Hermann Härtei Seit Jahren ist Hermann Hartel Ordnungen und Bewe- gungen auf der Spur, die er in einer vom Menschen kul- tivierten. bearbeiteten, genutzten (aber nicht vernutzten, nicht ausgebeuteten) Natur wahrnimmt. In sie kann er hineindenken. aus ihr kann er herauslesen. was in ihm an allgemeinen Vorstellungen und Ideen gereift ist und zum Ausdruck drangt. So entwickelt er mit iedem seiner Bilder. jeder seiner Zeichnungen oder Radierungen eine Synthese von Beobachtungen und deren symbolhafter Verdichtung. Die sich wie feine Filigranarbeiten organisch entwickeln- den Arbeiten Hartels finden das Besondere im Allgemei- nen und das Allgemeine irn Besonderen Anders gesagt Makrokosmische Strukturen gewinnen bei ihm dieselbe Bedeutung wie mikroskopische, das Kleine ist ihm so wichtig wie das Große, weil sich das eine im andern fin- det - und umgekehrt. Die IrViDYGUOHSiiHIQHH iwie er sie nennt) seiner Bilder entwickeln sich von einem Kern ausgehend und werden von deutlich konturierten Umrißlinien. die iedoch durch- lassig erscheinen. eingezaunt. Diese Konturen bilden aber keinen eigentlichen Abschiuß. sondern einen Uber- gang, eine Verbindung zu den verschiedenen, das jewei- lige Bild bestimmenden Maßeinheiten. durch die das Meßbare im Nichtrneßbaren sichtbar gemacht wird. Das Nichtmeß-, aber Erfahrbare ist, was man das wir- kende Gesetz im Stifterschen Sinn nennen konnte. Harte! entdeckt es in der Natur, in der Landschaft als eben ie- nes Allgemeine, durch das alles Besondere bedingt wird: der Baum, der Wasserlauf, der Regenbogen. das Land (mit Hof und Dorf) schlechthin. Als Radierer ist Hartel seinem Wunsch, den gemeins - men Nenner fur die Strukturen, Bewegungen und Dit- fernzierungen von Gras. Wolke, Schatten, Wasser, Fur- che und Feld zu finden, sehr nahe gekommen. In feiner Ziselierarbeit gelingt es ihm. das Vielschichtige einander zuzuordnen und aus ihm jenen Rhythmus herauszulosen. der das Leben der Materie ausmacht. Anregungen zu seinen Arbeiten bezieht Hartel von vielen Seiten - auch aus der Literatur. Ein Roman uber Marc Aurel gab ihm so die Moglichkeit, die Slromlandschait darzustellen. die er so genau kennt. eine Landschalt, die wiederum als Trager von Empfindungen und Gedanken auftritt. In sie finden sich iene Bewegungen und Ablaufe eingeschrieben, die vom Auftreten und Wirken des Men- 04m1 m19. schen bestimmt werden. Es ist nicht nur Marc Aurel, ' dessen Schatten sich uber den geordneten, planmaßig strukturierten, den "Pulsschlag der Erde" versinnbildli- chenden Flachen ausbreiten e es sind unser aller Schat- ten, das Verfliegeride. Verwehende und Augenblickliche im Unendlichen, das unser Leben bestimmt. Hartel weist mit entsprechenden Mitteln auf das einander Ergänzende, Verbindende. aufeinander Bezogene von Oben und Unten hin; Substanz wird erst durch das sich wellenanig ausbreitende Licht wahrnehmbar. Das Zu- sammentreffen von Materie und der sie bestimmenden Energien laBt jSHS Formen entstehen, denen der Künstler nachgeht und aus denen er seine Impulse bezieht. Die Materie wird sichtbar in etwas Geistiges, vom Denken des Menschen Geformtes umgewandelt und als Abfolge erkannt, die ihre Gesetze aus dem Beobachteten, Erleb- ten bezieht; eine Abfolge, die sich nicht aus sich selbst. sondern erst aus einem geistigen Prozeß heraus entwik- kelt und darstellt. Und damit zur Ordnung, zum System wird, als das sich Hartels Bilder mitteilen Kristian Sotriffer Das Land, 1972, OllHolz i-DEV 4. Tagri, Illustration zu dem Marc Aurel-Roman "Wie ein Fremder im Vaterland", 1976 iDer 8. Tag-i. lllustration zum glei- chen Roman (S. Abb 2) Hermann Hartel Toiedo. OllHolz Das Vogelfibelpaar, 1973 „der 7 Tag-r, lllustration zu dem Marc Aurel-Roman Nwie ein Fremder im Vaterland-r,1975 m- sie-ms w 43