Wenn man auf Messen alter Kunst kritisch die be zahlten Preise und die Bedeutung der Objekte ge- geneinander abwiegt, wird man sich krasser Wi- dersprüche bewußt. Das Häufige. Allgemeinplätzi- ge, Banale erzielt oft unangemessen hohe Erlöse, während das Einmalige, Geniale oftmals billig, stets aber preiswert bleibt. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage führt zu wahren Bocksprüngen, die durch ein breites Un- verständnis auf der Nachfrageseite hervorgerufen werden. Keinesfalls jedoch entspricht das Preis- gefüge dem kunst- und kulturhistorischen Rang. Der Kunstgeschmack einer Gesellschaft wird sichtbar. Beginnen wir eine stichprobenartige Betrachtung mit dem Gebiet der niederländischen Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts. Die Werke dieser Maler sind international besonders beliebt und werden - trotz großer Häufigkeit - immer teurer. Den er- sten Anreiz für einen nicht souveränen Käufer bil- det hier die meist vorhandene Signatur. Fehlt sie, dann steht als Ersatz die Expertise, der "Koscher- zetteltt, zur Verfügung. Thematisch fügen sich die Niederländer leicht ein in das Milieu geistigen Kleinbürgertums. Es wird meist eine heile Welt dargestellt. Ein Beispiel: Kü- he weiden in ruhiger Landschaft, vorne promeniert ein wohlgekämmtes Paar. - Selbstverständlich hat diese Kunst große Höhepunkte, die zu den Spitzenwerken der europäischen Malerei gehören. Der Markt ist jedoch voll von teuren Banalitäten. Sollte hingegen ein bedeutenderes Werk auftau- chen, kann sein Preis vergleichsweise durchaus günstig sein. Im österreichischen Barock haben wir - wie in Italien - nur wenige signierende Meister. Sie wa- ren keineswegs die besten. Die Großmaler, die Fresken und Altarblätter schufen, haben ihre Kleinformate und Skizzen nicht signiert. Als "Si- gnatur-r zählt bei ihnen die eigenhändige Qualität des Pinselstriches, die eigentümliche Farbenska- la und Komposition. Regelmäßig signierten dafür Kleinmeister, wie der beim österreichischen Sammler so beliebte Franz Christoph Janneck (1703-1761). Seine hochbe- zahlten höfischen Salonbildchen sind schwach in der Komposition, geziert in den Bewegungen, viel- leicht begehrt man sie wegen der üppigen Seiden- gewänder. Wichtig ist dem Käufer sicherlich die nHigh living sceneu, das leicht unterzubringende Format, die Signatur. Preistreibend wirkt auch sei- 1 ne Häufigkeit. So entstand ein österreichischer Hit, eine Bewertung gegen die Kunstgeschichte. Vergleichsweise von besserer künstlerischer Qua- lität, aber ebenfalls nicht weit über den Rang ei- nes guten Porzellanmalers hinausragend, ist Jo- hann Georg Platzer (1704- 1761). Für diesen wer- den mit Recht wesentlich höhere Preise als für Janneck bezahlt. Ein besonderes Licht auf die Diskrepanz von Preis und Bedeutung wirft ein Blick auf die Altwiener Blumenmalerei. In Wien wirkten die Maler Joh. Baptist Drechsler (1756-1811), Sebastian Wegmayr (1776-1857), Joseph Nigg (1782-1863) und Franz Xaver Petter (1791-1866). Sie waren an der Wiener Porzellan- manulaktur und an der Wiener Akademie als Blu- menmaler tätig. Sie schufen Tausende Blumen- stücke. ihre geschmackvollen Arrangements leh- nen sich kopierend an Arbeiten der Niederländer Jan Davidz de Heem (1606-1684) und Jan van Huysum an. Die Vorbilder ihrer Kopien finden sich in den Sammlungen des Kaiserhauses und in fürstlichen Sammlungen in Wien. Diese Blumensträuße entsprechen in hohem Ma- ße dem Dekorationsbedürfnis. Sie sind fein ge malt, und sie fügen sich thematisch in den vorneh- men Rahmen. (Entsprechend dem Gesetz: "Kunst darf nicht störenl-i) Und sie sind signiert. Da diese Altwiener Blumenstücke regelmäßig auf dem Markt auftauchen, haben sie sich nach dem Ge setz iihäufig macht teueru zu recht beträchtlichen Preisen hinaufgeschraubt. (Der Berichterstatter stellte sie zwischen 300.000 und 700.000 Schilling fest.) - Dies unbeschadet, daß es Repliken sind, keine lnventionen, wenn auch sehr liebenswürdig, so doch ohne dementsprechenden künstlerischen Rang. Wir müssen uns auf Schlaglichter beschränken. Zu betonen ist, daß die Malerei des 19. Jahrhun- derts einen neuerlichen Preisauftrieb erfahren hat - doch in recht unterschiedlicher Höhe. Beispielsweise wird die so erlebnisstarke reine Landschaft weitgehend unterbewertet. Auf der vorjährigen Salzburger Messe blieb eine strenge griechische Landschaft des bedeutenden Carl Rottmann, erfüllt von Monumentalität und Ewig- keltsgefühl, trotz eines sehr mäßigen Preises un- verkauit. Dasselbe Schicksal erlitt eine spätere italienische Landschaft des Salzburgers Hubert Sattler, die noch wesentlich billiger angeboten war. Dagegen werden die gefälligen, aber unbe