. Österreichisches Museum für angewandte Kunst Blickpunkte An den Grundfesten des Hauses im wahrsten Sinne des Wortes rührt die momentan durchgeführte Sanierung des Teiles des Museums, den man das nNeue Hause nennt. Als Zusatzbau in Erweiterung des Stammbaues am Stubenring um die Jahrhundertwende, genau 1907 bis 1909, von Baumann errichtet, führt er seit damals zu Recht den Namen uNaues Haus-r. lronie des Schicksals. gerade dieser doch iüngere Zubau ist infolge terrainbe- dingter Abschwemmungen dem Wienfiuß zu gefährdet. Regulierung, massives Betonbett können nicht hindern, daß die bautragenden Anschlußzonen, hauptsächlich Sand, nur ungenügend Festigkeit für die seinerzeit ge- rammten Piloten geben, Diese Situation, seit Jahren vi- ruient, verschlimmern merkbar deutliche Verschlechte rungen der allgemeinen Standfestigkeit des Baues, so daß man mit beträchtlichem finanziellem Aufwand eine wStützungsaktlon-r setzten mußte. Seit Dezember 1978 bohrt eine Werkgruppe, international erfahren, soge- nannte vWurzeiptähIe-t, die mit Beton ausgegossen wer- den, in diese Gefahrenzone. Damit hofft man die Abrut- schung des Neuen Hauses zumindest auf einen Status quo bringen und somit hlntanhaiten zu können. Die Be- seitigung dieser baulichen Misere betrifft aber mehr oder minder nur das Museumspersonal, denn einzelne Raume sind teilgefährdet. im Zuge dieser Aktion und darüber hinaus sind Spione zur scharfen Kontrolle ein- gesetzt. Den Besuchern bleibt solches, Gott sei Dank, verborgen, die eigentliche Museumssphäre davon unbe- rührt. Großen Erfolg - nach außen geblickt - brachte die mehrmals zitierte Biedermeierausstellung in London, be- richtet Dr. Ch. Witt-Dörrlng. Die von dieser Epoche bis- her "unberührten-x Engländer waren begeistert von die- ser Schau, die unter dem englischen Titel rlVienna in the age oi Schubertu - The Biedermeier lnterior 1815 -1848 bis 1.Aprii 1979 im Victoria E Albert Museum lief. Damit sind die doch starken Bemühungen der Wis- senschaftler, aber auch die Bereitschaft der Leihgeber sinnvoll gewesen. Eine Präsentation dieser Erfolgs- schau in Wien hatte starken Anreiz, doch scheint es eher, daß zu hohe finanzielle Kosten diese verhindern. Außenstellen: Einem Ritual ähnlich, die Vorbereitung auf die neue Saison. Auch dieses Jahr sorgfältige Durchführung des obligaten Frühlahrsputzes durch die besteingespieite wArbeltspartie-i an Objekten und in den Räumlichkeiten, Grundlage einer schönen Präsentation 1979. Geymüiler-Schlossel I Sammlung Sobek wartet weiter- hin mit seinen exquisiten Empire und Biedermeierein- richtungen sowie Alt-Wiener Uhren auf. Kunstgewerbemuseum SchioB Petroneii zeigt nach wie vor Möbel, Porzellan, Keramik, Glas, Elfenbein, Silber, Zinn und Eisen aus dem 15.- 18. Jahrhundert (Di- So 9 bis 17 Uhr, Mo geschlossen). Nebenan das Donau- museum des NÖ-Landesmuseums. Schloßmuseum Fiiegersburg bekommt heuer neben den ausgestellten Möbeln, Tapeten, Kleinplastiken und Bil- dern der Barockzeit und des Klassizismus, der Ausstei- iung wReiigiöse Kleinpiastik des 16.