Kreuzesrast. Auferstehung. Christus erscheint Magda- lena u. a.) auch die einstige Farbigkeit sichtbar ist. Aller- dings sind die Fresken bereits zufolge der Luftver- schmutzung und der Witterungseinflüsse wieder stark verblaßt und restaurierungsbedürttig. Die Vorzeichnung, die. anders als bei Fresken dieser Zeit üblich, die Darstellung auch im fertigen Bild be- stimmt, gibt ailen Szenen einen holzschnitthaften Cha- rakter. Dabei sind mitAusnahme der am besten erhalte- nen Ostwand (Christus erscheint Magdalena bis Welt- gericht) Vorlagen aus den Holzschnittvorlagen Schon- gauers und des Dürerkreises wohl zu ahnen, aber fast nirgendsdirektzur Komposition, sondern höchstensfür Details verwendet worden. Das älteste Fresko der Gei- ßelung (1 51 9) klingt ebenso wie die Dornenkrönung und die Kreuztragung an die Stiche Martin Schongauers (B 12, B 13, B 21) an, ohne damit völlig übereinzustim- men. Der Maler im Kreuzgang bringt mehr Menschen in die Szenen, läßt sie meist in einerweiten Stadt- oder Na- turlandschaft auftreten und schafft durch Gruppierung von Personen Nebenszenen. in denen das dramatische Geschehen diskutiert wird. Die Architektur ist immer ei- ne deutsche Stadtlandschaft mit Renaissanceelemen- ten, Die Fresken der Südwand (1521122) bringen den Übergang von Schongauer zu Hans Schäuffeleins Holz- schnitten. Die Szene Christus in der Vorhölle kommt zwar auch bei Schongauer (B 19) vor, steht aber dem Holzschnitt Hans Schäutfeleins im ilSpeCUlUmK näherls. Dieses iiSpeculumi ist auch für die folgenden Bilder bis zum Pfingstwunder als Vorbild maßgebend. Das zeigt sich nicht zuletzt darin, daß der Künstler jetzt mit einer geringeren Zahl von Figuren auskommt und Nebenszenen meidet. Das iiSpeculum de passione Domini nostri Jhesu Chri- stiir. das 1507 von Ulrich Pinder in Nürnberg herausge- bracht wurde. enthält neben den mit Holzschnitten ver- tretenen Namen Hans Schäuffelein, Hans Baldung Grien und Hans Burgkmairauch den Namen des Kaspar Rosentaler"? Rosentaler war als Sohn des Nürnberger Metallwarenhändlers Martin Ftosentalerbald nach 1500 in Schwaz als Kuplerhandler ansässig geworden und der Bauleiter des Klosterbaues und in der Folgezeitdes- sen weltlicher Vertreter (Syndicus) bis zu seinem Tod 1542". Seine in Schwaz eindeutig zu verfolgende wirt- schaftliche Tätigkeit widerspricht völlig der mehrfach geäußerten Ansicht, Ftosentaler sei Architekt oder gar Maler gewesen. Als iiPaumaisterii war er nur der finan- zielle Leiter des Klosterbaues. Rosentaler war ein sehr frommer Mensch und hat selbst zwei Werke herausge- geben: Die Legend des heyligen vatters Francisci (1512) und das Leben unsers erledigers Jesu Christi (1514), die Themen der Kreuzgangtresken behan- delnWOhneZweifelhaterdem MalerdasSpeculumvon 1507, das er wahrscheinlich finanziert hat, als Vorlage in die Hand gegeben. Schließlich verbleibt neben dern schlecht erhaltenen Weltgericht noch die erst um 1525l26 gemalte Gruppe der Fresken der Nordwand vom Abschied bis zur Ver- spoltung Christi. Hier sind andere Holzschnittvorlagen spürbar. von denen beim Abendmahl ein Holzschnitt Hans Schäufteleins (Hirth, Renaissance Nr. 66) eindeu- tig verwendet wurde? Diese Bilder zeigen den Maler auf dem