dem Spektrum des Stilpluralismus der Zeit um 1900 nicht nur die eine und die andere Strömung isolieren darf, sondern die ganze Vielfalt im Auge behalten muß. Nicht minder wichtig ist es auch, den Aussagen der Künstler dieser Epoche mit der nötigen Kritik entge- genzutreten und sie als Quelle. aber nicht als wis- senschaftliche Aussage zu behandeln. Schon sind wir von dem Tagesstreit generationenlang entfernt und haben nicht mehr die Sache eines Adolf Loos etwa zu vertreten. sondern uns um das Verständnis einer noch zuwenig beachteten Gruppe von Werken zu bemühen. Ei Anschrift des Autors: o. Univ.-Prof. Dr, Renate Wagner-Flieger Professur für Österreichische Kunstgeschichte am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien Universitatsstraße 7 A-101O Wien 45