- 18. Jahrhunderts" sowie dem Khevenhüiier-Familienmuseum eine selekti- ve Schau aus der Ostasiatischen Sammlung des Stammhauses. Unter dem Aspekt wTraumbild Ostasien. will deren Leiter, Dr. M. Fux, versuchen, die im 17. und 18. Jahrhundert erfolgte wechselseitige Befruchtung und Übernahme von Motiven und Darstellungen anhand von Beispielen darzulegen. Solches geht bis in den di- rekten Vergleich und ist hochinteressant. Zu empfehlen daher, sich solche Kabinettstückchen an Exhibition, Mü- he und beträchtlichem Aufwand an Arbeit eriordernd, anzusehen und zu würdigen. Nicht immer findet man in den r-großenn Museen dergleichen, so daß diese kom- mende Extraschau auf Riegersburg neuerlich starken Anreiz bieten sollte, wieder einmal und gerne zur Kunst übers Land zu fahren. Ausstellungen: r-Neuaufsteliung der Ostasiatischen Sammlung-Ghlnaul Saal XX - Eröffnung 10. Mai 1979. r-Koiomen Moser-l (1568-1915) - Ausstellung der Hochschule für angewandte Kunt ab 15. 5.- 17. 7. 1979i Aussteiiungshaile, Neues Haus. "Anton Kling (1881 - 1963) und sein Freundeskreis-r ab 23. Mai bis Oktober 1979IEiteibergersaai. nHerrengrunder Dosen und ihre Ornamentikv ab 31. 5. bis 30. 9. 1979iBlbllotheklAusstellungsraum. Seminare: Ab Herbst 1919 werden Dr. Waltraud Neuwlrth und Oberrat akad. Restaurator Ludwig Neustifter Abendvor- iesungen aus den Bereichen Keramik, Porzellan, Glas, Drucktechniken, Leder, Miniaturen abhalten. Jeden Don nerstag von 17.30 Uhr bis 19 Uhr, auch Praktika in Grup- pen nach Vereinbarung mdgiich. Auch die Fotoabteilung mit dem njungem Prof. Wladi- mir Narbutt-Lleven setzt die Seminare wie bisher In der bekannten Art und Abwicklung fort. I. n. 58 Graphiken von Marika Drechsler Schriften der Bibliothek 16 Ausstellungsraum der Bibliothek und Kunstblattersammlung Altes Haus 1. Stock Wien 1, Stubenring 5 24.11.1978-25.2.1979 Mehr und mehr strapaziert man die volle Gültigkeit des Spruches "Der Zeit Ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheitu - an der Wiener Secession weithin sichtbar -, ratselt man über Grenzen einer Freiheit, die abrupt in dubiose Bereiche abzugieiten scheint. Was um die Jahrhundert- wende in einem gesunden Sinn echte Wahrheit in sich barg, scheint heute von drohender Gefährlichkeit, die überall einsickert und um sich greift. In Zeiten, wo man beginnt. Kunstwerke beschreibendervveise in den Raum zu stellen und Jedermann - quasi aus sich heraus - aufgefordert wird, dieses Kunstwerk (imaginär) mitzufor- men und nachzutasten, scheinen eben Grenzen über- schritten, die außerhalb aller wahrscheinlichen Freihei- ten liegen. Auf Biennalen, sonstigen Jahrmärkten der Kunst, in TV-Diskussionen werden immer wieder neue künstlerische Bezirke aufgerissen, fragt man plötzlich wie am ersten Tag: Was ist Kunst? - Wozu dient Kunst? - Wem nützt Kunst? - u.a. m. Jedoch in dem- breiten Strom solcher brodelnder Auf- und Umbrüche agieren Künstler zwischen den Extremen in gänzlich normalen Basispositionen der Kunst. Kümmern sich nicht um Philosophien, Ideologien, sinnverwirrende Fra- gen. Sie arbelten meist still, fast unbemerkt. Marika Drechsler ist eine unter diesen. Die Ausstellung von Graphiken dieser polnischen Künstlerin barg einige Überraschungen. Vor allem bezüglich der Differenziert- heit ihrer graphischen Techniken, aber auch wegen dem Nebeneinander einer äußerst realistischen Darstellungs- weise mit surrealen Diktionen, in die auch, ornamen- tlert, foikloristische Elemente hereinspielert. Eine All- rounderin in ihrer doch eigenen graphischen Weit. Sie be-zeichnet gekonnt ihre Umwelt, am besten aber die des östlichen Kreises lenseits der Karpathen und weiter drüben. Also die Bereiche des IOSÜSCPIBTN. Wenn sie p. e. sAlt Prag-r radiert, dann weht durch scheinbare Ver- rückthelt und Wackeiigkeit von Haus und Baum und Mensch der längst verflüchtlgte Atem