iönä- Das also, was Vasari an Michelangelos Ge-
iuch der kompositen Ordnung besonders hervor-
ot, ist die Möglichkeit. Architekturformen zu er-
den. Gerade diese Erfindungskraft ist es, auf die
ihm dabei ankommt: Michelangelos Komposit-
lnung erscheint als eigener architektonischer
I. Ganz ähnlich hat das auch ein anderer großer
tgenosse Michelangelos, Benvenuto Cellini, ge-
ien und beschrieben, aber er gibt zugleich eine
'ere Begründung für diese Möglichkeit. eine ei-
tständige Architekturordnung hervorzubringen:
enn diese". so sagt Cellini, "sei so schon, so an-
iehm und vorteilhaft. und zwar, weil Michelan-
o deshalb der größte Architekt war, den es ie ge-
zen hat, weil erauch dergrößte Bildhauerund der
tßte Maler warlß-
:hitektur als bildende Kunst - damit ist, glaube
, die Richtung angezeigt, in der man die Lösung
a vorhin aufgeworfenen Problems suchen muß,
: Problems, wie eine Vielheit unterschiedlicher
l uneinheitlicherMotive und eine Anzahl von Stil-
iten unterschiedlicher historischer Herkunft sich
einem Innenraum zusammenfügen können.
wichtigste Möglichkeit zur Bewältigung dieser
grabmälern, die nun von vornherein der übergrei-
fenden Rahmenform von Brunellescos Wandgliede-
rung eingepaßt werden konnten.
Ich überspringe alle Planungsphasen für diese
Wandgräber und setze erst wieder bei dem späte-
sten Entwurf, dersich erhalten hat, ein (Abb. 7). Alle
zur Ausführung gekommenen Elemente sind in ihm
enthalten: Über einem Sockelbau, vor dem der Sar-
kophag aufgestellt ist, erhebt sich das dreiachsige
Wandfeld mit hohem Attikageschoß. Derannähernd
quadratische, mit Doppelpilastern besetzte Mittel-
teil wird von schmalen Feldern flankiert, in welche
segmentgiebelbekrönte Nischen eingelassen sind,
Die Dominanz des breiten mittleren Wandteiles ist
ganz offensichtlich. Dieser Mittelteil aber ist nichts
anderes als eine der Fassaden, die schon in dem
Entwurf für das Freigrabmal erscheint. Die Idee des
freistehenden Würfels wurde fallengelassen, der
Gedanke seiner pilastergerahmten Fassadenflä-
chen blieb erhalten und ist auf die Grabmalswand
projiziert worden. In dem Entwurf bewahrt dieser
Mittelteil völlige Selbständigkeit, während die seitli-
chen, nischenbesetzten Teile als zweitrangig und
von untergeordneter Bedeutung erscheinen. Das
sollte sich nun in den ausgeführten Grabmalswan-
den ändern (Abb. 3). Was ist hier geschehen? Das
Mittelgeschoß ist höher und die Attika infolgedes-
sen niedriger geworden. Die wichtigste Verände-
rung aber ist, daß die drei Wandabschnitte nun an-
nähernd gleich breit sind. DerMittelteil beansprucht
nun keinen Vorrang mehrvorden Seitentraveen; die
mittlere Nische und die Doppelpilaster müssen nun
nicht mehr zwingend als eine zusammengehörige
architektonische Gruppierung gesehen werden, wie
dies auf dem Entwurf noch der Fall war. Und doch.
