. Österreichisches Museum für angewandte Kunst Blickpunkte Das Museum verzeichnete in diesem Vorsommer eine kaum jemals gekannte Programmdichte. Kaum eine Wo- che, in der nicht eine Ausstellung eröffnet wurde, somit reiche Abwechslung für den Besucher. Dazu immer wie- der Unternehmungen uauswärtiger Natura, die zusätzlich Wlssenschafter, Werkstätten und Personal über das nor- male Ausmaß hlnaus in Beschlag nehmen. Der Aktions- radius des Hauses, über den lokalen Rahmen hinaus, hat in einem Ausmaß angezogen, daß man berechtigt die Frage aufwirft, wie weit Substanzdeterminierung ei- nes Museums im Hinblick auf das internationale Aus- stellungsweseh - bis zu welcher Grenze überhaupt- noch gehen kann. Deutsche Restauratoren beginnen, massiv das Thema "Ausstellungen und die Problematik der Erhaltung von Kunstwerken-t auf breite Diskussions- basis zu stellen. Sie meinen, daß es von größter Bedeu- tung sei, ndie Öffentlichkeit als die ,Besitzer' des Kul- turerbes darauf aufmerksam zu machen, daß durch die glamourösen Exhibitionen' ein unverantwortlicher Ver- schleiß originaler Kultursubstanz eingesetzt hat". Damit will man bewußt die bereits unerträglich eskalierte Schwelle der Ausleihpraxis neu dimensionieren. Damit wird aber auch ausgesprochen, was Museumsleute in aller Welt im Zusammenhang mit Kunstausstellungen immer wieder bewegt und besorgt macht. Einerseits Hil- festellung zu geben, um dem internationalen Publikum Zugang zu Kunstwerken zu verschaffen, die dieses be- stensfails in Zweitanfertigungen sehen konnte, die da- durch bedingte - wenn auch nur teilweise (so doch) s Entblößung des leihgebenden Museums. Mit der gewis- sen Angst, den einen oder anderen unersetzlichen Kunstgegenstand trotz aller Sicherungsmaßnahmen - auch die höchsten Versicherungssummen wären dann gegenstandslos und ohne Sinn - ladiert oder doch stärker geschädigt zurücknehmen zu müssen. Wenn wir von den Hauptieidtragenden, den Restauratoren, ausge- hen, die mehr und mehr dazu mißbraucht werden, Kunstwerke wreisafertigu zu machen oder diese nach Leih-Reisen wieder instand zu setzen, d. h. sie von ihrer eigentlichen Tätigkeit der Konservierung der Kunstge- genstände abzuziehen, scheint es, als ob das Pendel der Überlegung doch zugunsten einer vernünftigen Re duzierung des Aussteliungswesens ausschlagen müßte. Mit anderen Worten, bei Fortentwicklung der Ausstei- lungshausse, aber auch schon beim derzeitigen Über- soll muß befürchtet werden, wdaß die Kulturelnrlchtung Museum als Ort fLtr die unbeschadete Überlieferung un- seres Kulturerbes grundsätzlich in Frage gestellt wirdu. Dies ist die Meinung der deutschen Restauratoren. Wir geben zu, daß wir als Museumsleute in einem heftigen Zwiespalt mit uns selber stehen. Ein Ausweg ist, neben der primären Präsentation von Museumssammlungen in ihrer möglichen Ganzheit das Aussteiiungswesen ent- scheidend einzuschränken, die Themen gezielter zu wählen, jedoch dieses als einen unerläßlichen beleben- den Faktor in seiner Relevanz zu erhalten. Somit kehren wir auch zur momentanen Situation des Österreichi- schen Museums zurück, das selbstredend gerade durch die Dichte seiner Ausstellungen in den Jahren des Di- rektoriums w. Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazeks einen außergewöhnlich hohen Bekanntheitsgrad erreichte. Hier, in erster Linie, Ausstellungen von Künstlern der Gegenwart einerseits und solche zu Themen grundsätz- licher Art im Bereich der alten wie der modernen Kunst, besonders der angewandten Kunst. So ist die Situation am Haus nicht ganz der oben enuahnten Problematik unterworfen, und man sieht in diesem speziellen Fall, wie schwierig ein Herausmanovrieren aus der gegenwär- tigen Virulenz überall zu bewerkstelligen sein wird. Na- türlich ist man für Ausstellungen außerhalb Österreichs nach wie vor von seilen des Museums offen und hat in vielen Fällen mit nicht wenigen Leihgaben stets seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Schwesterinstitu- ten bekundet und wird dies auch nach neuen Überlegun- gen in Durchführung auch wieder tun. Eine Sonderstellung nehmen die Ausstellungen in den Außenstellen der Museen -ein. Denn hier bietet sich die Möglichkeit, das qualitativ wertvolle Sammiungspoten- tial, das aus Raummangel nicht im Stammhaus präsen- tabel ist, aber auch nicht nur Depotobjektorium ist, zu zeigen. Eine Spieian des Aussteliungswesens für einen speziell angesprochenen Publikumskreis. Zu einer besonderen Feierstunde wurde die Präsenta- tion der Neuaufsleiiung der Ostasiatischen Sammlung, der sog. ChinasaallXX im Neuen Haus. in Anwesenheit von Frau Bundesminister Dr. Dr. h.c. Hertha Firnberg konnte Dr. Herbert Fux, der Leiter der Sammlung, mit Direktor w. Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek zur sach- lieh-noblen Repräsentation eines der wertvollsten Samm iungsteile beglückwünscht werden. Zusammen mit der neu aufgestellten Sammlung orientalischer Teppiche ein Markstein im Hinblick auf die ursprüngliche Ge- samtpräsentation der Sammlungen des Museums. I. n. an Photographien von Stephanie Windisch-Graetz Schriften der Bibliothek 17 Galerie Altes Haus, 1. Stock Wien 1, Stubenring 5 16. 2. - 16. 4.1979 Fotografieren ist in diesem ausgehenden 20. Jahrhun- dert weit verbreitet und Ailerwelts-Selbstverständlichkeit geworden, als eine Möglichkeit von den Menschen er- kannt, unkompliziert in die nähefe Sphäre künstleri- schen Erlebens zu kommen. Viele Spielarten der Foto grafie gibt's, und mitunter kann eine völlig un-erzogene Hand nmeisteriichli agieren, indes der technisch Profes- sionelle, uaffiniert-r und perfekt, unter dem Zwange die ser Auflagen den Verlust solcher unbekümmerter Natür- lichkeit hinnehmen muß. Überschneidungen finden im- mer wieder statt. Annäherungen beider Pole, aber kaum registriert. So kam es auch, daß aus der Natürlichkeit frühen Erlebens, quasi spielend, Stephanie Windisch- Graetz bereits als Kind wahr gewordene Träume in natu- ra, als Realität - was anderen ein Leben lang Traum, il- lusion bleibt - erlebte. Auch im Zeitalter des Jet-Sets und Charter Flying. Sie erlebte innerstes jungfräuliches Afrika. eindringlich, in seiner ganzen Unmittelbarkeit von exotischer Landschaft. üppiger Vegetation, einer herrlich wilden Fauna voller Geheimnisse. Das prägte von früh an und färbte auch ihr Wesen, ließ sie, mit Bil- dern übervcll, Malerin werden. Sie reiste durch Europa, Süd- und Nordamerika, letztlich Asien. Einmal kam die Kamera in ihre Hand. Und sie begann getreulich in foto grafischen Bildern aufzuzeichnen von ihren langen Rei- sen. Und die Kamera verdrängte allmählich den Pinsel. Alsbaid erkannte Stephanie Windisch-Graetz ihre Be- stlmmung als Porträtfotografin. Und hier, wie oft im Le- ben, verhalf ihr ein deutlicher Zwang zu einem