Für den Kunstsammler Neue Forschungen zur Nordwest- schweizer Möbelkunst um 1600 Franz Windisch-Graetz hat in dem zweiten, 1953 erschienenen Band seines monumentalen Werkes über dlß "Möbel Europas" auf die hervorragenden Leistungen der Schweizer Möbelkunst des 16. Jahrhunderts hingewiesen: nDas wohlhabende Patriziat in Städten und ländlichen Gemeinden pflegte eine gehobene Wohnkultur. die in qualitätvollen Tischlerarbeiten - vom Geta- fel bis zum Mobiliar - ihren Niederschlag fanda Für Basal war die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts eine Zeit lebhaften wirts schaftlichen Aufschwungs gewesen. eine Zeit auch, in der Ita- liener, Franzosen und Bewohner der spanischen Niederlande, die ihre Heimat ihrer religiösen Überzeugung wegen hatten ver- lassen müssen, hier aufgenommen wurden. Allerdings sollte vjeder Welschew aufgrund des berühmt gewordenen Basler Ftatsbeschlusses vom 22. Februar 1546 "glatt fortgewiesen werden, er seye denn ein rycher oder ein kunstrycher Mannii. Solch ein kunstreicher Mann war gewrß der Tischler und Bild- hauer Franz Pergo(Francois Parregod). dem Dieter Pfister nun eine ausführliche Monographie' gewidmet hat. Am 22. Oktober 1593 erhielt vFrantz Parregott von Grossbrun. der Byldschnyt- zerrt das Bürgerrecht der Stadt Basel, und am 23. Dezember 1593wurde l-Frantz Pergo, derSchryner von Grossbrunn in Bur- gund. ufwelsch Granfontainec, in dieZunftzu Spinnwettern auf- genommen. Im Historischen Museum Basel befinden sich ein inschriftlich auf das Jahr 1593 datierbares Türgericht (Abb. 1) und ein doo pelgeschossiger Schrank, der wohl der gleichen Zeit entstam- men könnte. Paul Kölner hatte in seiner 1931 erschienenen vGeschichte der Spinnwetterzunft zu Etaseln die Herkunft der beiden Stücke aus dem Haus dieserZunft erwähnt unddeshalb, ohne archivalische Nachweise, den (bei Windisch-Graetz unter Nr. 341 abgebildeten) Schrank als das Meisterstück Pergos angesprochen. Da der Schrank ein Paradebeispiel der die Säu- lenordnungen streng beachtenden süddeutschen "Fassaden- schreinereiif darstellt, schien damit Adolf Feulners Annahme von 1927 bestätigt, daß Pergo libei einem deutschen Meister gelernt hatm. Windisch-Graetz hat aber mit Recht hinter die Zuschreibung Kolners das Fragezeichen einer ngroßeh Wahr- scheinlichkeitrr gesetzt, und Dieter Pfister nun lehnt es vehe- ment ab, iiPergo ein Meisterstück unterzuschieben. welches keinerlei Merkmale seines Stils aufweist, welches vor allem nichtzu beweisen. nicht zu demonstrieren vermag, welch glan- zender Bildschnitzer Pergo wani. Pergus Stil kann man dann angemessen beurteilen, wenn man die besondere Situation Basels zu jener Zeit und den Kreis der dortigen Auftraggeberbedenkt. wenn man Pergos Herkunft aus dem Burgund einbezieht, wenn man also südwestdeutsche und burgundische Möbel und die Charakteristika ihres Ornaments genau analysiert. Pfister führt dies an vier wichtigen Werken Pergos vor. an dem Portal im Basler Rathaus von 1595, an dem Buffet aus dem lselin-Zimmer von 1607. an dem Schrank Im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich aus dem Jahre 1612 und an dem Kunstschrank von 1619. Pfister sieht im Werk Pergos eine Tendenz zur zunehmenden Verbindung von burgundrschen und von Basler Elementen. ifWenn ein Auftraggeber Pergo mit derAusführung eines Werks betraute. so bedeutet dies. daü er Schnitzwerk im burgundi- schen Stil schätzte unddiese Spezialität Pergos an dem von ihm in Auftrag gegebenen Stuck verwirklicht sehen wollten Zudem fühlten sich Pergos Basler Auftraggeber in ihren Vorlieben und Wünschen alten Traditionen verpflichtet. die der Künstler berucksichtigen mußte und konnte. was sicherzu seinem Erfolg beilrug. Da im damaligen Basel durch die einheimischen Tischler ein reiches Angebot an eingelegten Möbeln und sol- chen im ßFassadenstil-r bestand. so scheinen die beschnitzten Möbel Pergos. die in ihrer Gestaltung dem erhohten Einfluß fremder Stiltendenzen entsprachen und doch Basler Wohnge- 66