wieder an ihrem Platz. Bei der Öffnung des Gun- thergrabes in Kremsmünster wurde 1509 eine wei- tere Bleiplatte beigelegt"? Kardinal Albrecht von Brandenburg, Erzbischof von Mainz (1490-1545) verfügte zwar 1540 testamentarisch. adaß auch von bleyen tafeln dieses inhaldts . . . in den sark einge- legt werden sollen-t, doch sind die Platten im selben Jahr von Conrad Goebel in Frankfurt aus Bronze ge- gossen worden'". Auch einzelne Körperteile wur- den in Bleihüllen bestattet: Als für eine Ausstellung das Herz des englischen Königs Richard Löwenherz (T1199) nach Dürnstein gebracht wurde, lag es in ei- ner Bleihüllem, wahrscheinlich ist das kürzlich ent- deckte Kästchen mit dem Herzen des 1508 verstor- benen Königs Philipp des Schönen in der Liebfrau- enkirche zu Brügge aus demselben Materialm. Der jüngst in der Kathedrale zu Lima aufgefundene Schädel Pizarros, der das Königreich Peru für Kaiser Karl V. entdeckt und erobert hatte, lag in einer Blei- urne mit Auischrift' ". Als Reliquiar oder Bauopfer sind die in der 1087 voll- endeten Klosterkirche llsenburg bei Grabungen aufgefundenen drei kleinen Bleitöpfchen mit Blei- deckel zu bezeichnen"? die zusammengefaltete Bleiinschrift. die in einer Templerkirche in Nieder- sachsen zum Vorschein kam. könnte aus einem Grab stam men oder mit der Baugeschichte des Got- teshauses in Verbindung stehen"? Schon aus dem 11. und 12. Jahrhundert liegen Be- richte über Funde von Bleikästchen mit Reliquien vor. Das aufwendigste Beispiel ist in Gestalt einer kleinen Kirche geformt, die auf Löwen ruht, und wurde im 1235 geweihten Hauptaltar derStiftskirche zu Limburg a.d.L. gefundenm. Erst 1968 entdeckte man in der gotischen Mensa der Pfarrkirche St. Se- verin in Haining eine Bleischatulle mit abhebbarem Deckel, die die Inschrift trägt: i-Hie innen ist das ge- waidt des heuligen Bischove Sandt Seveirin und andre Heultumb dapeu umclomen anno domini mi- lesimo cccclxviiii- (:1469)"'. im mittelalterlichen Kunstgewerbe hatte Blei eine weit größere Bedeutung, als vorhandene Reste ah- nen lassen. Für religiöse Zwecke wurde es nicht so häufig wie edle Metalle verwendet. da die Kirche Edelmetalle und Bronzen bevorzugte, ja zum Teil sogar verschrieb". In Deutschland und Frankreich haben sich vereinzelt Taufbecken aus Blei aus dem 14.115. Jahrhundert erhalten, das Österreichische Museum für angewandte Kunst bewahrt in seinen Sammlungen ein großes Bleibecken. das wegen der Art der Dekoration und des darin enthaltenen Wap- penschildes wohl aus dem Raum Savoyen kommen könnten". Sicher würden sich auch in den Depots an anderen Orten interessante Beispiele finden lassen. Hingewiesen sei auf die Verwendung von Blei oder einer stark bleihaltigen Zinnlegierung für die Her- stellung von Gittergüssen für Pilgerzeichen. Aus der römischen Kaiserzeit ist die Darstellung der ephesi- sehen Artemis (Höhe 5,4 cm) zu nennenm. ein Re- liefmedaillon mit Darstellung eines Löwen und der kleinasiatischen Gottesmutter wird sogar in die zweite Hälfte des S. Jahrhunderts v. Chr. datiertm. Auch ausSyrien sind römische Bleiidole und Pilger- zeichen bekannt"? Für Mittelalter und Neuzeit habe ich bereits ausführlich auf Wallfahrerzeichen des hl. Wolfgang hingewiesenm, selbstverständlich gab es so etwas auch in den großen Marienwallfahr- ten zu Einsiedeln, Mariazell etc"; Speziell hingewiesen sei auf die seltsame Form der bretonischen Wallfahrerzeichen. die dadurch in Verruf gekommen sind, da um