I Aktuelles KunstgeschehenlÖsterreich Wien Museum des 20. Jahrhunderts Arbeiten auf Papier - New Yorker Avantgarde Hier sollte über die neuen bildkünstlerischen Vorstellun- gen, die seit Beginn der siebziger Jahre im Umkreis der Einrichtungen und Programme des Institute for Art and Urban Resources entwickelt werden sind, Auskunft gege- ben werden. Diese Auskunft war allerdings etwas dürf- tig und durchaus auch nicht neu. Gezeigt wurden Objek- te von 27 Künstlern. Es handelte sich fast ausschließ- lich um nonfigurative Arbeiten. Auch ein gewisser Zug zum Monochromen, Einfachen, oft Spartanischen fiel auf. Das galt auch noch von den Blättern, bei denen die verschiedenen Materialien coilageartig verwendet wur- den. (10. 1.- 11. 2. 1979) - (Abb. 1) Alberto Glacometti Diese Ausstellung war eine der größten, die bis jetzt über diesen Künstler gezeigt wurden. Sie kam durch die gute Zusammenarbeit mit der Fondation Maeght und dem Bündner Landesmuseum in Chur zustande und ist in dem Verband der vom Kulturamt der Stadt Wien ver- anstalteten Reihe von Vorstellungen der i-Klassiker der Moderne: zu sehen. Für Wien, das sich besonders mit einer stattlichen Anzahl von Bildhauern im internationa- len Kunstieben nach 1945 profilierte, ist diese Schau, an deren Zustandekommen besonders Dr. Otto Breicha beteiligt war, daher eine außerordentlich wichtige Doku- mentation. Zu sehen waren 75 Plastiken, ca. 130 Bilder und Zeichnungen sowie eine Auswahl aus dem druck- graphischen Werk. in der sich gerade für eine solche Schau besonders eig- nenden lichten Halle des Museums im Schweizergarten konnte man sehr schön die verschiedenen Entwick- lungsstufen Glacomettls sehen. Von Naturstudien führt sein Weg über wichtige Aussagen im Surreaiistischen zu jenen letzten figuralen Werken, in denen er in immer neuen Ansätzen um sein Menschenbild ringt. Sowohl die Problematik des Raumes und seine Erfahrung als auch die Erfassung des menschlich existentiellen Da- Seins wird uns bewußt. Besonders letzteres in den im- mer neuen Anläufen, ein Modell, also einen Menschen, festzuhalten. nAlles fließt" wird uns wieder bewußt und damit auch, daß jeder Mensch in jedem Augenblick ein anderer ist. Giacometti kämpfte immer wieder um die Sichtbarmachung dieses Seins, das in das Fließen ge stellt Ist. Sehr wichtig waren in dieser Ausstellung auch die Bilder und die Graphiken. Die leicht hingestrlcheiten Porträts seiner Mutter, ganz dünne, zarte Blelstiftspu- ren, die sich auf einem großen Blatt Papier treffen! Zeu- gen eines Hiergewesenseins. Oder George Braques auf dem Totenbett! So viel mit so wenig! Ein 130 Seiten starker Katalog mit einer Einleitung von Otto Breicha, mit wichtigen, bekennenden Texten des Künstlers und einem Essay von Jacques Dupin sowie vielen Schwarzweiß- und Farbbiidern der Werke war zu einem sehr günstigen Verkaufspreis erschienen. (19. 1. bis 1. 4. 1979) - (Abb. 2) Secession ln der Clubgalerle waren Bilder, Graphiken und Plasti- ken von NVROM zu sehen. Es handelte sich um sehr kühle Objekte. Sowohl die Zeichnungen als auch die Plastiken haben einen stark technischen Charakter, wo- bei freilich phantasievolle gedankliche und emotionelle Elemente immer wieder in der Gestaltung eine Fiolle spielen. Manche der feinpoiierten Arbeiten sind freilich schon zu hübsch, um mehr als das zu sein. (9. 1.-31. 1. 1979) - (Abb. 3) Florentina Pakosta Die Künstlerin zeigte Radierungen, Zeichnungen und Gouachen aus den Jahren 1952 bis 1979. Es handelte sich fast ausschließlich um Wiedergaben des menschli- chen Kopfes, des menschlichen Antliizes, oft in seltsa- men Verzerrungen, oft in charakteristischer Mimik, oft idealisiert, manchmal in phantastischen Mißbildungen. Pakosta beweist auch, daß sie in den verschiedensten graphischen und druckgraphischen Techniken bestens versiert ist. Wenn man ihre frühen Kaitnadelarbelten und Zeichnungen in Bister betrachtet, fragt man sich, warum die Pakosta so lange "im Verborgenen blühten. im letzten Jahr schuf sie einige riesige Formate, oft rei- ne Portratzelchnungen. die, wie jenes Viktor Matejkas (11üx 95.5 cm). den Porträtierten zu einem Jupiter- Matejka herolsiert zeigten. Sehr schön sind aber auch die Beispiele der in Blster gezeichneten Figuren, wo sie mit sehr sparsamen Mitteln arbeitet. Eine hochinter- essante Abfolge zeigt die 10 Zustände der Radierung nKampibereitw aus dem Jahre 1976, bei der man die 38 außerordentlich kritische Einstellung und sorgfältige Arbeitsweise der Künstlerin verfolgen konnte. (9.