Für den Kunstsammler Franz Wagner Das gravierte Hirschgeweih aus der Sammlung Hearst t Aus der berühmten Sammlung von William Ftandolph Hearst in Kalifornien war 1965 ein graviertes Hirschge- weih auf einer Kunstauktion in München aufgetauchtt. Nun wird dieses Fiarissimum des europäischen Kunst- handwerks auf der vom 21. bis 30. März 1980 stattfinden- den Kunst- und Antiouitätenmesse In der Salzburger Resi- denz gezeigtä, Daß es damit nach Österreich zurückge- kehrt ist. erweisen die auf dem Geweih dargestellten Wappen mit den darüber angebrachten Initialen und die Jahreszahl 1563. Die gesamte Oberfläche des glattpolierten Geweihs eines starken Vierzehnenders ist bis an die Enden mit gravier- ten phantasievollen Darstellungen übersät, bei denen fi- gurale und ornamentale Kompositionen in dichter Folge wechseln. Der Erhaltungszustand ist tadellos, die Ge- weihstangen sind in einem aus Ebenholz geschnitzten (ur- sprüngllch zugehörigen?) Schädel montiert. Die größte und sichtbarste Fläche, die an der Gabelung ober den R0 sen geboten wird, ist mit ie einem Wappen geschmückt. Diese Wappen, einem größeren Kreis von Kunstfreunden wohl aus der Geschichte der Salzburger Erzbischofe bekannt3, erlauben auch die eindeutige Auflösung der Ini- tialen: M.L.z.W.v.M. : Marx Lang zu Wellenburg und Mü- nichau, bzw. A. .v.K. Anna Langin von Kuenburg. Seit 1538 besaßen Marx, Matthäus und Lukas Lang von Wel- lenburg, Neffen des Erzbischofs und Kardinals Matthäus Langß, das in Fieith bei Kitzbühel gelegene Schioß MümchauS; Marx, der Protestant warß, hatte am 5. Dezem- ber 15597 Anna von Kuenburg geheiratet, eine Nichte des Erzbischofs Michael von Kuenburg (1554 - 1560) bzw, Schwester Erzbischof Georgs (1586 - 1587). Seit der Hei- rat war Marx bis zu seinem Tode im Jahre 1579 - er starb als Letzter seines Stammes - Aileinbesitzer des Schlos- ses und der gleichnamigen Herrschaft, die dann in den Besitz der Grafen (später Fürsten) von Lamberg übergin- gen. Münichau war lange Zeit arg vernachlässigt, so daß das schone Geweih bereits spätestens im 19. Jahrhun- dert aus dem Schloß weggekommen sein dürfte. Oswald Graf Trapp hatte 1968 das schone Lang-von- Welienburgische Geweih zusammen mit einem sehr ähn- lich und gewiß vom gleichen Meister gravierten Geweih veroffentlichtß, dessen Schmuck 1562, also nur ein Jahr früher, für Oswald tll.) Trapp und dessen Frau Katharina von Neidegg geschaffen wurde und das heute das schöne alte Zlrbenholzgetäfel der Großen Stube in der Churburg schmückt. Auch bei diesem Geweih sind die Wappen oberhalb der Rosen angeordnet, auch hier erweisen sich die darüber befindlichen Frauengestalten als Darstellung des Gleichnisses der klugen und der lorichten Jungfrau- en, wobel die Frauenfiguren durch (bei dem Langischen Geweih darübergesetzten) lnschriften als Staaten perso- nitiziert sind: Flandern, England, Deutschland, Frank- reich und Italien werden auf der (heraldisch) rechten Stan- ge durch aufrecht gehaltene brennende Öllampen als klu- ge, Ferrara (Üi). t-Grecia e Turm, Brabant, Spanien und Por- tugal durch nach unten gekehrte verlöschte Lampen als törichte Jungfrauen gekennzeichnet. (Trotz vieler Bemü- hungen konnte Graf Trapp keine einleuchtende Erklärung für die Aufteilung in nkiugerl und in "törichte" Länder fin- den, auch hilfreiche Auskünfte an Trapp seitens Chri- stoph Alimayer-Beck und Alphons Lhotsky9 brachten kei- ne befriedigende Lösung.) Auf dem Geweih des Lang von Wellenburg erscheint auf einem Schrittband rechts oberhalb der nItalia-r das Mono- gramm TvB, das sich in gleicher Form auch auf dem Trappschen Stück findet. Da ein Trappsches Exlibris aus dem Jahre 1569, dessen originale Kupferplatte sich noch im Archiv der Churburg befindet, mit einem fast gleichen Monogramm signiert ist, hat Oswald Trappio wahrschein- lich gemacht. daB es sich bei dem Graveur der beiden Hirschgeweihe um Thomas Boos handelt, einen wohl aus Konstanz stammenden oder dort arbeitenden Kupferste- cher. (in der Bibliothek des Stiftes Stams werden zwei von dem gleichen Meister monogrammlerte Exlibris verwahrt, eines für den Konstanzer Suffragenbischof Jakob Eliner, das andere fur den dortigen Kanonlkus Barthcilomäus Matzlerlf.) Es lag auf der Hand, daß der Meister, der die beiden Geweihe gravierte, nach graphischen Vorlagen ar- beitete. in einem dem Aufsatz von Oswald Trapp beigege- benen Exkurs hat Wolfgang Wegner, München, nachge wiesen, daß die Vorlagen für die Zyklen der klugen und 42