dieser Goldenen Stadt, und das en miniature. Das Hintergründige, poe- tisch unterfütterte Wesen des Alt-Österreichischen ei- nes Kafka und Musii, das auch einen Fronius bedrängt, bildet auch Marika Drechslers natürliche Quelle an Inspiration. lKaZimiSYZC, das ist erspürte intrcvsrtiert- heit eines polnischen Dörfchens, das eng verschachtelt unter Hügeln daherschläft. Menschenleer, durchzogen von der lehmigen Straße, einzige Verbindung zum Au- ßen. der großen Welt hinter dem Berg. Ein Gleichnis voi- ier graphischer Suffizienz. Und wenn dann im nMäYZ in Harendaw ein Hund, riesig, nebst Wunderblumen und Wundervogei aus dem Dörfchen sugt, staunt man ob der unkonventionellen Verflechtung realer und symboli- scher Elemente. Jetzt lebt Marika Drechsler in Italien. Seit Jahren schon. Und arbeitet hier künstlerisch weiter. Erste Eindrücke davon: zuviei Dunkles, zu dicht die Schraffierungen, um diese so fröhliche, südliche Gaiete zu charakterisieren. Ob Sant Angelo d'lschie, Kalabrisches oder die wreineu Landschaft Italiens. Trotz Sonnengrelle und Schatten und natürlichen Kontrasten daselbst, das Wesen sol- cher Paysagen haben wir nicht lange vorher von der al- ten Dame Marianne von Werther sicherer erfaßt gese hen - bei aller künstlerischen Freiheit natürlich -, lichter, wsüdllcheru. souverän. bis In die hellen Himmel um die Engelsburg, über die Dächer von Rom. Marika Drechsiers vielschichtiges Fabulieren mit Feder, Stift, Nadel und Pinsel führt nicht In die tiefsten Bezir- ke, entbehrt des echten Hohenflugs. Gleich ihren nOstern in der BukowIna-r reitet sie auf mehreren Hah- nen. Aber ihre Domäne, das nOStlSCHSu, ist ihr auf den Leib geschrieben. Auf Ferien, zeichnend in ihrer Heimat, zwingt Ihr die Stimme des Blutes alle Atmosphäre, alle Unergründlichkeit, alles Verborgene und Schwermütige dieser ungeheuren Landstriche in Griffel und Feder. Hundertwasser Tapisserlen Katalog Neue Folge Nr. 54 Neues Haus, Ausstellungshalie Wien 1, Welskirchner Straße 3 8. 12. 1978- 25. 2. 1979 Vom Plakaitltel her konnte man über diese Ausstellung etwas irregeführt werden. Nur der Name r-Hundertvvas- serl war als Hauptträger sichtbar, dieser, nur als Maler bekannt. zeigte im Österreichischen Museum für ange- wandte Kunst aber seine Tapisserlen. Auch gut Einge- weihte wuBten wenig vom reichen Hundertwasserschen Oeuvre in der Textiikunst. im Vordergrund der lockeren Schau - ihm (Hundert- wasser) waren sie unendlich wichtig - stand Baum- chen über Bäumchen im lichten, durchdachten Spalier. Verstellten sie wirklich die Sicht auf das Eigentliche, die Tapisserien, wie teils kritisch vermerkt wurde? Kunstwerke zwischen Bäumen! Warum nicht? - Sicht konnte man immer finden auf jene r-Hundertwassersir, die eigentlich ebensolche Hilde Absaions oder solche Fritz Riedls sind. Denn diese beiden Künstler haben sie in der Mehrzahl gewebt. Beide setzten auch vorzüglich des Künstlers bekannte Bildwelt in ihre charakteristi- sche Textilsprache urn. Hundertwasser hat auch einen, einen einzigen Biidteppich gewebt. Die weitere Entwick- lung dieses Textilmediums revolutionierte er damit nicht, wenngleich er mit Händen und Füüen daran arbei- tete. Der absoiuteste aller Baumlreunde tat's am Ende fast resignierend. Einmal aber nur, aus purer (Wett-)Lusi - und niemals wieder. Der Pinsel blieb ihm doch liebe- res Werkzeug (weil nicht so kompliziert und beschwer- iich zu führen). Hundertwasser ist als Künstler zwar eine seltsame, aber