- 31. 1. 1979) - (Abb. 4) Künstlerhaus Ludwig Merwart und Theo Braun in allen Räumen des Künstlerhauses waren anläßlich der zwanzigjahrlgen Zusammenarbeit der beiden Künst- ler Malereien, Graphiken und Keramiken zu sehen. Mer- waris Stärke ist eindeutig auf dem Gebiet der Druckgra- phik zu finden, wo er mit den strengen Formen seinen Penner, in dessen Blättern wir immer wieder iiguraie Anklänge, symboihafte Verkilrzungen finden, übertrifft. Seinen Öibildern fehlt jedoch Jene letzte Exaktheit, die für solche geometrische Gebilde erforderlich ist. Hier dominiert Braun wieder. Seine Bildfolgen, gleich Aitarta- fein aneinandergereihte Zyklen, sind präzise gearbeitet, faszinieren im Aufbau und übernehmen signaihafte Funktionen. Braun war es auch, der einige formal ge- schlossene Keramiken zeigte. in Vitrinen waren sehr schone bibliophile Bücher und Kataloge der beiden Künstler zu sehen. (12. 12. 1978- 2. 1. 1979) - (Abb. 5) Galerie Würthle Herbert Boecki 63 Exponate zu einer Verkauisaussteilung vereinigt, wo- bei von den 9 gezeigten Ölblldern freilich nur 2 verkauf- llch waren. Es blieben noch genug ausgezeichnete Aquarelle und Zeichnungen für den Erwerb. So frühe Kohiezeichnungen, etwa i-Kindermord nach Poussinu 1923, oder noch frühere Akte von beispielhafter Leich- tigkeit, bei denen der Künstler mit wenig Druck den Tonwert der Kohle verstärkt und dadurch Volumen er- reicht, Aquarelle, in denen er die Farbflecken immer lockerer werden läßt, bis hin zu der fast abstrakten Er- scheinung der i-Schiffew 1960. Es waren die energischen Linienführungen der Tuschezelchnung beim i-Erzbergu 1947 zu sehen und das berühmte Ölbild i-Der Eicheihä- her. und das nKlElDB Familienbildu, die sonst im Mu- seum des 20. Jahrhunderts hängen. Eine Ausstellung, die besonders von der studierenden Jugend viel stärker hätte besucht werden sollen. (9.- 20. Jänner 1979) - (Abb. 6) Galerie auf der Stubenbastei Karl Kreutzberger Der Maler bot Zeichnungen und Aquarelle, meist aus dem mediterranen Raum. Eine starke Farbigkeit, oft ver- dichtet und dann wieder in lockerer Folge, war vorherr- schend. Das geschaute Bild immer bewahrend, blieben die Aquarelle auch dort, wo Kreutzberger nur andeutet, immer gegenstandsnah. Die Graphiken beeindrucken durch das feste Zupacken des Strlchs, durch ein von Kreutzberger gesetztes Ordnungsgefüge. (11. 1. bis 3. 2. 1979) - (Abb. 7) Galerie Prisma Wladimir Bugrin Der Russe, der vor einigen Jahren bei seiner Durchreise in die Emigration nach Paris in Wien Zwischenstation gemacht hat und dabei einige schöne, aus der Tradition der russischen ikonenmalerel kommende Bilder religiö- sen Inhalts zeigte und damit auch Erfolg erntete, prä- sentierte nun neue, in Paris entstandene Oibllder. Mit wenigen Ausnahmen, etwa i-Nach dem Kirchgangix, ist es ein Abstieg. Die Öizeichnungen auf Papier, die den Hauptteil der Exponate stellten, sind manierierte surreal verfremdete Gegenstandlichkeiten, die weder inhaltlich noch formal besonders ansprechen. (7. 11.- 2. 12. 1978) - (Abb. B) Galerie Zentrum Osterreichische Landschaften im Mittelpunkt der Schau stand ein Graphlkzyklus mit einer Originairadierung von Franz Bayer, einer Farb radierung von Josef Bramer, einer ebensolchen von Michael Coudenhove-Kalergi, einer hendaquareiiierten Originairadierung von Helmut Kies, einer besonders schönen Farbradlerung von Karl Korab, einer Radierung von Anton Lehmden, je einer Farbradierung von Erich Smodics und von Franz Zadrazil, wobei manche Blätter nur sehr indirekt unter den oben angeführten Titel einzu- ordnen sind. Ein Lichtdruck von Ernst Balluf fiel sowohl technisch als auch formal aus dem Rahmen. (11. Oktober bis Ende November 1979) - (Abb. 9) Galerie Alte Schmiede Herbert Pan Pasiecznyk Der Maler stellt uns wieder