Schichten ausgegangen, denn wenn einer in der Natur lebt, muß er zur Natur nicht zurück. Die be- kannten Beispiele: das französische 18. Jahrhun- dert (Schäferspieie, Hameau der Marie Antoinette usw.), das russische späte 19. Jahrhundert (Na- rodniki, Toistoianer mit ihrer Wirkung auf Gandhi und auf die Kibbuzim). - Positiv an diesem Ge- schehen ist der Gewinn an Freiheit. Negativ er- scheint, daß mit dem Untergang der Ideologie das natürliche Ftegulativ in der Wertung ausgefallen ist. So zeigt die permissive Atmosphäre ihre Schattenseiten: alles ist erlaubt, aber nicht aus dem Glauben an die schöpferische Kraft des Men- schen, sondern weil man zu feige und bequem ist, Werturteile abzugeben und auf solche Weise die Kultur den Bewegungen der Marktwirtschaft aus- liefert. Marktwert ist aber kein geistiger Wert, Es entsteht die Orientierung nach den falschen Maß- stäben der Werbung. 3. Der Mensch hat in den hochentwickeiten euro- päischen lndustrlegesellschaften die Dimension der Tragischen verloren. im Glauben an die totale gesellschaftliche Bedingtheit seiner Existenz ver- fällt er einem merkwürdigen, ihm selbst höchst ra- tional erscheinenden Fatalismus. Er liefert sich dernenu Kunst überhaupt nur als Fragestellungen verstanden werden. Sie sollen zugleich eine mögli- che Auffassung über das Kunstgeschehen als Vorstufe eines künftigen gesellschaftlichen Ge- schehens beleuchten. Es ist allerdings schwer, oft auch unmöglich, jene Zeichen, die in der Kunst enthalten sind, richtig zu dechiffrieren. Zur Definition der vmodernemt Kunst und insbe- sondere der wmodernenu Malerei wollen wir Wer- ner Hofmanns ausgezeichnetes Essay Ober Kunsttheorie des 20. Jahrhunderts zitieren (im Sammelband nBruchliniem): uWir glauben überall dort von ,moderner Maierei' sprechen zu dürfen, wo die künstlerische Gestal- tung - gleichgültig, ob siezu gegenständlichen oder ungegenständiichen Resultaten führt - das Gegenständliche seiner materiellen Substanz ent- kleidet und als Kraftiinie bzw. als ,Eiement' dem Bildbau eingliedert. Sind jedoch einmal die ele- mentaren Form- und Farbwerte aus dem gegen- ständlichen Motiv herausgeiöst, ist also das ,Funktionelie' aus dem ,lmpressiven' herausge- holt, so nimmt das Kunstwerk folgerichtig den Weg zu seiner Verseibständigung, der gleichzeitig die Erkenntnis seiner Eigengesetzlichkeit vorbe- standen Ähnlich dachte Cezanne: "Kunst Harmonie, parallel zur Natura. Kehren wir zurück zur Wortfindung Mondi spricht von wspiritueiler Harmonie-r. Wir s- iaubten uns die Formulierung: "Es schein wären Wissenschaft und Kunst währer Aufruhrs gegen das Herkömmliche mit der len, dessen weltliche Macht erlosch, in Be gekommen und wären durch diese Berühr einer neuen Spiritualität durchflutet word Es wäre nun möglich, daß diese wspiritut monieu, diese "neue Spiritualltätv uns n das Ende des extrem materialistischen, n schen und positivlstischen Weltbildes an. ne solche Anzeige wäre ja überholt, d: Weltbild ohnehin bereits durch die Natu schaft korrigiert und zum Großteil zerstört ist), sondern zugleich auch den Aggregate einer neuen, sich erst allmählich former seilschaftiichen Wirklichkeit erahnen I: wollen uns fragen, wieweit uns die Besch mit der "modernem Kunst ganz bestimr denzen der gesellschaftlichen Entwicklur sen läßt. Dabei wollen wir auf ein Spiel r zichten, nämlich auf das Spiel mit histi den Spezialisten der Genesung und des Todes aus und nimmt sein Schicksal als von der Gesell- schaft vorbestimmt