Gerd-Dieter Stein
PAN: Illustrationen und
Literarisches in einer
bibliophilen Kunstzeitschrift
wEine Kunst, die sich über die von Mir bezeichne-
ten Gesetze und Schranken hinwegsetzt, ist keine
Kunst mehrmru
In Berlin wurde das Kunstverständnis vom Kaiser,
der nachdrücklich auch in diesen Dingen Kompe-
tenz und Sachkenntnis für sich beanspruchte, und
von seinem Hof bestimmt. Der Direktor der Berli-
ner Kunstakademie und Präsident des "Vereins
Berliner Künstler", Anton von Werner, vertrat offi-
ziell die preußisch-hohenzollersche Kunstauffas-
sung. Gegen ihn, vor allem gegen derartige Bevor-
mundung in ästhetischen und künstlerischen Be-
langen, wehrte man sich. Nach Brüsseler Vorbild
gründeten 1892 zunächst elf Künstler die Gruppe
der nXlu. Mit Walter Leistikow und Ludwig von
Hofmann fanden sich hier bereits zwei der später
so namhaften Jugendstilmaler. Noch im gleichen
Jahr kam es anläßlich einer Munch-Ausstellung
im "Verein Bildender Künstlem zu einem Skandal,
denn eine außerordentliche Generalversammlung
beschloß die Schließung der Ausstellung. Dage-
gen protestierten die jungen Künstler und gründe-
ten 1893 in Berlin eine "Freie Künstlervereini-
gungu, aus der sich 1898 die Berliner Sezession
bildete.
Der Schriftsteller Otto Julius Bierbaum und der
Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe gründeten
1895 in Berlin die bibliophlle Kunst- und Literatur-
zeitschrilt PAN. Die Titelseite hatte der Münchner
Maler Franz Stuck entworfen. In dieser exklusiven
Zeitschrift wurden neue literarische Arbeiten aller
Gattungen und Richtungen (u.a. von R. Dehmel,
A. Holz, C. Flaischlen und J. Schlaf) erstmals ver-
öffentlicht. Außerdem bot jedes Heft kunst- und li-
teraturkritische Beitrage; eingebundene Original-
graphiken machten auf die neuen künstlerischen
Formvorstellungen aufmerksam. Neben Ludwig
von Hofmann und Walter Leistikow zahlten u.a.
noch Peter Behrens, Otto Eckmann, August En-
dell, Joseph Sattler, Fidus zu den ständigen
künstlerischen Mitarbeitern des PAN. Eine ästhe-
tische und einfache Typographie hatte man ge-
wählt. Der zweispaltige Satz war ausgewogen und
wohlproportioniert; das handgeschöpfte Papier
war von exquisiter Qualität. Den Text schmückten
Vignetten; viele der ganzseitigen Kunstblätter wa-
ren separat eingebunden, da sie sich weniger als
Buchgraphik verstanden, sondern freie Arbeiten
waren (2.8, Behrens, Der Kuß. - Leistikow, Flie-
gende Kraniche)?
Henry van de Velde hatte seinen im PAN veröffent-
lichten Aufsatz "Allgemeine Bemerkungen zu ei-
ner Synthese der Kunst" mit Kcpfleisten und an-
QQ
1 Franz von Stuck, Titelblatt zu PAN, Berlin 1895,.
pie
2 Ludwig von Hofmann, Spiegel, Abbildung in Ja
IV, 1898, bei Seite 230
3 Peter Behrens, Der Kuß, Farbholzschnitt, 1898
deren Zierelementen illustriert, die ihre a
prägte Beziehung zum Schriftbild betonten
Eckmann unterstrich noch wesentlich nachi
licher derartige Bemühungen um neuartige
graphische Gestaltungsformen. Er hatte de
dicht "Heimweh-r von Hans Bruckner auf i
doppelseitigen Blatt umrahmt. Aber auch bl
sem interessanten Beispiel ist darauf hin:
sen, daß es sich primär um ein gesondertes l
blatt handelt, daß Eckmann nicht in die allg
ne Typographie des PAN eingriff. In Abwan
der lateinischen Schreibschrift hatte Eck
seine Schrift mit dem Pinsel geschrieben.
diente sich also keiner Satzbuchstaben.
Haar- und Druckstriche entstand der Eindrt
ner weichen Formgebung. Dieses Organiscl
ßende kommt dem Gedicht entgegen, harm
mit seinem Ausdruck und lnhalt. Ein Pflan:
nament ziert die Randspalte an der Außen
des Blattes und schwingt auf der Unterseit
Schriftblattes nach rechts hin aus. Das Pfle
ornament findet seine Entsprechung ir
Schrift. Hierdurch bildet das Motiv der Darsti
eine Einheit mit dem Text (sich biegende, 2
den sinkende Blätter und geknickte Blüter
gel). Um einen Eindruck von der Vielzahl c
PAN veröffentlichten Beiträge zu vermittelr
len informativ einige Beispiele aus dem 4.
gang (1898) erwähnt werden:
Dichtungen von Emil Alfred Herrmann, Pat
tor, Johannes Schlaf, Richard Dehmel, E. R.
Oskar A.H. Schmitz, Wilhelm Schäfer, Loth
bert Schultz, Theodor Fontane, Detlev von l
cron, Ludwig Scharf, Otto Thörner, Hugo von
mannsthal, Richard Beer-Hofmann, Hans
mann, Ludwig Jacobowski, Jonas Lie, Max E
Wilhelm Holzamer, John Henry Makay, i
Flaischlen, Friedrich Nietzsche, Rainer Mar
ke, Maximilian Dauthendey, Ludwig Benjami
leth, Gustav Falke.
Aufsätze von Rudolf Schick, Hugo von Tsr
Heinrich Alfred Schmid, Alfred Lichtwark,
Signac, Wilhelm Bode, Friedrich Carstz
A. Brunnemann, N.V. Dorph, Woldemar von
litz, Lou Andreas-Salome, Max Lehrs, Max L
mann, Wilhelm Schölermann, Karl Wolfskeh
dinand Labari, Ludwig Volkmann, Julius l
Graefe.
Kunstbeilagen von Arnold Böcklin, Paul Si
Hippolyte Petitjean, Maximilien Luce, Thei
Rysselberghe, Adolf Hildebrand, Georges St
Henri Edmond Cross, Henri van de Velde, l
Krüger, Hans Olde, Walter Leistikow, Wi