einer menschenleeren, rät- selhaften Weit gegenüber. Freilich sind die von ihm be- vorzugten Ebenen nicht mehr so trümmerübersät wie in vielen seiner früheren Bilder. Nach wie vor werden zwar die verschiedensten Gegenstände zusammengeführt, doch so zufällig scheinen sie nicht mehr zu sein. Die Farben des großen, den ersten Raum beherrschenden Zyklus sind ruhig, satt. Die tonigen Abstufungen haben etwas ungemein Ausgieichendes. Eindrücke einer Grie- chenlandreise scheinen hier mitverarbeitet, wobei, wie bei Pasiecznyk nicht anders zu erwarten, eine starke eigenwillige Prägung aulscheint. Das Thema Labyrinth in vielfachen Erscheinungen und Auswirkungen tritt uns immer wieder gegenüber, ebenso die Begrenztheit, die uns noch durch eine breite Rahmenzone, die jedes die- ser Bilder umgibt, betont wird. Neu für den Künstler sind die Bildniszeichnungen, gekonnt und ausdrucks- stark. (15. 1.- 10. 2. 1979) - (Abb. 10) Galerie Basiiisk Herbert Schügerl Der Burgenländer scheint im Grunde eine heitere Natur zu sein. Das geht sowohl aus den Titeln und Formen seiner Holzschnitte als auch aus den frischen Farben seiner Aquarelle hervor. Da und dort schlagt in den Blät- tern aus dem Jahr 1976 ein versteckter Attersee durch, doch wird Schügerls Diktion immer eigenwiliiger und persönlicher. Mit einer Serie sehr leicht hingepinselter Aquarelle berichtet Schügerl über südliche Impressio- nen. Der Atmosphäre ist viel Raum gegeben, die Farben sind irisch und lebhaft und lassen der Phantasie viel Spielraum, wie ja der Maler überhaupt den Betrachter seiner Bilder meist anregt und zum Mitmachen (geistig) auffordert. (15. 1.-10. 2. 1979) - (Abb. 11) Galerie Contact Hans Staudacher - "Lyrisches" Der Maler zeigte 20 Ölbilder aus den Jahren 1958 bis 1964, einzig "S0 WIE S01: war aus dem Jahr 1974 und wDie entstehenden Räumen aus dem Jahr 1973. Sechs sehr duftige, größere Ölbilder auf Papier, 1964 entstan- den, waren aber noch nie in Österreich ausgestellt. Großformatig, 70x 100 cm, zeigen sie locker gestaltete Strichfoigen mit viel Weiß, mit einem kräftigen Zentrum. sehr bewegtem Gehalt und fast keine Lettrismen. Alle Bilder haben eine große Leichtigkeit, etwas Schweben- des, Heiteres. (9. 1.-10. 2. 1979) BAWAG-Fondation Sergius Pauser Bei dieser kleinen Pauser-Ausstellung wird nur ein schmaler Sektor des großen Bereiches dieses Malers angeschnitten: die Landschaft. Und auch von Pausers Landschaftsmalerei ist hauptsächlich die in der Aqua- reiltechnik vertreten, wobei besonders schön die späten duftigen Blätter sind. Hier flimmert viel Luft und Son- nenschein und gibt damit sehr viel Atmosphäre. Atmo- sphäre zeigten auch die vier Öibilder, jedes in seiner Art, jedes für eine Zelt in der Entwicklung des Malers stehend. Das Bild aus dem Jahre 1928 ist fast streng und sachlich. Schon bei der Prateransicht wird die Luft bewegter, die Kontraste munterer, und die beiden Land- schaften aus dem Jahre 1957 flimmern so richtig, wie es Ölbiider bester Pariser Schule tun können, wobei ein ungemein fein abgestimmtes Couleur nicht nur Land- schaft, sondern auch Jahreszeit und nachgerade auch die Stunde einzufangen scheint. Die meisten Bilder stammten aus dem Besitz des Niederösterreichischen Landesmuseums. (18. 1.- 16. 2. 1979) i (Abb. 12) Aiois Vogel Salzburg Galerie Academia John F. MacFarlane War die erste Saizburger Ausstellung 1976 am gleichen Ort eine große Überraschung, da sie mit dem meister- haften zeichnerischen und malerischen Werke des in London, Zürich und Köln arbeitenden Bühnenbiidners zum ersten Mai vertraut machte, so bestätigten die neu- en Arbeiten den damaligen Eindruck: MacFarianes Gou- achen, Zeichnungen und Objekte sind voll feinster Farb vaieurs und raffinierter Schwarzweißwirkungen - sein zentrales Thema ist der Tod, in die uralte Symbolform des Vogels gekleidet. Die drei wVogel-Mensch-Masken-i, mit Recht als einer der Höhepunkte der Ausstellung be- zeichnet, stellen ein ganzes Kompendium zeitgenössi- scher Kunst dar. (1.- 27. 2. 1979) - (Abb. 13) Kunito Nagaoka in den Aquarellen und Radierungen des 1940 in Naganoi Japan geborenen Malers sind deutliche Vorgänge einer