genauso hin wie er sich mit der verrückt hohen Zahl der Verkehrstoten abfin- det - so, als handelte es sich um eine Epidemie. Mit dem Verschwinden des Ehrbegriffes als Aus- druck der sozial relevanten Vitalität ist das Tragi- sche nicht nur existentiell, sondern auch bezüg- lich des gesellschaftlichen Bewußtseins verloren- gegangen. Einen ästhetischen Aspekt dieses Vorgangs be- leuchtet Mondrian: wJe mehr das Tragische ver- schwindet, desto mehr gewinnt die Kunst an Rein- heim Diese Meinung, die weitgehend dem allge- meinen Werturteil der wmodernenu Kunst ent- spricht, macht aus dem Negativum ein Posltivum, bekennt sich rückhaltlos zum vorherrschenden Zeitgefühl und zieht die Konsequenz aus dem Um- schwung, der sich in der Kunst vollzogen hat und immer noch vollzieht; von der Mimesis (Nachah- mung) zur neuen Spiritualität. Waren die bisherigen Überlegungen bloß hypothe- tische Denkbehelfe, mit Fragezeichen versehene Behauptungen als Hilfsmittel der Wahrheitsfin- dung, so sollen die hier folgenden Gedankenfrag- mente zur gesellschaftlichen Deutbarkeit der "mo- 46 reitet. Die autonome, gegenstandsfreie Form ist geboren... Und weiter: wln dem Maße, wie nun die Form rein und als ent- blößte Konstruktion hervcrtritt und auf ihre Ein- Kleidung in gegenständliche Motive verzichtet, ge- währt sie dem Beschauer, nach der Meinung Kan- dinskys, unmittelbaren und umweglosen Zugang zu den ,inneren Klängen' und der ,inneren Welt', welche bisher im Gegenständlichen verschlüsselt IBQGTLu im weiteren zitiert Hofmann den Satz Mondrians: "Bisher war keine der Künste rein gestaltend, denn das individuelle Bewußtsein war vorherr- schend, alle waren mehr oder weniger beschrei- bend, indirekt, annähernd-i Und nochmals Mon- drian: "Die neue Harmonie ist eine doppelte, eine Dualität von spiritueller und natürlicher Harmonie. Sie offenbart sich als innere und äußere Harmo- nie, beide zusammen in verinnerlichter Äußerlich- kein. Schließlich verweist Hotmann darauf, daß die "moderne Malerei" weine neue, vielschichtige Kunslwirklichkelt Ins Leben rief, die der Natur- wirklichkeit mit dem Anspruch auf Gleichberechti- gung entgegentritt und damit ein bedeutendes Goethe-Wort radikal zu verwirklichen versucht: ,Kunst - eine andere Natur; auch geheimnisvoll, aber verständlicher, denn sie entspringt dem Ver- Analogien, allerdings im Bewußtsein der l digkeit, ja der Windigkeit solcher Vergleii also zur Fragestellung. ist die "moderne Kunstu ein Vorzeichen dt den hochentwickelten Industriestaaten erst entwickelnden posturbanen Gese Wird hier nicht jener Zustand der Urbanl wunden, den wir als Denkmodeli etwa mi naissance gleichsetzen dürfen, den wir Aufklärung verbinden, den wir auf dem G- Ökonomie mit den Begriffen Merkantilis dustrieiie Revolution und Kolonialismus i dung bringen? Das ideal dieser Zeit war- der Individualismus. Dieser lndividualism wesentlichen auf den Zeitabschnitt der dauer gerichtet. Er ist folglich gezwungen Zeitabschnitt mit befriedigenden Erfolge füllen. Diese Erfolge müssen meßbar sei iich, etwa in der Zahl der zurückgelegter ter, und finanziell. (Oder in Fällen subliml folgserlebnisses: durch Autorität um tation.) Die Kunstform des lndividualismi Realismus: der Mensch, der sich als einz greift, begreift auch alles andere als etwa nes und will die Welt als eine geordnet: von Einzelwesen abgebildet sehen, nicht bol, als Zeichen, als Chiffre, als Ausflußi borgenen Spiritualität. Versuchen wir zwischen dem Modell des