bautens, daß sowohl das Erdgeschoß wie das erste Obergeschoß des Eckhauses ursprünglich überwölbt waren und daß die Gewölbe besei- tigt wurden, als man beide Geschosse aus be- triebstechnischen Gründen einheitlich zu Ge- schäftszwecken nutzen wollte. Die bautechnische Lösung fiel infolge der Beengtheit des Raumes und der problematischen Zielsetzung eher küm- merlich aus und ist heute ohne Zweifel völlig veraltet. 1921 wurden die Fassaden des Eckhauses („Sla- mahaus") und bald auch des danebenliegenden Obiektes Brodgasse 13 („Fürsthaus") durch den Stadtbaumeister und Gemeinderat Franz Wag- ner renoviert. Wagner, der auch zahlreiche an- dere Salzburger Bürgerhäuser wiederhergestellt hatte, schlug dabei den ganzen Verputz ab, um die ursprüngliche Baustruktur aufzudecken. Da- bei sah man „bei fast allen Fenstern"" profi- lierte spätgotische Fenstergewölbe mit ie drei überstabten Vorhangbogen als oberen Ab- schluß. ln der Publikation „Stadterhaltung und Stadt- erneuerung in Salzburg an Beispielen der Re- staurierungen Franz Wagners"7 schreibt der Verfasser, Dr. Kai Mühlmann: „Eines der inter- essantesten Ergebnisse erbrachte aber die Re- staurierung des Slamahauses am Alten Markt. Dieses prachtvolle Bürgerhaus mit seiner elegan- ten, imponierenden Ecklösung legte von vorne- herein die Vermutung nahe, daß die etwas ein- tönige Fensterbehandlung - gerade horizontale Balken überhöhten Fenster der ersten drei Stock- werke - nicht das Ursprüngliche war. Das glück- liche Werkprinzip Wagners, durch Abschlagen des alten Putzes iede Fassade auf ihre Urform hin zu untersuchen, förderte hier nicht nur ein selten schönes Ornament aus spätgotischer Zeit zutage, Wagner gewann damit zugleich auch die Wiederherstellung des alten Kompositions- gesetzes dieser Fassade, das von dem klassi- zistischen Schema mit geraden Balken grundle- gend abweicht. Ein Blick auf die Abbildungen zeigt, daß es sich oben um ein bloßes Addieren der Fenster zur gleichmäßigen Reihe handelt, während das spätgotische Kompositionsgesetz einen aus vier Fenstern gebildeten Angelpunkt der Fassade in das Zentrum der ganzen Haus- wand rückt. Dieses Zentrum wird gebildet durch eine dreieckige, aus den vier ornamentierten Fenstern gewonnene Hauptfigur, um die sich die Nebentrabanten der übrigen, schmucklosen, dadurch viel kleineren Fenster gruppieren. Die Bildung und Anbringung des Ornamentes selbst in leicht vertieftem Feld wahrt, wie man sieht, wie überall in Salzburg streng die Sub- ordination des Dekors unter die Fläche der Wand. Gleichzeitig wurde bei dieser wertvollen und fruchtbaren Rekonstruktionsarbeit gegen den Residenzplatz zu ein schöner Konglomerat- pfeiler bloßgelegt, welcher die Hauskante bis zum dritten Stockwerk führt. Die bauliche Situation ließ weiterhin vermuten, daB das Slamahaus zusammen mit dem Fürst- haus einen Komplex gebildet haben müsse. Bei der einige Jahre später erfolgenden Renovie- rung des Fürsthauses, die gleichfalls Wagner übertragen wurde, stieß man denn auch, die Bestätigung für iene Vermutung findend, alsbald auf eine Reihe gleich gestalteter Fensterdekors aus Konglomerat. Diese beiden Fassaden gehö- ren nun unbestritten zu den interessantesten auf dem Boden der Stadt Salzburg und haben wohl die Richtigkeit der von Wagner angebahn- ten Restaurierungsmethoden schlagend darge- ton." Dr. F. Martin schrieb aus diesem Anloß1921 im Salzburger Volksblatt: „Die Aufdeckung die- ses Hausschmuckes wurde von allen, die var- übergingen, mit dem größten Interesse, ia sogar 46 mit einer gewissen Spannung verfolgt, was einerseits für den unserer Bevölkerung inne- wohnenden historischen Sinn zeugt, andererseits aus der Seltenheit gotischen Bauschmuckes im heutigen Salzburg zu erklären ist..." Wenn sich also ietzt am Hause Residenzplatz 2 gotischer Dekor fand, so taucht gleichsam ein Stück des mittelalterlichen Salzburg vor Wolf Dietrich, von dem niemand mehr etwas wußte und das man verloren glaubte, empor, und das ist das Reiz- volle an der Sache . .. Nach dieser Untersuchung steht nunmehr fest: 1. Bei „fast allen Fenstern" kamen 1921 die wertvollen spätgotischen Stabwerkfenster mit Varhangbogenabschluß zum Vorschein. 