starke Erscheinung, die im unbedingten umweltschütze- rischen Engagement kontrastiert. Seine unverwechsel- bare Bildsprache führt auch immer wieder zur Natur zu- rück, wie p. e. wDie Häuser hängen unter den Wiesen-r. Hier drückt der Künstler Aussage und Wollen zusam- men total aus. in einer Art "zurück zur Natura von be- zwingender Diktion, nachgerade ein Kernstück seines im Grunde vegetativen Wesens. Hundertwasser ist Glo- betrotter, deutlich sichtbar aus seinem Werk. Künstleri- scher Weltbürger mit bestem Pubiicityvermögen, tritt er mit seinen Schöpfungen "hin vor jedem. Rastet in den tiroiischen Bergen ebenso wie schöpferisch im Wald- viertei am Rande der Welt. Zieht aus nach Neuseeland (Domizil), Hongkong, Jokohama, Sao Pauio oder Rio de Janeiro, um irgendwo von Tahiti her oder sonstigen Südseearchipelen zurück anzusegein. Sportiv, zieht er auch gelegentlich Kreise im Wiener Dianabad. Hundertwasser kennt die Weit, die Weit kennt aber auch wirklich Hundertwasser. Nur so ist der ansehnli- che Besucherboom, die dichte Betrachtergemeinde vor seinen Tapisserlen zu erklären, fast ein Phänomen. Hilde Absalon und Fritz Riedl sind die eigentlich konge- nialen Partner des Künstlers. Jeder auf seine Art so gut wie ideal. Nicht nur, daß der Maler Hundertwasser vor- zügiichst in die zu webende tex ' e Materie umsetzbar ist, iaßt er von Natur aus den n' igen Spielraum offen - zu deren Schafferrsfreude -, läBt die Umsetzer ihre ganz spezifische Webeart und Sprache anwenden. So lassen sich auch mühelos - modernem Quiz ähnlich -, auch ohne Beschriftungstext, die Urhsberschaften der nachwebenden Textilkünstler erkennen. Absalons subti- me, schummernde feine Webweise gegenüber dem sehr intensiven, die grafischen Elemente verstärkenden chro matischen Fortissimo Riedls Gobelinos Mexicanos. Alles in allem, die Hundertwasserschau war sozusagen ein voller Erfolg. Man hatte des Künstlers gelegentliche öffentliche (unglückliche?) Auftritte, einen unrühmlichen Publikumsaffront im Dorotheum gegenüber seinen Schöpfungen entweder vergessen oder abgetan. Oder als stimulierend empfunden. Was tat es auch. - Die Kassen klingelten auch bei freiem Eintritt. Man ergatter- te Kataloge, Poster, Kunstkarten, Tücher und Bücher. Wer also wollte. nahm seinen rrkieinem reproduzierten Hundertwasser in der Manteltasche mit nach Hause. Ei- ner sogar - der Ordnung halber sei es angemerkt - vergaß sich in seiner r-Begeisterung. für diese Kreatio nen so weit, daß er eine davon auf schier unerklärliche Weise entwendete. Ein aus Privatbesitz geliehenes Ob jekt als Gegenstand eines attraktiven Diebstahls. Die Folgen waren unangenehm, was aber den Erfolg nicht schmäierte. Wir registrieren den regsten Publikumszu- spruch aus allen Altersschichten seit langem, eine ech- te Begegnung und Auseinandersetzung von Besucher und künstlerischem Werk. Jerusalem - Lebendige Vergangenheit Eine Photodokumentation Gemeinsam veranstaltet mit der Botschaft des Staates Israel Altes Haus, Säuienhoi Wien 1, Stubenring 5 18.1.- 4. 2.1979 Die Veranstaltung dieser Ausstellung, als Ausnahme nicht wegen ihres hohen Obiektewertes, bereitete vor- erst doch ein wenig Sorge. Jerusalem, die Stadt im Brennpunkt politischen Tageskempfes, im Kreuzfeuer noch immer schwelenden Kriegszustandes, also Gefah- renherd erster Größe, sollte tief aus ihrer Vergangenheit her bioßgeiegt werden. Jerusalem, diese Stadt ohnegleichen, in einem gar nicht mehr so gelobten