man spürt sofort, daß diese Art, die Verhältnisse zu
sehen, nur zum Teil richtig ist, Prüft man einmal das
Relief derGrabmalswand genauer, so zeigt sich, daß
der besagte Mittelteil trotz seiner schmaleren Ab-
messung völlig intakt geblieben und als eine selb-
ständige Ädikulaarchitektur in die Fassade einge-
setzt ist. Neben seinen äußeren Pilastern laufen sehr
schmale, leicht vorspringende Streifen in die Höhe,
setzen sich in den Verkröpfungen und in den Atti-
kaaufbauten fort und lösen so, allen durchgehenden
Horizontalen zum Trotz, diesen Mittelteil als eigen-
ständige Archltektureinheit heraus: Der Gedanke
des Freigrabmals ist in seiner von Michelangelo be-
gabe bestand für Michelangelo in dem absoluten
ang der Fläche vor dem Volumen. Seine archi-
onische Vorstellung bewegt sich hier nicht pri-
in Körpern, sondern in Flächeneinheiten, Wie
einem Bilde können auch in der Architektur sol-
Gegenständegleichzeitig und nebeneinanderin
r Ebene erscheinen, deren Flächenwert für ihre
rnante Gestalt wichtiger ist als ihr Körperwert.
:lie Mittel derArchitekturangewendet, heißt das:
Bevorzugung der Fassade vor dem Architektur-
ier, der Vorrang des flächigen Baugliedes vor
raumgreifenden - z.B. des Pilasters vor der
le oder der flach geschlossenen Nische vor der
lgeschlossenen usw.; schließlich die Betonung
Flächen durch Flahmenformen und Ornament.
eits in den ersten Entwurfsskizzen wird dieses
henhafte vorrangig. Bekanntlich wollte Michel-
zlo am Anfang der Planung ein Freigrabmal in
Vlitte des Raumes stellen, d.h, einen aus vier
zhen Fassaden gebildeten Würfel mit je einem
ophag (Abb. 6). Alle Zeichnungen, die sich mit
am Gedanken beschäftigen, zeigen immer nur
tnsicht einer solchen Fassade und niemals das
iliche Gebilde. Wie die Wirkung dieses Grab-
ilockes aus einer Ansicht übereck gewesen
e, scheint Michelangelo nicht interessiert zu ha-
at nur folgerichtig, daß der Gedanke des Frei-
mals aufgegeben wurde zugunsten von Wand-
5 Michelangelo, Capella Medicea, Maskenfries. Florenz,
Kirche von San Lorenzo
Anmerkungen 2, 3
2 Glorgio Vasari, Lo vite de" pin eccelerttl pinon. scultorl e arcniteno-
ri, Firenze nass. lntroduzione Cip, l, Dell' Archltettura.
' zlllüfl nach: La vira di Bsnvenulo Celllni. segutta der Trattati dell'
Orlficeriaedella Sculturae daglt SCVIHI sul" Arte. ed A J Rusconl, A
Valari, Roms 19m. s 797.
vorzugten Fassadenansicht im Wandgrab präsent
geblieben. Gegen diese, nun allein aus der Struktur
des Wandreliefs gewonnene Auffassung meldet
sich sogleich erneut derwiderspruch der ersten Les-
art, denn es läßt sich nicht leugnen, daß die Wand
gleichzeitig als aus drei gleichberechtigten Traveen
gebildet erscheint; und man wird sich fragen.
warum denn Michelangelo nicht die Proportionen
des letzten Entwurfes beibehalten habe, wenn es
ihm auf die Betonung eines selbständigen Mitteltei-
les ankam. Weshalb ergibt das tastbare Wandrelief
ein ganz anders strukturiertes Architekturgebilde
als das Projektionsbild dieses Fassadenreliefs in der
Ebene? Die Antwort kann nur lauten, daß beide Auf-
fassungsweisen der Grabmalswand richtig sind,
und da dies so ist, kann sich weder der Gedanke der
selbständigen Freigrabmalsfassade noch der Ge-
danke der drei gleichgewichtigen Traveen voll
durchsetzen und alleinige Geltung beanspruchen.
Die eine Form ist in der Anschauung unabtrennbar
von der anderen. Zwei ganz verschiedene Konzepte
dieser Wand überschneiden sich sozusagen, sie
durchdringen sich, ohne eine Synthese zu bilden,
d.h. ohne ein drittes, völlig neues Gebilde aus sich
entstehen zu lassen. Gleichwohl sind diese zwei Ar-
chitekturgebilde in einer einzigen Wand verwirk-
licht.
Ich meine, wir haben hier das deutlichste Beispiel
für die Beschaffenheit von Michelangelos komposi-
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