die Jahrhundert- wende ein geschickter Falscher in Frankreich Nachbildungen in großer Zahl produzierte". Aus den Beständen des Österreichischen Museums für angewandte Kunst kann ein gutes Beispiel einer Kriegerdarstallung abgebildet werden'" (Abb. 1B). Zum Schmuck von Kästchen und Briefladen hat man Gitter aus Holz oder Zinn herangezogenm, oft sind hier religiöse Darstellungen auch für Verwendungs- 56 zwecke benutzt worden, die wir heute als profan be- zeichnen würden. Aber selbstverständlich waren es auch gelegentlich Reliquien, die darin unterge- bracht warenm, und so erklärt sich die Wiedergabe christlicher Symbole. Stark bleihältige Zinnreliefe schmücken auch ein Kästchen (Abb. 19) aus derZeit um 1400 - gegenüber dem hochgotischen Giebel früherer Beispiele schon mit flachem Deckel -, wo- bei jeweils eine Dreiergruppe mit der Madonna zwi- schen zwei anbetenden Engeln variiert wird"? In der Renaissance leitet dies zu den hier nicht im De- tail zu behandelnden Plaketten z. B. Peter Flötners üben Münzfälschungen hat man schon in der Antike aus Blei hergestelltm, der Urwunsch der Alchemisten, Blei in Gold zu verwandelnm, zeigte sich bei Medail- len, mit denen man gutgläubigen Zusehern diese Veränderung sichtbar machen konnte. ln derwiener Schatzkammer wurde ein solches Beispiel aus der Zeit Leopolds I. verwahrtm, das sich heute im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums be- findet. Für Münzen wurde Blei nicht verwendet, nur für Berechtigungsmarken, Bettlerpfennige oder als Notgeld, wie die Düsseldorfer Bleiklippen von 1676m. gelegentlich aber zu abergläubischen Zwecken, wie die i-falschen Schekel-ii. Mit Bleimün- zen zahlte der Teufelml Bei der Aufzählung der Verwendungsmöglichkeiten von Blei findet man kaum ein Ende. Man kann sich nicht gut die Verwendung von Bleilöffeln für den täglichen Gebrauch oder überhaupt für den Genuß von Speisen vorstellen. es gibt aber solche aus rö- mischer Zeitm ebenso wie aus dem Barockm. Viel- leicht steckt hier doch ein sakraler Zweck dahinter wie bei den Löffeln - manchmal mit Christusm0no- gramm - aus spätantiken Grabfundenm. Bleiplättchen dienten als Gewichte für die langen Bänder des Pailiums in Bischofsgräbern. mit Blei- platten versuchten spanische lnfantinnen ihrer Fi- gur die gewünschte flache Form zu geben, man be- schwerte Tabak in Tabeksdosen usw. Während die fünf erhaltenen titouchplatesir mit den Meistermar- ken der Londoner Zinngießer ebenso wie die zwei Edinburger und auch die in Deutschland erhaltenen Platten (Lüneburg 1597 und 1704. Dresden, Augs- burg, Nürnberg aus dem 18.Jh.) aus Zinn sindm. schlug man in Mons im 15. Jahrhundert ebenso wie bei den Mainzer Goldschmieden im 18. Jahrhundert die Marken in eine Bleitafel einm. Blei wurde für Fensterverwendet, wobei die ältesten Beispiele wie eine Art Gitterdie Öffnung verschlossenm . während später die Stege zur Gliederung der Ornamentik und zurAbtrennung der farbigen Scheiben benutzt wur- denm. Und das Brutalste darf dabei nicht vergessen werden: schwere, große, meist bleierne Schlagrin- ge'". andere Hiebwaffen aus diesem Material oder- um mit Musil zu sprechen - die Menschheit liefert hauch den Strolchen mit Blei gefüllte Gummi- schläuche in die Hand, um den Leib eines Mitmen- schen damit krankzuschlagen-F". Bei einem Brauch aber, vielleicht dereinzigen Hand- lung, die uns Heutigen noch mit dem Begriff "Bleik verbunden erscheint. können wir noch die Verbin- dungen zur