Hilfsmit- tel, dem Kerzenlicht. Mag sein, daß das, was man an ihren Bildern als eigene Kreativität bezeichnet, nämlich die mittelbare und unmittelbare gedämpfte und milde Strahlkraft des Kerzenscheines, zu sehr dominiert. Das obskure Dunkel der Tempel und Behausungen des Hi- malajagebietes zwang ihr ja erst die Kerze, als Ersatz für Blitzlicht und Strahler, in die Hand, und sie erkannte darin vorerst nur eine Möglichkeit, der Porträtfotografie neue Akzente zu verleihen. Stephanie Windisch-Graetz porträtiert ungewöhnlich. ihr Modell steht jeweils unter besonderen, subjektiv über ihre Person frei werdenden Usancen. Sie drapiert in hi- storischer Kostümierung, leuchtet mit den wkreativenit Kerzen eine veristische Vergangenheit herauf. Gelegent- lich auch ein Stück Gegenwart um eine Person, das je doch stets in das gleiche imaginäre "Retount führt. Mensch und Modell, ein Antlitz, umgebende Räumlich- keit, erscheinen malerlsch. Sie porträtierte viele soge- nannte Berühmtheiten, nStarsw. Alle gleich aus- und an- geieuchtet, mystifiziert. Alle haben mehr oder minder auch unter der Maskerade - man verzeih' das Wort - an menschlicher Natürlichkeit eingebüßt, sind Objekte einer gewollten künstlerischen Auseinandersetzung geworden, die altmelsterliche Malauffassung aus der Kamera entspringen läßt. Manches wirkt posisch zu ver- schnörkelt, ist Blendung und Beiwerk, nimmt von der Eloquenz der eigensten Personaiitat. Sicher zeigen die Bilder soweit iebensgetreu Porträtierung, doch erreicht uns der packende künstlerisch-autarke Aufschrei nicht. Vor Stephanie Windisch-Graetz' Porträts wird uns be- wußt, wie ein klassischer Bereich der Fotografie der künstlerischen Voiiblutnatur bedarf. Die Ausstellung auf dem halben Galerleflügei über dem Säuienhof, außer der Intimität des Aussteilungsraumes als Ganzes, harmonisch, gestaiterisch klar. Man zeigte Interesse für das Ouevre, ohne es übermäßig zu lobprei- sen, und befand vor den Porträtfotografien, was sie dem einzelnen gaben. Doch allgemein, nach höheren Krite- rien gemessen, vermißte man sichtbare lwEntzündunglt, die Verinnerlichung am Modell. Als Primäres, das ja letztlich den (Selbstl-Auslöser zum Kunstwerk bedeutet. Somit blieb manches leblos-lebendiges Zentrum einer variantenreichen Staffage, geschmacksorientlerten, hi- storisierenden Rückblendungen untenuorfen. Wolfgang Haipl Möbel und Raum Katalog Neue Folge Nr. 55 Altes Haus, Eiteibergersaai Wien 1, Stubenring 5 23. 2.- 1. 4.1979 (verlängert bis 16. 4. 1979) Architekten bestimmen in einer Weise unser Leben, die, zu allen gebräuchlichen umweitschützerischen Belan- gen summiert, von einschneidender Wirkung auf l Dasein ist. Allerdings, dieses abgedroschene WOI heute, nArchitekten leben gefährlich-t, steht imme der unter deren ungeheuren Verantwortung vor de sellschaft im oft gefährlichen Sog von Statikern t Technologien, unter der Knute auftragsheischend kulationen, terminerpreßter Bauherren. Daher auc greift die itBiLlSChWinÜSUChlii so rasch um sich. ll früher für Jahrhunderte, ein halbes oder zuminde: Jahrzehnte gebaut, tut's man heute für ungleich v ger. Hauptsache, man hat den Auftrag und baut. I der Schonfrist oft bröckelt, morscht und bricht de ren das "stolz Errichtete-t - so die festfrohen Ert - jäh ein. Man repariert, bekreuzigt sich und tut ter. - Innenarchitekten wie unser Ausstellender l um nichts weniger gefährlich, auch