2. Freigelegt wurden lediglich die unbeschädig- ten Fenster, die übrigen wurden aus Zeit- und Geldmangel nicht erneuert, sondern wieder wie zuvor verputzt. 3. Die heutige Erscheinung dieses Baublocks ist nicht nur wegen der halben Freilegung, son- dern auch wegen der Fensterkonstruktion bzw. Fensterteilung und des unschönen Laden- einbaus im Erdgeschoß ebenso unerfreulich wie unhaltbar. Leider sagt keiner der beiden Berichte (Mühl- mann, Martin) etwas über die genaue Anzahl und Lage der freigelegten und wieder verputz- ten gotischen Fenster aus. Auch die zahlreichen Abbildungen bei Mühlmann schaffen hier keine Klarheit. Deshalb hat das Institut für Baukunst und Bauaufnahmen der Technischen Hochschule Wien unter der Leitung des Verfassers eine Bauaufnahme des gesamten Baukomplexes durchgeführt", um aus verschiedenen Kriterien, wie Mauerstärke, Gewändeausbildung, Fenster- größen, Lage der Fenster in den Fassaden, be- stehende bzw. ehemalige Gewölbe und Raum- teilungen (alte, abgebrochene und neu einge- setzte Trennwände), eine genaue Bauanalyse zu erhalten. Aus dieser Analyse ergab sich dann, daß im Unterbau des Komplexes noch ältere Bauteile stecken. Der Hauptbestand beider Häuser stammt aus einer einheitlichen Bauperiade aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts (keine Feuer- mauern zwischen den beiden Häusernl), aus der auch die ziemlich einheitlichen spätgotischen Fenster stammen. lm Anlagetyp sind die Häuser auffallend ähnlich, wenn auch das Eckhaus Alter Markt S-Residenzplatz 2 infolge seiner städte- baulichen Funktion eine Sonderstellung einnahm. Bei fast gleicher Länge sind die Häuser im Grundriß in ihrer Längsachse dreigeteilt, wo- bei die Portale mit dahinterliegendem Flur ie- weils fast genau in der Mitte lagen. Die Trenn- wände laufen ieweils parallel zu diesem Flur bzw. dem dahinterliegenden Stiegenhaus beim Eckhaus in Nord-Süd-Richtung, beim Nebenhaus in Ost-West-Richtung. Die Räumlichkeiten im Erdgeschoß und 1. Obergeschoß waren früher durchwegs, im 2. Obergeschoß nur zum Teil überwölbt. Durch die Grundriß- und Gewölbe- unterteilung ergab sich die fast barock anmu- tende strenge Achsteilung: Beim Eckhaus neben der Mittelachse ie zwei, beim Nebenhaus ie drei Fenster. Lediglich im 1. Obergeschoß des Edr- hauses ist dieses System beim Vorbau schon ur- sprünglich durchbrochen worden '. Auffallend ist bei diesem Befund, daß im 1. Obergeschoß nur diese vier (3+1 an der Schmal- seite!) Fenster des zur Residenz gerichteten Vor- baus die reichere spätgotische Form aufweisen. Dies zeigt einerseits die Bedeutung dieses Vor- baus, andererseits aber die weniger wichtige Funktion der anschließenden „Gewölbe" dieses Stockwerkes, die nur Lagerzwecken dienten. Nicht ausgeschlossen ist auch, daß hier noch Fenster eines älteren Bauteiles übernommen wur- l Salzbur, Altstadt, Spätgotisches Bürgerhaus, Residenzplatz 2 - Alter Markt 5 - Brodgasse 13 - Zustand mit barocker Fassadierung auf einer Zeichnung „Marktplatz zu Salzburg", Anfang 19. Jahrhundert 2 Ansicht des Hauses (Abb. 1) von Westen: Ecke Alter Markt l Residenzplatz 3 Fassade des Vorboues des Hauses (Abb. 1) gegenüber der Residenz nach Freilegung der Fenster im Jahr 1921 4 Schemaskizze der bereits freigelegten, der ver- mutlich unter Putz verborgenen spätgotischen Stabwerkfenster bzw. der übrigen Fenster des Hauses (Abb. 1) (Vorskizze zur Bauanalyse Koepü 5 Zustand nach Freilegung sämtlicher gotischer itabvflerkfenster des Hauses (Abb. 1). Bauanalyse oep Anmerkungen 1-9 (Anm. 1-4 s. Text S. 45] ' Im Besitz der Altstadt-Evidenzstelle. ' Im Besitz der Altstadt-Evidenzstelle. 11m Besitz der Altstadt-Evidenzstelle. ' lm Besitz der Altstadt-Evidenzstelle. 5 Im Besitz der Altstadt-Evidenzstelle. f F. Martin, Aus dem Salzburg van einst, Solzburger Volksblatt m1. Feuilleton. b ' lndustrle- und Gewerbe-Verlag, MünctieneWlen, 1932. ' Bauautnahmen des Instituts für Baukunst und Bauant- nahmen der m Wien, aufgenommen 1971173 durch Slmd Johannes, Wallner Wolfgang, Eichlnger Christian, Hanke Manfred, Höss Peter. ' Vgl. unten das Kapitel über die Wappenschilde.