magischen Bedeutung dieses ältesten Werkstoffes der Menschheit verfolgen, spüren wir noch etwas von der Gestaltheilig keit in Objekten aus Blei-beim Bleigießen in derSilvesternacht, dasden aufgeklärten, hochindustrialisierten Zeitgenossen des 20. Jahrhunderts helfen soll. einen Blick in die Zukunft zu tun. Das sheilige Bleis"; schafft die Ver- bindung zum irrationalen. Ein zweiter Aufsatz wird der Bleiplastik- speziell der Barockzeit - gewidmet sein; dabei werden auch die Bleisärge bis zu den Prunksarkophagen der Kapuzi- nergruft behandelt werden. Anmerkungen 94 - 145 (Anm. 94 7109 s. Text S. 51 " Ferdinand Krackowizer. Die slandischen Zeughauserzu L Enns. Separat-Abdruck aus dem 2a. Jahresbericht des M Francisco-Carolinum. Linz 1880, S. 9. "s Ebenda S. B " Kurt Linoner. Einleitung zu: Das Jagdbuch des Martin ' von Koiimitz (Das Karntner Landesarchiv 3). 1976. s. 47. 32ev.). " Karl Adrian,wind und Wetter im Glauben und Brauchtum Volkes. in. Mitteilungen der Gesellschaft liir suizburger kurlde 94195, 1944145. Salzburg 1945. s 1st. " Josef Ftaitinger. monnerkaiie- aus Oberbsterreich und s in Fesmhriit für Richard Pittioni zum 70. Geburtstag ii (i logia Austriaca, Beihefl 14). Wien 197a. S. 534 (nach Dii Handwörterbuch des deutschen Aberglauberls 2. 1929730. 1 " Friedrich Zoepfl, Bestattung, in' Reallexikon zur deutsche gaschichts2.194a,Sp 349 u. 354. Abb.9 über die römisci sarkuphage vgl. oben bzw über reichvcrziarto Beispiele au Noel Duval. Les sarcophages an plomb du Musee du Louvl vue du Louvre 25. 1975. s. 1 11 Ivan Borkovsky. Die Prager Burg zur Zeit der Premyslidei Tschachosiowakisohe Akademie der Wissenschaften. Pvt S. 1531. '"' Ebenda s. 137 und 1391., Abb. 45 und 46. '" Fercy Ernst Schramm - Florentine Mutherich. Dankmaia c schon Konige und Kaiser, Mttnchen 1952. Nr 149, 150. 17 "t Victor H Elbern. Der eucharlstische Kelch im fruhen M Zetlschrilt des Deutschen Vereins lür Kurlstwissenschaft S 54. Anm. 102 (Bleipiatten jetzt im Focke-Museum. Bran '"' Karl Heinz Bmrldt. Ausgrabungen im Bremer St. Fel 1974-1976. Ein Vorbericht. in Bremer archäologische E 1976. S. 34, 7a und Abb. S4. Der Bremer Dom. Ausstellung ' talog S. 10131., Nr 1-3. "ß Zeitungsmeldungen von Ende Marz 1979 "t Bauer, Regensburg, s. 352. m Über die 1a Habsburger-Bestattungen Karl Girihart, DIB Ku malerdes Bansdiktinarstiftes St. Paul im Lavanttal, Osterr. pographic 37, 1969. S 99. 157. über die lrlschrifterl Wallerk laographie der lnschrillen österreichischer Fresken bis 1351 leilungert des tnstituts tiir Dsterr Geschlchlslorschung S 31.361 Die Abb. 14 und 15 verdanke ich Herrn Doz D '" Osterreicii Tirol 1353-1953. Ausstellung in der Holburg irl li 1963. Katalog s. 35. Nr. 3:1. Abb 4. "" Reben H. v. Srbik. Maximilian I. und Gregor Rsisch. hg Lhotsky, in: Archiv lur osterr Geschichte 12272. 1951. s. 72 Aitman Kellner. Zeugnisse des Stiftergrabes. in: Feslscf 4ooiahrigen Bestands des oflenllichen Obergymnasiums d diktinerzuKremsmunster,Wels1949,S 24511 mitAbdruci deull. Abb. der aiaitaiein von 1304 und 1509. Kunstgewerbemuseum Schicia Charlottenburg. Ausgewähl (Kataloge des Kunslgawerbemuseums Berlin, Bd 1). 1st (mit Abb.) "' Fritz Dworschak. Konig Rtchard I. Löwenherz von (1159-1199). Durnsleln, Katalog der Ausstellung Dumsteii Zetturlgsrrieldungen von Februar 1979 "' Die Fresse, 30.l31.Juii 1977 l" GuntherBinding, oueiicn. Brunnen und Raiiquiengraberir in: Zeitschrift fur Archäologie des Mittelalters 3. 