HöhepunktderZeichnung und am stärksten der Maximilianszeit verbunden. Neben allen Holzschnittanregungen hat der Maler oder besserderZeichnerderFresken aberelneganzpersön- liche Handschrift, die an der Nordwand besonders aus- gebildet ist. Er istein Erzähler. derZeitgenössisches mit großem Behagen und liebevoller Exaktheit in die bibli- sche Handlung einstromen läßt. Besonders verbunden ist er den Landsknechten. deren Kleiderluxus und be- kannte Grausamkeit er hervorragend z. B. in der Szene der Verspottung Christi zum Ausdruck bringt. In den äl- teren Bildern von der Geißelung bis zur Kreuzesrast fal- len dietürkischen Typen in Kleidung und Gesichtszügen auf, die in den Holzschnittwerken selbst bei Schongauer nicht so tremdartig und drohend auftreten. Dagegen sind die Frauen und Mädchen in ihren Gesichtern aus- druckslos und einheitlich. Die Stadtlandschatt ist weit und detailreich, es fehlt ihr aber die Tiefenwirkung und die perspektivische Eindeutigkeit. Im Detail ist der Stil der Dürerzeit mit Anklängen an die Düsternis des Do- naustiles (der allerdings in ganz Süddeutschland und der Schweiz um 1520 Allgemeingut ist) sichtbar. Aber keinem Vorbild folgt der Maler eindeutig. Er wählt aus und setzt Eigenesdazu.sodaßnirgendseinebestimmte Ausbildung spürbarwird. So istder Malerein Einzelgän- ger mit großem Können in derCharakteristik seiner Ge- stalten und einer Liebe zu allen Details seiner Gegen- wart. in der Komposition fehlt ihm mit wenigen Ausnah- men die Konzentration auf das Wesentliche. die Bilder gehen in die Breite der Erzählung, die die Grausamkeit des Leidens Christi betont. Daß er mitten im Höhepunkt der Reformation der alten Kirche eng verbunden bleibt, ist auch eine Ausnahmeerscheinung, wenn man be- denkt. daß die Reformation gerade in Schwaz in den zwanziger Jahren großen Anhang gefunden hatte". Faßt man dieses kulturgeschichtlicheAmbientezusam- men. dann läßt sich auch die Frage nach der Person des Malers lösen. Das gewiß unverdachtige Nekrologium der österreichischen Franziskanerprovinz (zu der Schwaz damals gehorte)berichtet2':)i1535 FraterWil- 7 rDie Rast auf Golgathaa, Ausschnitt mit Verhöhnung 8 wChristi Himmeltahrtu. Gesamtansicht 9. 10 Einblicke in den Kreuzgang des Franziskenerklosters zu Schwaz in Tirol Anmerkungen 15 - 23 w a. L0ssky,a. a. oqnwnaoa. " F. Winkier. Dnreis Kleine Holzschnillpassion und Scnauneleins SPGCD- lum Holzschnitte. Zeitschrili des Deutschen Vereins Iür Kunstwissen- Sißhilft, Band VIII. Berlin 1941. H91! 314. " D. scnannen. Gesammelte Schriften. Band I. Innsbruck 1900 (Caspar Rosenthaler). S. 136-145; im Baumeister Raiibuch der Liebfrauenkir- ehe Schwaz (Piarrarctilv SCIIWEI) vom Jahre 1504 ist K. R aui I. 299 erstmals genannt. Sßin Porträt mli Wappen befindet sich am FreSkU IChrISWS wird zum Tode veiurteiiil: Chronik G98 Franziskanerklostars Schwaz. Band I, 1. 137138. 1' D. Scnönherr. a. i. O 5.140. " Hlnh, Renaissance, .66. n E. Egg, Schwelei Bezlrksbuch, a. a. 0., s. 16-19. 1' Ältestes Tßienveileichnls der österreichischen Franziskanerprovinz, Provinzarchivwien; F. Hertzog. Coemugraphie Ausiriaca Franciscana, Tlmi l. Kbln 1750. S. B7. ß Zum letzten Mai angeiuhn bei J. 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