wenn ihren W beglückten nicht gleich die Decke auf den Kopf f: Dennoch, sie müssen mit ausbaden. was ihnen al lent Architekten aufhaisen. An baulichen Unzulän keiten, nach gegängelten Architektursystemen au richteten formverkrampften Grundkcnzeptionen. F ein "volles Haus", vordergründig begleitet von Str lärm, "schiäftit in ein herrlich neubauliches Leber Was das mit unserem hier präsentierten J. W. Hai tun hat? Nun so viel, daß wir ihn doch als einen l erkennen, der voller Überlegung gegen den ideell materiell verblockten Baustrom zu schwimmen vs sucht. in seinem großen Schaffansdiagramm - s Bezugkreis des Wohnens - setzte er obenan i-Ur i ich, du, er, sie, es: geht von der Nuiisituation I den Menschen, die Sinne, das Atom in einer breit Skala zu "Plaskom und Quarantaineu, statt nnega Fernen zur Endsituation der wpositiven Näheu. Möbel und Raum sind für den Innenarchitekten J. Haipl die großen Schaffenskomponenten. Er setzt kalt-nüchternen Kausalität der Moderne, einer reg tierten Architektur bewußt Antiakzente entgegen. das mit allen fünf Sinnen herbeizuführende Raum Erlebnis, den erlebbaren Raum. Das klingt hochgi chen, ist es im Endeffekt ganz und gar nicht. Hail damit über die der Gegenwart entsprechenden Gr strukturen, erstarrte Formenvariabilität hinaus. Ul sieht voraus, daß man vielleicht in einem Jahrzeh schon den abgebrauchten Begriff Wohnen völlig I hen wird. Mancher mochte vor dem präsentierten liar nicht ganz die volle ideologische Adaquanz ei nen. Das volle lns-Biid-Setzen solcher Haiplscher legungen und Sentenzen vermissen. ideelle Auss: Wort und Ding, in Bezug zueinander zu setzen, be klarerer Basismoglichkeiten als dem einschränke Ausstellungsstückwerk. Wie weit sind wir gerade Shpäre des Wohnens von echter i-Lebensgerechti entfernt. Früher, damals, heute und auch morgen' Corbusier und Hundertwasser fanden sich im sch Wohntraum, dem Dachgarten, als gemeinsame W reiter zu einer realisierbaren Human-Utopie. Sie p gierten, befreit von aller urbanen Bedrückung, hoi oben im grünen Freien, in einer Dimension, wie s auch Haipl etwas anders konzipiert, zu leben. We gleich letzterer mitten im normalen innenarchitek schen Alltag steckt, der weniger Geniebiilze vertr Als Lehrer an der Hochschule für angewandte Ku vermittelte er eine Reihe von grundsätzlichen Übe gungen zum Wohnen, zum besseren Raumgefühl, auch eine Fülle solider Baugesinnung, praktikabe durch- und ausführbar. Markantester Ausgangspu zum Jahr 2000 hin Haipls Aspekt "nach dem Mob "Absolute Hohlräume werden zur Verfügung steht Bewohner wird seine Raumeinteilung selbst verär können, und die Möbel werden in großzügig gepia und perfekt strukturierten Raumbildungen als Ein stücke eine völlig andere Bedeutung bekommen." Damit stellt Haipl sicherlich keine Utopie in die Z vor, denn manches davon stößt, verandernd, evoli längst als Vorläufer in unseren Tagen an den pra: ven Beginn dieser Entwicklung. leopold Ausstellungen: Derzeit laufen im Stammhaus die Ausstellungen t Rader Souiek, Bilder und Zeichnungen" bis 4. 8. 1 i-Koloman Mosent bis 15. 7. 1979 (verlängert bis 19. 8. 1979), "Anton KiingI1ß81-1963 und sein Fri deskreisu bis 30. 9. 1979, „Barockes Kupfer aus H grund und ornamentale Vorlagebiättera bis 30. 9. im Schioßmuseum Riegersburg ist am 29. 6. 1979 Ausstellung l-Chinamode - Beispiele der Ost-We Begegnung im 17. und 18. Jahrhundert" eröffnet v