10 aber im Glanziicht der Iris das eigentliche Zen- trum des Bildes. Die iiZügett der Physiognomie sind nicht zeich- nend gezogen, sondern aus Farben gebaut, eine in ihrer individuellen Wirkung kaum weiterzuvermitr teinde Methode, von der Ediinger bescheiden meint: iilch weiß selbst nicht, wie meine Gemälde entstehen. Ich mach so lang daran fort, bis ich glaube, daß sie gut sind4l.ii Diese herbe, bisweilen knollige Vortragsweise, die auf erdignischmutzi- genii Nuancen modeiiierend aufbaut, kann sich naturgemäß nur an entsprechenden Bildgegen- ständen ganz vollenden und ist für prägnante Zü- ge in männlichen Gesichtern oder zur Darstellung alter Menschen eher angetan als für jugendlich- zarte Komplexionen. Edlingers Frauenbiider be- rühren stark - nicht durch iihinaufgestimmte, ver- schönte Naturütt, sondern durch den Ernst ihrer Erfassung. Schmeichelhatt-galant sind sie nie, und die Damen ließen sich nicht sehr gern von ihm malen. Wollte sich ein Ehepaar porträtieren las- sen, so kam es nicht selten vor, daß der Mann zu Ediinger, die Frau zu einem anderen Meister ging43. im weiblichen Bildnis tragen sich meist ungleich intensiver als im Herrenbildnis rivalisierender Kontrast oder Harmonie von Kleidung und Physis zur Schau, zumal seit der Mitte des 18. Jahrhun- derts die Mannermode im Zeichen würdevoiier Zu- rückhaltung immer unbunter und unorigineiler 12 wurde bis hin zur allgemeinen Schwärze des Bie- dermeierfracks. ist prägnante Charakterisierung die Forderung des männlichen, so wird im weibli- chen Bildnis Anmut durch den Schleier der ideali- sierung gesucht. iiich versuchte dem Gesichts- ausdruck der Damen Haltung und Ausdruck zu geben; diejenigen, die keine Physiognomie hatten, malte ich träumerisch und nachlässig aufge- stütztii, erinnert sich Elisabeth Vigee-Lebrun (1755 bis 1842), die durch modische Brillanz bestechen- de Pariser Biidnismalerin und enge Freundin der Marie Antoinette". Die lebende Person sucht sich der - jeweils modisch vorgegebenen - Ideal- erscheinung auch durch das Kunstmittel der Schminke zu nähern, deren malerische Eigenwer- te sich im Porträt dann unauflöslich mit den Dar- steliungsmitteln der Bildniskunst verbinden. Gera- de im weiblichen Bildnis kann die modisch herbei- geführte äußerliche Veränderung der individuellen Erscheinung das Persönlichkeitsbild charakteri- sieren und so in die Porträtwahrhaftigkeit einge- hen. Umgekehrt gibt es einen Maierblick, der, in- dem er dieses Phänomen durchdringt, ein Gesicht im übertragenen Sinn iiungeschminktit abbilden kann. Der Wiener Hofmaler Josef Kreutzinger (1757 bis 1829), weitgereist wie viele seiner Zunftgenossen in diesem kosmopolitischen Jahrhundert, erhielt Aufträge gleichermaßen von den höchsten Mit- gliedern des Hofes wie auch aus dem gehobenen Burgertum. schon ienseits der Jarlrhundi de, aber in Haltung und Akzentuierung g: Traditionslinie des 18. Jahrhunderts fortsl malte er das Bildnis der Frau Eva Passi (Abt Das - an modisch entfärbter ldealität ger - zu kräftig rötliche lnkarnat tritt nirgend gener Kontur gegen das Dunkel des Hinti des an, sondern wird ringsum von Spitzenl vermittelt. Die Zartheit der Spitzen und l läßt die markanten Härten des Gesichts deutlicher hervortreten. Die verschiedenen parenzen sich überlagernder Tüilspitze Stoffqualitäten sind in einer kostbaren Fü Weiß-Nuancen virtuos wiedergegeben; die Haubenschleife stilisiert das Kolorit zu pot kühler Mädchenhaftigkeit, die die nicht rn gendlichen Züge geaiterter erscheinen lass es vielleicht bei einer anderen Tracht der F re. indem es die Gestalt umschließt und fal das rote Schultertuch