1975. S.- "' Korlmcl Hecht, Ein Beitrag zur Baugeschichte der Stifts siippiinganburg, in. Niedersächsische Denkmalpflege 9. l 197a, s. 4a l. und Abb 25 u 26 lm gleichen Bericht auch renplombe von 1555 (S 25 u Anm. 19 auf s 52). August Neuhaus. Blei. Bleiguß. llT Reallcitikdn zur d Kunstgeschichte, 1940. 511977 und Abb. 1. Franz Mader in. Pßssavia sacra Alte Kunst und Frommigki siiu. Ausstellung 1975. S. 91. Nr. 34. (Groiia a X 12.5 k 1c l "' RDK 2, sp. 977 "" lnv. Nr Me 39a. Hohe 27 cm; vielleicht ein Taufbecken (. vgl. das Beispiel aus stark bleihaltigem Zinn, Brüssel. 13.71 Philipps Boucaud-Claude Fregnac, Zinn. 197a. S 54 unc Ein reicher verziertes aiinlichas Blei-Objekt (mit Fabeltiere iisiertcn Baumen) im New Yorker Malmpolltan Museum -Sudlrankreich (Angouiemc). 13 Jh - bezeichnet. "' wcllgang Oberleitner u.a , Funde aus Ephasds und sambtt talog der Antikensammlung 2. Wien 197a. s. 57, Nr. 22. Ebd. Nr 23 Über Blefgüse mit Darstellungen BirlBr Mutter den zwei vorchristl. Jahrtausenden s Lecodid schmidt, Bl lyklopadle des Märchens. Handworterbuch zur historisi vergleichenden Erzaiiiforachung. Bd. 2, Lief 112, 1977, s "i Schmidt HI. Biai. S. 49s l" Georg wacha, waiiiahrerzdichen von St. Wolfgang. in: alle derne Kunst 21. 197611911 14e,s.1s-19 und Der hi Woll Walllahreneicherl. in Osterr. Zeitschrift lur Volkskunde 197a. S 253-273. "f Georg Wacha, zinn und Zinngioaer in Österreich. in alte derne Kunst 23, 197a, Heft 157, 5.20. Abb. 4. Schmidt Abb 5.73. "' Schmidt, HI. Blei, 5.81 und Abb. 21 auf s. 70. dazu Arthi Iandt. Beitrage zur bretonischen Volkskunde. Erg.-ed a schritt für ostorr Volkskunde. 1912. s. 15 und Abb. viii. m lnv. Nr. P. 1429111 '" Horst Appuhn, Briefladen aus Niedersachsen und Ndrdrhi lalen. Sonderausstellung im Museum lur Kunst und i schichte der Stadt Dortmund. Schloß Capperlherg. 1911, m Haedeke. Zinn. S 421 m Osterr. Museum lur 12.5 x 7,5 X 5 cm. Sachsen und Angelsachsen. Katalog. S. 550 Nr. 20a (Aes tins ii., 3351337). m Kurt Ranke. Blei. Enzyklopädie des Märchens 2. sp. 443. "t Aiphons Lholsky, Die Geschfchle der Sammlungen. Festsi gunsthistoriscliert Museums llll. wian 1945. 5.392 und l .593. "' Friedrich Frhr v. Schrctter, Worterbuch der Münzkurlde. 1' und s. 597 (Blei-Tesselaa). "t Schmidt, Hl. Blei. s. 96. Victor Klarwlll, Fugger-Zeitung s. 103. Nr. a2. m Fund eines Bleildflels in Wels. Fleillnger, Funde (wie l S. 461 Katalog der Besteck-Sammlung Franz Errlmerlch Graf 1.. ccxxi. Kunst-Auktlon Dorotheum Wien, 1912. S4. Nr. 5: "' Petrikovits (s. Anm. 54). "' Howard Herschel ccttcraii. oid Pewter, its mitkers and marl land.Sc0tlar1d and lroland. 1929, 9. Aufl. 1975. p 3a; Haedi S. 28. Karl Petit, Les etains du Hainaut et leur poinccns. Mons 1' und Abb. Roland Jaeger. Beschauzeichen. in Reallexllton schon Kunstgeschichte 2. 194a, Sp. 309 und Abb. s u. 7. Eva Frodl-Kraft, Die Glasmalerei. Entwicklung. Technik. wien und München 1970, s 2a (Bleiplatten niit ausgaistai chern, ehem. racrmina, san Antonio) nennt Belege aus sii Serbien Vgl. die bisher erschienenen eanda des i-Cnrpua vltrear nevi-. riir ostcrrcicri von Frodl-Kratt über Wien (1952) un Österreich (1. Mama. 1972) Ein eang durch das Rieder Volkskundehaus (soridordruc Hleder Volkszeitung, o..l.), s. a4. Robert Musil. Der Mann ohne Eigenschaften. 1. auch. 1. 7 pitai (Gesammelte Werke, hg. Adolf Friss. eo. 1, 1979. s. "i Schmidt, HI. Blei, S. 56-64. nii lll iii H1 112 angewandte Kunst. lnv. Nr. iii 1:7 lll 1a