den Oberkörper in Bildausschnitt frei, der wie eine Allusionz plastische Bildnisbüste wirkt. im abwarl Blick bildet sich die Zeitdauer des Gemaitwi ab als Pose des repräsentierenden Stillhi die das prüfend-abtastende Auge des Malt sich gerichtet weiß. Was Bruno Grimschitz für Kreutzingers Ade nisse, vor allem die ganzfigurigen, festste iidie Intimität ihrer malerischen Charakt kontrastiert unmerklich mit der repräsenl Dekoration ihrer Umwelttött _, gilt ebens subtiler noch, für die inoffiziellen, die bürger Bildnisse. indem der Maler die individuellen werte des Gesichtes gegen die additiv-deut des KostLlms abwägt, vermag er gerade in c hen Konversationsdistanz des Brustbilde: schwierigen Verhältnis zwischen der repräsi ten Person und deren individuellen Unzulär keiten psychologisch fühisam zu begegnen das Fiollengewand unerbittlich als Hülle zu ren - jener Objektivierung des Psychische bei manchen Biidnissen Goyas ins Erschrec führt. in der gleichen Zeit erfand sich die Spiegel, in denen die ganze Gestalt erscheii he, in ein Fiahmengerüst schwenkbar eingeh Standspiegel, iifeieriiche Altarwerke der keiWti, denen die mythische Personifikatic seeiter Schönheit, iiPsycheii, ihren Namen I mußte. 10 Josel Kreutzlnger (1757_-1B29), Bildnis der Frz Passi, um 1810. Wien. Osterreichische Galerie Anmerkungen 39-47 (Anm. 39, 40 s. Text S. 11) 1' i-Der Geheimbund der llluiiilnaten war konzipiert als ein v ohne navcluticn durch oiganrsatidn von Aufklarung und durch dic errichiurig eines Sitterlreglments den durch we und geistlichen Despotlsmus dcdiavrcrisn llaturzustand vi hert und clcichhcit in derrrlerlschlichen Gesellschaft wlede stellen Wenn auch dic wiriilichkcit des Bundes weit hintsr Programm zuruckblleb und bai aller raschen Verbreltun ganz Mitteleuropa nicht wcit uber das siadiurri einer Frcir und Lesegesclischait hmauskarrl, stellt der 177a gegrundl 1155 vcrbdtcria lllumlnaterlburld als der cista bekannte pd Geheimbund der Nciizsit ain poiitlsch-gesellschattllches iricn von europalscher Bedeutung dar u Richard van Duim Geheimbund der lllumirlateri Darstellung Analyse ocliurrici siutlgan-ead Cannstadt 1975, s 1a. Der Faszinaticn dieser Llrliß ordnet Edllrlgerauch dic kcinc des grdßcn Gruppenblidnlsses VOn Slrobi niit zwei Klnderr chen. Neue Pinakothek) urlter: nci Sohn steht niit dem i zurri lrorltal sitzenden Vater: il'l splegelblldllcher Drehung v sich das ausgepragte vaterllche Frolll und das kindlic zcgcrnd-iinlcrtigsr Charakteristik in cincr intensiven Spi des Blicks elnander zu Abgebildet u a. irii Gesamtkatal Bayer Staatsgemaldesammlungeri, Neue Pinakothek Mu Gemaldekataloge Ed. a llach-esrdcii und Klassizismus, tii Barbara l-laidtwig Murichen 197a, s.72 ll. ziticrt nach 1.. Ch. Helnemann (vgl Arlrrl a7). s. 71 Nach den r-Mlscellaneerl artistischen lrlnhalts-i, hrsg. v . Georg Meusel. s Helt,ErIurt1781,im Kapitel rrldeal und N murlgv, s. s l, gibt sich das csnis des Portratmalers du vsrandsriing der Natur zur ldealltet hin zu erkennen " L.C Helnemann (vgl Anm 37). s. 52. M Elisabeth Vlges-Lebrun vsrdliaritiiciiis 1335 ihre Leberlsi rurlgert Zitiert nach Kmdlers Miilßreliaxikorl. Bd 4 ZIJIICl s 677. Wien, Österreichische cdisris. Oberes Belvedere. BrurloGrlmschltLJosel Kreutzingsr in- Alte und moderrieK 19.. 19cm, H 172. s s. custiiv Friedrich Hartlaub, Zauber das Spiegels. Münchel 3.55. Nach Albert Dauzat, Nouveau orcticnnairc Eiyrriclc Paris 1964, s. 613, ist dlß Benennung i-Psycheir erstmals 1 i-Jbuinal dcsdariics- sctiriltiicli nachweisbar. Das Aulliciriir Standspiegai lailt aber noch ins spate ls. Jahrhundert. ni AI AI A! A! A7